Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

reichen ist, läßt sich nicht so genau bestimmen, jedoch halte
man darauf, daß sobald Milch genug vorhanden ist, stets
mit den Brüsten gewechselt, einmal die linke, das nächste-
mal die rechte Brust gereicht werde, wodurch, namentlich
wenn das Anlegen nur alle 2 bis 3 Stunden geschieht, das
Aufziehen der Warzen verhindert wird. Die angemessenste
Lage für das Stillungsgeschäft, für die ersten Tage des Wo-
chenbettes, ist offenbar die Seitenlage, bei welcher die Mut-
ter ihr Kind im Arme neben sich liegen hat, allein auch in
der Art des Anlegens sind oft die Mütter ungeschickt, und
brauchen oft mehrere Tage die ausdauernde Nachhülfe einer
geschickten Hebamme. -- Auch nach dem Wochenbett
aber muß die Stillende die Sorge für Schonung der Brüste,
zweckmäßige Wahl nahrhafter leichtverdaulicher Speisen und
Getränke, Genuß einer gesunden freien Luft, hinlängliche
Körperbewegung und Ruhe des Gemüths fortsetzen, und bei
endlichem Aufgeben des Säugungsgeschäfts dieses nie plötz-
lich abbrechen, sondern nach und nach das Kind recht eigent-
lich der Brust entwöhnen, so den Zudrang der Milch,
auch durch leichtere Kost, vermindern, und zuletzt, wenn das
Kind gar nicht mehr angelegt wird, für Zertheilung der
Milch auf ähnliche Weise sorgen, wie dann geschehen muß,
wenn das Kind überhaupt nicht trinkt, wovon wir jetzt noch
Einiges zu erinnern haben.

§. 970.

Eine jede nicht stillende, sonst gesunde Wöchnerin,
ist aber zu betrachten als eine Anlage zu krankhaften
Zuständen in höherem Grade als eine Stillende in sich tra-
gend, und muß daher, selbst weil gewöhnlich die Lochien
stärker und länger fließen, auch längere Zeit im Bette zu-
bringen. Ihre Speisen und Getränke müssen, wie schon
oben erinnert ist, wenig nahrhaft seyn, und die Aussonde-
rung des Schweißes ist bei ihr vorzüglich zu unterstützen, so
wie insbesondre auch der regelmäßige und hinlängliche Erfolg
der Darmausleerungen wichtig ist. -- Um die Anhäufung und
Stockung der Milch selbst zu hindern, ist übrigens die Ver-

reichen iſt, laͤßt ſich nicht ſo genau beſtimmen, jedoch halte
man darauf, daß ſobald Milch genug vorhanden iſt, ſtets
mit den Bruͤſten gewechſelt, einmal die linke, das naͤchſte-
mal die rechte Bruſt gereicht werde, wodurch, namentlich
wenn das Anlegen nur alle 2 bis 3 Stunden geſchieht, das
Aufziehen der Warzen verhindert wird. Die angemeſſenſte
Lage fuͤr das Stillungsgeſchaͤft, fuͤr die erſten Tage des Wo-
chenbettes, iſt offenbar die Seitenlage, bei welcher die Mut-
ter ihr Kind im Arme neben ſich liegen hat, allein auch in
der Art des Anlegens ſind oft die Muͤtter ungeſchickt, und
brauchen oft mehrere Tage die ausdauernde Nachhuͤlfe einer
geſchickten Hebamme. — Auch nach dem Wochenbett
aber muß die Stillende die Sorge fuͤr Schonung der Bruͤſte,
zweckmaͤßige Wahl nahrhafter leichtverdaulicher Speiſen und
Getraͤnke, Genuß einer geſunden freien Luft, hinlaͤngliche
Koͤrperbewegung und Ruhe des Gemuͤths fortſetzen, und bei
endlichem Aufgeben des Saͤugungsgeſchaͤfts dieſes nie ploͤtz-
lich abbrechen, ſondern nach und nach das Kind recht eigent-
lich der Bruſt entwoͤhnen, ſo den Zudrang der Milch,
auch durch leichtere Koſt, vermindern, und zuletzt, wenn das
Kind gar nicht mehr angelegt wird, fuͤr Zertheilung der
Milch auf aͤhnliche Weiſe ſorgen, wie dann geſchehen muß,
wenn das Kind uͤberhaupt nicht trinkt, wovon wir jetzt noch
Einiges zu erinnern haben.

