Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Eröffnung durch die bloße Ausdehnung nicht bewerkstelligt
werden könnte. Dieses Einschneiden würde übrigens ganz auf
ähnliche Weise wie die Eröffnung eines verwachsenen Mutter-
mundes zu bewerkstelligen seyn.

§. 1155.

Zweitens haben wir die Ausdehnung des Mut-
termundes in wiefern sie durch Werkzeuge gesche-
hen kann
, zu betrachten. Man hat hierzu verschiedene Vor-
richtungen in Vorschlag gebracht und angewendet, von welchen
jedoch die meisten auf ungleiche, gewaltsame und nachtheilige
Weise einwirken, ja manche ihren Zweck gar nicht erreichen
können. Zu den gänzlich unbrauchbaren gehören namentlich
die dreiblättrigen Specula uteri (welche überhaupt nur zur
Ausdehnung der Vagina, aber nie zur Eröffnung des Mut-
termundes gebraucht werden können, und auch, wie schon H.
Osiander bemerkt, wahrscheinlich nur zu diesem Zwecke er-
funden sind); eben so wenig wird Titsingh's Fischbeinstaab,
welcher sprenkelförmig gebogen, mit beiden Enden in den
Muttermund gebracht wird, zur Erweiterung des letztern zweck-
mäßig wirken können, und auch die Idee durch eine ange-
füllte Blase (nach Walbaum) den Muttermund auszudeh-
nen, ist nicht ausreichend.

§. 1156.

Will man daher zu dieser Operation (welche allerdings
in den meisten Fällen, wo sie überhaupt wirklich angezeigt
ist, am zweckmäßigsten durch die bloße Hand des Geburts-
helfers bewerkstelligt wird) irgend ein Werkzeug demohnerach-
tet gebrauchen, so ist dazu das von H. Osiander erfundene
Dilatatorium in jeder Hinsicht am passendsten. Es besteht
dasselbe in einer nach der Führungslinie mäßig gebogenen
Zange, deren Blätter zusammengelegt einen ohngefähr Fingers-
dicken am Ende abgerundeten Cylinder darstellen, dessen zwei
Hälften oder Blätter durch das Oeffnen der Griffe gleichzeitig sich

Eroͤffnung durch die bloße Ausdehnung nicht bewerkſtelligt
werden koͤnnte. Dieſes Einſchneiden wuͤrde uͤbrigens ganz auf
aͤhnliche Weiſe wie die Eroͤffnung eines verwachſenen Mutter-
mundes zu bewerkſtelligen ſeyn.

§. 1155.

Zweitens haben wir die Ausdehnung des Mut-
termundes in wiefern ſie durch Werkzeuge geſche-
hen kann
, zu betrachten. Man hat hierzu verſchiedene Vor-
richtungen in Vorſchlag gebracht und angewendet, von welchen
jedoch die meiſten auf ungleiche, gewaltſame und nachtheilige
Weiſe einwirken, ja manche ihren Zweck gar nicht erreichen
koͤnnen. Zu den gaͤnzlich unbrauchbaren gehoͤren namentlich
die dreiblaͤttrigen Specula uteri (welche uͤberhaupt nur zur
Ausdehnung der Vagina, aber nie zur Eroͤffnung des Mut-
termundes gebraucht werden koͤnnen, und auch, wie ſchon H.
Oſiander bemerkt, wahrſcheinlich nur zu dieſem Zwecke er-
funden ſind); eben ſo wenig wird Titsingh’s Fiſchbeinſtaab,
welcher ſprenkelfoͤrmig gebogen, mit beiden Enden in den
Muttermund gebracht wird, zur Erweiterung des letztern zweck-
maͤßig wirken koͤnnen, und auch die Idee durch eine ange-
fuͤllte Blaſe (nach Walbaum) den Muttermund auszudeh-
nen, iſt nicht ausreichend.

§. 1156.

