Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 1462.

3) Zu zeitig erwachende Contraktionen. Auch
ohne daß früheres Absterben der Frucht oder mechanische Ab-
trennung derselben vom Uterus erfolgt wäre, können zuweilen
Wehen eintreten und die Frühgeburt bewerkstelligen, und zwar
namentlich aus folgenden Veranlassungen. -- a) Durch
Erregungen des Nervensystems vom Gemüthe
aus
. So bewirken heftige Leidenschaften, plötzlicher Schreck*),
heftige Freude u. s. w. oft augenblickliches Erwachen der
Wehen, ohne daß vorher die Frucht abgestorben, oder eine
durch Blutung angezeigte Trennung der Placenta vorhergegan-
gen wäre. b) Ferner kann eine gewisse Verwöhnung des
Uterus
eintreten, wo ein falscher Schwangerschaftstermin
von 2, 3, 4 Monaten u. s. w. gleichsam zur andern Natur
wird, und um diese Zeit denn eben so, wie sonst zu Ende der
40 Wochen, die Contraktionen erwachen, welches vorzüglich
Statt findet wo bereits eine oder mehrere Frühgeburten, sey
es aus welcher Ursache es wolle, vorher Statt gehabt haben.
Auch hierbei wird die Frucht meistens lebend geboren. c) Es
kann aber auch der Consensus zwischen dem Uterus
und andern Organen
, und namentlich dem Darmkanal
die frühern Wehen bewirken, wie dieß denn durch heftige
Abführungen nicht allzu selten geschieht. d) Endlich können
auch den Uterus erregende Mittel den Abortus zur Folge
haben, wie dieß namentlich von der Sabina, Aloe u. s. w.
befürchtet werden muß.

§. 1463.

Die Zeichen einer auf solche Weise veranlaßten Frühgeburt
bestehen vorzüglich darin, daß weder Kennzeichen vom Absterben
des Kindes, noch Blutabgang, vor begonnenen Wehen,

*) So hatte z. B. Baudeloque nach dem Springen eines Pulverma-
gazins in Paris 62 unzeitige Geburten zu behandeln. s. Salzburg.
med. chir. Zeitung. 1815. No. 59.
§. 1462.

3) Zu zeitig erwachende Contraktionen. Auch
ohne daß fruͤheres Abſterben der Frucht oder mechaniſche Ab-
trennung derſelben vom Uterus erfolgt waͤre, koͤnnen zuweilen
Wehen eintreten und die Fruͤhgeburt bewerkſtelligen, und zwar
namentlich aus folgenden Veranlaſſungen. — a) Durch
Erregungen des Nervenſyſtems vom Gemuͤthe
aus
. So bewirken heftige Leidenſchaften, ploͤtzlicher Schreck*),
heftige Freude u. ſ. w. oft augenblickliches Erwachen der
Wehen, ohne daß vorher die Frucht abgeſtorben, oder eine
durch Blutung angezeigte Trennung der Placenta vorhergegan-
gen waͤre. b) Ferner kann eine gewiſſe Verwoͤhnung des
Uterus
eintreten, wo ein falſcher Schwangerſchaftstermin
von 2, 3, 4 Monaten u. ſ. w. gleichſam zur andern Natur
wird, und um dieſe Zeit denn eben ſo, wie ſonſt zu Ende der
40 Wochen, die Contraktionen erwachen, welches vorzuͤglich
Statt findet wo bereits eine oder mehrere Fruͤhgeburten, ſey
es aus welcher Urſache es wolle, vorher Statt gehabt haben.
Auch hierbei wird die Frucht meiſtens lebend geboren. c) Es
kann aber auch der Consensus zwiſchen dem Uterus
und andern Organen
, und namentlich dem Darmkanal
die fruͤhern Wehen bewirken, wie dieß denn durch heftige
Abfuͤhrungen nicht allzu ſelten geſchieht. d) Endlich koͤnnen
auch den Uterus erregende Mittel den Abortus zur Folge
haben, wie dieß namentlich von der Sabina, Aloë u. ſ. w.
befuͤrchtet werden muß.

§. 1463.

Die Zeichen einer auf ſolche Weiſe veranlaßten Fruͤhgeburt
beſtehen vorzuͤglich darin, daß weder Kennzeichen vom Abſterben
des Kindes, noch Blutabgang, vor begonnenen Wehen,

