Weit entfernt indeß, daß der Uterus, als mehr ent- wickelter Theil des gesammten Fruchtganges (Fallopische Röh- ren, Uterus und Scheide), von der darmartigen Struktur dieses ursprünglichen Gebildes gänzlich abweichen sollte, so zeigt sich vielmehr in diesem Organe die Urbildung des ge- meinsamen Ganzen in ihrer vollsten Ausbildung, ohngefähr auf gleiche Weise, wie das Herz die ausgezeichnetst entwi- ckelte Stelle des Gefäßsystems genannt werden kann. Gerade so nämlich wie der Ovidukt eyerlegender Thiere gleich dem Darmkanale 1) aus einer äußern, vom Bauchfelle herrüh- renden Haut, 2) aus einer Muskelhaut, 3) aus einer Ge- fäß- und Nervenhaut, und 4) aus einer innersten Flocken- haut besteht, so auch der gesammte Fruchtgang des mensch- lichen Weibes, und namentlich der aus ihm entwickelte Ute- rus, an welchem man den untern Theil, die Vaginalpor- tion, gleichsam als eine Einschiebung in die Mutterscheide (Intussusceptio) betrachten kann; so wie die bedeutende Lage der (namentlich venösen) Gefäßgeflechte als Gefäßhaut, und die, vorzüglich zur Zeit der Schwangerschaft so äußerst be- stimmt entwickelte Faserlage, als Muskelhaut betrachtet wer- den muß.
§. 30.
Im Uterus finden wir sonach alle die Gebilde, welche der ihm eigenthümlichen Thätigkeitsform entsprechen, mir vollkommenster Bestimmtheit vor: nämlich 1) Gefäße, als der bildenden Thätigkeit entsprechend (wobey vorzüglich das am allerstärksten während der Schwangerschaft bemerkbare Ueber- gewicht der Venen physiologisch wichtig ist, indem die Venen überhaupt als die frühern und verhältnißmäßig weniger ent- wickelten Gefäße des weiblichen Organismus vorherrschend sind (§. 13.), und an seiner stärkern Produktivität mehr, als man wohl bisher gemeynt hat, Antheil nehmen); 2) Ner- ven, obwohl in minderer Anzahl, und verhältnißmäßig zum Uterus (namentlich denselben in schwangerm Zustande ge- dacht) keineswegs bedeutend. Auch dieser Punkt seiner Or-
§. 29.
Weit entfernt indeß, daß der Uterus, als mehr ent- wickelter Theil des geſammten Fruchtganges (Fallopiſche Roͤh- ren, Uterus und Scheide), von der darmartigen Struktur dieſes urſpruͤnglichen Gebildes gaͤnzlich abweichen ſollte, ſo zeigt ſich vielmehr in dieſem Organe die Urbildung des ge- meinſamen Ganzen in ihrer vollſten Ausbildung, ohngefaͤhr auf gleiche Weiſe, wie das Herz die ausgezeichnetſt entwi- ckelte Stelle des Gefaͤßſyſtems genannt werden kann. Gerade ſo naͤmlich wie der Ovidukt eyerlegender Thiere gleich dem Darmkanale 1) aus einer aͤußern, vom Bauchfelle herruͤh- renden Haut, 2) aus einer Muskelhaut, 3) aus einer Ge- faͤß- und Nervenhaut, und 4) aus einer innerſten Flocken- haut beſteht, ſo auch der geſammte Fruchtgang des menſch- lichen Weibes, und namentlich der aus ihm entwickelte Ute- rus, an welchem man den untern Theil, die Vaginalpor- tion, gleichſam als eine Einſchiebung in die Mutterſcheide (Intussusceptio) betrachten kann; ſo wie die bedeutende Lage der (namentlich venoͤſen) Gefaͤßgeflechte als Gefaͤßhaut, und die, vorzuͤglich zur Zeit der Schwangerſchaft ſo aͤußerſt be- ſtimmt entwickelte Faſerlage, als Muskelhaut betrachtet wer- den muß.
