Disposition dazu überhaupt nur durch den geschlechtlichen Charak- ter gegeben wird, ihr häufigeres oder minder häufiges Vorkom- men auch an das Hervortreten oder Zurücktreten weiblicher Indi- vidualität geknüpft ist. Es wird daher erklärlich, warum z. B. das kindliche Alter, bey minder ausgeprägtem Ge- schlechtscharakter, auch beynahe gar keine dem weiblichen Ge- schlechte ausschließend eigenthümlichen Krankheitszustände zeigt, wenn hingegen in den zeugungsfähigen Jahren Krankheiten dieser Art in Menge vorkommen, und zwar auch hier wie- der in größter Mannigfaltigkeit da, wo die Geschlechtsthä- tigkeit am stärksten hervorgehoben ist, also namentlich wäh- rend der Schwangerschaft und dem Wochenbette, am aller- häufigsten jedoch bey der Geburt, als deren Abnormitäten mit ihrer Behandlung ja sogar zur Bildung einer eigenen Disciplin die Veranlassung gaben. Eben deßhalb sehen wir im höhern Alter, nach erloschener Zeugungsfunktion, zwar wohl manche der einer früheren Periode eigenthümlichen Krank- heiten fortdauern oder sich entwickeln, aber wir vermissen Krankheiten, welche in dieser Lebensperiode des Weibes aus- schließend vorkommen könnten, und sehen vielmehr im Patho- logischen wie im Physiologischen den weiblichen Körper wieder mehr dem männlichen genähert.
§. 82.
Uebrigens gilt rücksichtlich der Aetiologie, Symptomato- logie und Prognose auch von dieser Krankheitsklasse im All- gemeinen wieder was §. 78 -- 80 über die erstere Klasse ge- sagt ist, so daß auch hier z. B. großes Vorwalten der Nei- gung zu abnormen Bildungen und chronischen Zuständen, so wie zu Störungen der Sensibilität bemerklich wird, wobey indeß noch außerdem erwähnt zu werden verdient, daß, so wie die weiblichen Geschlechtsverrichtungen überhaupt entschie- dener und stärker in das Befinden des gesammten Organis- mus eingreifen, auch die Störungen dieser Funktionen von größerm Einfluße auf Erregung allgemeiner Krankheitszu- stände sind, als dieß z. B. vom männlichen Geschlechte be- hauptet werden kann. -- Die Eintheilung dieser eigentlichen Geschlechtskrankheiten, deren nähere Erörterung nun vorzüg-
Dispoſition dazu uͤberhaupt nur durch den geſchlechtlichen Charak- ter gegeben wird, ihr haͤufigeres oder minder haͤufiges Vorkom- men auch an das Hervortreten oder Zuruͤcktreten weiblicher Indi- vidualitaͤt geknuͤpft iſt. Es wird daher erklaͤrlich, warum z. B. das kindliche Alter, bey minder ausgepraͤgtem Ge- ſchlechtscharakter, auch beynahe gar keine dem weiblichen Ge- ſchlechte ausſchließend eigenthuͤmlichen Krankheitszuſtaͤnde zeigt, wenn hingegen in den zeugungsfaͤhigen Jahren Krankheiten dieſer Art in Menge vorkommen, und zwar auch hier wie- der in groͤßter Mannigfaltigkeit da, wo die Geſchlechtsthaͤ- tigkeit am ſtaͤrkſten hervorgehoben iſt, alſo namentlich waͤh- rend der Schwangerſchaft und dem Wochenbette, am aller- haͤufigſten jedoch bey der Geburt, als deren Abnormitaͤten mit ihrer Behandlung ja ſogar zur Bildung einer eigenen Disciplin die Veranlaſſung gaben. Eben deßhalb ſehen wir im hoͤhern Alter, nach erloſchener Zeugungsfunktion, zwar wohl manche der einer fruͤheren Periode eigenthuͤmlichen Krank- heiten fortdauern oder ſich entwickeln, aber wir vermiſſen Krankheiten, welche in dieſer Lebensperiode des Weibes aus- ſchließend vorkommen koͤnnten, und ſehen vielmehr im Patho- logiſchen wie im Phyſiologiſchen den weiblichen Koͤrper wieder mehr dem maͤnnlichen genaͤhert.
