Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

unmittelbar in die Placenta sondern in die Lederhaut einge-
wurzelt erscheint, wo in dieser sich die Gefäße bereits ver-
zweigen, und oft 3 bis 4 Zoll auf der Lederhaut und hin-
ter der Schafhaut verlaufen *); eine Bildung, welche bei der
Geburt indeß zu mancherlei regelwidrigen Zufällen, nament-
lich zur Hemmung des Blutlaufs durch Druck, und zum
leichtern Abreißen des Nabelstranges, Veranlassung werden
kann.

§. 728.

Ferner gehören hierher die Knoten des Nabelstran-
ges
, deren wir wahre und falsche unterscheiden. Die
erstern sind wirkliche in die Nabelschnur geschürzte Knoten,
welche, wie schon oben bemerkt, wahrscheinlich im 4 oder 5
Monate durch starke Bewegungen des Kindes entstehen; sie
können allerdings, wenn sie sehr stark angezogen sind, zur
Hemmung des Blutlaufs und zum Tode des Kindes beitra-
gen, werden aber häufig auch als ganz unschädliche Er-
scheinungen wahrgenommen **). Die falschen Knoten sind
bloße Ausdehnungen der Nabelgefäße, vorzüglich der Nabel-
vene und hervorragende Windungen derselben. Uebrigens ist
auch der Nabelstrang selbst zuweilen sehr reichlich mit War-
thon'scher
Sulze versehen, und heißt dann ein fetter
Nabelstrang
, oder er ist mit sehr wenig Sulze versehen,
und heißt, weil er dann die Blutgefäße sehr deutlich zeigt,
ein blutiger Nabelstrang. -- Was die Eihäute be-
trifft, so variiren sie dadurch, daß Chorion und Amnion
zuweilen nicht mit einander verwachsen und folglich falsches
Wasser übrig bleibt; und was endlich das Fruchtwasser selbst
anbelangt, so kann dessen bald mehr bald weniger, und zwar
bald von molkiger, bald von klarer Beschaffenheit vorhan-
den seyn.


*) S. einen Fall dieser Art bei Wrisberg Commentationes medici
physiologici, anatomici etc. argumenti Gotting. 1800. Vol. I. p.
50)
**) Im Jahr 1818 kamen sechsmal dergleichen Knoten ohne Nachtheil
zu veranlassen in meiner Anstalt vor.

unmittelbar in die Placenta ſondern in die Lederhaut einge-
wurzelt erſcheint, wo in dieſer ſich die Gefaͤße bereits ver-
zweigen, und oft 3 bis 4 Zoll auf der Lederhaut und hin-
ter der Schafhaut verlaufen *); eine Bildung, welche bei der
Geburt indeß zu mancherlei regelwidrigen Zufaͤllen, nament-
lich zur Hemmung des Blutlaufs durch Druck, und zum
leichtern Abreißen des Nabelſtranges, Veranlaſſung werden
kann.

§. 728.

Ferner gehoͤren hierher die Knoten des Nabelſtran-
ges
, deren wir wahre und falſche unterſcheiden. Die
erſtern ſind wirkliche in die Nabelſchnur geſchuͤrzte Knoten,
welche, wie ſchon oben bemerkt, wahrſcheinlich im 4 oder 5
Monate durch ſtarke Bewegungen des Kindes entſtehen; ſie
koͤnnen allerdings, wenn ſie ſehr ſtark angezogen ſind, zur
Hemmung des Blutlaufs und zum Tode des Kindes beitra-
gen, werden aber haͤufig auch als ganz unſchaͤdliche Er-
ſcheinungen wahrgenommen **). Die falſchen Knoten ſind
bloße Ausdehnungen der Nabelgefaͤße, vorzuͤglich der Nabel-
vene und hervorragende Windungen derſelben. Uebrigens iſt
auch der Nabelſtrang ſelbſt zuweilen ſehr reichlich mit War-
thon’ſcher
Sulze verſehen, und heißt dann ein fetter
Nabelſtrang
, oder er iſt mit ſehr wenig Sulze verſehen,
und heißt, weil er dann die Blutgefaͤße ſehr deutlich zeigt,
ein blutiger Nabelſtrang. — Was die Eihaͤute be-
trifft, ſo variiren ſie dadurch, daß Chorion und Amnion
zuweilen nicht mit einander verwachſen und folglich falſches
Waſſer uͤbrig bleibt; und was endlich das Fruchtwaſſer ſelbſt
anbelangt, ſo kann deſſen bald mehr bald weniger, und zwar
bald von molkiger, bald von klarer Beſchaffenheit vorhan-
den ſeyn.


