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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode des Stillstandes bis zum zwölften Jahrhundert.
Philosophie5) waren, des Euklid, Nikomachus, Ptolemaeus u. a. über
die sieben freien Künste galten als Grundlagen der geistigen Erziehung,
wie seine, schon im frühen Mittelalter in fast alle europäischen Spra-
chen übersetzte Schrift de consolatione philosophiae ein Lieblingsbuch
der Gebildeten Jahrhunderte hindurch gewesen ist. Gleich bedeutend
in seinem Einflusse und seiner Verbreitung als Schulbuch war des
schon genannten Cassiodorus Schrift Institutiones ad divinas
lectiones.
Zunächst einen theologischen Lehrplan entwerfend, weist er
darauf hin, daß in der heiligen Schrift viele Wahrheiten figürlich aus-
gedrückt und nur durch Grammatik, Rhetorik, Dialektik u. s. f. ver-
ständlich sind. Er behandelt daher die Schulwissenschaften, die sieben
freien Künste, eingehend und seine Darstellung ist "ein Gesetzbuch für
den ganzen Unterricht der mittelalterlichen Klosterschulen geblieben".
Als ähnliche Fundgrube der Gelehrsamkeit galt Jahrhunderte lang die
Schrift des Marcianus Capella6) über die Vermählung der
Philologie und des Merkur, in welcher er dieselben Wissenschaften als
Dienerinnen der im Olymp eingeführten Philologie auftreten läßt. An
diese drei schlossen sich dann speciellere Schulbücher in ähnlichem Geiste,
wie der Donat, Priscian, später das Doctrinale puerorum des Alex-
ander de Villa Dei
und andere an, welche die Disciplinen des Trivium
und Quadrivium in mehr oder weniger pedantischer Weise vortrugen.

Eine hervorragende Stellung nimmt neben den genannten noch
das Werk des Isidor von Sevilla aus dem Anfang des siebenten
Jahrhunderts ein, welches nicht bloß die sieben freien Künste, sondern
auch Theologie, Jurisprudenz, Medicin, Naturgeschichte, Geographie
u. s. f. umfaßt, aber wie schon sein Titel Origenes s. etymologiae be-
sagt mehr nach Art eines erklärenden etymologischen Realwörterbuches
(vergl. z. B. das zehnte Buch). Sein Einfluß war bedeutend und

5) Eine arabisch-lateinische Uebersetzung der Aristotelischen logischen Schriften
benutzte wohl zuerst Otto von Freising im 12. Jahrhundert. s. Pertz, Monumenta.
Scriptores, Vol. XX. p. 96.
(Wilman's Einleitung zum Chronicon des Otto).
6) Ob Marcianus Capella gleichfalls Christ gewesen ist, bleibt zweifelhaft.
Wie E. Böttger bemerkt (Jahn's neue Jahrbücher für Philol. 13. Suppltbd.
1847. S. 592) und wie schon Caspar Barth (in den Adversar. comment.)
andeutet, kannte er wenigstens christliche Meinungen.

Periode des Stillſtandes bis zum zwölften Jahrhundert.
Philoſophie5) waren, des Euklid, Nikomachus, Ptolemaeus u. a. über
die ſieben freien Künſte galten als Grundlagen der geiſtigen Erziehung,
wie ſeine, ſchon im frühen Mittelalter in faſt alle europäiſchen Spra-
chen überſetzte Schrift de consolatione philosophiae ein Lieblingsbuch
der Gebildeten Jahrhunderte hindurch geweſen iſt. Gleich bedeutend
in ſeinem Einfluſſe und ſeiner Verbreitung als Schulbuch war des
ſchon genannten Caſſiodorus Schrift Institutiones ad divinas
lectiones.
Zunächſt einen theologiſchen Lehrplan entwerfend, weiſt er
darauf hin, daß in der heiligen Schrift viele Wahrheiten figürlich aus-
gedrückt und nur durch Grammatik, Rhetorik, Dialektik u. ſ. f. ver-
ſtändlich ſind. Er behandelt daher die Schulwiſſenſchaften, die ſieben
freien Künſte, eingehend und ſeine Darſtellung iſt „ein Geſetzbuch für
den ganzen Unterricht der mittelalterlichen Kloſterſchulen geblieben“.
Als ähnliche Fundgrube der Gelehrſamkeit galt Jahrhunderte lang die
Schrift des Marcianus Capella6) über die Vermählung der
Philologie und des Merkur, in welcher er dieſelben Wiſſenſchaften als
Dienerinnen der im Olymp eingeführten Philologie auftreten läßt. An
dieſe drei ſchloſſen ſich dann ſpeciellere Schulbücher in ähnlichem Geiſte,
wie der Donat, Priscian, ſpäter das Doctrinale puerorum des Alex-
ander de Villa Dei
und andere an, welche die Disciplinen des Trivium
und Quadrivium in mehr oder weniger pedantiſcher Weiſe vortrugen.

