Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

und wenn dieser Unterschied nicht bedeutend ist *), so muß
man erwägen, daß auch sicher der Mutterkuchen so wenig
als die Fischkieme ein so vollkommnes Athmungsorgan
als die Lunge seyn kann, und selbst im neugebornen Kinde
der Unterschied zwischen Venen- und Arterienblut, verglichen
mit dem Unterschiede wie er im Erwachsenen erscheint, fast
gleich 0 ist. -- Wir wenden uns jetzt zur weitern Betrach-
tung der Beschaffenheit des Eies im vierten Monat
nach seinen einzelnen Theilen.

§. 707.

Oeffnet man aber das Chorion, so findet sich auch jetzt
noch gewöhnlich dieses vom Amnion durch eine mit falschem
Wasser **) gefüllte Höhle getrennt. Im Amnion ist die
Menge des Fruchtwassers im Verhältniß zum Fetus noch sehr
groß, der Nabelstrang ist schon gegen 5 bis 6 Zoll lang,
und es ist wahrscheinlich daß die wahren Knoten, die sich
in demselben zuweilen bilden, in diesem Monate entstehen,
indem derselbe sich um Theile des Kindes schlingt, diese Theile
dann aus der Schlinge sich ziehen, und nun der Knoten sich
zuzieht.

§. 708.

Der Fetus selbst ist 5 bis 6 Zoll lang, heißt jetzt un-
zeitiges Kind
, sein Körper ist vollkommner geworden, doch
immer noch die Haut sehr weich und durchscheinend, daher
überall geröthet, und feine Haare zeigen sich auf derselben.
Der Kopf ist noch immer sehr groß, die Augen sind noch
geschlossen, Nase, Ohren, Lippen sind mehr entwickelt. Am
Rumpfe überwiegt immer noch der Unterleib bedeutend, die

*) Es ist sicher zu weit gegangen, wenn man mit H. Osiander
diesen Unterschied ganz läugnet.
**) Es erhält diesen Namen deshalb, weil sein Abfließen unter der
Geburt zuweilen Veranlassung geben kann, dasselbe für das eigent-
iche Fruchr- oder Schafwasser zu halten.

und wenn dieſer Unterſchied nicht bedeutend iſt *), ſo muß
man erwaͤgen, daß auch ſicher der Mutterkuchen ſo wenig
als die Fiſchkieme ein ſo vollkommnes Athmungsorgan
als die Lunge ſeyn kann, und ſelbſt im neugebornen Kinde
der Unterſchied zwiſchen Venen- und Arterienblut, verglichen
mit dem Unterſchiede wie er im Erwachſenen erſcheint, faſt
gleich 0 iſt. — Wir wenden uns jetzt zur weitern Betrach-
tung der Beſchaffenheit des Eies im vierten Monat
nach ſeinen einzelnen Theilen.

§. 707.

Oeffnet man aber das Chorion, ſo findet ſich auch jetzt
noch gewoͤhnlich dieſes vom Amnion durch eine mit falſchem
Waſſer **) gefuͤllte Hoͤhle getrennt. Im Amnion iſt die
Menge des Fruchtwaſſers im Verhaͤltniß zum Fetus noch ſehr
groß, der Nabelſtrang iſt ſchon gegen 5 bis 6 Zoll lang,
und es iſt wahrſcheinlich daß die wahren Knoten, die ſich
in demſelben zuweilen bilden, in dieſem Monate entſtehen,
indem derſelbe ſich um Theile des Kindes ſchlingt, dieſe Theile
dann aus der Schlinge ſich ziehen, und nun der Knoten ſich
zuzieht.

§. 708.

Der Fetus ſelbſt iſt 5 bis 6 Zoll lang, heißt jetzt un-
zeitiges Kind
, ſein Koͤrper iſt vollkommner geworden, doch
immer noch die Haut ſehr weich und durchſcheinend, daher
uͤberall geroͤthet, und feine Haare zeigen ſich auf derſelben.
Der Kopf iſt noch immer ſehr groß, die Augen ſind noch
geſchloſſen, Naſe, Ohren, Lippen ſind mehr entwickelt. Am
Rumpfe uͤberwiegt immer noch der Unterleib bedeutend, die

