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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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fältigen. Ein andermal dagegen sind es nicht losgelöste
Gebilde, sondern es ist die fortwährende dunstförmige Auf¬
lösung eines Organismus selbst und zumeist also sein sich
Auflösen in der ihn umgebenden Luft, wodurch sowohl
Heilswirkung als Ansteckung sich erklärt. Jeder Organis¬
mus nämlich und zuhöchst der menschliche, bildet durch dieses
immerfort unmerkliche Verdunsten -- oder so zu sagen Ver¬
wesen -- einen eigenen kleinen Dunstkreis um sich, dessen
Substanz kurz zuvor noch zum Organismus selbst gehörte
und noch immer seine Eigenthümlichkeit in Etwas bewährt.
Dieser Dunstkreis erhält namentlich die von der Idee des
Organismus bedingten besonderen Mischungsverhältnisse,
welche insbesondere dem Geruchssinn in ihrer Eigenthüm¬
lichkeit sich verrathen, er bewahrt auch dessen eigenthümliche
elektrische Spannungen, und wie diese letztere überhaupt
doch nur Product der Innervationsströmungen sind, so geht
auch Etwas selbst von dieser Innervationsspannung mit auf
diesen Dunstkreis über und bildet das, was Humboldt
schon am Nerven eine sensible Atmosphäre nannte. Sobald
man hievon nun einen deutlichen Begriff sich geschaffen hat,
so wird auch klar werden, daß mittels dieser Atmosphäre,
welche wieder an andern festern Substanzen haftet (so lange
sie nämlich selbst sich noch nicht ganz verflüchtigt hat), aller¬
dings eine gewisse unbewußte Lebenswirkung des einen auf
das Unbewußte eines andern Organismus übertragen werden
kann. Hiedurch darf man sonach, was weiter oben über
die eigenthümliche Bedeutung des magnetischen Einflusses
und der magnetischen Manipulation gesagt worden ist, für
einigermaßen vervollständigt halten, und zugleich liegt hierin
das Verständniß für Alles, was man in der Geschichte der
Reliquien und der Amulete als denjenigen Wahrheitskern
zu betrachten hat, welcher übrig bleibt, wenn man abstreift,
was zu aller Zeit Aberglaube in reichlichem Maße darum
gehäuft hat.

Endlich ist noch zu erwähnen, daß eben so wie bei

Carus, Psyche. 25

fältigen. Ein andermal dagegen ſind es nicht losgelöste
Gebilde, ſondern es iſt die fortwährende dunſtförmige Auf¬
löſung eines Organismus ſelbſt und zumeiſt alſo ſein ſich
Auflöſen in der ihn umgebenden Luft, wodurch ſowohl
Heilswirkung als Anſteckung ſich erklärt. Jeder Organis¬
mus nämlich und zuhöchſt der menſchliche, bildet durch dieſes
immerfort unmerkliche Verdunſten — oder ſo zu ſagen Ver¬
weſen — einen eigenen kleinen Dunſtkreis um ſich, deſſen
Subſtanz kurz zuvor noch zum Organismus ſelbſt gehörte
und noch immer ſeine Eigenthümlichkeit in Etwas bewährt.
Dieſer Dunſtkreis erhält namentlich die von der Idee des
Organismus bedingten beſonderen Miſchungsverhältniſſe,
welche insbeſondere dem Geruchsſinn in ihrer Eigenthüm¬
lichkeit ſich verrathen, er bewahrt auch deſſen eigenthümliche
elektriſche Spannungen, und wie dieſe letztere überhaupt
doch nur Product der Innervationsſtrömungen ſind, ſo geht
auch Etwas ſelbſt von dieſer Innervationsſpannung mit auf
dieſen Dunſtkreis über und bildet das, was Humboldt
ſchon am Nerven eine ſenſible Atmoſphäre nannte. Sobald
man hievon nun einen deutlichen Begriff ſich geſchaffen hat,
ſo wird auch klar werden, daß mittels dieſer Atmoſphäre,
welche wieder an andern feſtern Subſtanzen haftet (ſo lange
ſie nämlich ſelbſt ſich noch nicht ganz verflüchtigt hat), aller¬
dings eine gewiſſe unbewußte Lebenswirkung des einen auf
das Unbewußte eines andern Organismus übertragen werden
kann. Hiedurch darf man ſonach, was weiter oben über
die eigenthümliche Bedeutung des magnetiſchen Einfluſſes
und der magnetiſchen Manipulation geſagt worden iſt, für
einigermaßen vervollſtändigt halten, und zugleich liegt hierin
das Verſtändniß für Alles, was man in der Geſchichte der
Reliquien und der Amulete als denjenigen Wahrheitskern
zu betrachten hat, welcher übrig bleibt, wenn man abſtreift,
was zu aller Zeit Aberglaube in reichlichem Maße darum
gehäuft hat.

Endlich iſt noch zu erwähnen, daß eben ſo wie bei

Carus, Pſyche. 25
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[385/0401] fältigen. Ein andermal dagegen ſind es nicht losgelöste Gebilde, ſondern es iſt die fortwährende dunſtförmige Auf¬ löſung eines Organismus ſelbſt und zumeiſt alſo ſein ſich Auflöſen in der ihn umgebenden Luft, wodurch ſowohl Heilswirkung als Anſteckung ſich erklärt. Jeder Organis¬ mus nämlich und zuhöchſt der menſchliche, bildet durch dieſes immerfort unmerkliche Verdunſten — oder ſo zu ſagen Ver¬ weſen — einen eigenen kleinen Dunſtkreis um ſich, deſſen Subſtanz kurz zuvor noch zum Organismus ſelbſt gehörte und noch immer ſeine Eigenthümlichkeit in Etwas bewährt. Dieſer Dunſtkreis erhält namentlich die von der Idee des Organismus bedingten beſonderen Miſchungsverhältniſſe, welche insbeſondere dem Geruchsſinn in ihrer Eigenthüm¬ lichkeit ſich verrathen, er bewahrt auch deſſen eigenthümliche elektriſche Spannungen, und wie dieſe letztere überhaupt doch nur Product der Innervationsſtrömungen ſind, ſo geht auch Etwas ſelbſt von dieſer Innervationsſpannung mit auf dieſen Dunſtkreis über und bildet das, was Humboldt ſchon am Nerven eine ſenſible Atmoſphäre nannte. Sobald man hievon nun einen deutlichen Begriff ſich geſchaffen hat, ſo wird auch klar werden, daß mittels dieſer Atmoſphäre, welche wieder an andern feſtern Subſtanzen haftet (ſo lange ſie nämlich ſelbſt ſich noch nicht ganz verflüchtigt hat), aller¬ dings eine gewiſſe unbewußte Lebenswirkung des einen auf das Unbewußte eines andern Organismus übertragen werden kann. Hiedurch darf man ſonach, was weiter oben über die eigenthümliche Bedeutung des magnetiſchen Einfluſſes und der magnetiſchen Manipulation geſagt worden iſt, für einigermaßen vervollſtändigt halten, und zugleich liegt hierin das Verſtändniß für Alles, was man in der Geſchichte der Reliquien und der Amulete als denjenigen Wahrheitskern zu betrachten hat, welcher übrig bleibt, wenn man abſtreift, was zu aller Zeit Aberglaube in reichlichem Maße darum gehäuft hat. Endlich iſt noch zu erwähnen, daß eben ſo wie bei Carus, Pſyche. 25

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/401>, abgerufen am 25.11.2024.