thieren, der Darmkanal selbst Geschlechtshöhle ist, so wie andern Theils dadurch der in der Thätigkeit von Geschlechts- und Verdauungswerkzeugen, als ursprünglich gleichartigen Theilen, so deutlich bemerkbare Consensus erklärt wird.
§. 28.
Wie nun überhaupt die fortschreitende organische Aus- bildung wesentlich in immer größerer Theilung nach verschie- denen Richtungen begründet ist, so zeigt sich nun auch bey der Entwicklung des Thierkörpers das Trennen dieses einfa- chen oder doppelten Eyerganges in mehrere Theile. Bey der Mehrzahl der Säugethiere nämlich bildet sich die untere Abtheilung beider Ovidukten (Fallopischen Röhren) in einen Fruchthälter aus, welcher ebendeßhalb als zweihörnig (Uterus bicornis), d. i. Vförmig erscheint. Diese Hörner werden dann bey der aufsteigenden Thierreihe immer kürzer, bis im menschlichen Uterus (obwohl auch dieser jene Bildungsstadien durchläuft) nur die Stelle des Zusammentreffens beyder Eyer- gänge sich bestimmter als Fruchthälter entwickelt, weßhalb dann auch die Bildung desselben am untersten Ende, nämlich am eigentlichen Punkte der Vereinigung beyder Gänge, d. i. am Muttermunde früher als an den obern Theilen vervoll- ständigt wird. Untersucht man daher den Uterus eines neu- gebornen Mädchens, so findet man den Grund desselben noch sehr klein, die Höhle wenig, d. i. nicht mehr als den Kanal des Mutterhalses entwickelt, den äußern Muttermund hinge- gen sehr groß, die Wände des Mutterhalses stärker, als die des Gebärmutterkörpers, kurz man darf sagen, daß in dieser Periode die Region des Scheidentheils des Uterus, die Re- gion der Fruchthöhle, eben so bestimmt überwiegt, als bey vollendeter Entwicklung der Fruchthälterkörper und Grund den Scheidentheil überwiegt; ja es wird dieß noch auffallen- der, wenn man an die Entwicklung des Uterus in der Schwangerschaft denkt, wo die Höhle eine so außerordentliche Ausbildung erlangt und die Vaginalportion zuletzt völlig ver- schwindet (vergl. Tab. I. Fig. I. u. II.).
thieren, der Darmkanal ſelbſt Geſchlechtshoͤhle iſt, ſo wie andern Theils dadurch der in der Thaͤtigkeit von Geſchlechts- und Verdauungswerkzeugen, als urſpruͤnglich gleichartigen Theilen, ſo deutlich bemerkbare Consensus erklaͤrt wird.
§. 28.
Wie nun uͤberhaupt die fortſchreitende organiſche Aus- bildung weſentlich in immer groͤßerer Theilung nach verſchie- denen Richtungen begruͤndet iſt, ſo zeigt ſich nun auch bey der Entwicklung des Thierkoͤrpers das Trennen dieſes einfa- chen oder doppelten Eyerganges in mehrere Theile. Bey der Mehrzahl der Saͤugethiere naͤmlich bildet ſich die untere Abtheilung beider Ovidukten (Fallopiſchen Roͤhren) in einen Fruchthaͤlter aus, welcher ebendeßhalb als zweihoͤrnig (Uterus bicornis), d. i. Vfoͤrmig erſcheint. Dieſe Hoͤrner werden dann bey der aufſteigenden Thierreihe immer kuͤrzer, bis im menſchlichen Uterus (obwohl auch dieſer jene Bildungsſtadien durchlaͤuft) nur die Stelle des Zuſammentreffens beyder Eyer- gaͤnge ſich beſtimmter als Fruchthaͤlter entwickelt, weßhalb dann auch die Bildung deſſelben am unterſten Ende, naͤmlich am eigentlichen Punkte der Vereinigung beyder Gaͤnge, d. i. am Muttermunde fruͤher als an den obern Theilen vervoll- ſtaͤndigt wird. Unterſucht man daher den Uterus eines neu- gebornen Maͤdchens, ſo findet man den Grund deſſelben noch ſehr klein, die Hoͤhle wenig, d. i. nicht mehr als den Kanal des Mutterhalſes entwickelt, den aͤußern Muttermund hinge- gen ſehr groß, die Waͤnde des Mutterhalſes ſtaͤrker, als die des Gebaͤrmutterkoͤrpers, kurz man darf ſagen, daß in dieſer Periode die Region des Scheidentheils des Uterus, die Re- gion der Fruchthoͤhle, eben ſo beſtimmt uͤberwiegt, als bey vollendeter Entwicklung der Fruchthaͤlterkoͤrper und Grund den Scheidentheil uͤberwiegt; ja es wird dieß noch auffallen- der, wenn man an die Entwicklung des Uterus in der Schwangerſchaft denkt, wo die Hoͤhle eine ſo außerordentliche Ausbildung erlangt und die Vaginalportion zuletzt voͤllig ver- ſchwindet (vergl. Tab. I. Fig. I. u. II.).