§. 970.

Eine jede nicht ſtillende, ſonſt geſunde Woͤchnerin,
iſt aber zu betrachten als eine Anlage zu krankhaften
Zuſtaͤnden in hoͤherem Grade als eine Stillende in ſich tra-
gend, und muß daher, ſelbſt weil gewoͤhnlich die Lochien
ſtaͤrker und laͤnger fließen, auch laͤngere Zeit im Bette zu-
bringen. Ihre Speiſen und Getraͤnke muͤſſen, wie ſchon
oben erinnert iſt, wenig nahrhaft ſeyn, und die Ausſonde-
rung des Schweißes iſt bei ihr vorzuͤglich zu unterſtuͤtzen, ſo
wie insbeſondre auch der regelmaͤßige und hinlaͤngliche Erfolg
der Darmausleerungen wichtig iſt. — Um die Anhaͤufung und
Stockung der Milch ſelbſt zu hindern, iſt uͤbrigens die Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0221" n="197"/>
reichen i&#x017F;t, la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht &#x017F;o genau be&#x017F;timmen, jedoch halte<lb/>
man darauf, daß &#x017F;obald Milch genug vorhanden i&#x017F;t, &#x017F;tets<lb/>
mit den Bru&#x0364;&#x017F;ten gewech&#x017F;elt, einmal die linke, das na&#x0364;ch&#x017F;te-<lb/>
mal die rechte Bru&#x017F;t gereicht werde, wodurch, namentlich<lb/>
wenn das Anlegen nur alle 2 bis 3 Stunden ge&#x017F;chieht, das<lb/>
Aufziehen der Warzen verhindert wird. Die angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;te<lb/>
Lage fu&#x0364;r das Stillungsge&#x017F;cha&#x0364;ft, fu&#x0364;r die er&#x017F;ten Tage des Wo-<lb/>
chenbettes, i&#x017F;t offenbar die Seitenlage, bei welcher die Mut-<lb/>
ter ihr Kind im Arme neben &#x017F;ich liegen hat, allein auch in<lb/>
der Art des Anlegens &#x017F;ind oft die Mu&#x0364;tter unge&#x017F;chickt, und<lb/>
brauchen oft mehrere Tage die ausdauernde Nachhu&#x0364;lfe einer<lb/>
ge&#x017F;chickten Hebamme. &#x2014; Auch <hi rendition="#g">nach dem Wochenbett</hi><lb/>
aber muß die Stillende die Sorge fu&#x0364;r Schonung der Bru&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
zweckma&#x0364;ßige Wahl nahrhafter leichtverdaulicher Spei&#x017F;en und<lb/>
Getra&#x0364;nke, Genuß einer ge&#x017F;unden freien Luft, hinla&#x0364;ngliche<lb/>
Ko&#x0364;rperbewegung und Ruhe des Gemu&#x0364;ths fort&#x017F;etzen, und bei<lb/>
endlichem Aufgeben des Sa&#x0364;ugungsge&#x017F;cha&#x0364;fts die&#x017F;es nie plo&#x0364;tz-<lb/>
lich abbrechen, &#x017F;ondern nach und nach das Kind recht eigent-<lb/>
lich der Bru&#x017F;t <hi rendition="#g">entwo&#x0364;hnen</hi>, &#x017F;o den Zudrang der Milch,<lb/>
auch durch leichtere Ko&#x017F;t, vermindern, und zuletzt, wenn das<lb/>
Kind gar nicht mehr angelegt wird, fu&#x0364;r Zertheilung der<lb/>
Milch auf a&#x0364;hnliche Wei&#x017F;e &#x017F;orgen, wie dann ge&#x017F;chehen muß,<lb/>
wenn das Kind u&#x0364;berhaupt nicht trinkt, wovon wir jetzt noch<lb/>
Einiges zu erinnern haben.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 970.</head><lb/>
                  <p>Eine jede nicht &#x017F;tillende, &#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;unde Wo&#x0364;chnerin,<lb/>
i&#x017F;t aber zu betrachten als eine Anlage zu krankhaften<lb/>
Zu&#x017F;ta&#x0364;nden in ho&#x0364;herem Grade als eine Stillende in &#x017F;ich tra-<lb/>