§. 82.
Uebrigens gilt ruͤckſichtlich der Aetiologie, Symptomato- logie und Prognoſe auch von dieſer Krankheitsklaſſe im All- gemeinen wieder was §. 78 — 80 uͤber die erſtere Klaſſe ge- ſagt iſt, ſo daß auch hier z. B. großes Vorwalten der Nei- gung zu abnormen Bildungen und chroniſchen Zuſtaͤnden, ſo wie zu Stoͤrungen der Senſibilitaͤt bemerklich wird, wobey indeß noch außerdem erwaͤhnt zu werden verdient, daß, ſo wie die weiblichen Geſchlechtsverrichtungen uͤberhaupt entſchie- dener und ſtaͤrker in das Befinden des geſammten Organis- mus eingreifen, auch die Stoͤrungen dieſer Funktionen von groͤßerm Einfluße auf Erregung allgemeiner Krankheitszu- ſtaͤnde ſind, als dieß z. B. vom maͤnnlichen Geſchlechte be- hauptet werden kann. — Die Eintheilung dieſer eigentlichen Geſchlechtskrankheiten, deren naͤhere Eroͤrterung nun vorzuͤg-
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Dispoſition dazu uͤberhaupt nur durch den geſchlechtlichen Charak-
ter gegeben wird, ihr haͤufigeres oder minder haͤufiges Vorkom-
men auch an das Hervortreten oder Zuruͤcktreten weiblicher Indi-
vidualitaͤt geknuͤpft iſt. Es wird daher erklaͤrlich, warum
z. B. das kindliche Alter, bey minder ausgepraͤgtem Ge-
ſchlechtscharakter, auch beynahe gar keine dem weiblichen Ge-
ſchlechte ausſchließend eigenthuͤmlichen Krankheitszuſtaͤnde zeigt,
wenn hingegen in den zeugungsfaͤhigen Jahren Krankheiten
dieſer Art in Menge vorkommen, und zwar auch hier wie-
der in groͤßter Mannigfaltigkeit da, wo die Geſchlechtsthaͤ-
tigkeit am ſtaͤrkſten hervorgehoben iſt, alſo namentlich waͤh-
rend der Schwangerſchaft und dem Wochenbette, am aller-
haͤufigſten jedoch bey der Geburt, als deren Abnormitaͤten
mit ihrer Behandlung ja ſogar zur Bildung einer eigenen
Disciplin die Veranlaſſung gaben. Eben deßhalb ſehen wir
im hoͤhern Alter, nach erloſchener Zeugungsfunktion, zwar
wohl manche der einer fruͤheren Periode eigenthuͤmlichen Krank-
heiten fortdauern oder ſich entwickeln, aber wir vermiſſen
Krankheiten, welche in dieſer Lebensperiode des Weibes aus-
ſchließend vorkommen koͤnnten, und ſehen vielmehr im Patho-
logiſchen wie im Phyſiologiſchen den weiblichen Koͤrper wieder
mehr dem maͤnnlichen genaͤhert.
§. 82.
Uebrigens gilt ruͤckſichtlich der Aetiologie, Symptomato-
logie und Prognoſe auch von dieſer Krankheitsklaſſe im All-
gemeinen wieder was §. 78 — 80 uͤber die erſtere Klaſſe ge-
ſagt iſt, ſo daß auch hier z. B. großes Vorwalten der Nei-
gung zu abnormen Bildungen und chroniſchen Zuſtaͤnden, ſo
wie zu Stoͤrungen der Senſibilitaͤt bemerklich wird, wobey
indeß noch außerdem erwaͤhnt zu werden verdient, daß, ſo
wie die weiblichen Geſchlechtsverrichtungen uͤberhaupt entſchie-
dener und ſtaͤrker in das Befinden des geſammten Organis-
mus eingreifen, auch die Stoͤrungen dieſer Funktionen von
groͤßerm Einfluße auf Erregung allgemeiner Krankheitszu-
ſtaͤnde ſind, als dieß z. B. vom maͤnnlichen Geſchlechte be-
hauptet werden kann. — Die Eintheilung dieſer eigentlichen
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/80>, abgerufen am 21.11.2024.
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