2. Krankhafte örtliche Zustände als Folge der Geburt.
§. 1545.
1) Anschwellung und Entzündung der Ge- burtstheile; Ein Zufall welcher nach schwierigen Gebur- ten, wo der Kopf längere Zeit in der Beckenhöhle steht, sehr häufig einzutreten pflegt. Man hat hierbei vorzüglich zu be- rücksichtigen, ob die Geschwulst mehr ödematös oder wirkliche Entzündungsgeschwulst sey. -- Im erstern Falle ist dieselbe mehr schwammig, bläßer und weniger empfindlich, im letztern Falle schmerzhaft, gespannt und lebhaft geröthet, auch ent- stehen hierbei leicht einige Fieberbewegungen, welche denn häu- fig, wenn der Arzt die Beschaffenheit der Geburtstheile nicht kennt oder nicht untersucht, auf Rechnung des sogenannten Milchfiebers geschrieben werden.
§. 1546.
Beide Arten der Anschwellung machen zuvörderst die strengste Reinlichkeit, öfteres Auswaschen der Genitalien mit Aufgüßen der Flor. Chamam. und der Hb. Serpilli, öfte- res Wechseln der Unterlagen und bei starken, riechenden und wegen der Geschwulst unvollkommen ausfließenden Lochien, ähn- liche Injektionen in die Vagina nothwendig. Eben so eignen sich für beide Arten warme aromatische Fomentationen über die Geburtstheile, wozu die Aufgüße der Flor. Arnicae, der Hb. Serpill. und Absinthii vorzüglich passen. Bei der Ent- zündungsgeschwulst muß übrigens ein antiphlogistisches Regimen beobachtet werden, kühlende Getränke, Fliederthee mit Citro- nensaft u. s. w. sind sehr wohlthätig. Fieberbewegungen er- fordern die Anwendung von Nitrum, Emulsionen, blanden Abführungen u. s. w. Ist die Anschwellung rein ödematös, so wirken die Zusätze von Wein, späterhin von Franzbrandt- wein, zu den Fomentationen sehr wohlthätig. Sehr starke
2. Krankhafte oͤrtliche Zuſtaͤnde als Folge der Geburt.
§. 1545.
1) Anſchwellung und Entzuͤndung der Ge- burtstheile; Ein Zufall welcher nach ſchwierigen Gebur- ten, wo der Kopf laͤngere Zeit in der Beckenhoͤhle ſteht, ſehr haͤufig einzutreten pflegt. Man hat hierbei vorzuͤglich zu be- ruͤckſichtigen, ob die Geſchwulſt mehr oͤdematoͤs oder wirkliche Entzuͤndungsgeſchwulſt ſey. — Im erſtern Falle iſt dieſelbe mehr ſchwammig, blaͤßer und weniger empfindlich, im letztern Falle ſchmerzhaft, geſpannt und lebhaft geroͤthet, auch ent- ſtehen hierbei leicht einige Fieberbewegungen, welche denn haͤu- fig, wenn der Arzt die Beſchaffenheit der Geburtstheile nicht kennt oder nicht unterſucht, auf Rechnung des ſogenannten Milchfiebers geſchrieben werden.
§. 1546.
Beide Arten der Anſchwellung machen zuvoͤrderſt die ſtrengſte Reinlichkeit, oͤfteres Auswaſchen der Genitalien mit Aufguͤßen der Flor. Chamam. und der Hb. Serpilli, oͤfte- res Wechſeln der Unterlagen und bei ſtarken, riechenden und wegen der Geſchwulſt unvollkommen ausfließenden Lochien, aͤhn- liche Injektionen in die Vagina nothwendig. Eben ſo eignen ſich fuͤr beide Arten warme aromatiſche Fomentationen uͤber die Geburtstheile, wozu die Aufguͤße der Flor. Arnicae, der Hb. Serpill. und Absinthii vorzuͤglich paſſen. Bei der Ent- zuͤndungsgeſchwulſt muß uͤbrigens ein antiphlogiſtiſches Regimen beobachtet werden, kuͤhlende Getraͤnke, Fliederthee mit Citro- nenſaft u. ſ. w. ſind ſehr wohlthaͤtig. Fieberbewegungen er- fordern die Anwendung von Nitrum, Emulſionen, blanden Abfuͤhrungen u. ſ. w. Iſt die Anſchwellung rein oͤdematoͤs, ſo wirken die Zuſaͤtze von Wein, ſpaͤterhin von Franzbrandt- wein, zu den Fomentationen ſehr wohlthaͤtig. Sehr ſtarke
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Krankhafte oͤrtliche Zuſtaͤnde als Folge der
Geburt.
§. 1545.
1) Anſchwellung und Entzuͤndung der Ge-
burtstheile; Ein Zufall welcher nach ſchwierigen Gebur-
ten, wo der Kopf laͤngere Zeit in der Beckenhoͤhle ſteht, ſehr
haͤufig einzutreten pflegt. Man hat hierbei vorzuͤglich zu be-
ruͤckſichtigen, ob die Geſchwulſt mehr oͤdematoͤs oder wirkliche
Entzuͤndungsgeſchwulſt ſey. — Im erſtern Falle iſt dieſelbe
mehr ſchwammig, blaͤßer und weniger empfindlich, im letztern
Falle ſchmerzhaft, geſpannt und lebhaft geroͤthet, auch ent-
ſtehen hierbei leicht einige Fieberbewegungen, welche denn haͤu-
fig, wenn der Arzt die Beſchaffenheit der Geburtstheile nicht
kennt oder nicht unterſucht, auf Rechnung des ſogenannten
Milchfiebers geſchrieben werden.
§. 1546.
Beide Arten der Anſchwellung machen zuvoͤrderſt die
ſtrengſte Reinlichkeit, oͤfteres Auswaſchen der Genitalien mit
Aufguͤßen der Flor. Chamam. und der Hb. Serpilli, oͤfte-
res Wechſeln der Unterlagen und bei ſtarken, riechenden und
wegen der Geſchwulſt unvollkommen ausfließenden Lochien, aͤhn-
liche Injektionen in die Vagina nothwendig. Eben ſo eignen
ſich fuͤr beide Arten warme aromatiſche Fomentationen uͤber
die Geburtstheile, wozu die Aufguͤße der Flor. Arnicae, der
Hb. Serpill. und Absinthii vorzuͤglich paſſen. Bei der Ent-
zuͤndungsgeſchwulſt muß uͤbrigens ein antiphlogiſtiſches Regimen
beobachtet werden, kuͤhlende Getraͤnke, Fliederthee mit Citro-
nenſaft u. ſ. w. ſind ſehr wohlthaͤtig. Fieberbewegungen er-
fordern die Anwendung von Nitrum, Emulſionen, blanden
Abfuͤhrungen u. ſ. w. Iſt die Anſchwellung rein oͤdematoͤs,
ſo wirken die Zuſaͤtze von Wein, ſpaͤterhin von Franzbrandt-
wein, zu den Fomentationen ſehr wohlthaͤtig. Sehr ſtarke
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/560>, abgerufen am 22.11.2024.
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