*) S. einen Fall dieſer Art bei Wrisberg Commentationes medici
physiologici, anatomici etc. argumenti Gotting. 1800. Vol. I. p.
50)
**) Im Jahr 1818 kamen ſechsmal dergleichen Knoten ohne Nachtheil
zu veranlaſſen in meiner Anſtalt vor.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0074" n="52"/>
unmittelbar in die Placenta &#x017F;ondern in die Lederhaut einge-<lb/>
wurzelt er&#x017F;cheint, wo in die&#x017F;er &#x017F;ich die Gefa&#x0364;ße bereits ver-<lb/>
zweigen, und oft 3 bis 4 Zoll auf der Lederhaut und hin-<lb/>
ter der Schafhaut verlaufen <note place="foot" n="*)">S. einen Fall die&#x017F;er Art bei <hi rendition="#g">Wrisberg</hi> <hi rendition="#aq">Commentationes medici<lb/>
physiologici, anatomici etc. argumenti Gotting. 1800. Vol. I. p.</hi> 50)</note>; eine Bildung, welche bei der<lb/>
Geburt indeß zu mancherlei regelwidrigen Zufa&#x0364;llen, nament-<lb/>
lich zur Hemmung des Blutlaufs durch Druck, und zum<lb/>
leichtern Abreißen des Nabel&#x017F;tranges, Veranla&#x017F;&#x017F;ung werden<lb/>
kann.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 728.</head><lb/>
                    <p>Ferner geho&#x0364;ren hierher die <hi rendition="#g">Knoten des Nabel&#x017F;tran-<lb/>
ges</hi>, deren wir <hi rendition="#g">wahre</hi> und <hi rendition="#g">fal&#x017F;che</hi> unter&#x017F;cheiden. Die<lb/>
er&#x017F;tern &#x017F;ind wirkliche in die Nabel&#x017F;chnur ge&#x017F;chu&#x0364;rzte Knoten,<lb/>
welche, wie &#x017F;chon oben bemerkt, wahr&#x017F;cheinlich im 4 oder 5<lb/>
Monate durch &#x017F;tarke Bewegungen des Kindes ent&#x017F;tehen; &#x017F;ie<lb/>
ko&#x0364;nnen allerdings, wenn &#x017F;ie &#x017F;ehr &#x017F;tark angezogen &#x017F;ind, zur<lb/>
Hemmung des Blutlaufs und zum Tode des Kindes beitra-<lb/>
gen, werden aber ha&#x0364;ufig auch als ganz un&#x017F;cha&#x0364;dliche Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen wahrgenommen <note place="foot" n="**)">Im Jahr 1818 kamen &#x017F;echsmal dergleichen Knoten ohne Nachtheil<lb/>
zu veranla&#x017F;&#x017F;en in meiner An&#x017F;talt vor.</note>. Die fal&#x017F;chen Knoten &#x017F;ind<lb/>
bloße Ausdehnungen der Nabelgefa&#x0364;ße, vorzu&#x0364;glich der Nabel-<lb/>
vene und hervorragende Windungen der&#x017F;elben. Uebrigens i&#x017F;t<lb/>
auch der Nabel&#x017F;trang &#x017F;elb&#x017F;t zuweilen &#x017F;ehr reichlich mit <hi rendition="#g">War-<lb/>
thon&#x2019;&#x017F;cher</hi> Sulze ver&#x017F;ehen, und heißt dann ein <hi rendition="#g">fetter<lb/>
Nabel&#x017F;trang</hi>, oder er i&#x017F;t mit &#x017F;ehr wenig Sulze ver&#x017F;ehen,<lb/>
und heißt, weil er dann die Blutgefa&#x0364;ße &#x017F;ehr deutlich zeigt,<lb/>
