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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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§. 974.

Rücksichtlich der Wahl der Nahrungsmittel, so
ist für den Säugling die einzige völlig naturgemäße Nahrung
in den Brüsten der Mutter vorbereitet, man hüte sich daher
dem Kinde, wenn es genug Muttermilch bekommen kann,
außer hin und wieder für den Nothfall etwas Kamillenthee,
irgend andere Nahrung zu reichen, wenn man nicht die
Verdauungswerkzeuge schon in der ersten Lebensperiode unter-
graben will. Kann indeß das Kind diese Nahrung nicht
erhalten, so muß man sie durch ein Surrogat so gut als
möglich ersetzen. Am nächsten nun wird allerdings der Mut-
termilch die Milch einer völlig gesunden, der Mutter
ihrer Constitution und ihrem Temperament nach nicht allzu-
unähnlichen, dem Entbindungstermin nach ihr ziemlich gleichen
Amme seyn, allein nicht häufig ist ein solches Subjekt,
welches alle Erfordernisse hinlänglich besitzt, zu finden, oft
auch ist die Rohheit des Charakters dieser Personen zu fürchten,
oder bei größerer Bildung und stärkerer Liebe zu ihrem eignen
Kinde zu erwarten, daß ihre Milch sich bald verliere. Aus
allen diesen Ursachen muß sonach oft die Ernährung des Kindes
ohne Frauenmilch bewerkstelligt werden, welches denn auch
auf alle Weise mehr als die Ernährung durch eine nicht
recht gesunde und gute Amme angerathen werden muß.

§. 975.

In einem solchen Falle nun giebt offenbar Thiermilch
das beste Surrogat; allein sie muß, da sie mehr fettige
und käsige Bestandtheile enthält, stets, und vorzüglich in
den ersten Wochen, mit etwas Fenchel-, Flieder- oder Kamil-
lenthee verdünnt, so wie um die ermangelnde Süßigkeit zu
ersetzen, mit etwas Zucker gegeben werden *). Der Mischung

*) Ebendeshalb finde ich das unmittelbare Säugen des Kindes durch
Thiere, vorzüglich durch die so fette Milch gebende Ziege, nicht
angemessen.
§. 974.

Ruͤckſichtlich der Wahl der Nahrungsmittel, ſo
iſt fuͤr den Saͤugling die einzige voͤllig naturgemaͤße Nahrung
in den Bruͤſten der Mutter vorbereitet, man huͤte ſich daher
dem Kinde, wenn es genug Muttermilch bekommen kann,
außer hin und wieder fuͤr den Nothfall etwas Kamillenthee,
irgend andere Nahrung zu reichen, wenn man nicht die
Verdauungswerkzeuge ſchon in der erſten Lebensperiode unter-
graben will. Kann indeß das Kind dieſe Nahrung nicht
erhalten, ſo muß man ſie durch ein Surrogat ſo gut als
moͤglich erſetzen. Am naͤchſten nun wird allerdings der Mut-
termilch die Milch einer voͤllig geſunden, der Mutter
ihrer Conſtitution und ihrem Temperament nach nicht allzu-
unaͤhnlichen, dem Entbindungstermin nach ihr ziemlich gleichen
Amme ſeyn, allein nicht haͤufig iſt ein ſolches Subjekt,
welches alle Erforderniſſe hinlaͤnglich beſitzt, zu finden, oft
auch iſt die Rohheit des Charakters dieſer Perſonen zu fuͤrchten,
oder bei groͤßerer Bildung und ſtaͤrkerer Liebe zu ihrem eignen
Kinde zu erwarten, daß ihre Milch ſich bald verliere. Aus
allen dieſen Urſachen muß ſonach oft die Ernaͤhrung des Kindes
ohne Frauenmilch bewerkſtelligt werden, welches denn auch
auf alle Weiſe mehr als die Ernaͤhrung durch eine nicht
recht geſunde und gute Amme angerathen werden muß.

§. 975.

In einem ſolchen Falle nun giebt offenbar Thiermilch
das beſte Surrogat; allein ſie muß, da ſie mehr fettige
und kaͤſige Beſtandtheile enthaͤlt, ſtets, und vorzuͤglich in
den erſten Wochen, mit etwas Fenchel-, Flieder- oder Kamil-
lenthee verduͤnnt, ſo wie um die ermangelnde Suͤßigkeit zu
erſetzen, mit etwas Zucker gegeben werden *). Der Miſchung

*) Ebendeshalb finde ich das unmittelbare Saͤugen des Kindes durch
Thiere, vorzuͤglich durch die ſo fette Milch gebende Ziege, nicht
angemeſſen.
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[200/0224] §. 974. Ruͤckſichtlich der Wahl der Nahrungsmittel, ſo iſt fuͤr den Saͤugling die einzige voͤllig naturgemaͤße Nahrung in den Bruͤſten der Mutter vorbereitet, man huͤte ſich daher dem Kinde, wenn es genug Muttermilch bekommen kann, außer hin und wieder fuͤr den Nothfall etwas Kamillenthee, irgend andere Nahrung zu reichen, wenn man nicht die Verdauungswerkzeuge ſchon in der erſten Lebensperiode unter- graben will. Kann indeß das Kind dieſe Nahrung nicht erhalten, ſo muß man ſie durch ein Surrogat ſo gut als moͤglich erſetzen. Am naͤchſten nun wird allerdings der Mut- termilch die Milch einer voͤllig geſunden, der Mutter ihrer Conſtitution und ihrem Temperament nach nicht allzu- unaͤhnlichen, dem Entbindungstermin nach ihr ziemlich gleichen Amme ſeyn, allein nicht haͤufig iſt ein ſolches Subjekt, welches alle Erforderniſſe hinlaͤnglich beſitzt, zu finden, oft auch iſt die Rohheit des Charakters dieſer Perſonen zu fuͤrchten, oder bei groͤßerer Bildung und ſtaͤrkerer Liebe zu ihrem eignen Kinde zu erwarten, daß ihre Milch ſich bald verliere. Aus allen dieſen Urſachen muß ſonach oft die Ernaͤhrung des Kindes ohne Frauenmilch bewerkſtelligt werden, welches denn auch auf alle Weiſe mehr als die Ernaͤhrung durch eine nicht recht geſunde und gute Amme angerathen werden muß. §. 975. In einem ſolchen Falle nun giebt offenbar Thiermilch das beſte Surrogat; allein ſie muß, da ſie mehr fettige und kaͤſige Beſtandtheile enthaͤlt, ſtets, und vorzuͤglich in den erſten Wochen, mit etwas Fenchel-, Flieder- oder Kamil- lenthee verduͤnnt, ſo wie um die ermangelnde Suͤßigkeit zu erſetzen, mit etwas Zucker gegeben werden *). Der Miſchung *) Ebendeshalb finde ich das unmittelbare Saͤugen des Kindes durch Thiere, vorzuͤglich durch die ſo fette Milch gebende Ziege, nicht angemeſſen.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/224>, abgerufen am 26.11.2024.