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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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Nothwendigkeit der Stoffaufnahme, anderntheils durch
Nothwendigkeit der Stoffaussonderung, und drittens durch
Nothwendigkeit der innern Stoffverarbeitung. Verdauungs¬
system, Athmungs- und Absonderungssystem, und Gefä߬
system gehen auf diese Weise in der Mannichfaltigkeit des
organischen Zellenbaues alsbald mit Bestimmtheit hervor.
Da aber auch die Erscheinung des individuellen Organis¬
mus an und für sich eine vorübergehende zu sein bestimmt
ist, und der Idee desselben nur durch unermeßliche Wieder¬
holungen von Generation zu Generation in der Idee der
Gattung
ein bleibenderes Dasein verliehen wird, so muß
dem Organismus, wie er selbst aus einem vorhergegange¬
nen hervorwuchs, auch die Möglichkeit einer neuen Ge¬
neration einwohnen, wodurch denn abermals ein besonderes
System, nämlich das der Fortbildung der Gattung, be¬
gründet wird. Durch dieses Alles ist sonach nun mit einem
Male die Nothwendigkeit einer großen Mannichfaltigkeit der
organischen Bildung aufgedeckt, unter welcher jedoch immer
nur eines der Mittelpunkt, eines der höchste Zweck aller
andern, und eines nur sein wird, welches rein seelisch,
welches die reinste Form des sich Darlebens eines Göttlichen
genannt werden kann -- das Nervensystem. Es ist
außerordentlich wichtig für alles Verständniß des Seelen¬
lebens diese Verhältnisse recht scharf zu fassen. Wie Gott
durch die gesammte Welterscheinung sich offenbart, aber
nach unserer Erkenntniß am reinsten in edeln menschlichen
Naturen, so wieder die Seele, der göttliche Grundgedanke
des Menschen, sie offenbart sich, lebt sich dar zwar in der
vollen Gesammtheit des menschlichen Organismus, aber am
unmittelbarsten im Nervensystem desselben. Diese Verhält¬
nisse muß man lange anschauen, in tiefem innern Sinnen
in sich selbst zu erfassen bestrebt sein, und erst dann kann
man sie wohl zur deutlichern Erkenntniß bringen. Zuhöchst
ist freilich überhaupt unerläßlich, daß man über das Ver¬
hältniß von dem Ideellen, welches eine Erscheinung ursach¬

Nothwendigkeit der Stoffaufnahme, anderntheils durch
Nothwendigkeit der Stoffausſonderung, und drittens durch
Nothwendigkeit der innern Stoffverarbeitung. Verdauungs¬
ſyſtem, Athmungs- und Abſonderungsſyſtem, und Gefä߬
ſyſtem gehen auf dieſe Weiſe in der Mannichfaltigkeit des
organiſchen Zellenbaues alsbald mit Beſtimmtheit hervor.
Da aber auch die Erſcheinung des individuellen Organis¬
mus an und für ſich eine vorübergehende zu ſein beſtimmt
iſt, und der Idee deſſelben nur durch unermeßliche Wieder¬
holungen von Generation zu Generation in der Idee der
Gattung
ein bleibenderes Daſein verliehen wird, ſo muß
dem Organismus, wie er ſelbſt aus einem vorhergegange¬
nen hervorwuchs, auch die Möglichkeit einer neuen Ge¬
neration einwohnen, wodurch denn abermals ein beſonderes
Syſtem, nämlich das der Fortbildung der Gattung, be¬
gründet wird. Durch dieſes Alles iſt ſonach nun mit einem
Male die Nothwendigkeit einer großen Mannichfaltigkeit der
organiſchen Bildung aufgedeckt, unter welcher jedoch immer
nur eines der Mittelpunkt, eines der höchſte Zweck aller
andern, und eines nur ſein wird, welches rein ſeeliſch,
welches die reinſte Form des ſich Darlebens eines Göttlichen
genannt werden kann — das Nervenſyſtem. Es iſt
außerordentlich wichtig für alles Verſtändniß des Seelen¬
lebens dieſe Verhältniſſe recht ſcharf zu faſſen. Wie Gott
durch die geſammte Welterſcheinung ſich offenbart, aber
nach unſerer Erkenntniß am reinſten in edeln menſchlichen
Naturen, ſo wieder die Seele, der göttliche Grundgedanke
des Menſchen, ſie offenbart ſich, lebt ſich dar zwar in der
vollen Geſammtheit des menſchlichen Organismus, aber am
unmittelbarſten im Nervenſyſtem deſſelben. Dieſe Verhält¬
niſſe muß man lange anſchauen, in tiefem innern Sinnen
in ſich ſelbſt zu erfaſſen beſtrebt ſein, und erſt dann kann
man ſie wohl zur deutlichern Erkenntniß bringen. Zuhöchſt
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[40/0056] Nothwendigkeit der Stoffaufnahme, anderntheils durch Nothwendigkeit der Stoffausſonderung, und drittens durch Nothwendigkeit der innern Stoffverarbeitung. Verdauungs¬ ſyſtem, Athmungs- und Abſonderungsſyſtem, und Gefä߬ ſyſtem gehen auf dieſe Weiſe in der Mannichfaltigkeit des organiſchen Zellenbaues alsbald mit Beſtimmtheit hervor. Da aber auch die Erſcheinung des individuellen Organis¬ mus an und für ſich eine vorübergehende zu ſein beſtimmt iſt, und der Idee deſſelben nur durch unermeßliche Wieder¬ holungen von Generation zu Generation in der Idee der Gattung ein bleibenderes Daſein verliehen wird, ſo muß dem Organismus, wie er ſelbſt aus einem vorhergegange¬ nen hervorwuchs, auch die Möglichkeit einer neuen Ge¬ neration einwohnen, wodurch denn abermals ein beſonderes Syſtem, nämlich das der Fortbildung der Gattung, be¬ gründet wird. Durch dieſes Alles iſt ſonach nun mit einem Male die Nothwendigkeit einer großen Mannichfaltigkeit der organiſchen Bildung aufgedeckt, unter welcher jedoch immer nur eines der Mittelpunkt, eines der höchſte Zweck aller andern, und eines nur ſein wird, welches rein ſeeliſch, welches die reinſte Form des ſich Darlebens eines Göttlichen genannt werden kann — das Nervenſyſtem. Es iſt außerordentlich wichtig für alles Verſtändniß des Seelen¬ lebens dieſe Verhältniſſe recht ſcharf zu faſſen. Wie Gott durch die geſammte Welterſcheinung ſich offenbart, aber nach unſerer Erkenntniß am reinſten in edeln menſchlichen Naturen, ſo wieder die Seele, der göttliche Grundgedanke des Menſchen, ſie offenbart ſich, lebt ſich dar zwar in der vollen Geſammtheit des menſchlichen Organismus, aber am unmittelbarſten im Nervenſyſtem deſſelben. Dieſe Verhält¬ niſſe muß man lange anſchauen, in tiefem innern Sinnen in ſich ſelbſt zu erfaſſen beſtrebt ſein, und erſt dann kann man ſie wohl zur deutlichern Erkenntniß bringen. Zuhöchſt iſt freilich überhaupt unerläßlich, daß man über das Ver¬ hältniß von dem Ideellen, welches eine Erſcheinung urſach¬

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/56>, abgerufen am 24.11.2024.