gend, und muß daher, &#x017F;elb&#x017F;t weil gewo&#x0364;hnlich die Lochien<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rker und la&#x0364;nger fließen, auch la&#x0364;ngere Zeit im Bette zu-<lb/>
bringen. Ihre Spei&#x017F;en und Getra&#x0364;nke mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;chon<lb/>
oben erinnert i&#x017F;t, wenig nahrhaft &#x017F;eyn, und die Aus&#x017F;onde-<lb/>
rung des Schweißes i&#x017F;t bei ihr vorzu&#x0364;glich zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, &#x017F;o<lb/>
wie insbe&#x017F;ondre auch der regelma&#x0364;ßige und hinla&#x0364;ngliche Erfolg<lb/>
der Darmausleerungen wichtig i&#x017F;t. &#x2014; Um die Anha&#x0364;ufung und<lb/>
Stockung der Milch &#x017F;elb&#x017F;t zu hindern, i&#x017F;t u&#x0364;brigens die Ver-<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0221] reichen iſt, laͤßt ſich nicht ſo genau beſtimmen, jedoch halte man darauf, daß ſobald Milch genug vorhanden iſt, ſtets mit den Bruͤſten gewechſelt, einmal die linke, das naͤchſte- mal die rechte Bruſt gereicht werde, wodurch, namentlich wenn das Anlegen nur alle 2 bis 3 Stunden geſchieht, das Aufziehen der Warzen verhindert wird. Die angemeſſenſte Lage fuͤr das Stillungsgeſchaͤft, fuͤr die erſten Tage des Wo- chenbettes, iſt offenbar die Seitenlage, bei welcher die Mut- ter ihr Kind im Arme neben ſich liegen hat, allein auch in der Art des Anlegens ſind oft die Muͤtter ungeſchickt, und brauchen oft mehrere Tage die ausdauernde Nachhuͤlfe einer geſchickten Hebamme. — Auch nach dem Wochenbett aber muß die Stillende die Sorge fuͤr Schonung der Bruͤſte, zweckmaͤßige Wahl nahrhafter leichtverdaulicher Speiſen und Getraͤnke, Genuß einer geſunden freien Luft, hinlaͤngliche Koͤrperbewegung und Ruhe des Gemuͤths fortſetzen, und bei endlichem Aufgeben des Saͤugungsgeſchaͤfts dieſes nie ploͤtz- lich abbrechen, ſondern nach und nach das Kind recht eigent- lich der Bruſt entwoͤhnen, ſo den Zudrang der Milch, auch durch leichtere Koſt, vermindern, und zuletzt, wenn das Kind gar nicht mehr angelegt wird, fuͤr Zertheilung der Milch auf aͤhnliche Weiſe ſorgen, wie dann geſchehen muß, wenn das Kind uͤberhaupt nicht trinkt, wovon wir jetzt noch Einiges zu erinnern haben. §. 970. Eine jede nicht ſtillende, ſonſt geſunde Woͤchnerin, iſt aber zu betrachten als eine Anlage zu krankhaften Zuſtaͤnden in hoͤherem Grade als eine Stillende in ſich tra- gend, und muß daher, ſelbſt weil gewoͤhnlich die Lochien ſtaͤrker und laͤnger fließen, auch laͤngere Zeit im Bette zu- bringen. Ihre Speiſen und Getraͤnke muͤſſen, wie ſchon oben erinnert iſt, wenig nahrhaft ſeyn, und die Ausſonde- rung des Schweißes iſt bei ihr vorzuͤglich zu unterſtuͤtzen, ſo wie insbeſondre auch der regelmaͤßige und hinlaͤngliche Erfolg der Darmausleerungen wichtig iſt. — Um die Anhaͤufung und Stockung der Milch ſelbſt zu hindern, iſt uͤbrigens die Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/221
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/221>, abgerufen am 22.12.2024.