Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

luft u. s. w. -- Uebrigens eile man hier nicht zu sehr mit
der Anwendung der sogenannten belebenden Mittel, da an und
für sich solche leichtere, von Erschöpfung des Nervensystems
abhängige Ohnmachten nicht lange anzuhalten pflegen, und
durch übereilte Unterbrechung derselben oft, indem der Natur
die Zeit einer ihr nothwendigen vollkommenen Ruhe gestört
wird, nachtheilig gewirkt werden muß.

§. 1038.

Tiefere Ohnmachten welche in wahre Asphyrie oder Apo-
plexie überzugehen drohen, fordern, nebst dem im Eingange
des vorigen §. erwähnten Verfahren, da sie vorzüglich vom
Gefäßsystem aus bedingt werden, Blutentziehungen, und
außerdem die Anwendung flüchtig erregender Mittel; dahin
gehört das Besprengen mit Eau de Cologne, Lavements
aus Melissen-Aufguß mit etwas Wein, Essig, oder Liq. C.
C.,
Frictioneu, Riechmittel, Bestreichen der Schläfe mit Naph-
the u. s. w. -- Zugleich wird es in diesen Fällen unum-
gänglich nothwendig, die innere geburtshülfliche Untersuchung
vorzunehmen, da nicht allzuselten unter solchen Ohnmachten
die Natur die Austreibung des Kindes vorbereitet oder be-
ginnt, oder auch wohl Blutungen eingetreten seyn können,
welche Fälle dann die Behandlung, von welcher bei Betrach-
tung der Fälle abnormer Geburten die Rede seyn wird, nö-
thig machen.

§. 1039.

Bey wahrer Asphyxie endlich, ist oft schwer auszumit-
teln wo die Gränze zwischen Scheintod und wirklichem Tode
sey, indeß, eben die Berücksichtigung der nicht seltnen Fälle
wo bei Schwangern der Zustand des tiefsten Scheintodes
mehrere Tage lang angehalten hatte, muß den Arzt dazu
nöthigen, theils die Versuche zur Wiederbelebung lange Zeit
fortzusetzen, theils nie eher zu gestatten daß der Körper als
Leichnam behandelt und beerdigt werde, bevor nicht durch ein-
getretene Spuren der Fäulniß der Tod auf das Vollkom-
menste erwiesen sey.


luft u. ſ. w. — Uebrigens eile man hier nicht zu ſehr mit
der Anwendung der ſogenannten belebenden Mittel, da an und
fuͤr ſich ſolche leichtere, von Erſchoͤpfung des Nervenſyſtems
abhaͤngige Ohnmachten nicht lange anzuhalten pflegen, und
durch uͤbereilte Unterbrechung derſelben oft, indem der Natur
die Zeit einer ihr nothwendigen vollkommenen Ruhe geſtoͤrt
wird, nachtheilig gewirkt werden muß.

§. 1038.

Tiefere Ohnmachten welche in wahre Aſphyrie oder Apo-
plexie uͤberzugehen drohen, fordern, nebſt dem im Eingange
des vorigen §. erwaͤhnten Verfahren, da ſie vorzuͤglich vom
Gefaͤßſyſtem aus bedingt werden, Blutentziehungen, und
außerdem die Anwendung fluͤchtig erregender Mittel; dahin
gehoͤrt das Beſprengen mit Eau de Cologne, Lavements
aus Meliſſen-Aufguß mit etwas Wein, Eſſig, oder Liq. C.
C.,
Frictioneu, Riechmittel, Beſtreichen der Schlaͤfe mit Naph-
the u. ſ. w. — Zugleich wird es in dieſen Faͤllen unum-
gaͤnglich nothwendig, die innere geburtshuͤlfliche Unterſuchung
vorzunehmen, da nicht allzuſelten unter ſolchen Ohnmachten
die Natur die Austreibung des Kindes vorbereitet oder be-
ginnt, oder auch wohl Blutungen eingetreten ſeyn koͤnnen,
welche Faͤlle dann die Behandlung, von welcher bei Betrach-
tung der Faͤlle abnormer Geburten die Rede ſeyn wird, noͤ-
thig machen.

§. 1039.

