Es entsteht dieselbe gewöhnlich erst in den spätern Tagen des Wochenbettes, z. B. in der zweiten, dritten Woche, fängt an als eine von einer Schamlippe ausgehende und allmählig immer weiter am Schenkel herab, zuweilen auch etwas aufwärts sich verbreitende heiße, äußerst schmerzhafte Geschwulst von blasser Farbe. Es verbindet sich hiermit ein anhaltendes Fieber, und eigenthümlich ist es dieser Krankheit, daß, dafern nur ein Schenkel leidet (und dieses ist der öfterste Fall), die Geschwulst streng auf eine Hälfte des Körpers, und zwar scharf begränzt, eingeschränkt bleibt.
§. 1601.
Der Verlauf der Krankheit ist sehr langwierig; man hat ihre Dauer sich oft auf 3 bis 8 Wochen, bei nur wenig sich mindernden Schmerzen, ausdehnen sehen. Wenn in die feste, milchweiße Geschwulst, bei welcher oft selbst die blauen Haut- venen nicht mehr bemerklich sind, ein Einstich mit der Lanzette gemacht wird, so kommt gewöhnlich nur eine sehr geringe Menge heller Flüssigkeit zum Vorschein. Vermindert sich endlich die Krankheit, so bemerkt man das Abnehmen der Geschwulst in derselben Ordnung in welcher die Zunahme er- folgt war, das Fieber läßt nach und die Genesung tritt ein, obwohl oft Schwäche des Fußes, Hinken u. s. w. lange zurück- bleiben. Sehr selten hat man die Krankheit sich in Eiterung endigen sehen, zuweilen hingegen kann sie selbst den Tod veranlassen.
§. 1602.
Ueber die Ursachen dieses Uebels, besonders dessen eigent- liches Wesen, sind die Meinungen höchst verschieden. White leitet dasselbe ab von Druck, Quetschung und Zerreißung eines oder mehrerer Lymphgefäße von denen welche über dem Schambogen-Rand in das Becken sich senken, und betrachtet die Geschwulst als entstanden durch Stocken und Ausdehnen in den Lymphgefäßen der untern Gliedmaßen überhaupt und der Haut insbesondere. Gegen diese Meinung spricht es jedoch
Es entſteht dieſelbe gewoͤhnlich erſt in den ſpaͤtern Tagen des Wochenbettes, z. B. in der zweiten, dritten Woche, faͤngt an als eine von einer Schamlippe ausgehende und allmaͤhlig immer weiter am Schenkel herab, zuweilen auch etwas aufwaͤrts ſich verbreitende heiße, aͤußerſt ſchmerzhafte Geſchwulſt von blaſſer Farbe. Es verbindet ſich hiermit ein anhaltendes Fieber, und eigenthuͤmlich iſt es dieſer Krankheit, daß, dafern nur ein Schenkel leidet (und dieſes iſt der oͤfterſte Fall), die Geſchwulſt ſtreng auf eine Haͤlfte des Koͤrpers, und zwar ſcharf begraͤnzt, eingeſchraͤnkt bleibt.
§. 1601.
Der Verlauf der Krankheit iſt ſehr langwierig; man hat ihre Dauer ſich oft auf 3 bis 8 Wochen, bei nur wenig ſich mindernden Schmerzen, ausdehnen ſehen. Wenn in die feſte, milchweiße Geſchwulſt, bei welcher oft ſelbſt die blauen Haut- venen nicht mehr bemerklich ſind, ein Einſtich mit der Lanzette gemacht wird, ſo kommt gewoͤhnlich nur eine ſehr geringe Menge heller Fluͤſſigkeit zum Vorſchein. Vermindert ſich endlich die Krankheit, ſo bemerkt man das Abnehmen der Geſchwulſt in derſelben Ordnung in welcher die Zunahme er- folgt war, das Fieber laͤßt nach und die Geneſung tritt ein, obwohl oft Schwaͤche des Fußes, Hinken u. ſ. w. lange zuruͤck- bleiben. Sehr ſelten hat man die Krankheit ſich in Eiterung endigen ſehen, zuweilen hingegen kann ſie ſelbſt den Tod veranlaſſen.
§. 1602.
