flüsse bedingt, so ist auch die Geschichte einer Wissenschaft nicht eine auf zufällig eintretenden Entdeckungen beruhende Reihe unverbunden auf einander folgender Erscheinungen. Auch die Wissenschaft entwickelt sich unter nothwendigen äußeren und inneren Bedingungen. Vielleicht schärfer als bei andern tritt dies bei den Naturwissenschaften hervor, deren Gegenstand in einem überall scharf zu bezeichnenden Verhältniß zu den sittlichen und religiösen Anschauungen der Völker stand. Und von diesen hängt die Freiheit der geistigen Bewegung ab.
Unrecht wäre es daher, die Wissenschaft des Alterthums einem künstlich aber haltlos aufgeführten Gebäude zu vergleichen, nach dessen Einsturz das Mittelalter einzelne Säulen und Bogenstücke aus den Trümmern hervorgesucht hätte, um den Bau von Neuem zu versuchen. Es hat vielmehr die alte Welt den sichern Grund gelegt. Vulkanischen Ausbrüchen vergleichbar, in ihren Wirkungen ungeheure Erschütterun- gen der ja nicht bloß Wissenschaft treibenden Menschheit haben diesen Grund mit Schlacken und Asche überdeckt. Das Mittelalter fängt an, ihn zu säubern; die neuere Zeit baut auf ihm fort.
Zum Verständniß der Art und Weise, in welcher im Mittelalter an das Alterthum angeknüpft wurde, ist es wichtig, in wenig Worten den Ausgang des Alterthums zu verfolgen. Die Auferstehung war keine plötzliche. Um so mehr empfiehlt es sich, die Bildungsgeschichte jener die alte von der anbrechenden neuen Welt scheidenden Hülle zu betrachten, welche in mehr als einer Beziehung selbst jetzt noch nicht völlig abzustreifen gelungen ist.
Von großer Bedeutung waren schon die äußeren Verhältnisse. Im Aufblühen des römischen Weltreiches gelang es den Lateinern, ihr Land, ihre Hauptstadt nicht bloß zum Mittelpunkt des politisch straff centralisirten Staates zu machen, sondern auch in geistiger Beziehung zum tonangebenden Vorbilde zu erheben. Die Bildung selbst war frei- lich griechisch; ohne Selbständiges zu erreichen nahm Rom mit den Blüthen griechischer Wissenschaftlichkeit auch griechische Sprache und Art in die Kreise auf, in denen überhaupt nur von Pflege der Wissen- schaft zu sprechen war. Nun war zwar Athen trotz mancher Geschicke immer noch als hohe Schule der Bildung in Ansehn. Die Förderung
Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
flüſſe bedingt, ſo iſt auch die Geſchichte einer Wiſſenſchaft nicht eine auf zufällig eintretenden Entdeckungen beruhende Reihe unverbunden auf einander folgender Erſcheinungen. Auch die Wiſſenſchaft entwickelt ſich unter nothwendigen äußeren und inneren Bedingungen. Vielleicht ſchärfer als bei andern tritt dies bei den Naturwiſſenſchaften hervor, deren Gegenſtand in einem überall ſcharf zu bezeichnenden Verhältniß zu den ſittlichen und religiöſen Anſchauungen der Völker ſtand. Und von dieſen hängt die Freiheit der geiſtigen Bewegung ab.
Unrecht wäre es daher, die Wiſſenſchaft des Alterthums einem künſtlich aber haltlos aufgeführten Gebäude zu vergleichen, nach deſſen Einſturz das Mittelalter einzelne Säulen und Bogenſtücke aus den Trümmern hervorgeſucht hätte, um den Bau von Neuem zu verſuchen. Es hat vielmehr die alte Welt den ſichern Grund gelegt. Vulkaniſchen Ausbrüchen vergleichbar, in ihren Wirkungen ungeheure Erſchütterun- gen der ja nicht bloß Wiſſenſchaft treibenden Menſchheit haben dieſen Grund mit Schlacken und Aſche überdeckt. Das Mittelalter fängt an, ihn zu ſäubern; die neuere Zeit baut auf ihm fort.