Eine hervorragende Stellung nimmt neben den genannten noch
das Werk des Iſidor von Sevilla aus dem Anfang des ſiebenten
Jahrhunderts ein, welches nicht bloß die ſieben freien Künſte, ſondern
auch Theologie, Jurisprudenz, Medicin, Naturgeſchichte, Geographie
u. ſ. f. umfaßt, aber wie ſchon ſein Titel Origenes s. etymologiae be-
ſagt mehr nach Art eines erklärenden etymologiſchen Realwörterbuches
(vergl. z. B. das zehnte Buch). Sein Einfluß war bedeutend und

5) Eine arabiſch-lateiniſche Ueberſetzung der Ariſtoteliſchen logiſchen Schriften
benutzte wohl zuerſt Otto von Freiſing im 12. Jahrhundert. ſ. Pertz, Monumenta.
Scriptores, Vol. XX. p. 96.
(Wilman's Einleitung zum Chronicon des Otto).
6) Ob Marcianus Capella gleichfalls Chriſt geweſen iſt, bleibt zweifelhaft.
Wie E. Böttger bemerkt (Jahn's neue Jahrbücher für Philol. 13. Suppltbd.
1847. S. 592) und wie ſchon Caspar Barth (in den Adversar. comment.)
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[105/0116] Periode des Stillſtandes bis zum zwölften Jahrhundert. Philoſophie 5) waren, des Euklid, Nikomachus, Ptolemaeus u. a. über die ſieben freien Künſte galten als Grundlagen der geiſtigen Erziehung, wie ſeine, ſchon im frühen Mittelalter in faſt alle europäiſchen Spra- chen überſetzte Schrift de consolatione philosophiae ein Lieblingsbuch der Gebildeten Jahrhunderte hindurch geweſen iſt. Gleich bedeutend in ſeinem Einfluſſe und ſeiner Verbreitung als Schulbuch war des ſchon genannten Caſſiodorus Schrift Institutiones ad divinas lectiones. Zunächſt einen theologiſchen Lehrplan entwerfend, weiſt er darauf hin, daß in der heiligen Schrift viele Wahrheiten figürlich aus- gedrückt und nur durch Grammatik, Rhetorik, Dialektik u. ſ. f. ver- ſtändlich ſind. Er behandelt daher die Schulwiſſenſchaften, die ſieben freien Künſte, eingehend und ſeine Darſtellung iſt „ein Geſetzbuch für den ganzen Unterricht der mittelalterlichen Kloſterſchulen geblieben“. Als ähnliche Fundgrube der Gelehrſamkeit galt Jahrhunderte lang die Schrift des Marcianus Capella 6) über die Vermählung der Philologie und des Merkur, in welcher er dieſelben Wiſſenſchaften als Dienerinnen der im Olymp eingeführten Philologie auftreten läßt. An dieſe drei ſchloſſen ſich dann ſpeciellere Schulbücher in ähnlichem Geiſte, wie der Donat, Priscian, ſpäter das Doctrinale puerorum des Alex- ander de Villa Dei und andere an, welche die Disciplinen des Trivium und Quadrivium in mehr oder weniger pedantiſcher Weiſe vortrugen. Eine hervorragende Stellung nimmt neben den genannten noch das Werk des Iſidor von Sevilla aus dem Anfang des ſiebenten Jahrhunderts ein, welches nicht bloß die ſieben freien Künſte, ſondern auch Theologie, Jurisprudenz, Medicin, Naturgeſchichte, Geographie u. ſ. f. umfaßt, aber wie ſchon ſein Titel Origenes s. etymologiae be- ſagt mehr nach Art eines erklärenden etymologiſchen Realwörterbuches (vergl. z. B. das zehnte Buch). Sein Einfluß war bedeutend und 5) Eine arabiſch-lateiniſche Ueberſetzung der Ariſtoteliſchen logiſchen Schriften benutzte wohl zuerſt Otto von Freiſing im 12. Jahrhundert. ſ. Pertz, Monumenta. Scriptores, Vol. XX. p. 96. (Wilman's Einleitung zum Chronicon des Otto). 6) Ob Marcianus Capella gleichfalls Chriſt geweſen iſt, bleibt zweifelhaft. Wie E. Böttger bemerkt (Jahn's neue Jahrbücher für Philol. 13. Suppltbd. 1847. S. 592) und wie ſchon Caspar Barth (in den Adversar. comment.) andeutet, kannte er wenigſtens chriſtliche Meinungen.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/116>, abgerufen am 22.11.2024.