Ueber die Urſachen dieſes Uebels, beſonders deſſen eigent- liches Weſen, ſind die Meinungen hoͤchſt verſchieden. White leitet daſſelbe ab von Druck, Quetſchung und Zerreißung eines oder mehrerer Lymphgefaͤße von denen welche uͤber dem Schambogen-Rand in das Becken ſich ſenken, und betrachtet die Geſchwulſt als entſtanden durch Stocken und Ausdehnen in den Lymphgefaͤßen der untern Gliedmaßen uͤberhaupt und der Haut insbeſondere. Gegen dieſe Meinung ſpricht es jedoch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><divn="10"><p><pbfacs="#f0593"n="567"/>
Es entſteht dieſelbe gewoͤhnlich erſt in den ſpaͤtern Tagen des<lb/>
Wochenbettes, z. B. in der zweiten, dritten Woche, faͤngt an<lb/>
als eine von einer Schamlippe ausgehende und allmaͤhlig<lb/>
immer weiter am Schenkel herab, zuweilen auch etwas aufwaͤrts<lb/>ſich verbreitende heiße, aͤußerſt ſchmerzhafte Geſchwulſt von<lb/>
blaſſer Farbe. Es verbindet ſich hiermit ein anhaltendes<lb/>
Fieber, und eigenthuͤmlich iſt es dieſer Krankheit, daß, dafern<lb/>
nur <hirendition="#g">ein</hi> Schenkel leidet (und dieſes iſt der oͤfterſte Fall), die<lb/>
Geſchwulſt ſtreng auf eine Haͤlfte des Koͤrpers, und zwar<lb/>ſcharf begraͤnzt, eingeſchraͤnkt bleibt.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 1601.</head><lb/><p>Der Verlauf der Krankheit iſt ſehr langwierig; man hat<lb/>
ihre Dauer ſich oft auf 3 bis 8 Wochen, bei nur wenig ſich<lb/>
mindernden Schmerzen, ausdehnen ſehen. Wenn in die feſte,<lb/>
milchweiße Geſchwulſt, bei welcher oft ſelbſt die blauen Haut-<lb/>
venen nicht mehr bemerklich ſind, ein Einſtich mit der Lanzette<lb/>
gemacht wird, ſo kommt gewoͤhnlich nur eine ſehr geringe<lb/>
Menge heller Fluͤſſigkeit zum Vorſchein. Vermindert ſich<lb/>
endlich die Krankheit, ſo bemerkt man das Abnehmen der<lb/>
Geſchwulſt in derſelben Ordnung in welcher die Zunahme er-<lb/>
folgt war, das Fieber laͤßt nach und die Geneſung tritt ein,<lb/>
obwohl oft Schwaͤche des Fußes, Hinken u. ſ. w. lange zuruͤck-<lb/>
bleiben. Sehr ſelten hat man die Krankheit ſich in Eiterung<lb/>
endigen ſehen, zuweilen hingegen kann ſie ſelbſt den Tod<lb/>
veranlaſſen.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 1602.</head><lb/><p>Ueber die Urſachen dieſes Uebels, beſonders deſſen eigent-<lb/>
liches Weſen, ſind die Meinungen hoͤchſt verſchieden. <hirendition="#g">White</hi><lb/>
leitet daſſelbe ab von Druck, Quetſchung und Zerreißung<lb/>
eines oder mehrerer Lymphgefaͤße von denen welche uͤber dem<lb/>
Schambogen-Rand in das Becken ſich ſenken, und betrachtet<lb/>
die Geſchwulſt als entſtanden durch Stocken und Ausdehnen<lb/>
in den Lymphgefaͤßen der untern Gliedmaßen uͤberhaupt und<lb/>
der Haut insbeſondere. Gegen dieſe Meinung ſpricht es jedoch<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[567/0593]
Es entſteht dieſelbe gewoͤhnlich erſt in den ſpaͤtern Tagen des
Wochenbettes, z. B. in der zweiten, dritten Woche, faͤngt an
als eine von einer Schamlippe ausgehende und allmaͤhlig
immer weiter am Schenkel herab, zuweilen auch etwas aufwaͤrts
ſich verbreitende heiße, aͤußerſt ſchmerzhafte Geſchwulſt von
blaſſer Farbe. Es verbindet ſich hiermit ein anhaltendes
Fieber, und eigenthuͤmlich iſt es dieſer Krankheit, daß, dafern
nur ein Schenkel leidet (und dieſes iſt der oͤfterſte Fall), die
Geſchwulſt ſtreng auf eine Haͤlfte des Koͤrpers, und zwar
ſcharf begraͤnzt, eingeſchraͤnkt bleibt.
§. 1601.
Der Verlauf der Krankheit iſt ſehr langwierig; man hat
ihre Dauer ſich oft auf 3 bis 8 Wochen, bei nur wenig ſich
mindernden Schmerzen, ausdehnen ſehen. Wenn in die feſte,
milchweiße Geſchwulſt, bei welcher oft ſelbſt die blauen Haut-
venen nicht mehr bemerklich ſind, ein Einſtich mit der Lanzette
gemacht wird, ſo kommt gewoͤhnlich nur eine ſehr geringe
Menge heller Fluͤſſigkeit zum Vorſchein. Vermindert ſich
endlich die Krankheit, ſo bemerkt man das Abnehmen der
Geſchwulſt in derſelben Ordnung in welcher die Zunahme er-
folgt war, das Fieber laͤßt nach und die Geneſung tritt ein,
obwohl oft Schwaͤche des Fußes, Hinken u. ſ. w. lange zuruͤck-
bleiben. Sehr ſelten hat man die Krankheit ſich in Eiterung
endigen ſehen, zuweilen hingegen kann ſie ſelbſt den Tod
veranlaſſen.
§. 1602.
Ueber die Urſachen dieſes Uebels, beſonders deſſen eigent-
liches Weſen, ſind die Meinungen hoͤchſt verſchieden. White
leitet daſſelbe ab von Druck, Quetſchung und Zerreißung
eines oder mehrerer Lymphgefaͤße von denen welche uͤber dem
Schambogen-Rand in das Becken ſich ſenken, und betrachtet
die Geſchwulſt als entſtanden durch Stocken und Ausdehnen
in den Lymphgefaͤßen der untern Gliedmaßen uͤberhaupt und
der Haut insbeſondere. Gegen dieſe Meinung ſpricht es jedoch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/593>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.