Zum Verſtändniß der Art und Weiſe, in welcher im Mittelalter an das Alterthum angeknüpft wurde, iſt es wichtig, in wenig Worten den Ausgang des Alterthums zu verfolgen. Die Auferſtehung war keine plötzliche. Um ſo mehr empfiehlt es ſich, die Bildungsgeſchichte jener die alte von der anbrechenden neuen Welt ſcheidenden Hülle zu betrachten, welche in mehr als einer Beziehung ſelbſt jetzt noch nicht völlig abzuſtreifen gelungen iſt.
Von großer Bedeutung waren ſchon die äußeren Verhältniſſe. Im Aufblühen des römiſchen Weltreiches gelang es den Lateinern, ihr Land, ihre Hauptſtadt nicht bloß zum Mittelpunkt des politiſch ſtraff centraliſirten Staates zu machen, ſondern auch in geiſtiger Beziehung zum tonangebenden Vorbilde zu erheben. Die Bildung ſelbſt war frei- lich griechiſch; ohne Selbſtändiges zu erreichen nahm Rom mit den Blüthen griechiſcher Wiſſenſchaftlichkeit auch griechiſche Sprache und Art in die Kreiſe auf, in denen überhaupt nur von Pflege der Wiſſen- ſchaft zu ſprechen war. Nun war zwar Athen trotz mancher Geſchicke immer noch als hohe Schule der Bildung in Anſehn. Die Förderung
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Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
flüſſe bedingt, ſo iſt auch die Geſchichte einer Wiſſenſchaft nicht eine auf
zufällig eintretenden Entdeckungen beruhende Reihe unverbunden auf
einander folgender Erſcheinungen. Auch die Wiſſenſchaft entwickelt ſich
unter nothwendigen äußeren und inneren Bedingungen. Vielleicht
ſchärfer als bei andern tritt dies bei den Naturwiſſenſchaften hervor,
deren Gegenſtand in einem überall ſcharf zu bezeichnenden Verhältniß
zu den ſittlichen und religiöſen Anſchauungen der Völker ſtand. Und
von dieſen hängt die Freiheit der geiſtigen Bewegung ab.
Unrecht wäre es daher, die Wiſſenſchaft des Alterthums einem
künſtlich aber haltlos aufgeführten Gebäude zu vergleichen, nach deſſen
Einſturz das Mittelalter einzelne Säulen und Bogenſtücke aus den
Trümmern hervorgeſucht hätte, um den Bau von Neuem zu verſuchen.
Es hat vielmehr die alte Welt den ſichern Grund gelegt. Vulkaniſchen
Ausbrüchen vergleichbar, in ihren Wirkungen ungeheure Erſchütterun-
gen der ja nicht bloß Wiſſenſchaft treibenden Menſchheit haben dieſen
Grund mit Schlacken und Aſche überdeckt. Das Mittelalter fängt an,
ihn zu ſäubern; die neuere Zeit baut auf ihm fort.
Zum Verſtändniß der Art und Weiſe, in welcher im Mittelalter
an das Alterthum angeknüpft wurde, iſt es wichtig, in wenig Worten
den Ausgang des Alterthums zu verfolgen. Die Auferſtehung war
keine plötzliche. Um ſo mehr empfiehlt es ſich, die Bildungsgeſchichte
jener die alte von der anbrechenden neuen Welt ſcheidenden Hülle zu
betrachten, welche in mehr als einer Beziehung ſelbſt jetzt noch nicht
völlig abzuſtreifen gelungen iſt.
Von großer Bedeutung waren ſchon die äußeren Verhältniſſe.
Im Aufblühen des römiſchen Weltreiches gelang es den Lateinern, ihr
Land, ihre Hauptſtadt nicht bloß zum Mittelpunkt des politiſch ſtraff
centraliſirten Staates zu machen, ſondern auch in geiſtiger Beziehung
zum tonangebenden Vorbilde zu erheben. Die Bildung ſelbſt war frei-
lich griechiſch; ohne Selbſtändiges zu erreichen nahm Rom mit den
Blüthen griechiſcher Wiſſenſchaftlichkeit auch griechiſche Sprache und
Art in die Kreiſe auf, in denen überhaupt nur von Pflege der Wiſſen-
ſchaft zu ſprechen war. Nun war zwar Athen trotz mancher Geſchicke
immer noch als hohe Schule der Bildung in Anſehn. Die Förderung
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/101>, abgerufen am 25.11.2024.
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