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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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Die größte Vorsicht ist nothwendig, daß die Nadeln nicht zu weit
gehen, sich in dem Muttergang anhaken, oder in eins von den
arteriösen oder großen venösen Gefäßen hinter der Vaginalhaut
kommen. Dies zu verhüten, muß der Operateur seine Finger
Preis geben, die Spitzen der hervorstechenden Nadel sogleich mit
der Fingerspitze umbiegen, und mit einer kleinen Zange fassen und
anziehen. Ohne Nadelstiche in die Finger geht es dabey nicht ab,
und man sollte glauben, da nachher die Finger noch lange in der
scharfen Jauche arbeiten müssen, eine gefährliche Ansteckung sey
unvermeidlich. Der Hr. Hofr. O. ist aber davon immer frey ge-
blieben. indem er gleich nach geendigter Operation die Hände wie-
derholt mit Seife wäscht, dann die Stichwunden mit verdünntem
Laugensalze auswäscht und zuletzt anhaltend aussaugt, ohne nach-
her auf die Wunden etwas Eitermachendes zu legen. Nach vier
bis sechs Tagen sind die Stichwunden ohne alle weitere Folgen heil.
Durch die Nadeln wird vierfacher gewichster Zwirn gezogen.
Manchmal sind zwey durchgezogene Fäden hinreichend, die Gebär-
mutter in den Muttergang herabzuziehen; ein ander Mal erfodert
der Umfang vier Fäden. Eine irrige Vorstellung haben manche
Aerzte von dieser Operation, welche glauben, die Gebärmutter
müsse vor den Leib herausgezogen und zum gänzlichen Vorfallen
gebracht werden. Eben so irrig ist diejenige Vorstellung, nach
welcher einige glauben, die ganze Gebärmutter werde ausgeschnit-
ten, und deßwegen die Operation des Mutterkrebses als unmöglich
läugneten oder verwarfen. Durch die Fäden wird nun der ganze
Uterus in der Tiefe der Vagina zum Abschneiden fixirt. Das tiefe
Herabziehen wird aber zuweilen durch das Verwachsen des äußern
Muttergrundes mit dem Netze sehr erschwert. -- Als neulich, aus
gleicher Ursache der Uterus nicht in die Tiefe herab dem Ziehen an
den Fäden folgen wollte, die Fäden selbst aber bey dem Einführen
des Bistouri aus Versehen durchschnitten wurden, so ergriff der
Hr. Hofr. O. geschwind eine Blasensteinzange, faßte den Uterus
am Orificio damit und schnitt den Cervix ab. Das Krebshafte
und Skirrhöse braucht nur bis auf das Gesunde ausgeschnitten zu
werden. Das Gesunde unterscheidet man nach dem Gefühl durch
die glattere Oberfläche und elastische Festigkeit von den rauhen und
holz[a]rtigen Skirrhositäten. Das gebogene Bistouri muß schmal
und stark, scharfschneidend, vorn abgerundet seyn, dicht auf den
Cervix und so hoch wie möglich geführt werden, während ein Ge-
hülfe die Lefzen ber Geschlechtstheile von einander hält. -- Der
Schnitt wird im Bogen geführt: erst kräftig, dann langsam, um
die Vagina nicht zu verletzen.


Die groͤßte Vorſicht iſt nothwendig, daß die Nadeln nicht zu weit
gehen, ſich in dem Muttergang anhaken, oder in eins von den
arterioͤſen oder großen venoͤſen Gefaͤßen hinter der Vaginalhaut
kommen. Dies zu verhuͤten, muß der Operateur ſeine Finger
Preis geben, die Spitzen der hervorſtechenden Nadel ſogleich mit
der Fingerſpitze umbiegen, und mit einer kleinen Zange faſſen und
anziehen. Ohne Nadelſtiche in die Finger geht es dabey nicht ab,
und man ſollte glauben, da nachher die Finger noch lange in der
ſcharfen Jauche arbeiten muͤſſen, eine gefaͤhrliche Anſteckung ſey
unvermeidlich. Der Hr. Hofr. O. iſt aber davon immer frey ge-
blieben. indem er gleich nach geendigter Operation die Haͤnde wie-
derholt mit Seife waͤſcht, dann die Stichwunden mit verduͤnntem
Laugenſalze auswaͤſcht und zuletzt anhaltend ausſaugt, ohne nach-
her auf die Wunden etwas Eitermachendes zu legen. Nach vier
bis ſechs Tagen ſind die Stichwunden ohne alle weitere Folgen heil.
Durch die Nadeln wird vierfacher gewichster Zwirn gezogen.
