(wobei man sich wieder erinnern muß, daß animales Leben dem vegetativen gerade entgegen gesetzt ist, und dieser nie- drige Stand desselben also vollkommen mit dem thätigen Bildungsleben dieser Periode zusammen stimmt). Zuvörderst die Bewegungswerkzeuge betreffend, so sind die willkührlichen Muskeln blaß, schlaff, wenig ausgebildet (welches an die schwache Respiration erinnert, da Respiration und Muskel- kraft im ganzen Thierreiche gleichen Schritt halten). Bewe- gungen der Glieder sind willkührlos und gering. Zweitens was die sensible Seite anbelangt, so ist Hirn- und Nerven- masse noch äußerst weich, die Augenlider bleiben geschlossen, die Pauken- und Nasenhöhle ist mit Schleim erfüllt, und überhaupt sind die Sinneswerkzeuge ganz unthätig. Soll man endlich über das Seelenleben des Fetus eine Vermu- thung äußern, so ist wohl so viel klar, daß von eigenthüm- lichen Willensrichtungen und Vorstellungen hier noch nicht die Rede seyn kann, ob aber nicht der Fetus in seinem Schlafe im Uterus an den Vorstellungen der Mutter (etwa wie man sich das Verhältniß der Somnambüle zum Magneti- seur denkt) Antheil nehme, ob nicht diese Vorstellungen gleich Träumen an ihm vorüber gehen, und die Geneigtheit zu ähnlichen Vorstellungen hinterlassen? ist eine Frage, deren Beantwortung auf Erklärung des Forter- bens gewisser Eigenschaften, auf die Lehre vom Versehen (wovon wir im pathologischen Abschnitte sprechen werden) viel Licht verbreiten könnte.
4) Geschichte der Veränderungen im mütter- terlichen Körper während der Schwan- gerschaft.
§. 741.
Man kann diese Veränderungen eintheilen in solche, welche im Geschlechtssysteme selbst und namentlich im Uterus bemerkt werden, und in solche, welche in den übrigen organischen Systemen und im Allge-
(wobei man ſich wieder erinnern muß, daß animales Leben dem vegetativen gerade entgegen geſetzt iſt, und dieſer nie- drige Stand deſſelben alſo vollkommen mit dem thaͤtigen Bildungsleben dieſer Periode zuſammen ſtimmt). Zuvoͤrderſt die Bewegungswerkzeuge betreffend, ſo ſind die willkuͤhrlichen Muskeln blaß, ſchlaff, wenig ausgebildet (welches an die ſchwache Reſpiration erinnert, da Reſpiration und Muskel- kraft im ganzen Thierreiche gleichen Schritt halten). Bewe- gungen der Glieder ſind willkuͤhrlos und gering. Zweitens was die ſenſible Seite anbelangt, ſo iſt Hirn- und Nerven- maſſe noch aͤußerſt weich, die Augenlider bleiben geſchloſſen, die Pauken- und Naſenhoͤhle iſt mit Schleim erfuͤllt, und uͤberhaupt ſind die Sinneswerkzeuge ganz unthaͤtig. Soll man endlich uͤber das Seelenleben des Fetus eine Vermu- thung aͤußern, ſo iſt wohl ſo viel klar, daß von eigenthuͤm- lichen Willensrichtungen und Vorſtellungen hier noch nicht die Rede ſeyn kann, ob aber nicht der Fetus in ſeinem Schlafe im Uterus an den Vorſtellungen der Mutter (etwa wie man ſich das Verhaͤltniß der Somnambuͤle zum Magneti- ſeur denkt) Antheil nehme, ob nicht dieſe Vorſtellungen gleich Traͤumen an ihm voruͤber gehen, und die Geneigtheit zu aͤhnlichen Vorſtellungen hinterlaſſen? iſt eine Frage, deren Beantwortung auf Erklaͤrung des Forter- bens gewiſſer Eigenſchaften, auf die Lehre vom Verſehen (wovon wir im pathologiſchen Abſchnitte ſprechen werden) viel Licht verbreiten koͤnnte.
4) Geſchichte der Veraͤnderungen im muͤtter- terlichen Koͤrper waͤhrend der Schwan- gerſchaft.
§. 741.
Man kann dieſe Veraͤnderungen eintheilen in ſolche, welche im Geſchlechtsſyſteme ſelbſt und namentlich im Uterus bemerkt werden, und in ſolche, welche in den uͤbrigen organiſchen Syſtemen und im Allge-
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(wobei man ſich wieder erinnern muß, daß animales Leben
dem vegetativen gerade entgegen geſetzt iſt, und dieſer nie-
drige Stand deſſelben alſo vollkommen mit dem thaͤtigen
Bildungsleben dieſer Periode zuſammen ſtimmt). Zuvoͤrderſt
die Bewegungswerkzeuge betreffend, ſo ſind die willkuͤhrlichen
Muskeln blaß, ſchlaff, wenig ausgebildet (welches an die
ſchwache Reſpiration erinnert, da Reſpiration und Muskel-
kraft im ganzen Thierreiche gleichen Schritt halten). Bewe-
gungen der Glieder ſind willkuͤhrlos und gering. Zweitens
was die ſenſible Seite anbelangt, ſo iſt Hirn- und Nerven-
maſſe noch aͤußerſt weich, die Augenlider bleiben geſchloſſen,
die Pauken- und Naſenhoͤhle iſt mit Schleim erfuͤllt, und
uͤberhaupt ſind die Sinneswerkzeuge ganz unthaͤtig. Soll
man endlich uͤber das Seelenleben des Fetus eine Vermu-
thung aͤußern, ſo iſt wohl ſo viel klar, daß von eigenthuͤm-
lichen Willensrichtungen und Vorſtellungen hier noch nicht
die Rede ſeyn kann, ob aber nicht der Fetus in ſeinem
Schlafe im Uterus an den Vorſtellungen der Mutter (etwa
wie man ſich das Verhaͤltniß der Somnambuͤle zum Magneti-
ſeur denkt) Antheil nehme, ob nicht dieſe Vorſtellungen
gleich Traͤumen an ihm voruͤber gehen, und die
Geneigtheit zu aͤhnlichen Vorſtellungen hinterlaſſen? iſt
eine Frage, deren Beantwortung auf Erklaͤrung des Forter-
bens gewiſſer Eigenſchaften, auf die Lehre vom Verſehen
(wovon wir im pathologiſchen Abſchnitte ſprechen werden)
viel Licht verbreiten koͤnnte.
4) Geſchichte der Veraͤnderungen im muͤtter-
terlichen Koͤrper waͤhrend der Schwan-
gerſchaft.
§. 741.
Man kann dieſe Veraͤnderungen eintheilen in ſolche,
welche im Geſchlechtsſyſteme ſelbſt und namentlich
im Uterus bemerkt werden, und in ſolche, welche in den
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/83>, abgerufen am 22.12.2024.
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