(denn früher durch künstliches Herabführen derselben die Steislage in eine Fußlage zu verwandeln, wird keinem mit dem Verlaufe der natürlichen Geburt hinlänglich vertrauten Geburtshelfer jetzt mehr einfallen) so muß man das zu rasche Hervorschlüpfen durch eine vorsichtige Leitung derselben verhü- ten, Füße und Rumpf dann in ein gewärmtes Tuch einschla- gen und den fernern Verlauf der Geburt nach den obigen Regeln behandeln. 2) Bei der Fußgeburt suche man vorzüglich die Blase bis zur völligen Oeffnung des Mutter- mundes zu schonen, und hüte sich, wenn die Füße herab- treten, dieselben (so lange keine anderweitigen krankhaften Zustände die künstliche Extraktion nöthig machen) anzuziehen, da auch ein längere Zeit dauerndes Inneliegen der Füße und Hüften im Becken nicht den mindesten Nachtheil für Kind oder Mutter haben kann. Ist ein Fuß heraufgeschlagen, so läßt man das Kind in dieser Richtung, und ohne diesen Fuß herabzuholen, eintreten. Vollkommen eben so verfährt man 3) bei der Kniegeburt. --
§. 957.
Sollte in irgend einem dieser Fälle der Kopf einige Schwierigkeiten im Becken finden, so liegt dies gewöhnlich an der Richtung desselben; man suche daher während des Eintritts der Schultern, wie schon oben bemerkt wurde, die Drehung des Kopfs so zu leiten, 1) daß sein gerader Durch- messer in einen der beiden schrägen Durchmesser der obern Apertur fällt, 2) daß das Kinn möglichst auf die Brust ge- drückt sey. -- Das letztere wird man dadurch bewerkstelligen, daß man mit Zeige- und Mittelfinger der die Bauchfläche des Kindes unterstützenden Hand bis zum Oberkiefer heraufgeht, sie hier zu beiden Seiten der Nase andrückt, und so die Gesichtsfläche abwärts drängt, zugleich aber mit denselben Fingern der am Rücken des Kindes liegenden Hand gegen den Hinterkopf heraufgeht, um diesen hinauf und zurückzudrän- gen. Man kann dann, wenn der Kopf des Kindes auf diese Weise an seiner vordern und hintern Fläche gefaßt, und mit dem Kinne herabgedrängt ist, durch mehrere hebelartige Be-
(denn fruͤher durch kuͤnſtliches Herabfuͤhren derſelben die Steislage in eine Fußlage zu verwandeln, wird keinem mit dem Verlaufe der natuͤrlichen Geburt hinlaͤnglich vertrauten Geburtshelfer jetzt mehr einfallen) ſo muß man das zu raſche Hervorſchluͤpfen durch eine vorſichtige Leitung derſelben verhuͤ- ten, Fuͤße und Rumpf dann in ein gewaͤrmtes Tuch einſchla- gen und den fernern Verlauf der Geburt nach den obigen Regeln behandeln. 2) Bei der Fußgeburt ſuche man vorzuͤglich die Blaſe bis zur voͤlligen Oeffnung des Mutter- mundes zu ſchonen, und huͤte ſich, wenn die Fuͤße herab- treten, dieſelben (ſo lange keine anderweitigen krankhaften Zuſtaͤnde die kuͤnſtliche Extraktion noͤthig machen) anzuziehen, da auch ein laͤngere Zeit dauerndes Inneliegen der Fuͤße und Huͤften im Becken nicht den mindeſten Nachtheil fuͤr Kind oder Mutter haben kann. Iſt ein Fuß heraufgeſchlagen, ſo laͤßt man das Kind in dieſer Richtung, und ohne dieſen Fuß herabzuholen, eintreten. Vollkommen eben ſo verfaͤhrt man 3) bei der Kniegeburt. —
§. 957.