*) So hatte z. B. Baudeloque nach dem Springen eines Pulverma-
gazins in Paris 62 unzeitige Geburten zu behandeln. ſ. Salzburg.
med. chir. Zeitung. 1815. No. 59.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0510" n="484"/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1462.</head><lb/>
                          <p>3) <hi rendition="#g">Zu zeitig erwachende Contraktionen</hi>. Auch<lb/>
ohne daß fru&#x0364;heres Ab&#x017F;terben der Frucht oder mechani&#x017F;che Ab-<lb/>
trennung der&#x017F;elben vom Uterus erfolgt wa&#x0364;re, ko&#x0364;nnen zuweilen<lb/>
Wehen eintreten und die Fru&#x0364;hgeburt bewerk&#x017F;telligen, und zwar<lb/>
namentlich aus folgenden Veranla&#x017F;&#x017F;ungen. &#x2014; <hi rendition="#aq">a)</hi> <hi rendition="#g">Durch<lb/>
Erregungen des Nerven&#x017F;y&#x017F;tems vom Gemu&#x0364;the<lb/>
aus</hi>. So bewirken heftige Leiden&#x017F;chaften, plo&#x0364;tzlicher Schreck<note place="foot" n="*)">So hatte z. B. <hi rendition="#aq">Baudeloque</hi> nach dem Springen eines Pulverma-<lb/>
gazins in Paris 62 unzeitige Geburten zu behandeln. &#x017F;. Salzburg.<lb/>
med. chir. Zeitung. 1815. No. 59.</note>,<lb/>
heftige Freude u. &#x017F;. w. oft augenblickliches Erwachen der<lb/>
Wehen, ohne daß vorher die Frucht abge&#x017F;torben, oder eine<lb/>
durch Blutung angezeigte Trennung der Placenta vorhergegan-<lb/>
gen wa&#x0364;re. <hi rendition="#aq">b)</hi> Ferner kann eine gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#g">Verwo&#x0364;hnung des<lb/>
Uterus</hi> eintreten, wo ein fal&#x017F;cher Schwanger&#x017F;chaftstermin<lb/>
von 2, 3, 4 Monaten u. &#x017F;. w. gleich&#x017F;am zur andern Natur<lb/>
wird, und um die&#x017F;e Zeit denn eben &#x017F;o, wie &#x017F;on&#x017F;t zu Ende der<lb/>
40 Wochen, die Contraktionen erwachen, welches vorzu&#x0364;glich<lb/>
Statt findet wo bereits eine oder mehrere Fru&#x0364;hgeburten, &#x017F;ey<lb/>
es aus welcher Ur&#x017F;ache es wolle, vorher Statt gehabt haben.<lb/>
Auch hierbei wird die Frucht mei&#x017F;tens lebend geboren. <hi rendition="#aq">c)</hi> Es<lb/>
kann aber auch der <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Consensus</hi> zwi&#x017F;chen dem Uterus<lb/>
und andern Organen</hi>, und namentlich dem Darmkanal<lb/>
die fru&#x0364;hern Wehen bewirken, wie dieß denn durch heftige<lb/>
Abfu&#x0364;hrungen nicht allzu &#x017F;elten ge&#x017F;chieht. <hi rendition="#aq">d)</hi> Endlich ko&#x0364;nnen<lb/>
auch den Uterus erregende Mittel den <hi rendition="#aq">Abortus</hi> zur Folge<lb/>
haben, wie dieß namentlich von der <hi rendition="#aq">Sabina, Aloë</hi> u. &#x017F;. w.<lb/>
befu&#x0364;rchtet werden muß.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 1463.</head><lb/>
                          <p>Die Zeichen einer auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e veranlaßten Fru&#x0364;hgeburt<lb/>
be&#x017F;tehen vorzu&#x0364;glich darin, daß weder Kennzeichen vom Ab&#x017F;terben<lb/>
des Kindes, noch Blutabgang, <hi rendition="#g">vor</hi> begonnenen Wehen,<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0510] §. 1462. 3) Zu zeitig erwachende Contraktionen. Auch ohne daß fruͤheres Abſterben der Frucht oder mechaniſche Ab- trennung derſelben vom Uterus erfolgt waͤre, koͤnnen zuweilen Wehen eintreten und die Fruͤhgeburt bewerkſtelligen, und zwar namentlich aus folgenden Veranlaſſungen. — a) Durch Erregungen des Nervenſyſtems vom Gemuͤthe aus. So bewirken heftige Leidenſchaften, ploͤtzlicher Schreck *), heftige Freude u. ſ. w. oft augenblickliches Erwachen der Wehen, ohne daß vorher die Frucht abgeſtorben, oder eine durch Blutung angezeigte Trennung der Placenta vorhergegan- gen waͤre. b) Ferner kann eine gewiſſe Verwoͤhnung des Uterus eintreten, wo ein falſcher Schwangerſchaftstermin von 2, 3, 4 Monaten u. ſ. w. gleichſam zur andern Natur wird, und um dieſe Zeit denn eben ſo, wie ſonſt zu Ende der 40 Wochen, die Contraktionen erwachen, welches vorzuͤglich Statt findet wo bereits eine oder mehrere Fruͤhgeburten, ſey es aus welcher Urſache es wolle, vorher Statt gehabt haben. Auch hierbei wird die Frucht meiſtens lebend geboren. c) Es kann aber auch der Consensus zwiſchen dem Uterus und andern Organen, und namentlich dem Darmkanal die fruͤhern Wehen bewirken, wie dieß denn durch heftige Abfuͤhrungen nicht allzu ſelten geſchieht. d) Endlich koͤnnen auch den Uterus erregende Mittel den Abortus zur Folge haben, wie dieß namentlich von der Sabina, Aloë u. ſ. w. befuͤrchtet werden muß. §. 1463. Die Zeichen einer auf ſolche Weiſe veranlaßten Fruͤhgeburt beſtehen vorzuͤglich darin, daß weder Kennzeichen vom Abſterben des Kindes, noch Blutabgang, vor begonnenen Wehen, *) So hatte z. B. Baudeloque nach dem Springen eines Pulverma- gazins in Paris 62 unzeitige Geburten zu behandeln. ſ. Salzburg. med. chir. Zeitung. 1815. No. 59.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/510
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/510>, abgerufen am 22.12.2024.