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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Vogelembryo stets der Allantois eigene Athmungsfunktion, den
im Chorion verzweigten Gefäßen übertragen werde, allein
da man noch so häufig sich gegen diese Bedeutung der Le-
derhautgefäße und der aus ihnen gebildeten Placenta sich er-
klärt, so wird es hier nöthig die Gründe für die Athmungs-
funktion der Placenta noch einmal zusammen zu stellen *).

§. 702.

Es sind folgende: 1) Der Fetus stirbt schnell, wenn der
Kreislauf durch den Nabelstrang auf irgend eine Weise z. B.
durch Druck, festangezogene Knoten u. s. w. gehemmt wird,
bevor die Lungenfunktion begonnen hat. Erhielte nun der
Fetus auf diesem Wege blos Nahrungssaft, so wäre dieses
namentlich unter dem Geburtsgeschäft selbst bemerkbare schnelle
Absterben (z. B. bei Fußgeburten, wo der Nabelstrang, be-
vor das Kind wirklich athmen kann, zwischen Kopf und
Becken gepreßt wird) keinesweges erklärlich, da der große
Kreislauf im Kindeskörper doch allerdings auch ohne jenen
Nebenkreislauf fortgehen könnte; es zeigt sich also die Wir-
kung dieses Drucks eben so, wie die eines Druckes auf die
Luftröhre des gebornen Kindes. -- 2) Die Analogie mit der
Organisation des Fetus bei den Vögeln und Amphibien. --
Im Vogelembryo z. B. ist es ganz unläugbar, daß die Ei-
hüllen athmen, ein geöffnetes bebrütetes Ei zeigt das schönste
Schauspiel eines Netzes von scharlachrothen Venen und dun-
kelfarbigen Arterien, auch stirbt ein solches Ei sogleich, so-
bald man die Schale mit Firniß überzieht und so den Zu-
tritt der Luft zu den Eihüllen unmöglich macht. Eben so
ist es im Eidechsenei, und bei Fröschen und Salamandern,
wo solche Gefäßreiche Eihäute fehlen, findet man dagegen
am Embryo wahre Kiemen wie bei den Fischen.


*) Man s. hierüber Oken's Abhandlung im III. Bde. der Lucina
S. 295.

Vogelembryo ſtets der Allantois eigene Athmungsfunktion, den
im Chorion verzweigten Gefaͤßen uͤbertragen werde, allein
da man noch ſo haͤufig ſich gegen dieſe Bedeutung der Le-
derhautgefaͤße und der aus ihnen gebildeten Placenta ſich er-
klaͤrt, ſo wird es hier noͤthig die Gruͤnde fuͤr die Athmungs-
funktion der Placenta noch einmal zuſammen zu ſtellen *).

§. 702.

Es ſind folgende: 1) Der Fetus ſtirbt ſchnell, wenn der
Kreislauf durch den Nabelſtrang auf irgend eine Weiſe z. B.
durch Druck, feſtangezogene Knoten u. ſ. w. gehemmt wird,
bevor die Lungenfunktion begonnen hat. Erhielte nun der
Fetus auf dieſem Wege blos Nahrungsſaft, ſo waͤre dieſes
namentlich unter dem Geburtsgeſchaͤft ſelbſt bemerkbare ſchnelle
Abſterben (z. B. bei Fußgeburten, wo der Nabelſtrang, be-
vor das Kind wirklich athmen kann, zwiſchen Kopf und
Becken gepreßt wird) keinesweges erklaͤrlich, da der große
Kreislauf im Kindeskoͤrper doch allerdings auch ohne jenen
Nebenkreislauf fortgehen koͤnnte; es zeigt ſich alſo die Wir-
kung dieſes Drucks eben ſo, wie die eines Druckes auf die
Luftroͤhre des gebornen Kindes. — 2) Die Analogie mit der
Organiſation des Fetus bei den Voͤgeln und Amphibien. —
Im Vogelembryo z. B. iſt es ganz unlaͤugbar, daß die Ei-
huͤllen athmen, ein geoͤffnetes bebruͤtetes Ei zeigt das ſchoͤnſte
Schauſpiel eines Netzes von ſcharlachrothen Venen und dun-
kelfarbigen Arterien, auch ſtirbt ein ſolches Ei ſogleich, ſo-
bald man die Schale mit Firniß uͤberzieht und ſo den Zu-
tritt der Luft zu den Eihuͤllen unmoͤglich macht. Eben ſo
iſt es im Eidechſenei, und bei Froͤſchen und Salamandern,
wo ſolche Gefaͤßreiche Eihaͤute fehlen, findet man dagegen
am Embryo wahre Kiemen wie bei den Fiſchen.


*) Man ſ. hieruͤber Oken’s Abhandlung im III. Bde. der Lucina
S. 295.
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[38/0060] Vogelembryo ſtets der Allantois eigene Athmungsfunktion, den im Chorion verzweigten Gefaͤßen uͤbertragen werde, allein da man noch ſo haͤufig ſich gegen dieſe Bedeutung der Le- derhautgefaͤße und der aus ihnen gebildeten Placenta ſich er- klaͤrt, ſo wird es hier noͤthig die Gruͤnde fuͤr die Athmungs- funktion der Placenta noch einmal zuſammen zu ſtellen *). §. 702. Es ſind folgende: 1) Der Fetus ſtirbt ſchnell, wenn der Kreislauf durch den Nabelſtrang auf irgend eine Weiſe z. B. durch Druck, feſtangezogene Knoten u. ſ. w. gehemmt wird, bevor die Lungenfunktion begonnen hat. Erhielte nun der Fetus auf dieſem Wege blos Nahrungsſaft, ſo waͤre dieſes namentlich unter dem Geburtsgeſchaͤft ſelbſt bemerkbare ſchnelle Abſterben (z. B. bei Fußgeburten, wo der Nabelſtrang, be- vor das Kind wirklich athmen kann, zwiſchen Kopf und Becken gepreßt wird) keinesweges erklaͤrlich, da der große Kreislauf im Kindeskoͤrper doch allerdings auch ohne jenen Nebenkreislauf fortgehen koͤnnte; es zeigt ſich alſo die Wir- kung dieſes Drucks eben ſo, wie die eines Druckes auf die Luftroͤhre des gebornen Kindes. — 2) Die Analogie mit der Organiſation des Fetus bei den Voͤgeln und Amphibien. — Im Vogelembryo z. B. iſt es ganz unlaͤugbar, daß die Ei- huͤllen athmen, ein geoͤffnetes bebruͤtetes Ei zeigt das ſchoͤnſte Schauſpiel eines Netzes von ſcharlachrothen Venen und dun- kelfarbigen Arterien, auch ſtirbt ein ſolches Ei ſogleich, ſo- bald man die Schale mit Firniß uͤberzieht und ſo den Zu- tritt der Luft zu den Eihuͤllen unmoͤglich macht. Eben ſo iſt es im Eidechſenei, und bei Froͤſchen und Salamandern, wo ſolche Gefaͤßreiche Eihaͤute fehlen, findet man dagegen am Embryo wahre Kiemen wie bei den Fiſchen. *) Man ſ. hieruͤber Oken’s Abhandlung im III. Bde. der Lucina S. 295.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/60>, abgerufen am 23.11.2024.