ein <hi rendition="#g">blutiger Nabel&#x017F;trang</hi>. &#x2014; Was die Eiha&#x0364;ute be-<lb/>
trifft, &#x017F;o variiren &#x017F;ie dadurch, daß Chorion und Amnion<lb/>
zuweilen nicht mit einander verwach&#x017F;en und folglich fal&#x017F;ches<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er u&#x0364;brig bleibt; und was endlich das Fruchtwa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
anbelangt, &#x017F;o kann de&#x017F;&#x017F;en bald mehr bald weniger, und zwar<lb/>
bald von molkiger, bald von klarer Be&#x017F;chaffenheit vorhan-<lb/>
den &#x017F;eyn.</p>
                  </div>
                </div><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0074] unmittelbar in die Placenta ſondern in die Lederhaut einge- wurzelt erſcheint, wo in dieſer ſich die Gefaͤße bereits ver- zweigen, und oft 3 bis 4 Zoll auf der Lederhaut und hin- ter der Schafhaut verlaufen *); eine Bildung, welche bei der Geburt indeß zu mancherlei regelwidrigen Zufaͤllen, nament- lich zur Hemmung des Blutlaufs durch Druck, und zum leichtern Abreißen des Nabelſtranges, Veranlaſſung werden kann. §. 728. Ferner gehoͤren hierher die Knoten des Nabelſtran- ges, deren wir wahre und falſche unterſcheiden. Die erſtern ſind wirkliche in die Nabelſchnur geſchuͤrzte Knoten, welche, wie ſchon oben bemerkt, wahrſcheinlich im 4 oder 5 Monate durch ſtarke Bewegungen des Kindes entſtehen; ſie koͤnnen allerdings, wenn ſie ſehr ſtark angezogen ſind, zur Hemmung des Blutlaufs und zum Tode des Kindes beitra- gen, werden aber haͤufig auch als ganz unſchaͤdliche Er- ſcheinungen wahrgenommen **). Die falſchen Knoten ſind bloße Ausdehnungen der Nabelgefaͤße, vorzuͤglich der Nabel- vene und hervorragende Windungen derſelben. Uebrigens iſt auch der Nabelſtrang ſelbſt zuweilen ſehr reichlich mit War- thon’ſcher Sulze verſehen, und heißt dann ein fetter Nabelſtrang, oder er iſt mit ſehr wenig Sulze verſehen, und heißt, weil er dann die Blutgefaͤße ſehr deutlich zeigt, ein blutiger Nabelſtrang. — Was die Eihaͤute be- trifft, ſo variiren ſie dadurch, daß Chorion und Amnion zuweilen nicht mit einander verwachſen und folglich falſches Waſſer uͤbrig bleibt; und was endlich das Fruchtwaſſer ſelbſt anbelangt, ſo kann deſſen bald mehr bald weniger, und zwar bald von molkiger, bald von klarer Beſchaffenheit vorhan- den ſeyn. *) S. einen Fall dieſer Art bei Wrisberg Commentationes medici physiologici, anatomici etc. argumenti Gotting. 1800. Vol. I. p. 50) **) Im Jahr 1818 kamen ſechsmal dergleichen Knoten ohne Nachtheil zu veranlaſſen in meiner Anſtalt vor.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/74
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/74>, abgerufen am 23.11.2024.