Ursachen, welche den Mutterscheidenbruch theils ver- anlassen und die langsamere Entstehung desselben begünstigen, theils schnell herbeyführen, sind: 1) häufige vorausgegangene Geburten, besonders sehr großer Kinder, wobey durch Ein- keilung des Kopfs in der Höhle des kleinen Beckens, durch Instrumental- oder Manualhülfe, vorzüglich ohne die nöthige Vorsicht angewendet, die gesammten Mutterscheidenwände oder die Muskelhaut insbesondre ausgedehnt, gequetscht oder die Fasern der letztern von einander getrennt worden sind; ferner Unvorsichtigpeiten im Wochenbett, zu zeitiges Verlassen der horizontalen Lage, Anstrengung durch Heben, oder beym Stuhlgange, durch sehr heftigen Husten u. s. w., welche letz- tern Ursachen zuweilen (obwohl selten) auch bey Frauen, welche noch nicht geboren hatten, den Mutterscheidenbruch herbeyführen können.
§. 524.
Die Folgen und die Gefährlichkeit der Mutterscheiden- brüche sind im Ganzen weniger als bey andern Brüchen zu fürchten; ein Mutterscheidenbruch nämlich klemmt sich sehr selten ein, und es ist dieses kaum möglich, außer in dem Falle, wo der durch das Bauchfell gebildete Hals des Bruch- sackes besonders verhärtet und verdickt, der Bruch selbst folg- lich schon sehr veraltet ist, oder zur Zeit einer vor sich ge- henden Geburt, obwohl auch hier der Bruch gewöhnlich von selbst zurückweicht. Die meisten Beschwerden wird der Bruch machen, wenn die Harnblase in denselben herabgesunken ist, obwohl auch außerdem der Bruch durch Kolikschmerzen, Ob- structionen u. s. w. öfters der Kranken beschwerlich werden wird.
§. 525.
Behandlung. Auch hier sind vorzüglich zwey Mo- mente, die Zurückbringung des Bruchs und die Zurückhaltung desselben zu berücksichtigen; was das erstere betrifft, so ge- lingt die Taxis hier gewöhnlich sehr leicht bey horizontaler
§. 523.
Urſachen, welche den Mutterſcheidenbruch theils ver- anlaſſen und die langſamere Entſtehung deſſelben beguͤnſtigen, theils ſchnell herbeyfuͤhren, ſind: 1) haͤufige vorausgegangene Geburten, beſonders ſehr großer Kinder, wobey durch Ein- keilung des Kopfs in der Hoͤhle des kleinen Beckens, durch Inſtrumental- oder Manualhuͤlfe, vorzuͤglich ohne die noͤthige Vorſicht angewendet, die geſammten Mutterſcheidenwaͤnde oder die Muskelhaut insbeſondre ausgedehnt, gequetſcht oder die Faſern der letztern von einander getrennt worden ſind; ferner Unvorſichtigpeiten im Wochenbett, zu zeitiges Verlaſſen der horizontalen Lage, Anſtrengung durch Heben, oder beym Stuhlgange, durch ſehr heftigen Huſten u. ſ. w., welche letz- tern Urſachen zuweilen (obwohl ſelten) auch bey Frauen, welche noch nicht geboren hatten, den Mutterſcheidenbruch herbeyfuͤhren koͤnnen.
§. 524.
Die Folgen und die Gefaͤhrlichkeit der Mutterſcheiden- bruͤche ſind im Ganzen weniger als bey andern Bruͤchen zu fuͤrchten; ein Mutterſcheidenbruch naͤmlich klemmt ſich ſehr ſelten ein, und es iſt dieſes kaum moͤglich, außer in dem Falle, wo der durch das Bauchfell gebildete Hals des Bruch- ſackes beſonders verhaͤrtet und verdickt, der Bruch ſelbſt folg- lich ſchon ſehr veraltet iſt, oder zur Zeit einer vor ſich ge- henden Geburt, obwohl auch hier der Bruch gewoͤhnlich von ſelbſt zuruͤckweicht. Die meiſten Beſchwerden wird der Bruch machen, wenn die Harnblaſe in denſelben herabgeſunken iſt, obwohl auch außerdem der Bruch durch Kolikſchmerzen, Ob- ſtructionen u. ſ. w. oͤfters der Kranken beſchwerlich werden wird.
§. 525.
Behandlung. Auch hier ſind vorzuͤglich zwey Mo- mente, die Zuruͤckbringung des Bruchs und die Zuruͤckhaltung deſſelben zu beruͤckſichtigen; was das erſtere betrifft, ſo ge- lingt die Taxis hier gewoͤhnlich ſehr leicht bey horizontaler
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§. 523.
Urſachen, welche den Mutterſcheidenbruch theils ver-
anlaſſen und die langſamere Entſtehung deſſelben beguͤnſtigen,
theils ſchnell herbeyfuͤhren, ſind: 1) haͤufige vorausgegangene
Geburten, beſonders ſehr großer Kinder, wobey durch Ein-
keilung des Kopfs in der Hoͤhle des kleinen Beckens, durch
Inſtrumental- oder Manualhuͤlfe, vorzuͤglich ohne die noͤthige
Vorſicht angewendet, die geſammten Mutterſcheidenwaͤnde
oder die Muskelhaut insbeſondre ausgedehnt, gequetſcht oder
die Faſern der letztern von einander getrennt worden ſind;
ferner Unvorſichtigpeiten im Wochenbett, zu zeitiges Verlaſſen
der horizontalen Lage, Anſtrengung durch Heben, oder beym
Stuhlgange, durch ſehr heftigen Huſten u. ſ. w., welche letz-
tern Urſachen zuweilen (obwohl ſelten) auch bey Frauen,
welche noch nicht geboren hatten, den Mutterſcheidenbruch
herbeyfuͤhren koͤnnen.
§. 524.
Die Folgen und die Gefaͤhrlichkeit der Mutterſcheiden-
bruͤche ſind im Ganzen weniger als bey andern Bruͤchen zu
fuͤrchten; ein Mutterſcheidenbruch naͤmlich klemmt ſich ſehr
ſelten ein, und es iſt dieſes kaum moͤglich, außer in dem
Falle, wo der durch das Bauchfell gebildete Hals des Bruch-
ſackes beſonders verhaͤrtet und verdickt, der Bruch ſelbſt folg-
lich ſchon ſehr veraltet iſt, oder zur Zeit einer vor ſich ge-
henden Geburt, obwohl auch hier der Bruch gewoͤhnlich von
ſelbſt zuruͤckweicht. Die meiſten Beſchwerden wird der Bruch
machen, wenn die Harnblaſe in denſelben herabgeſunken iſt,
obwohl auch außerdem der Bruch durch Kolikſchmerzen, Ob-
ſtructionen u. ſ. w. oͤfters der Kranken beſchwerlich werden
wird.
§. 525.
Behandlung. Auch hier ſind vorzuͤglich zwey Mo-
mente, die Zuruͤckbringung des Bruchs und die Zuruͤckhaltung
deſſelben zu beruͤckſichtigen; was das erſtere betrifft, ſo ge-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/416>, abgerufen am 24.11.2024.
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