§. 30.
Im Uterus finden wir ſonach alle die Gebilde, welche der ihm eigenthuͤmlichen Thaͤtigkeitsform entſprechen, mir vollkommenſter Beſtimmtheit vor: naͤmlich 1) Gefaͤße, als der bildenden Thaͤtigkeit entſprechend (wobey vorzuͤglich das am allerſtaͤrkſten waͤhrend der Schwangerſchaft bemerkbare Ueber- gewicht der Venen phyſiologiſch wichtig iſt, indem die Venen uͤberhaupt als die fruͤhern und verhaͤltnißmaͤßig weniger ent- wickelten Gefaͤße des weiblichen Organismus vorherrſchend ſind (§. 13.), und an ſeiner ſtaͤrkern Produktivitaͤt mehr, als man wohl bisher gemeynt hat, Antheil nehmen); 2) Ner- ven, obwohl in minderer Anzahl, und verhaͤltnißmaͤßig zum Uterus (namentlich denſelben in ſchwangerm Zuſtande ge- dacht) keineswegs bedeutend. Auch dieſer Punkt ſeiner Or-
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§. 29.
Weit entfernt indeß, daß der Uterus, als mehr ent-
wickelter Theil des geſammten Fruchtganges (Fallopiſche Roͤh-
ren, Uterus und Scheide), von der darmartigen Struktur
dieſes urſpruͤnglichen Gebildes gaͤnzlich abweichen ſollte, ſo
zeigt ſich vielmehr in dieſem Organe die Urbildung des ge-
meinſamen Ganzen in ihrer vollſten Ausbildung, ohngefaͤhr
auf gleiche Weiſe, wie das Herz die ausgezeichnetſt entwi-
ckelte Stelle des Gefaͤßſyſtems genannt werden kann. Gerade
ſo naͤmlich wie der Ovidukt eyerlegender Thiere gleich dem
Darmkanale 1) aus einer aͤußern, vom Bauchfelle herruͤh-
renden Haut, 2) aus einer Muskelhaut, 3) aus einer Ge-
faͤß- und Nervenhaut, und 4) aus einer innerſten Flocken-
haut beſteht, ſo auch der geſammte Fruchtgang des menſch-
lichen Weibes, und namentlich der aus ihm entwickelte Ute-
rus, an welchem man den untern Theil, die Vaginalpor-
tion, gleichſam als eine Einſchiebung in die Mutterſcheide
(Intussusceptio) betrachten kann; ſo wie die bedeutende Lage
der (namentlich venoͤſen) Gefaͤßgeflechte als Gefaͤßhaut, und
die, vorzuͤglich zur Zeit der Schwangerſchaft ſo aͤußerſt be-
ſtimmt entwickelte Faſerlage, als Muskelhaut betrachtet wer-
den muß.
§. 30.
Im Uterus finden wir ſonach alle die Gebilde, welche
der ihm eigenthuͤmlichen Thaͤtigkeitsform entſprechen, mir
vollkommenſter Beſtimmtheit vor: naͤmlich 1) Gefaͤße, als der
bildenden Thaͤtigkeit entſprechend (wobey vorzuͤglich das am
allerſtaͤrkſten waͤhrend der Schwangerſchaft bemerkbare Ueber-
gewicht der Venen phyſiologiſch wichtig iſt, indem die Venen
uͤberhaupt als die fruͤhern und verhaͤltnißmaͤßig weniger ent-
wickelten Gefaͤße des weiblichen Organismus vorherrſchend
ſind (§. 13.), und an ſeiner ſtaͤrkern Produktivitaͤt mehr,
als man wohl bisher gemeynt hat, Antheil nehmen); 2) Ner-
ven, obwohl in minderer Anzahl, und verhaͤltnißmaͤßig zum
Uterus (namentlich denſelben in ſchwangerm Zuſtande ge-
dacht) keineswegs bedeutend. Auch dieſer Punkt ſeiner Or-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/43>, abgerufen am 22.12.2024.
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