*) Es iſt ſicher zu weit gegangen, wenn man mit H. Oſiander
dieſen Unterſchied ganz laͤugnet.
**) Es erhaͤlt dieſen Namen deshalb, weil ſein Abfließen unter der
Geburt zuweilen Veranlaſſung geben kann, daſſelbe fuͤr das eigent-
iche Fruchr- oder Schafwaſſer zu halten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0063" n="41"/>
und wenn die&#x017F;er Unter&#x017F;chied nicht <hi rendition="#g">bedeutend</hi> i&#x017F;t <note place="foot" n="*)">Es i&#x017F;t &#x017F;icher zu weit gegangen, wenn man mit H. <hi rendition="#g">O&#x017F;iander</hi><lb/>
die&#x017F;en Unter&#x017F;chied ganz la&#x0364;ugnet.</note>, &#x017F;o muß<lb/>
man erwa&#x0364;gen, daß auch &#x017F;icher der Mutterkuchen &#x017F;o wenig<lb/>
als die Fi&#x017F;chkieme ein <hi rendition="#g">&#x017F;o vollkommnes</hi> Athmungsorgan<lb/>
als die Lunge &#x017F;eyn kann, und &#x017F;elb&#x017F;t im neugebornen Kinde<lb/>
der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen Venen- und Arterienblut, verglichen<lb/>
mit dem Unter&#x017F;chiede wie er im Erwach&#x017F;enen er&#x017F;cheint, fa&#x017F;t<lb/>
gleich 0 i&#x017F;t. &#x2014; Wir wenden uns jetzt zur weitern Betrach-<lb/>
tung der Be&#x017F;chaffenheit des Eies <hi rendition="#g">im vierten Monat</hi><lb/>
nach &#x017F;einen einzelnen Theilen.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 707.</head><lb/>
                    <p>Oeffnet man aber das Chorion, &#x017F;o findet &#x017F;ich auch jetzt<lb/>
noch gewo&#x0364;hnlich die&#x017F;es vom Amnion durch eine mit fal&#x017F;chem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er <note place="foot" n="**)">Es erha&#x0364;lt die&#x017F;en Namen deshalb, weil &#x017F;ein Abfließen unter der<lb/>
Geburt zuweilen Veranla&#x017F;&#x017F;ung geben kann, da&#x017F;&#x017F;elbe fu&#x0364;r das eigent-<lb/>
iche Fruchr- oder Schafwa&#x017F;&#x017F;er zu halten.</note> gefu&#x0364;llte Ho&#x0364;hle getrennt. Im Amnion i&#x017F;t die<lb/>
Menge des Fruchtwa&#x017F;&#x017F;ers im Verha&#x0364;ltniß zum Fetus noch &#x017F;ehr<lb/>
groß, der Nabel&#x017F;trang i&#x017F;t &#x017F;chon gegen 5 bis 6 Zoll lang,<lb/>
und es i&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich daß die wahren Knoten, die &#x017F;ich<lb/>
in dem&#x017F;elben zuweilen bilden, in die&#x017F;em Monate ent&#x017F;tehen,<lb/>
indem der&#x017F;elbe &#x017F;ich um Theile des Kindes &#x017F;chlingt, die&#x017F;e Theile<lb/>
dann aus der Schlinge &#x017F;ich ziehen, und nun der Knoten &#x017F;ich<lb/>
zuzieht.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 708.</head><lb/>
                    <p>Der Fetus &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t 5 bis 6 Zoll lang, heißt jetzt <hi rendition="#g">un-<lb/>
zeitiges Kind</hi>, &#x017F;ein Ko&#x0364;rper i&#x017F;t vollkommner geworden, doch<lb/>
immer noch die Haut &#x017F;ehr weich und durch&#x017F;cheinend, daher<lb/>
u&#x0364;berall gero&#x0364;thet, und feine Haare zeigen &#x017F;ich auf der&#x017F;elben.<lb/>
Der Kopf i&#x017F;t noch immer &#x017F;ehr groß, die Augen &#x017F;ind noch<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, Na&#x017F;e, Ohren, Lippen &#x017F;ind mehr entwickelt. Am<lb/>
Rumpfe u&#x0364;berwiegt immer noch der Unterleib bedeutend, die<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0063] und wenn dieſer Unterſchied nicht bedeutend iſt *), ſo muß man erwaͤgen, daß auch ſicher der Mutterkuchen ſo wenig als die Fiſchkieme ein ſo vollkommnes Athmungsorgan als die Lunge ſeyn kann, und ſelbſt im neugebornen Kinde der Unterſchied zwiſchen Venen- und Arterienblut, verglichen mit dem Unterſchiede wie er im Erwachſenen erſcheint, faſt gleich 0 iſt. — Wir wenden uns jetzt zur weitern Betrach- tung der Beſchaffenheit des Eies im vierten Monat nach ſeinen einzelnen Theilen. §. 707. Oeffnet man aber das Chorion, ſo findet ſich auch jetzt noch gewoͤhnlich dieſes vom Amnion durch eine mit falſchem Waſſer **) gefuͤllte Hoͤhle getrennt. Im Amnion iſt die Menge des Fruchtwaſſers im Verhaͤltniß zum Fetus noch ſehr groß, der Nabelſtrang iſt ſchon gegen 5 bis 6 Zoll lang, und es iſt wahrſcheinlich daß die wahren Knoten, die ſich in demſelben zuweilen bilden, in dieſem Monate entſtehen, indem derſelbe ſich um Theile des Kindes ſchlingt, dieſe Theile dann aus der Schlinge ſich ziehen, und nun der Knoten ſich zuzieht. §. 708. Der Fetus ſelbſt iſt 5 bis 6 Zoll lang, heißt jetzt un- zeitiges Kind, ſein Koͤrper iſt vollkommner geworden, doch immer noch die Haut ſehr weich und durchſcheinend, daher uͤberall geroͤthet, und feine Haare zeigen ſich auf derſelben. Der Kopf iſt noch immer ſehr groß, die Augen ſind noch geſchloſſen, Naſe, Ohren, Lippen ſind mehr entwickelt. Am Rumpfe uͤberwiegt immer noch der Unterleib bedeutend, die *) Es iſt ſicher zu weit gegangen, wenn man mit H. Oſiander dieſen Unterſchied ganz laͤugnet. **) Es erhaͤlt dieſen Namen deshalb, weil ſein Abfließen unter der Geburt zuweilen Veranlaſſung geben kann, daſſelbe fuͤr das eigent- iche Fruchr- oder Schafwaſſer zu halten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/63
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/63>, abgerufen am 28.11.2024.