dern möglich sein, wo die Entfaltung der Centralmassen des Nervensystems eine so beschränkte Entwicklung zeigt und auf den niedersten Stufen noch ganz fehlt, indem eine gewisse Vielheit einzelner durch den Organismus vertheilter Nervenmassen noch deren Stelle vertritt. Gerade darauf, daß dem so ist, beruht also die Wichtigkeit der Verschieden¬ heit der Hirnbildung unter verschiednen Thieren und unter verschiednen Menschen. Die Physiologie, und namentlich das, was man die Physik des Nervensystems nennen könnte, weist mit Bestimmtheit nach, daß eine große Masse, aber -- wohl verstanden! -- normal gebildeter Ursubstanz des Hirns nothwendig vorausgesetzt wird, wenn eine große Masse von Vorstellungen bleibendes Eigenthum der Psyche werden soll, und eben so wenig als Jemand mit einer enggebildeten Brust und kleinen Lungen einer so kräftigen Athmung fähig ist als ein Anderer mit weiter, gewölb¬ ter Brust und stark ausgebildeten Lungen, so wenig ist ein Mensch mit kleinem Schädel und geringem Gehirn im Stande einen solchen Reichthum von Vorstellungen auf¬ zusammeln als einer mit weitem regelmäßig gewölbten Schädel und stark ausgebildetem Gehirn.
Auch hier hat man, wenn die Physiologie mitunter schon früher ähnliche Verhältnisse andeutete, über Abhän¬ gigkeit des Geistes vom Körper geklagt, man hat dergleichen Resultate daher mit einer gewissen Angst betrachtet, man hat von Materialismus gesprochen und die höchsten Interessen der Menschheit durch dergleichen Erkenntnisse wahrhaft ge¬ fährdet geglaubt; doch eines Theils würden denn doch alle dergleichen Nachtheile und Gefahren, wie man sie nannte, ertragen werden müssen, so lange man nicht nachweisen könnte, daß die Erkenntnisse selbst irrig wären, andern Theils aber werden dergleichen schiefe Ansichten immer nur die Folge davon sein, daß man von der Psyche, d. h. der Grundidee unsers Daseins, eine verkehrte Vorstellung hegt, daß man einer sogenannten Lebenskraft, ein besondres
dern möglich ſein, wo die Entfaltung der Centralmaſſen des Nervenſyſtems eine ſo beſchränkte Entwicklung zeigt und auf den niederſten Stufen noch ganz fehlt, indem eine gewiſſe Vielheit einzelner durch den Organismus vertheilter Nervenmaſſen noch deren Stelle vertritt. Gerade darauf, daß dem ſo iſt, beruht alſo die Wichtigkeit der Verſchieden¬ heit der Hirnbildung unter verſchiednen Thieren und unter verſchiednen Menſchen. Die Phyſiologie, und namentlich das, was man die Phyſik des Nervenſyſtems nennen könnte, weist mit Beſtimmtheit nach, daß eine große Maſſe, aber — wohl verſtanden! — normal gebildeter Urſubſtanz des Hirns nothwendig vorausgeſetzt wird, wenn eine große Maſſe von Vorſtellungen bleibendes Eigenthum der Pſyche werden ſoll, und eben ſo wenig als Jemand mit einer enggebildeten Bruſt und kleinen Lungen einer ſo kräftigen Athmung fähig iſt als ein Anderer mit weiter, gewölb¬ ter Bruſt und ſtark ausgebildeten Lungen, ſo wenig iſt ein Menſch mit kleinem Schädel und geringem Gehirn im Stande einen ſolchen Reichthum von Vorſtellungen auf¬ zuſammeln als einer mit weitem regelmäßig gewölbten Schädel und ſtark ausgebildetem Gehirn.
Auch hier hat man, wenn die Phyſiologie mitunter ſchon früher ähnliche Verhältniſſe andeutete, über Abhän¬ gigkeit des Geiſtes vom Körper geklagt, man hat dergleichen Reſultate daher mit einer gewiſſen Angſt betrachtet, man hat von Materialismus geſprochen und die höchſten Intereſſen der Menſchheit durch dergleichen Erkenntniſſe wahrhaft ge¬ fährdet geglaubt; doch eines Theils würden denn doch alle dergleichen Nachtheile und Gefahren, wie man ſie nannte, ertragen werden müſſen, ſo lange man nicht nachweiſen könnte, daß die Erkenntniſſe ſelbſt irrig wären, andern Theils aber werden dergleichen ſchiefe Anſichten immer nur die Folge davon ſein, daß man von der Pſyche, d. h. der Grundidee unſers Daſeins, eine verkehrte Vorſtellung hegt, daß man einer ſogenannten Lebenskraft, ein beſondres
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dern möglich ſein, wo die Entfaltung der Centralmaſſen
des Nervenſyſtems eine ſo beſchränkte Entwicklung zeigt
und auf den niederſten Stufen noch ganz fehlt, indem eine
gewiſſe Vielheit einzelner durch den Organismus vertheilter
Nervenmaſſen noch deren Stelle vertritt. Gerade darauf,
daß dem ſo iſt, beruht alſo die Wichtigkeit der Verſchieden¬
heit der Hirnbildung unter verſchiednen Thieren und unter
verſchiednen Menſchen. Die Phyſiologie, und namentlich
das, was man die Phyſik des Nervenſyſtems nennen könnte,
weist mit Beſtimmtheit nach, daß eine große Maſſe, aber
— wohl verſtanden! — normal gebildeter Urſubſtanz des
Hirns nothwendig vorausgeſetzt wird, wenn eine große
Maſſe von Vorſtellungen bleibendes Eigenthum der Pſyche
werden ſoll, und eben ſo wenig als Jemand mit einer
enggebildeten Bruſt und kleinen Lungen einer ſo kräftigen
Athmung fähig iſt als ein Anderer mit weiter, gewölb¬
ter Bruſt und ſtark ausgebildeten Lungen, ſo wenig iſt
ein Menſch mit kleinem Schädel und geringem Gehirn im
Stande einen ſolchen Reichthum von Vorſtellungen auf¬
zuſammeln als einer mit weitem regelmäßig gewölbten
Schädel und ſtark ausgebildetem Gehirn.
Auch hier hat man, wenn die Phyſiologie mitunter
ſchon früher ähnliche Verhältniſſe andeutete, über Abhän¬
gigkeit des Geiſtes vom Körper geklagt, man hat dergleichen
Reſultate daher mit einer gewiſſen Angſt betrachtet, man
hat von Materialismus geſprochen und die höchſten Intereſſen
der Menſchheit durch dergleichen Erkenntniſſe wahrhaft ge¬
fährdet geglaubt; doch eines Theils würden denn doch alle
dergleichen Nachtheile und Gefahren, wie man ſie nannte,
ertragen werden müſſen, ſo lange man nicht nachweiſen
könnte, daß die Erkenntniſſe ſelbſt irrig wären, andern
Theils aber werden dergleichen ſchiefe Anſichten immer nur
die Folge davon ſein, daß man von der Pſyche, d. h. der
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daß man einer ſogenannten Lebenskraft, ein beſondres
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/125>, abgerufen am 22.11.2024.
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