Bey wahrer Aſphyxie endlich, iſt oft ſchwer auszumit-
teln wo die Graͤnze zwiſchen Scheintod und wirklichem Tode
ſey, indeß, eben die Beruͤckſichtigung der nicht ſeltnen Faͤlle
wo bei Schwangern der Zuſtand des tiefſten Scheintodes
mehrere Tage lang angehalten hatte, muß den Arzt dazu
noͤthigen, theils die Verſuche zur Wiederbelebung lange Zeit
fortzuſetzen, theils nie eher zu geſtatten daß der Koͤrper als
Leichnam behandelt und beerdigt werde, bevor nicht durch ein-
getretene Spuren der Faͤulniß der Tod auf das Vollkom-
menſte erwieſen ſey.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0258" n="234"/>
luft u. &#x017F;. w. &#x2014; Uebrigens eile man hier nicht zu &#x017F;ehr mit<lb/>
der Anwendung der &#x017F;ogenannten belebenden Mittel, da an und<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;olche leichtere, von Er&#x017F;cho&#x0364;pfung des Nerven&#x017F;y&#x017F;tems<lb/>
abha&#x0364;ngige Ohnmachten nicht lange anzuhalten pflegen, und<lb/>
durch u&#x0364;bereilte Unterbrechung der&#x017F;elben oft, indem der Natur<lb/>
die Zeit einer ihr nothwendigen vollkommenen Ruhe ge&#x017F;to&#x0364;rt<lb/>
wird, nachtheilig gewirkt werden muß.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1038.</head><lb/>
                  <p>Tiefere Ohnmachten welche in wahre A&#x017F;phyrie oder Apo-<lb/>
plexie u&#x0364;berzugehen drohen, fordern, neb&#x017F;t dem im Eingange<lb/>
des vorigen §. erwa&#x0364;hnten Verfahren, da &#x017F;ie vorzu&#x0364;glich vom<lb/>
Gefa&#x0364;ß&#x017F;y&#x017F;tem aus bedingt werden, <hi rendition="#g">Blutentziehungen</hi>, und<lb/>
außerdem die Anwendung flu&#x0364;chtig erregender Mittel; dahin<lb/>
geho&#x0364;rt das Be&#x017F;prengen mit <hi rendition="#aq">Eau de Cologne, Lavements</hi><lb/>
aus Meli&#x017F;&#x017F;en-Aufguß mit etwas Wein, E&#x017F;&#x017F;ig, oder <hi rendition="#aq">Liq. C.<lb/>
C.,</hi> Frictioneu, Riechmittel, Be&#x017F;treichen der Schla&#x0364;fe mit Naph-<lb/>
the u. &#x017F;. w. &#x2014; Zugleich wird es in die&#x017F;en Fa&#x0364;llen unum-<lb/>
ga&#x0364;nglich nothwendig, die innere geburtshu&#x0364;lfliche Unter&#x017F;uchung<lb/>
vorzunehmen, da nicht allzu&#x017F;elten unter &#x017F;olchen Ohnmachten<lb/>
die Natur die Austreibung des Kindes vorbereitet oder be-<lb/>
ginnt, oder auch wohl Blutungen eingetreten &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen,<lb/>
welche Fa&#x0364;lle dann die Behandlung, von welcher bei Betrach-<lb/>
tung der Fa&#x0364;lle abnormer Geburten die Rede &#x017F;eyn wird, no&#x0364;-<lb/>
thig machen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1039.</head><lb/>
                  <p>Bey wahrer A&#x017F;phyxie endlich, i&#x017F;t oft &#x017F;chwer auszumit-<lb/>
teln wo die Gra&#x0364;nze zwi&#x017F;chen Scheintod und wirklichem Tode<lb/>
&#x017F;ey, indeß, eben die Beru&#x0364;ck&#x017F;ichtigung der nicht &#x017F;eltnen Fa&#x0364;lle<lb/>
wo bei Schwangern der Zu&#x017F;tand des tief&#x017F;ten Scheintodes<lb/>
mehrere Tage lang angehalten hatte, muß den Arzt dazu<lb/>
no&#x0364;thigen, theils die Ver&#x017F;uche zur Wiederbelebung lange Zeit<lb/>
fortzu&#x017F;etzen, theils nie eher zu ge&#x017F;tatten daß der Ko&#x0364;rper als<lb/>
Leichnam behandelt und beerdigt werde, bevor nicht durch ein-<lb/>
getretene Spuren der Fa&#x0364;ulniß der Tod auf das Vollkom-<lb/>
men&#x017F;te erwie&#x017F;en &#x017F;ey.</p>
                </div><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0258] luft u. ſ. w. — Uebrigens eile man hier nicht zu ſehr mit der Anwendung der ſogenannten belebenden Mittel, da an und fuͤr ſich ſolche leichtere, von Erſchoͤpfung des Nervenſyſtems abhaͤngige Ohnmachten nicht lange anzuhalten pflegen, und durch uͤbereilte Unterbrechung derſelben oft, indem der Natur die Zeit einer ihr nothwendigen vollkommenen Ruhe geſtoͤrt wird, nachtheilig gewirkt werden muß. §. 1038. Tiefere Ohnmachten welche in wahre Aſphyrie oder Apo- plexie uͤberzugehen drohen, fordern, nebſt dem im Eingange des vorigen §. erwaͤhnten Verfahren, da ſie vorzuͤglich vom Gefaͤßſyſtem aus bedingt werden, Blutentziehungen, und außerdem die Anwendung fluͤchtig erregender Mittel; dahin gehoͤrt das Beſprengen mit Eau de Cologne, Lavements aus Meliſſen-Aufguß mit etwas Wein, Eſſig, oder Liq. C. C., Frictioneu, Riechmittel, Beſtreichen der Schlaͤfe mit Naph- the u. ſ. w. — Zugleich wird es in dieſen Faͤllen unum- gaͤnglich nothwendig, die innere geburtshuͤlfliche Unterſuchung vorzunehmen, da nicht allzuſelten unter ſolchen Ohnmachten die Natur die Austreibung des Kindes vorbereitet oder be- ginnt, oder auch wohl Blutungen eingetreten ſeyn koͤnnen, welche Faͤlle dann die Behandlung, von welcher bei Betrach- tung der Faͤlle abnormer Geburten die Rede ſeyn wird, noͤ- thig machen. §. 1039. Bey wahrer Aſphyxie endlich, iſt oft ſchwer auszumit- teln wo die Graͤnze zwiſchen Scheintod und wirklichem Tode ſey, indeß, eben die Beruͤckſichtigung der nicht ſeltnen Faͤlle wo bei Schwangern der Zuſtand des tiefſten Scheintodes mehrere Tage lang angehalten hatte, muß den Arzt dazu noͤthigen, theils die Verſuche zur Wiederbelebung lange Zeit fortzuſetzen, theils nie eher zu geſtatten daß der Koͤrper als Leichnam behandelt und beerdigt werde, bevor nicht durch ein- getretene Spuren der Faͤulniß der Tod auf das Vollkom- menſte erwieſen ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/258
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/258>, abgerufen am 03.12.2024.