Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Physiologus. nicht umherschweift, keine Leiche anrührt, sondern an dem Orte seinesAufenthalts seine Nahrung finde. Aber schon Augustinus folgte einem Uebersetzer, welcher entweder Chasida oder Erodius mit Fulica wieder- gab. In allen späteren Physiologen wird daher das eben Mitgetheilte von diesem Vogel aufgeführt61). Durch ähnliche Wandlungen hat der Strauß in den Physiolo- Von den oft in der Bibel erwähnten Tauben gründet sich die Unter den übrigen Vögeln, welche einzeln noch genannt werden, 61) Eine in dem Göttweiher lateinischen und dem althochdeutschen Physiologus enthaltene, der Hyäne angefügte Notiz, daß auch die Fulica ein unreiner, das Ge- schlecht wechselnder Vogel sei, ist in Bezug auf Ursprung und Deutung wahrschein- lich darauf zurückzuführen, daß die Chasida 3. Mose, 11, 19 unter den unreinen Vögeln aufgezählt wird. 62) Luther übersetzt richtig: "ein Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit".
Das Wort Assida gieng in die mittelalterlichen Thierbücher über. Der althochdeut- sche Physiologus sagt naiv: Struthio; das Thier heißt Strauß, im griechischen heißt es Asida; ganz ähnlich Thomas von Cantimpre. Papias führt es im Vocabular an, und zwar einmal: Asida Wido (das ist milvus des Hieronymus), dann Asida animal est, quod graeci struthiocamelon latini strutionem di- cunt. Man sieht, wie lange die verschiedenen Auffassungen nachwirkten. Phyſiologus. nicht umherſchweift, keine Leiche anrührt, ſondern an dem Orte ſeinesAufenthalts ſeine Nahrung finde. Aber ſchon Auguſtinus folgte einem Ueberſetzer, welcher entweder Chaſida oder Erodius mit Fulica wieder- gab. In allen ſpäteren Phyſiologen wird daher das eben Mitgetheilte von dieſem Vogel aufgeführt61). Durch ähnliche Wandlungen hat der Strauß in den Phyſiolo- Von den oft in der Bibel erwähnten Tauben gründet ſich die Unter den übrigen Vögeln, welche einzeln noch genannt werden, 61) Eine in dem Göttweiher lateiniſchen und dem althochdeutſchen Phyſiologus enthaltene, der Hyäne angefügte Notiz, daß auch die Fulica ein unreiner, das Ge- ſchlecht wechſelnder Vogel ſei, iſt in Bezug auf Urſprung und Deutung wahrſchein- lich darauf zurückzuführen, daß die Chaſida 3. Moſe, 11, 19 unter den unreinen Vögeln aufgezählt wird. 62) Luther überſetzt richtig: „ein Storch unter dem Himmel weiß ſeine Zeit“.
Das Wort Aſſida gieng in die mittelalterlichen Thierbücher über. Der althochdeut- ſche Phyſiologus ſagt naiv: Struthio; das Thier heißt Strauß, im griechiſchen heißt es Aſida; ganz ähnlich Thomas von Cantimpré. Papias führt es im Vocabular an, und zwar einmal: Aſida Wido (das iſt milvus des Hieronymus), dann Asida animal est, quod graeci struthiocamelon latini strutionem di- cunt. Man ſieht, wie lange die verſchiedenen Auffaſſungen nachwirkten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="133"/><fw place="top" type="header">Phyſiologus.</fw><lb/> nicht umherſchweift, keine Leiche anrührt, ſondern an dem Orte ſeines<lb/> Aufenthalts ſeine Nahrung finde. Aber ſchon <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118505114">Auguſtinus</persName> folgte einem<lb/> Ueberſetzer, welcher entweder Chaſida oder Erodius mit Fulica wieder-<lb/> gab. In allen ſpäteren Phyſiologen wird daher das eben Mitgetheilte<lb/> von dieſem Vogel aufgeführt<note place="foot" n="61)">Eine in dem Göttweiher lateiniſchen und dem althochdeutſchen Phyſiologus<lb/> enthaltene, der Hyäne angefügte Notiz, daß auch die Fulica ein unreiner, das Ge-<lb/> ſchlecht wechſelnder Vogel ſei, iſt in Bezug auf Urſprung und Deutung wahrſchein-<lb/> lich darauf zurückzuführen, daß die Chaſida 3. Moſe, 11, 19 unter den unreinen<lb/> Vögeln aufgezählt wird.</note>.</p><lb/> <p>Durch ähnliche Wandlungen hat der <hi rendition="#g">Strauß</hi> in den Phyſiolo-<lb/> gen eine Stelle gefunden. Auch er wird auf Chaſida zurückgeführt.<lb/> Die im griechiſchen Phyſiologus erwähnte Vergeßlichkeit in Bezug auf<lb/> ſeine Eier, welche hier mit ſeiner Gefräßigkeit allein als Eigenſchaft<lb/> aufgezählt wird, gründet ſich auf die Schilderung in Hiob 39, 13-14.