durch in mehrerer Hinsicht etwas umgeänderten Verhältnisse der Frucht machen noch einige vorläufige Bemerkungen nöthig.
§. 700.
Der Mutterkuchen nämlich (Placenta, Mamma uterina, Pulmo vicarius) entsteht aus den dichter und mehrfach verwobenen Gefäßzweigen des Nabelstranges, und es giebt an demselben also keinen wahren Unterschied zwischen Placenta fetalis und Placenta uterina, zwischen kindlichem und mütterlichem Theil, sondern die ganze Placenta gehört dem Kinde, ist Placenta fetalis, indem als Placenta uterina im Menschen nichts als die später zu betrachtende sogenannte Tunica decidua selbst angesehen werden kann.
§. 701.
In demselben Maaße, als die Placenta sich an dem Chorion mehr ausbildet, wird der innere Theil des Cho- rions immer glätter, heißt nun Chorion laeve s. pelluci- dum, und klebt nur durch kurze Flocken der hinfälligen Haut der innern Gebärmutterfläche locker an. In dieser ganzen Periode übrigens, und selbst noch in der folgenden dritten, ist immer das Gewebe des Mutterkuchens noch nicht so dicht als späterhin, und seine äußere immer noch sehr faserige, oft in mehrere Abtheilungen (Kotyledonen) getrennte Fläche läßt sich daher vom Uterus schwerer und unvollkommner ablösen, als in den spätern Monaten. -- Schon früher haben wir nun zwar bemerkt, daß eben so wie im menschlichen Ei, die bei eierlegenden Thieren dem Dottersacke überlassene Ernäh- rung, nach obliterirtem Nabelbläschen der äußern Eifläche, d. i. den Saugfasern und darmzottenähnlichen Bulbis der Lederhaut *) anheim falle, daß eben so die frühere und im
*) Bei denen es nur noch nicht mit völliger Bestimmtheit zu ent- scheiden ist, ob sie ihren Chylus in die Nabelvenen oder ins Amnion und Fruchtwasser führen.
durch in mehrerer Hinſicht etwas umgeaͤnderten Verhaͤltniſſe der Frucht machen noch einige vorlaͤufige Bemerkungen noͤthig.
§. 700.
Der Mutterkuchen naͤmlich (Placenta, Mamma uterina, Pulmo vicarius) entſteht aus den dichter und mehrfach verwobenen Gefaͤßzweigen des Nabelſtranges, und es giebt an demſelben alſo keinen wahren Unterſchied zwiſchen Placenta fetalis und Placenta uterina, zwiſchen kindlichem und muͤtterlichem Theil, ſondern die ganze Placenta gehoͤrt dem Kinde, iſt Placenta fetalis, indem als Placenta uterina im Menſchen nichts als die ſpaͤter zu betrachtende ſogenannte Tunica decidua ſelbſt angeſehen werden kann.
§. 701.
In demſelben Maaße, als die Placenta ſich an dem Chorion mehr ausbildet, wird der innere Theil des Cho- rions immer glaͤtter, heißt nun Chorion laeve s. pelluci- dum, und klebt nur durch kurze Flocken der hinfaͤlligen Haut der innern Gebaͤrmutterflaͤche locker an. In dieſer ganzen Periode uͤbrigens, und ſelbſt noch in der folgenden dritten, iſt immer das Gewebe des Mutterkuchens noch nicht ſo dicht als ſpaͤterhin, und ſeine aͤußere immer noch ſehr faſerige, oft in mehrere Abtheilungen (Kotyledonen) getrennte Flaͤche laͤßt ſich daher vom Uterus ſchwerer und unvollkommner abloͤſen, als in den ſpaͤtern Monaten. — Schon fruͤher haben wir nun zwar bemerkt, daß eben ſo wie im menſchlichen Ei, die bei eierlegenden Thieren dem Dotterſacke uͤberlaſſene Ernaͤh- rung, nach obliterirtem Nabelblaͤschen der aͤußern Eiflaͤche, d. i. den Saugfaſern und darmzottenaͤhnlichen Bulbis der Lederhaut *) anheim falle, daß eben ſo die fruͤhere und im
*) Bei denen es nur noch nicht mit voͤlliger Beſtimmtheit zu ent- ſcheiden iſt, ob ſie ihren Chylus in die Nabelvenen oder ins Amnion und Fruchtwaſſer fuͤhren.
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durch in mehrerer Hinſicht etwas umgeaͤnderten Verhaͤltniſſe
der Frucht machen noch einige vorlaͤufige Bemerkungen noͤthig.
§. 700.
Der Mutterkuchen naͤmlich (Placenta, Mamma uterina,
Pulmo vicarius) entſteht aus den dichter und mehrfach
verwobenen Gefaͤßzweigen des Nabelſtranges, und es
giebt an demſelben alſo keinen wahren Unterſchied zwiſchen
Placenta fetalis und Placenta uterina, zwiſchen kindlichem
und muͤtterlichem Theil, ſondern die ganze Placenta gehoͤrt
dem Kinde, iſt Placenta fetalis, indem als Placenta uterina
im Menſchen nichts als die ſpaͤter zu betrachtende ſogenannte
Tunica decidua ſelbſt angeſehen werden kann.
§. 701.
In demſelben Maaße, als die Placenta ſich an dem
Chorion mehr ausbildet, wird der innere Theil des Cho-
rions immer glaͤtter, heißt nun Chorion laeve s. pelluci-
dum, und klebt nur durch kurze Flocken der hinfaͤlligen Haut
der innern Gebaͤrmutterflaͤche locker an. In dieſer ganzen
Periode uͤbrigens, und ſelbſt noch in der folgenden dritten,
iſt immer das Gewebe des Mutterkuchens noch nicht ſo dicht
als ſpaͤterhin, und ſeine aͤußere immer noch ſehr faſerige, oft
in mehrere Abtheilungen (Kotyledonen) getrennte Flaͤche laͤßt
ſich daher vom Uterus ſchwerer und unvollkommner abloͤſen, als
in den ſpaͤtern Monaten. — Schon fruͤher haben wir nun
zwar bemerkt, daß eben ſo wie im menſchlichen Ei, die
bei eierlegenden Thieren dem Dotterſacke uͤberlaſſene Ernaͤh-
rung, nach obliterirtem Nabelblaͤschen der aͤußern Eiflaͤche,
d. i. den Saugfaſern und darmzottenaͤhnlichen Bulbis der
Lederhaut *) anheim falle, daß eben ſo die fruͤhere und im
*) Bei denen es nur noch nicht mit voͤlliger Beſtimmtheit zu ent-
ſcheiden iſt, ob ſie ihren Chylus in die Nabelvenen oder ins
Amnion und Fruchtwaſſer fuͤhren.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/59>, abgerufen am 22.12.2024.
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