Die Zeit in welcher die völlige Erweiterung des Mut- termundes bewerkstelligt werden kann, richtet sich nach den Umständen. Ist der Muttermund nachgiebig und schon durch die Wehen etwas geöffnet, so gelingt die völlige Erweiterung oft in wenigen Minuten und ohne allzuheftige Schmerzen; ist das Gegentheil der Fall, so braucht man oft weit längere Zeit (mitunter gegen 15 bis 20 Minuten) wenn man nicht, was wegen der nachkommenden übeln Folgen nie rathsam ist, allzuviel Gewalt bei der Ausdehnung anwenden will; auch pflegt in diesen Fällen die Operation immer weit schmerzhafter zu seyn. -- Als Regel kann es jedoch gelten, daß theils der Schmerz, theils die Gefahr späterer übeler Folgen, stets um Vieles geringer seyn wird, wenn man die oben erwähnten dy- namischen Mittel theils der Operation vorausgehen läßt, theils sie noch während der Operation anwendet. --
§. 1154.
Erweiterung des Muttermundes durch In- strumentalhülfe. Hierher gehört erstens die Eröffnung des verwachsenen Muttermundes, so wie die bloße Erweite- rung desselben durch schneidende Werkzeuge. -- Das Einschneiden eines bei beginnender Geburtsarbeit verwachsen gefundenen Muttermundes ist aber von der oben (1. Thl. §. 137. 139.) beschriebenen Operation wenig unterschieden, und kann entweder durch Osiander's Hysterotom, oder durch ein bis gegen die Spitze hin umwickeltes, und von der co- nisch gelegten Hand umfaßtes Bistourie geschehen, welches man vorsichtig bis zum Scheidengewölbe einführt, und einen Kreuzschnitt damit macht, welche Oeffnung dann gewöhnlich entweder durch die Wehen, oder durch das oben genannte Ver- fahren leicht zur völligen Eröffnung gebracht wird. Außer- dem könnte ein Einschneiden der Muttermundsränder zuweilen in Fällen nöthig werden, wo der Muttermund noch sehr ge- schlossen, und die Ränder desselben sehr wenig nachgiebig find, so daß eine vielleicht wegen anderer Umstände nöthige schnelle
§. 1153.
Die Zeit in welcher die voͤllige Erweiterung des Mut- termundes bewerkſtelligt werden kann, richtet ſich nach den Umſtaͤnden. Iſt der Muttermund nachgiebig und ſchon durch die Wehen etwas geoͤffnet, ſo gelingt die voͤllige Erweiterung oft in wenigen Minuten und ohne allzuheftige Schmerzen; iſt das Gegentheil der Fall, ſo braucht man oft weit laͤngere Zeit (mitunter gegen 15 bis 20 Minuten) wenn man nicht, was wegen der nachkommenden uͤbeln Folgen nie rathſam iſt, allzuviel Gewalt bei der Ausdehnung anwenden will; auch pflegt in dieſen Faͤllen die Operation immer weit ſchmerzhafter zu ſeyn. — Als Regel kann es jedoch gelten, daß theils der Schmerz, theils die Gefahr ſpaͤterer uͤbeler Folgen, ſtets um Vieles geringer ſeyn wird, wenn man die oben erwaͤhnten dy- namiſchen Mittel theils der Operation vorausgehen laͤßt, theils ſie noch waͤhrend der Operation anwendet. —
§. 1154.
Erweiterung des Muttermundes durch In- ſtrumentalhuͤlfe. Hierher gehoͤrt erſtens die Eroͤffnung des verwachſenen Muttermundes, ſo wie die bloße Erweite- rung deſſelben durch ſchneidende Werkzeuge. — Das Einſchneiden eines bei beginnender Geburtsarbeit verwachſen gefundenen Muttermundes iſt aber von der oben (1. Thl. §. 137. 139.) beſchriebenen Operation wenig unterſchieden, und kann entweder durch Oſiander’s Hyſterotom, oder durch ein bis gegen die Spitze hin umwickeltes, und von der co- niſch gelegten Hand umfaßtes Biſtourie geſchehen, welches man vorſichtig bis zum Scheidengewoͤlbe einfuͤhrt, und einen Kreuzſchnitt damit macht, welche Oeffnung dann gewoͤhnlich entweder durch die Wehen, oder durch das oben genannte Ver- fahren leicht zur voͤlligen Eroͤffnung gebracht wird. Außer- dem koͤnnte ein Einſchneiden der Muttermundsraͤnder zuweilen in Faͤllen noͤthig werden, wo der Muttermund noch ſehr ge- ſchloſſen, und die Raͤnder deſſelben ſehr wenig nachgiebig find, ſo daß eine vielleicht wegen anderer Umſtaͤnde noͤthige ſchnelle
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§. 1153.
Die Zeit in welcher die voͤllige Erweiterung des Mut-
termundes bewerkſtelligt werden kann, richtet ſich nach den
Umſtaͤnden. Iſt der Muttermund nachgiebig und ſchon durch
die Wehen etwas geoͤffnet, ſo gelingt die voͤllige Erweiterung
oft in wenigen Minuten und ohne allzuheftige Schmerzen;
iſt das Gegentheil der Fall, ſo braucht man oft weit laͤngere
Zeit (mitunter gegen 15 bis 20 Minuten) wenn man nicht,
was wegen der nachkommenden uͤbeln Folgen nie rathſam iſt,
allzuviel Gewalt bei der Ausdehnung anwenden will; auch pflegt
in dieſen Faͤllen die Operation immer weit ſchmerzhafter zu
ſeyn. — Als Regel kann es jedoch gelten, daß theils der
Schmerz, theils die Gefahr ſpaͤterer uͤbeler Folgen, ſtets um
Vieles geringer ſeyn wird, wenn man die oben erwaͤhnten dy-
namiſchen Mittel theils der Operation vorausgehen laͤßt,
theils ſie noch waͤhrend der Operation anwendet. —
§. 1154.
Erweiterung des Muttermundes durch In-
ſtrumentalhuͤlfe. Hierher gehoͤrt erſtens die Eroͤffnung
des verwachſenen Muttermundes, ſo wie die bloße Erweite-
rung deſſelben durch ſchneidende Werkzeuge. — Das
Einſchneiden eines bei beginnender Geburtsarbeit verwachſen
gefundenen Muttermundes iſt aber von der oben (1. Thl. §.
137. 139.) beſchriebenen Operation wenig unterſchieden, und
kann entweder durch Oſiander’s Hyſterotom, oder durch
ein bis gegen die Spitze hin umwickeltes, und von der co-
niſch gelegten Hand umfaßtes Biſtourie geſchehen, welches
man vorſichtig bis zum Scheidengewoͤlbe einfuͤhrt, und einen
Kreuzſchnitt damit macht, welche Oeffnung dann gewoͤhnlich
entweder durch die Wehen, oder durch das oben genannte Ver-
fahren leicht zur voͤlligen Eroͤffnung gebracht wird. Außer-
dem koͤnnte ein Einſchneiden der Muttermundsraͤnder zuweilen
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ſchloſſen, und die Raͤnder deſſelben ſehr wenig nachgiebig find,
ſo daß eine vielleicht wegen anderer Umſtaͤnde noͤthige ſchnelle
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/325>, abgerufen am 22.12.2024.
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