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thieren, der Darmkanal ſelbſt Geſchlechtshoͤhle iſt, ſo wie
andern Theils dadurch der in der Thaͤtigkeit von Geſchlechts-
und Verdauungswerkzeugen, als urſpruͤnglich gleichartigen
Theilen, ſo deutlich bemerkbare Consensus erklaͤrt wird.
§. 28.
Wie nun uͤberhaupt die fortſchreitende organiſche Aus-
bildung weſentlich in immer groͤßerer Theilung nach verſchie-
denen Richtungen begruͤndet iſt, ſo zeigt ſich nun auch bey
der Entwicklung des Thierkoͤrpers das Trennen dieſes einfa-
chen oder doppelten Eyerganges in mehrere Theile. Bey
der Mehrzahl der Saͤugethiere naͤmlich bildet ſich die untere
Abtheilung beider Ovidukten (Fallopiſchen Roͤhren) in einen
Fruchthaͤlter aus, welcher ebendeßhalb als zweihoͤrnig (Uterus
bicornis), d. i. Vfoͤrmig erſcheint. Dieſe Hoͤrner werden
dann bey der aufſteigenden Thierreihe immer kuͤrzer, bis im
menſchlichen Uterus (obwohl auch dieſer jene Bildungsſtadien
durchlaͤuft) nur die Stelle des Zuſammentreffens beyder Eyer-
gaͤnge ſich beſtimmter als Fruchthaͤlter entwickelt, weßhalb
dann auch die Bildung deſſelben am unterſten Ende, naͤmlich
am eigentlichen Punkte der Vereinigung beyder Gaͤnge, d. i.
am Muttermunde fruͤher als an den obern Theilen vervoll-
ſtaͤndigt wird. Unterſucht man daher den Uterus eines neu-
gebornen Maͤdchens, ſo findet man den Grund deſſelben noch
ſehr klein, die Hoͤhle wenig, d. i. nicht mehr als den Kanal
des Mutterhalſes entwickelt, den aͤußern Muttermund hinge-
gen ſehr groß, die Waͤnde des Mutterhalſes ſtaͤrker, als die
des Gebaͤrmutterkoͤrpers, kurz man darf ſagen, daß in dieſer
Periode die Region des Scheidentheils des Uterus, die Re-
gion der Fruchthoͤhle, eben ſo beſtimmt uͤberwiegt, als bey
vollendeter Entwicklung der Fruchthaͤlterkoͤrper und Grund
den Scheidentheil uͤberwiegt; ja es wird dieß noch auffallen-
der, wenn man an die Entwicklung des Uterus in der
Schwangerſchaft denkt, wo die Hoͤhle eine ſo außerordentliche
Ausbildung erlangt und die Vaginalportion zuletzt voͤllig ver-
ſchwindet (vergl. Tab. I. Fig. I. u. II.).
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/42>, abgerufen am 24.11.2024.
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