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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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verfolgen zu können, es unerläßlich, über die Art und
Weise, wie überhaupt ein Bewußtsein zu Stande komme,
und wo sein Anfangspunkt liege, das Obige nothwendig
vorauszuschicken.

Es kann hier nicht der Ort sein eine ausführliche ver¬
gleichende Psychologie oder psychische Zoologie zu versuchen,
sondern aus der ungeheuern Menge und Mannichfaltigkeit
der Thierwelt greifen wir einzelne große bedeutungsvolle
Thatsachen heraus, und legen sie hier neben einander, auf
daß daran klar werde, daß Manches aus diesem Seelen¬
leben zwar auch im Menschen sich wiederholt, daß jedoch
in ihm sodann aus jenem gleichsam Vorbereitenden, noch
so weit höhere Entwicklungen hervorgehen und erreicht wer¬
den können.

Die bedeutungsvollste Theilung des Thierreichs, auch
in Beziehung auf ihr Seelenleben, ist die der Wasser- und
der Luftthiere. Alle Wasserthiere, solche die ganz und
zeitlebens in dieses dichtere embryonische Element verwiesen
sind, zeigen verhältnißmäßig weit geringere Entwicklungen
des Seelenlebens als die Luftthiere. Die geringsten jener
Reihe sind die wo ein strahlenförmiges, den ganzen Körper
zur Einheit verknüpfendes Nervensystem noch fehlt, wenn
auch unzweifelhaft einzelne Massen in der Substanz schon
die Bedeutung der Nervenmasse haben; hierhin gehören die
Akalephen. In ihnen ist jenes mittlere, die Idee insbe¬
sondere Offenbarende -- das Gefühl -- noch am dunkelsten
und das unbewußte Seelenleben herrscht durchaus vor.
Eigentlich verbreitet sich hier nur das, was ich weiter oben
und in meinem System der Physiologie, als Erfühlung --
Perceptio -- bezeichnet habe und was wir als Vorberei¬
tung des wirklichen Gefühls ansehen dürfen, über die
gesammte organische Masse; das Gefühl des innern orga¬
nischen Bedürfnisses und zwar zunächst die Nahrungsauf¬
nahme, und dann jede äußere zufällige Einwirkung, be¬
stimmen allein die Gegenwirkung des Geschöpfs. Eine

verfolgen zu können, es unerläßlich, über die Art und
Weiſe, wie überhaupt ein Bewußtſein zu Stande komme,
und wo ſein Anfangspunkt liege, das Obige nothwendig
vorauszuſchicken.

Es kann hier nicht der Ort ſein eine ausführliche ver¬
gleichende Pſychologie oder pſychiſche Zoologie zu verſuchen,
ſondern aus der ungeheuern Menge und Mannichfaltigkeit
der Thierwelt greifen wir einzelne große bedeutungsvolle
Thatſachen heraus, und legen ſie hier neben einander, auf
daß daran klar werde, daß Manches aus dieſem Seelen¬
leben zwar auch im Menſchen ſich wiederholt, daß jedoch
in ihm ſodann aus jenem gleichſam Vorbereitenden, noch
ſo weit höhere Entwicklungen hervorgehen und erreicht wer¬
den können.

Die bedeutungsvollſte Theilung des Thierreichs, auch
in Beziehung auf ihr Seelenleben, iſt die der Waſſer- und
der Luftthiere. Alle Waſſerthiere, ſolche die ganz und
zeitlebens in dieſes dichtere embryoniſche Element verwieſen
ſind, zeigen verhältnißmäßig weit geringere Entwicklungen
des Seelenlebens als die Luftthiere. Die geringſten jener
Reihe ſind die wo ein ſtrahlenförmiges, den ganzen Körper
zur Einheit verknüpfendes Nervenſyſtem noch fehlt, wenn
auch unzweifelhaft einzelne Maſſen in der Subſtanz ſchon
die Bedeutung der Nervenmaſſe haben; hierhin gehören die
Akalephen. In ihnen iſt jenes mittlere, die Idee insbe¬
ſondere Offenbarende — das Gefühl — noch am dunkelſten
und das unbewußte Seelenleben herrſcht durchaus vor.
Eigentlich verbreitet ſich hier nur das, was ich weiter oben
und in meinem Syſtem der Phyſiologie, als Erfühlung —
Perceptio — bezeichnet habe und was wir als Vorberei¬
tung des wirklichen Gefühls anſehen dürfen, über die
geſammte organiſche Maſſe; das Gefühl des innern orga¬
niſchen Bedürfniſſes und zwar zunächſt die Nahrungsauf¬
nahme, und dann jede äußere zufällige Einwirkung, be¬
ſtimmen allein die Gegenwirkung des Geſchöpfs. Eine

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[120/0136] verfolgen zu können, es unerläßlich, über die Art und Weiſe, wie überhaupt ein Bewußtſein zu Stande komme, und wo ſein Anfangspunkt liege, das Obige nothwendig vorauszuſchicken. Es kann hier nicht der Ort ſein eine ausführliche ver¬ gleichende Pſychologie oder pſychiſche Zoologie zu verſuchen, ſondern aus der ungeheuern Menge und Mannichfaltigkeit der Thierwelt greifen wir einzelne große bedeutungsvolle Thatſachen heraus, und legen ſie hier neben einander, auf daß daran klar werde, daß Manches aus dieſem Seelen¬ leben zwar auch im Menſchen ſich wiederholt, daß jedoch in ihm ſodann aus jenem gleichſam Vorbereitenden, noch ſo weit höhere Entwicklungen hervorgehen und erreicht wer¬ den können. Die bedeutungsvollſte Theilung des Thierreichs, auch in Beziehung auf ihr Seelenleben, iſt die der Waſſer- und der Luftthiere. Alle Waſſerthiere, ſolche die ganz und zeitlebens in dieſes dichtere embryoniſche Element verwieſen ſind, zeigen verhältnißmäßig weit geringere Entwicklungen des Seelenlebens als die Luftthiere. Die geringſten jener Reihe ſind die wo ein ſtrahlenförmiges, den ganzen Körper zur Einheit verknüpfendes Nervenſyſtem noch fehlt, wenn auch unzweifelhaft einzelne Maſſen in der Subſtanz ſchon die Bedeutung der Nervenmaſſe haben; hierhin gehören die Akalephen. In ihnen iſt jenes mittlere, die Idee insbe¬ ſondere Offenbarende — das Gefühl — noch am dunkelſten und das unbewußte Seelenleben herrſcht durchaus vor. Eigentlich verbreitet ſich hier nur das, was ich weiter oben und in meinem Syſtem der Phyſiologie, als Erfühlung — Perceptio — bezeichnet habe und was wir als Vorberei¬ tung des wirklichen Gefühls anſehen dürfen, über die geſammte organiſche Maſſe; das Gefühl des innern orga¬ niſchen Bedürfniſſes und zwar zunächſt die Nahrungsauf¬ nahme, und dann jede äußere zufällige Einwirkung, be¬ ſtimmen allein die Gegenwirkung des Geſchöpfs. Eine

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/136>, abgerufen am 23.11.2024.