Anlangend zweitens die Untersuchung der weiblichen Körperbildung, so ist es diese, welche man, da sie vorzugsweise bey Geburten vorgenommen werden muß (ob- wohl sie in vielen andern Zuständen des weiblichen Körpers nicht minder nothwendig ist), mit dem Namen der geburts- hülflichen Untersuchung (Exploratio obstetricia) be- zeichnet, und nach folgenden Grundsatzen unterschieden hat. -- Zunächst nämlich theilt man dieselbe, je nachdem sie über die gesammte äußere Körperbildung sich verbreitet, oder vor- zugsweise auf die innern Geburtstheile und das Becken be- schränkt wird, in die äußere und innere Untersuchung (Ex- ploratio obstetricia externa et interna), welche letztere auch wohl noch insbesondere mit dem Nahmen des Zufüh- lens (Touchement, Touchiren) belegt zu werden pflegt. Zweitens aber unterscheidet man, je nachdem die Untersu- chung durch die Hand des Geburtshelfers oder durch Werk- zeuge vorgenommen wird, Untersuchung durch Gesicht und Getast und Instrumentaluntersuchung (Exploratio obstetri- cia manualis et instrumentalis).
§. 94.
Wie nun schon theils im Allgemeinen ein decentes und schonendes Verfahren dem Frauenzimmerarzte zur Pflicht gemacht wurde (§. 86.), theils ähnliche Regeln rücksichtlich des Kranken- examens (§. 91.) erwähnt worden sind, so müssen nun ins- besondre bey dem genauern Erforschen der körperlichen Bil- dung des Weibes die nachstehenden Grundsätze berücksichtigt werden: -- 1) Ist beym Vortrage der Nothwendigkeit der Untersuchung selbst mit Anstand und Vorsicht zu verfahren (ohne wirkliche Nothwendigkeit wird natürlich dieses jedem unverdorbenen weiblichen Geschöpfe höchst unangenehme Ver- fahren gänzlich übergangen), und es sind demnach die Grün- de, welche die Untersuchung erheischen, mit Ruhe und Festig- keit darzulegen. 2) Es wird zweckmäßig seyn, bey der Un- tersuchung selbst irgend eine vertraute Person, z. B. eine Verwandtin der zu Untersuchenden gegenwärtig zu haben.
§. 93.
Anlangend zweitens die Unterſuchung der weiblichen Koͤrperbildung, ſo iſt es dieſe, welche man, da ſie vorzugsweiſe bey Geburten vorgenommen werden muß (ob- wohl ſie in vielen andern Zuſtaͤnden des weiblichen Koͤrpers nicht minder nothwendig iſt), mit dem Namen der geburts- huͤlflichen Unterſuchung (Exploratio obstetricia) be- zeichnet, und nach folgenden Grundſatzen unterſchieden hat. — Zunaͤchſt naͤmlich theilt man dieſelbe, je nachdem ſie uͤber die geſammte aͤußere Koͤrperbildung ſich verbreitet, oder vor- zugsweiſe auf die innern Geburtstheile und das Becken be- ſchraͤnkt wird, in die aͤußere und innere Unterſuchung (Ex- ploratio obstetricia externa et interna), welche letztere auch wohl noch insbeſondere mit dem Nahmen des Zufuͤh- lens (Touchement, Touchiren) belegt zu werden pflegt. Zweitens aber unterſcheidet man, je nachdem die Unterſu- chung durch die Hand des Geburtshelfers oder durch Werk- zeuge vorgenommen wird, Unterſuchung durch Geſicht und Getaſt und Inſtrumentalunterſuchung (Exploratio obstetri- cia manualis et instrumentalis).
§. 94.
Wie nun ſchon theils im Allgemeinen ein decentes und ſchonendes Verfahren dem Frauenzimmerarzte zur Pflicht gemacht wurde (§. 86.), theils aͤhnliche Regeln ruͤckſichtlich des Kranken- examens (§. 91.) erwaͤhnt worden ſind, ſo muͤſſen nun ins- beſondre bey dem genauern Erforſchen der koͤrperlichen Bil- dung des Weibes die nachſtehenden Grundſaͤtze beruͤckſichtigt werden: — 1) Iſt beym Vortrage der Nothwendigkeit der Unterſuchung ſelbſt mit Anſtand und Vorſicht zu verfahren (ohne wirkliche Nothwendigkeit wird natuͤrlich dieſes jedem unverdorbenen weiblichen Geſchoͤpfe hoͤchſt unangenehme Ver- fahren gaͤnzlich uͤbergangen), und es ſind demnach die Gruͤn- de, welche die Unterſuchung erheiſchen, mit Ruhe und Feſtig- keit darzulegen. 2) Es wird zweckmaͤßig ſeyn, bey der Un- terſuchung ſelbſt irgend eine vertraute Perſon, z. B. eine Verwandtin der zu Unterſuchenden gegenwaͤrtig zu haben.
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§. 93.
Anlangend zweitens die Unterſuchung der weiblichen
Koͤrperbildung, ſo iſt es dieſe, welche man, da ſie
vorzugsweiſe bey Geburten vorgenommen werden muß (ob-
wohl ſie in vielen andern Zuſtaͤnden des weiblichen Koͤrpers
nicht minder nothwendig iſt), mit dem Namen der geburts-
huͤlflichen Unterſuchung (Exploratio obstetricia) be-
zeichnet, und nach folgenden Grundſatzen unterſchieden hat. —
Zunaͤchſt naͤmlich theilt man dieſelbe, je nachdem ſie uͤber
die geſammte aͤußere Koͤrperbildung ſich verbreitet, oder vor-
zugsweiſe auf die innern Geburtstheile und das Becken be-
ſchraͤnkt wird, in die aͤußere und innere Unterſuchung (Ex-
ploratio obstetricia externa et interna), welche letztere
auch wohl noch insbeſondere mit dem Nahmen des Zufuͤh-
lens (Touchement, Touchiren) belegt zu werden pflegt.
Zweitens aber unterſcheidet man, je nachdem die Unterſu-
chung durch die Hand des Geburtshelfers oder durch Werk-
zeuge vorgenommen wird, Unterſuchung durch Geſicht und
Getaſt und Inſtrumentalunterſuchung (Exploratio obstetri-
cia manualis et instrumentalis).
§. 94.
Wie nun ſchon theils im Allgemeinen ein decentes und
ſchonendes Verfahren dem Frauenzimmerarzte zur Pflicht gemacht
wurde (§. 86.), theils aͤhnliche Regeln ruͤckſichtlich des Kranken-
examens (§. 91.) erwaͤhnt worden ſind, ſo muͤſſen nun ins-
beſondre bey dem genauern Erforſchen der koͤrperlichen Bil-
dung des Weibes die nachſtehenden Grundſaͤtze beruͤckſichtigt
werden: — 1) Iſt beym Vortrage der Nothwendigkeit der
Unterſuchung ſelbſt mit Anſtand und Vorſicht zu verfahren
(ohne wirkliche Nothwendigkeit wird natuͤrlich dieſes jedem
unverdorbenen weiblichen Geſchoͤpfe hoͤchſt unangenehme Ver-
fahren gaͤnzlich uͤbergangen), und es ſind demnach die Gruͤn-
de, welche die Unterſuchung erheiſchen, mit Ruhe und Feſtig-
keit darzulegen. 2) Es wird zweckmaͤßig ſeyn, bey der Un-
terſuchung ſelbſt irgend eine vertraute Perſon, z. B. eine
Verwandtin der zu Unterſuchenden gegenwaͤrtig zu haben.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/87>, abgerufen am 22.11.2024.
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