die Wendung auf den Kopf Statt findet. 2) Ist die Wen- dung auf die Füße angezeigt bei regelmäßigen, jedoch noch nicht zu sehr auf dem Becken fixirten Lagen (Kopflagen und Steislagen), sobald Umstände eintreten, welche ein möglichst schnelles Beendigen der Geburt (z. B. bei Blutungen, Zuckun- gen, nicht zurückzubringendem Vorfalle des noch pulsirenden Nabelstranges u. s. w.) gebieten, indem man sodann der Wen- dung sogleich die Extraktion an den Füßen anreiht.
§. 1170.
Es giebt jedoch auch mehrere Umstände welche das Un- ternehmen dieser Wendung verbieten, auch wenn man z. B. durch regelwidrige Kindeslage sonst sich dazu veranlaßt finden könnte, dahin gehören: 1) ein so sehr verengertes Becken, wel- ches das Durchführen des Kindes auf keinerlei Weise, selbst nicht nach vorgenommener Verkleinerung (Enthirnung) gestattet; indem hier die Entbindung durchaus nur mittelst Eröffnung eines neuen Gehurtsweges möglich wird. 2) Eine Verenge- rung des Beckens, welche das Durchführen des Kindes nur nach vorgenommener Enthirnung, oder doch auf eine solche Weise, daß das Leben des Kindes dabei nicht erhalten wer- den könnte, gestatten würde, wird ebenfalls die Wendung auf die Füße, in allen Fällen, wo man von dem noch Statt fin- denden Leben des Kindes auf das Gewißeste überzeugt ist, widerrathen müssen. Auch hier nämlich ist zur Rettung des Kindes die Eröffnung eines neuen Geburtsweges der einzige sichere Weg. Demungeachtet bleibt hier die Entscheidung der Berücksichtigung der übrigen Umstände überlassen, indem leicht der Erhaltung des Kindes das Leben der Mutter aufgeopfert werden könnte, und auch nicht immer eine zuverläßige Bestim- mung darüber zu erlangen ist, ob nicht bei einem vielleicht nicht allzugroßen Kopfe und beträchtlicher Weichheit der Kno- chenverbindungen desselben die Entwickelung des Kopfs, etwa durch Anwendung der Zange, bei Erhaltung des Lebens vom Kinde, gelingen möchte.
die Wendung auf den Kopf Statt findet. 2) Iſt die Wen- dung auf die Fuͤße angezeigt bei regelmaͤßigen, jedoch noch nicht zu ſehr auf dem Becken fixirten Lagen (Kopflagen und Steislagen), ſobald Umſtaͤnde eintreten, welche ein moͤglichſt ſchnelles Beendigen der Geburt (z. B. bei Blutungen, Zuckun- gen, nicht zuruͤckzubringendem Vorfalle des noch pulſirenden Nabelſtranges u. ſ. w.) gebieten, indem man ſodann der Wen- dung ſogleich die Extraktion an den Fuͤßen anreiht.
§. 1170.
Es giebt jedoch auch mehrere Umſtaͤnde welche das Un- ternehmen dieſer Wendung verbieten, auch wenn man z. B. durch regelwidrige Kindeslage ſonſt ſich dazu veranlaßt finden koͤnnte, dahin gehoͤren: 1) ein ſo ſehr verengertes Becken, wel- ches das Durchfuͤhren des Kindes auf keinerlei Weiſe, ſelbſt nicht nach vorgenommener Verkleinerung (Enthirnung) geſtattet; indem hier die Entbindung durchaus nur mittelſt Eroͤffnung eines neuen Gehurtsweges moͤglich wird. 2) Eine Verenge- rung des Beckens, welche das Durchfuͤhren des Kindes nur nach vorgenommener Enthirnung, oder doch auf eine ſolche Weiſe, daß das Leben des Kindes dabei nicht erhalten wer- den koͤnnte, geſtatten wuͤrde, wird ebenfalls die Wendung auf die Fuͤße, in allen Faͤllen, wo man von dem noch Statt fin- denden Leben des Kindes auf das Gewißeſte uͤberzeugt iſt, widerrathen muͤſſen. Auch hier naͤmlich iſt zur Rettung des Kindes die Eroͤffnung eines neuen Geburtsweges der einzige ſichere Weg. Demungeachtet bleibt hier die Entſcheidung der Beruͤckſichtigung der uͤbrigen Umſtaͤnde uͤberlaſſen, indem leicht der Erhaltung des Kindes das Leben der Mutter aufgeopfert werden koͤnnte, und auch nicht immer eine zuverlaͤßige Beſtim- mung daruͤber zu erlangen iſt, ob nicht bei einem vielleicht nicht allzugroßen Kopfe und betraͤchtlicher Weichheit der Kno- chenverbindungen deſſelben die Entwickelung des Kopfs, etwa durch Anwendung der Zange, bei Erhaltung des Lebens vom Kinde, gelingen moͤchte.
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die Wendung auf den Kopf Statt findet. 2) Iſt die Wen-
dung auf die Fuͤße angezeigt bei regelmaͤßigen, jedoch noch
nicht zu ſehr auf dem Becken fixirten Lagen (Kopflagen und
Steislagen), ſobald Umſtaͤnde eintreten, welche ein moͤglichſt
ſchnelles Beendigen der Geburt (z. B. bei Blutungen, Zuckun-
gen, nicht zuruͤckzubringendem Vorfalle des noch pulſirenden
Nabelſtranges u. ſ. w.) gebieten, indem man ſodann der Wen-
dung ſogleich die Extraktion an den Fuͤßen anreiht.
§. 1170.
Es giebt jedoch auch mehrere Umſtaͤnde welche das Un-
ternehmen dieſer Wendung verbieten, auch wenn man z. B.
durch regelwidrige Kindeslage ſonſt ſich dazu veranlaßt finden
koͤnnte, dahin gehoͤren: 1) ein ſo ſehr verengertes Becken, wel-
ches das Durchfuͤhren des Kindes auf keinerlei Weiſe, ſelbſt
nicht nach vorgenommener Verkleinerung (Enthirnung) geſtattet;
indem hier die Entbindung durchaus nur mittelſt Eroͤffnung
eines neuen Gehurtsweges moͤglich wird. 2) Eine Verenge-
rung des Beckens, welche das Durchfuͤhren des Kindes nur
nach vorgenommener Enthirnung, oder doch auf eine ſolche
Weiſe, daß das Leben des Kindes dabei nicht erhalten wer-
den koͤnnte, geſtatten wuͤrde, wird ebenfalls die Wendung auf
die Fuͤße, in allen Faͤllen, wo man von dem noch Statt fin-
denden Leben des Kindes auf das Gewißeſte uͤberzeugt iſt,
widerrathen muͤſſen. Auch hier naͤmlich iſt zur Rettung des
Kindes die Eroͤffnung eines neuen Geburtsweges der einzige
ſichere Weg. Demungeachtet bleibt hier die Entſcheidung der
Beruͤckſichtigung der uͤbrigen Umſtaͤnde uͤberlaſſen, indem leicht
der Erhaltung des Kindes das Leben der Mutter aufgeopfert
werden koͤnnte, und auch nicht immer eine zuverlaͤßige Beſtim-
mung daruͤber zu erlangen iſt, ob nicht bei einem vielleicht
nicht allzugroßen Kopfe und betraͤchtlicher Weichheit der Kno-
chenverbindungen deſſelben die Entwickelung des Kopfs, etwa
durch Anwendung der Zange, bei Erhaltung des Lebens vom
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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