<lb/> Daß er am Himmel ſeine Zeit erſieht, oder wie es die ſpätern Phyſio-<lb/> logen erweitern, auf den Aufgang der Sterne Vigiliae warten, um ſeine<lb/> Eier zu legen, bezieht ſich auf Jeremias 8, 9, wo der griechiſch-alex-<lb/> andriniſche Ueberſetzer das hebräiſche Wort geradezu aufnimmt als<lb/> Aſida, während <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName> hier wie an andern Stellen <hi rendition="#aq">milvus</hi> über-<lb/> ſetzt<note place="foot" n="62)"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luther</persName></hi> überſetzt richtig: „ein Storch unter dem Himmel weiß ſeine Zeit“.<lb/> Das Wort Aſſida gieng in die mittelalterlichen Thierbücher über. Der althochdeut-<lb/> ſche Phyſiologus ſagt naiv: Struthio; das Thier heißt Strauß, im griechiſchen<lb/> heißt es Aſida; ganz ähnlich <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118802003">Thomas</persName> von Cantimpré</hi>. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/102401527">Papias</persName></hi> führt es im<lb/> Vocabular an, und zwar einmal: Aſida Wido (das iſt <hi rendition="#aq">milvus</hi> des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName>),<lb/> dann <hi rendition="#aq">Asida animal est, quod graeci struthiocamelon latini strutionem di-<lb/> cunt</hi>. Man ſieht, wie lange die verſchiedenen Auffaſſungen nachwirkten.</note>.</p><lb/> <p>Von den oft in der Bibel erwähnten <hi rendition="#g">Tauben</hi> gründet ſich die<lb/> eine Angabe, daß unter den verſchiedenfarbigen Arten nur eine gold-<lb/> farbige zum Neſte eingelaſſen wird, wahrſcheinlich auf Angaben, wie<lb/> ſie bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119160285">Aelian</persName>, 4, 2, vorkommen. Das Verhalten des Habichts gegen<lb/> die Taube, welches <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName> (<hi rendition="#aq">hist. anim. 9, 129</hi>) allgemein ſchil-<lb/> dert, iſt in einer (wie <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119120577">Tychſen</persName> erwähnt auch bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName> zu fin-<lb/> denden) Weiſe hier ſpeciell ausgeführt.</p><lb/> <p>Unter den übrigen Vögeln, welche einzeln noch genannt werden,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0144]
Phyſiologus.
nicht umherſchweift, keine Leiche anrührt, ſondern an dem Orte ſeines
Aufenthalts ſeine Nahrung finde. Aber ſchon Auguſtinus folgte einem
Ueberſetzer, welcher entweder Chaſida oder Erodius mit Fulica wieder-
gab. In allen ſpäteren Phyſiologen wird daher das eben Mitgetheilte
von dieſem Vogel aufgeführt 61).
Durch ähnliche Wandlungen hat der Strauß in den Phyſiolo-
gen eine Stelle gefunden. Auch er wird auf Chaſida zurückgeführt.
Die im griechiſchen Phyſiologus erwähnte Vergeßlichkeit in Bezug auf
ſeine Eier, welche hier mit ſeiner Gefräßigkeit allein als Eigenſchaft
aufgezählt wird, gründet ſich auf die Schilderung in Hiob 39, 13-14.
Daß er am Himmel ſeine Zeit erſieht, oder wie es die ſpätern Phyſio-
logen erweitern, auf den Aufgang der Sterne Vigiliae warten, um ſeine
Eier zu legen, bezieht ſich auf Jeremias 8, 9, wo der griechiſch-alex-
andriniſche Ueberſetzer das hebräiſche Wort geradezu aufnimmt als
Aſida, während Hieronymus hier wie an andern Stellen milvus über-
ſetzt 62).
Von den oft in der Bibel erwähnten Tauben gründet ſich die
eine Angabe, daß unter den verſchiedenfarbigen Arten nur eine gold-
farbige zum Neſte eingelaſſen wird, wahrſcheinlich auf Angaben, wie
ſie bei Aelian, 4, 2, vorkommen. Das Verhalten des Habichts gegen
die Taube, welches Ariſtoteles (hist. anim. 9, 129) allgemein ſchil-
dert, iſt in einer (wie Tychſen erwähnt auch bei Hieronymus zu fin-
denden) Weiſe hier ſpeciell ausgeführt.
Unter den übrigen Vögeln, welche einzeln noch genannt werden,
61) Eine in dem Göttweiher lateiniſchen und dem althochdeutſchen Phyſiologus
enthaltene, der Hyäne angefügte Notiz, daß auch die Fulica ein unreiner, das Ge-
ſchlecht wechſelnder Vogel ſei, iſt in Bezug auf Urſprung und Deutung wahrſchein-
lich darauf zurückzuführen, daß die Chaſida 3. Moſe, 11, 19 unter den unreinen
Vögeln aufgezählt wird.
62) Luther überſetzt richtig: „ein Storch unter dem Himmel weiß ſeine Zeit“.
Das Wort Aſſida gieng in die mittelalterlichen Thierbücher über. Der althochdeut-
ſche Phyſiologus ſagt naiv: Struthio; das Thier heißt Strauß, im griechiſchen
heißt es Aſida; ganz ähnlich Thomas von Cantimpré. Papias führt es im
Vocabular an, und zwar einmal: Aſida Wido (das iſt milvus des Hieronymus),
dann Asida animal est, quod graeci struthiocamelon latini strutionem di-
cunt. Man ſieht, wie lange die verſchiedenen Auffaſſungen nachwirkten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |