sei, aus welcher späterhin entweder eine volle Gesundheit oder ein krankhafter Zustand des Geistes hervorgehen kann!
An diesem Orte ist es natürlich unmöglich alle diese Dinge im Einzelnen zu verfolgen und darzulegen; aber gewiß ist es, daß nur die größtmögliche Verständniß aller dieser merkwürdigen Bildungsverhältnisse im Stande sein kann auch die möglichst deutliche Einsicht darein zu geben wie sehr Gesundheit des bewußten Geistes von gesunder unbewußter leiblicher Entwicklung be¬ dingt werde. Immer erst also da, wo, nach Maßgabe der Eigenthümlichkeit der Monas der Seele, durch ihr eigen¬ thümliches unbewußtes Wirken eine wahrhaft gesunde Ge¬ staltung und Erhaltung des Organismus in der Fötus- Periode hervorgegangen ist, wird die Möglichkeit gegeben sein, daß auch in den spätern Perioden des Daseins jener gesetzmäßige, von Krankheit freie Lebensgang sich entwickle, den wir eben als leibliche Gesundheit, oder als Gesundheit des unbewußten Seelenlebens bezeichnen.
Freilich sind die Ergebnisse einer gesunden ersten fötalen Entwicklung nicht allein hinreichend, auch späterhin die Gesundheit des unbewußten Lebens zu bewahren, sondern geeignete Verhältnisse müssen von außen die Erhaltung der Gesundheit begünstigen, und insbesondere wird es späterhin eine wichtige Aufgabe erwachten Bewußtseins, nun, durch die Intelligenz des Geistes, das Unbewußte zu bewahren und zu schützen. Von da an hat also gleichsam das Be¬ wußte in uns den Dank abzutragen an das Unbewußte aus dem hervor es sich gebildet hat, und wie überhaupt alle Schönheit, alle Kraft, alle Bedeutung des Geistes nur erreicht worden ist dadurch, daß vorher ein Unbewußtes sich schön und kräftig und bedeutend entfaltete, so muß nun auch der Geist wieder alle Umsicht und alle Weisheit an¬ wenden um immerfort den so leicht zu störenden Lebensgang des Unbewußten seiner Seele zu erhalten und in seiner Integrität zu hüten.
ſei, aus welcher ſpäterhin entweder eine volle Geſundheit oder ein krankhafter Zuſtand des Geiſtes hervorgehen kann!
An dieſem Orte iſt es natürlich unmöglich alle dieſe Dinge im Einzelnen zu verfolgen und darzulegen; aber gewiß iſt es, daß nur die größtmögliche Verſtändniß aller dieſer merkwürdigen Bildungsverhältniſſe im Stande ſein kann auch die möglichſt deutliche Einſicht darein zu geben wie ſehr Geſundheit des bewußten Geiſtes von geſunder unbewußter leiblicher Entwicklung be¬ dingt werde. Immer erſt alſo da, wo, nach Maßgabe der Eigenthümlichkeit der Monas der Seele, durch ihr eigen¬ thümliches unbewußtes Wirken eine wahrhaft geſunde Ge¬ ſtaltung und Erhaltung des Organismus in der Fötus- Periode hervorgegangen iſt, wird die Möglichkeit gegeben ſein, daß auch in den ſpätern Perioden des Daſeins jener geſetzmäßige, von Krankheit freie Lebensgang ſich entwickle, den wir eben als leibliche Geſundheit, oder als Geſundheit des unbewußten Seelenlebens bezeichnen.
Freilich ſind die Ergebniſſe einer geſunden erſten fötalen Entwicklung nicht allein hinreichend, auch ſpäterhin die Geſundheit des unbewußten Lebens zu bewahren, ſondern geeignete Verhältniſſe müſſen von außen die Erhaltung der Geſundheit begünſtigen, und insbeſondere wird es ſpäterhin eine wichtige Aufgabe erwachten Bewußtſeins, nun, durch die Intelligenz des Geiſtes, das Unbewußte zu bewahren und zu ſchützen. Von da an hat alſo gleichſam das Be¬ wußte in uns den Dank abzutragen an das Unbewußte aus dem hervor es ſich gebildet hat, und wie überhaupt alle Schönheit, alle Kraft, alle Bedeutung des Geiſtes nur erreicht worden iſt dadurch, daß vorher ein Unbewußtes ſich ſchön und kräftig und bedeutend entfaltete, ſo muß nun auch der Geiſt wieder alle Umſicht und alle Weisheit an¬ wenden um immerfort den ſo leicht zu ſtörenden Lebensgang des Unbewußten ſeiner Seele zu erhalten und in ſeiner Integrität zu hüten.
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ſei, aus welcher ſpäterhin entweder eine volle Geſundheit
oder ein krankhafter Zuſtand des Geiſtes hervorgehen kann!
An dieſem Orte iſt es natürlich unmöglich alle dieſe
Dinge im Einzelnen zu verfolgen und darzulegen; aber
gewiß iſt es, daß nur die größtmögliche Verſtändniß aller
dieſer merkwürdigen Bildungsverhältniſſe im Stande ſein
kann auch die möglichſt deutliche Einſicht darein zu geben
wie ſehr Geſundheit des bewußten Geiſtes von
geſunder unbewußter leiblicher Entwicklung be¬
dingt werde. Immer erſt alſo da, wo, nach Maßgabe der
Eigenthümlichkeit der Monas der Seele, durch ihr eigen¬
thümliches unbewußtes Wirken eine wahrhaft geſunde Ge¬
ſtaltung und Erhaltung des Organismus in der Fötus-
Periode hervorgegangen iſt, wird die Möglichkeit gegeben
ſein, daß auch in den ſpätern Perioden des Daſeins jener
geſetzmäßige, von Krankheit freie Lebensgang ſich entwickle,
den wir eben als leibliche Geſundheit, oder als Geſundheit
des unbewußten Seelenlebens bezeichnen.
Freilich ſind die Ergebniſſe einer geſunden erſten fötalen
Entwicklung nicht allein hinreichend, auch ſpäterhin die
Geſundheit des unbewußten Lebens zu bewahren, ſondern
geeignete Verhältniſſe müſſen von außen die Erhaltung der
Geſundheit begünſtigen, und insbeſondere wird es ſpäterhin
eine wichtige Aufgabe erwachten Bewußtſeins, nun, durch
die Intelligenz des Geiſtes, das Unbewußte zu bewahren
und zu ſchützen. Von da an hat alſo gleichſam das Be¬
wußte in uns den Dank abzutragen an das Unbewußte
aus dem hervor es ſich gebildet hat, und wie überhaupt
alle Schönheit, alle Kraft, alle Bedeutung des Geiſtes
nur erreicht worden iſt dadurch, daß vorher ein Unbewußtes
ſich ſchön und kräftig und bedeutend entfaltete, ſo muß nun
auch der Geiſt wieder alle Umſicht und alle Weisheit an¬
wenden um immerfort den ſo leicht zu ſtörenden Lebensgang
des Unbewußten ſeiner Seele zu erhalten und in ſeiner
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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