Will man daher zu dieſer Operation (welche allerdings
in den meiſten Faͤllen, wo ſie uͤberhaupt wirklich angezeigt
iſt, am zweckmaͤßigſten durch die bloße Hand des Geburts-
helfers bewerkſtelligt wird) irgend ein Werkzeug demohnerach-
tet gebrauchen, ſo iſt dazu das von H. Oſiander erfundene
Dilatatorium in jeder Hinſicht am paſſendſten. Es beſteht
daſſelbe in einer nach der Fuͤhrungslinie maͤßig gebogenen
Zange, deren Blaͤtter zuſammengelegt einen ohngefaͤhr Fingers-
dicken am Ende abgerundeten Cylinder darſtellen, deſſen zwei
Haͤlften oder Blaͤtter durch das Oeffnen der Griffe gleichzeitig ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0326" n="302"/>
Ero&#x0364;ffnung durch die bloße Ausdehnung nicht bewerk&#x017F;telligt<lb/>
werden ko&#x0364;nnte. Die&#x017F;es Ein&#x017F;chneiden wu&#x0364;rde u&#x0364;brigens ganz auf<lb/>
a&#x0364;hnliche Wei&#x017F;e wie die Ero&#x0364;ffnung eines verwach&#x017F;enen Mutter-<lb/>
mundes zu bewerk&#x017F;telligen &#x017F;eyn.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 1155.</head><lb/>
                    <p>Zweitens haben wir die <hi rendition="#g">Ausdehnung des Mut-<lb/>
termundes in wiefern &#x017F;ie durch Werkzeuge ge&#x017F;che-<lb/>
hen kann</hi>, zu betrachten. Man hat hierzu ver&#x017F;chiedene Vor-<lb/>
richtungen in Vor&#x017F;chlag gebracht und angewendet, von welchen<lb/>
jedoch die mei&#x017F;ten auf ungleiche, gewalt&#x017F;ame und nachtheilige<lb/>
Wei&#x017F;e einwirken, ja manche ihren Zweck gar nicht erreichen<lb/>
ko&#x0364;nnen. Zu den ga&#x0364;nzlich unbrauchbaren geho&#x0364;ren namentlich<lb/>
die dreibla&#x0364;ttrigen <hi rendition="#aq">Specula uteri</hi> (welche u&#x0364;berhaupt nur zur<lb/>
Ausdehnung der <hi rendition="#aq">Vagina,</hi> aber nie zur Ero&#x0364;ffnung des Mut-<lb/>
termundes gebraucht werden ko&#x0364;nnen, und auch, wie &#x017F;chon H.<lb/><hi rendition="#g">O&#x017F;iander</hi> bemerkt, wahr&#x017F;cheinlich nur zu die&#x017F;em Zwecke er-<lb/>
funden &#x017F;ind); eben &#x017F;o wenig wird <hi rendition="#aq">Titsingh&#x2019;s</hi> Fi&#x017F;chbein&#x017F;taab,<lb/>
welcher &#x017F;prenkelfo&#x0364;rmig gebogen, mit beiden Enden in den<lb/>
Muttermund gebracht wird, zur Erweiterung des letztern zweck-<lb/>
ma&#x0364;ßig wirken ko&#x0364;nnen, und auch die Idee durch eine ange-<lb/>
fu&#x0364;llte Bla&#x017F;e (nach <hi rendition="#g">Walbaum</hi>) den Muttermund auszudeh-<lb/>
nen, i&#x017F;t nicht ausreichend.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 1156.</head><lb/>
                    <p>Will man daher zu die&#x017F;er Operation (welche allerdings<lb/>
in den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen, wo &#x017F;ie u&#x0364;berhaupt wirklich angezeigt<lb/>
i&#x017F;t, am zweckma&#x0364;ßig&#x017F;ten durch die bloße Hand des Geburts-<lb/>
helfers bewerk&#x017F;telligt wird) irgend ein Werkzeug demohnerach-<lb/>
tet gebrauchen, &#x017F;o i&#x017F;t dazu das von H. <hi rendition="#g">O&#x017F;iander</hi> erfundene<lb/><hi rendition="#aq">Dilatatorium</hi> in jeder Hin&#x017F;icht am pa&#x017F;&#x017F;end&#x017F;ten. Es be&#x017F;teht<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe in einer nach der Fu&#x0364;hrungslinie ma&#x0364;ßig gebogenen<lb/>
Zange, deren Bla&#x0364;tter zu&#x017F;ammengelegt einen ohngefa&#x0364;hr Fingers-<lb/>
dicken am Ende abgerundeten Cylinder dar&#x017F;tellen, de&#x017F;&#x017F;en zwei<lb/>
Ha&#x0364;lften oder Bla&#x0364;tter durch das Oeffnen der Griffe gleichzeitig &#x017F;ich<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0326] Eroͤffnung durch die bloße Ausdehnung nicht bewerkſtelligt werden koͤnnte. Dieſes Einſchneiden wuͤrde uͤbrigens ganz auf aͤhnliche Weiſe wie die Eroͤffnung eines verwachſenen Mutter- mundes zu bewerkſtelligen ſeyn. §. 1155. Zweitens haben wir die Ausdehnung des Mut- termundes in wiefern ſie durch Werkzeuge geſche- hen kann, zu betrachten. Man hat hierzu verſchiedene Vor- richtungen in Vorſchlag gebracht und angewendet, von welchen jedoch die meiſten auf ungleiche, gewaltſame und nachtheilige Weiſe einwirken, ja manche ihren Zweck gar nicht erreichen koͤnnen. Zu den gaͤnzlich unbrauchbaren gehoͤren namentlich die dreiblaͤttrigen Specula uteri (welche uͤberhaupt nur zur Ausdehnung der Vagina, aber nie zur Eroͤffnung des Mut- termundes gebraucht werden koͤnnen, und auch, wie ſchon H. Oſiander bemerkt, wahrſcheinlich nur zu dieſem Zwecke er- funden ſind); eben ſo wenig wird Titsingh’s Fiſchbeinſtaab, welcher ſprenkelfoͤrmig gebogen, mit beiden Enden in den Muttermund gebracht wird, zur Erweiterung des letztern zweck- maͤßig wirken koͤnnen, und auch die Idee durch eine ange- fuͤllte Blaſe (nach Walbaum) den Muttermund auszudeh- nen, iſt nicht ausreichend. §. 1156. Will man daher zu dieſer Operation (welche allerdings in den meiſten Faͤllen, wo ſie uͤberhaupt wirklich angezeigt iſt, am zweckmaͤßigſten durch die bloße Hand des Geburts- helfers bewerkſtelligt wird) irgend ein Werkzeug demohnerach- tet gebrauchen, ſo iſt dazu das von H. Oſiander erfundene Dilatatorium in jeder Hinſicht am paſſendſten. Es beſteht daſſelbe in einer nach der Fuͤhrungslinie maͤßig gebogenen Zange, deren Blaͤtter zuſammengelegt einen ohngefaͤhr Fingers- dicken am Ende abgerundeten Cylinder darſtellen, deſſen zwei Haͤlften oder Blaͤtter durch das Oeffnen der Griffe gleichzeitig ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/326
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/326>, abgerufen am 22.12.2024.