Sollte in irgend einem dieſer Faͤlle der Kopf einige Schwierigkeiten im Becken finden, ſo liegt dies gewoͤhnlich an der Richtung deſſelben; man ſuche daher waͤhrend des Eintritts der Schultern, wie ſchon oben bemerkt wurde, die Drehung des Kopfs ſo zu leiten, 1) daß ſein gerader Durch- meſſer in einen der beiden ſchraͤgen Durchmeſſer der obern Apertur faͤllt, 2) daß das Kinn moͤglichſt auf die Bruſt ge- druͤckt ſey. — Das letztere wird man dadurch bewerkſtelligen, daß man mit Zeige- und Mittelfinger der die Bauchflaͤche des Kindes unterſtuͤtzenden Hand bis zum Oberkiefer heraufgeht, ſie hier zu beiden Seiten der Naſe andruͤckt, und ſo die Geſichtsflaͤche abwaͤrts draͤngt, zugleich aber mit denſelben Fingern der am Ruͤcken des Kindes liegenden Hand gegen den Hinterkopf heraufgeht, um dieſen hinauf und zuruͤckzudraͤn- gen. Man kann dann, wenn der Kopf des Kindes auf dieſe Weiſe an ſeiner vordern und hintern Flaͤche gefaßt, und mit dem Kinne herabgedraͤngt iſt, durch mehrere hebelartige Be-
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(denn fruͤher durch kuͤnſtliches Herabfuͤhren derſelben die
Steislage in eine Fußlage zu verwandeln, wird keinem mit
dem Verlaufe der natuͤrlichen Geburt hinlaͤnglich vertrauten
Geburtshelfer jetzt mehr einfallen) ſo muß man das zu raſche
Hervorſchluͤpfen durch eine vorſichtige Leitung derſelben verhuͤ-
ten, Fuͤße und Rumpf dann in ein gewaͤrmtes Tuch einſchla-
gen und den fernern Verlauf der Geburt nach den obigen
Regeln behandeln. 2) Bei der Fußgeburt ſuche man
vorzuͤglich die Blaſe bis zur voͤlligen Oeffnung des Mutter-
mundes zu ſchonen, und huͤte ſich, wenn die Fuͤße herab-
treten, dieſelben (ſo lange keine anderweitigen krankhaften
Zuſtaͤnde die kuͤnſtliche Extraktion noͤthig machen) anzuziehen,
da auch ein laͤngere Zeit dauerndes Inneliegen der Fuͤße und
Huͤften im Becken nicht den mindeſten Nachtheil fuͤr Kind
oder Mutter haben kann. Iſt ein Fuß heraufgeſchlagen, ſo
laͤßt man das Kind in dieſer Richtung, und ohne dieſen Fuß
herabzuholen, eintreten. Vollkommen eben ſo verfaͤhrt man
3) bei der Kniegeburt. —
§. 957.
Sollte in irgend einem dieſer Faͤlle der Kopf einige
Schwierigkeiten im Becken finden, ſo liegt dies gewoͤhnlich
an der Richtung deſſelben; man ſuche daher waͤhrend des
Eintritts der Schultern, wie ſchon oben bemerkt wurde, die
Drehung des Kopfs ſo zu leiten, 1) daß ſein gerader Durch-
meſſer in einen der beiden ſchraͤgen Durchmeſſer der obern
Apertur faͤllt, 2) daß das Kinn moͤglichſt auf die Bruſt ge-
druͤckt ſey. — Das letztere wird man dadurch bewerkſtelligen,
daß man mit Zeige- und Mittelfinger der die Bauchflaͤche
des Kindes unterſtuͤtzenden Hand bis zum Oberkiefer heraufgeht,
ſie hier zu beiden Seiten der Naſe andruͤckt, und ſo die
Geſichtsflaͤche abwaͤrts draͤngt, zugleich aber mit denſelben
Fingern der am Ruͤcken des Kindes liegenden Hand gegen den
Hinterkopf heraufgeht, um dieſen hinauf und zuruͤckzudraͤn-
gen. Man kann dann, wenn der Kopf des Kindes auf dieſe
Weiſe an ſeiner vordern und hintern Flaͤche gefaßt, und mit
dem Kinne herabgedraͤngt iſt, durch mehrere hebelartige Be-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/214>, abgerufen am 23.11.2024.
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