Manchmal ſind zwey durchgezogene Faͤden hinreichend, die Gebaͤr-
mutter in den Muttergang herabzuziehen; ein ander Mal erfodert
der Umfang vier Faͤden. Eine irrige Vorſtellung haben manche
Aerzte von dieſer Operation, welche glauben, die Gebaͤrmutter
muͤſſe vor den Leib herausgezogen und zum gaͤnzlichen Vorfallen
gebracht werden. Eben ſo irrig iſt diejenige Vorſtellung, nach
welcher einige glauben, die ganze Gebaͤrmutter werde ausgeſchnit-
ten, und deßwegen die Operation des Mutterkrebſes als unmoͤglich
laͤugneten oder verwarfen. Durch die Faͤden wird nun der ganze
Uterus in der Tiefe der Vagina zum Abſchneiden fixirt. Das tiefe
Herabziehen wird aber zuweilen durch das Verwachſen des aͤußern
Muttergrundes mit dem Netze ſehr erſchwert. — Als neulich, aus
gleicher Urſache der Uterus nicht in die Tiefe herab dem Ziehen an
den Faͤden folgen wollte, die Faͤden ſelbſt aber bey dem Einfuͤhren
des Biſtouri aus Verſehen durchſchnitten wurden, ſo ergriff der
Hr. Hofr. O. geſchwind eine Blaſenſteinzange, faßte den Uterus
am Orificio damit und ſchnitt den Cervix ab. Das Krebshafte
und Skirrhoͤſe braucht nur bis auf das Geſunde ausgeſchnitten zu
werden. Das Geſunde unterſcheidet man nach dem Gefuͤhl durch
die glattere Oberflaͤche und elaſtiſche Feſtigkeit von den rauhen und
holz[a]rtigen Skirrhoſitaͤten. Das gebogene Biſtouri muß ſchmal
und ſtark, ſcharfſchneidend, vorn abgerundet ſeyn, dicht auf den
Cervix und ſo hoch wie moͤglich gefuͤhrt werden, waͤhrend ein Ge-
huͤlfe die Lefzen ber Geſchlechtstheile von einander haͤlt. — Der
Schnitt wird im Bogen gefuͤhrt: erſt kraͤftig, dann langſam, um
die Vagina nicht zu verletzen.


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[358/0378] Die groͤßte Vorſicht iſt nothwendig, daß die Nadeln nicht zu weit gehen, ſich in dem Muttergang anhaken, oder in eins von den arterioͤſen oder großen venoͤſen Gefaͤßen hinter der Vaginalhaut kommen. Dies zu verhuͤten, muß der Operateur ſeine Finger Preis geben, die Spitzen der hervorſtechenden Nadel ſogleich mit der Fingerſpitze umbiegen, und mit einer kleinen Zange faſſen und anziehen. Ohne Nadelſtiche in die Finger geht es dabey nicht ab, und man ſollte glauben, da nachher die Finger noch lange in der ſcharfen Jauche arbeiten muͤſſen, eine gefaͤhrliche Anſteckung ſey unvermeidlich. Der Hr. Hofr. O. iſt aber davon immer frey ge- blieben. indem er gleich nach geendigter Operation die Haͤnde wie- derholt mit Seife waͤſcht, dann die Stichwunden mit verduͤnntem Laugenſalze auswaͤſcht und zuletzt anhaltend ausſaugt, ohne nach- her auf die Wunden etwas Eitermachendes zu legen. Nach vier bis ſechs Tagen ſind die Stichwunden ohne alle weitere Folgen heil. Durch die Nadeln wird vierfacher gewichster Zwirn gezogen. Manchmal ſind zwey durchgezogene Faͤden hinreichend, die Gebaͤr- mutter in den Muttergang herabzuziehen; ein ander Mal erfodert der Umfang vier Faͤden. Eine irrige Vorſtellung haben manche Aerzte von dieſer Operation, welche glauben, die Gebaͤrmutter muͤſſe vor den Leib herausgezogen und zum gaͤnzlichen Vorfallen gebracht werden. Eben ſo irrig iſt diejenige Vorſtellung, nach welcher einige glauben, die ganze Gebaͤrmutter werde ausgeſchnit- ten, und deßwegen die Operation des Mutterkrebſes als unmoͤglich laͤugneten oder verwarfen. Durch die Faͤden wird nun der ganze Uterus in der Tiefe der Vagina zum Abſchneiden fixirt. Das tiefe Herabziehen wird aber zuweilen durch das Verwachſen des aͤußern Muttergrundes mit dem Netze ſehr erſchwert. — Als neulich, aus gleicher Urſache der Uterus nicht in die Tiefe herab dem Ziehen an den Faͤden folgen wollte, die Faͤden ſelbſt aber bey dem Einfuͤhren des Biſtouri aus Verſehen durchſchnitten wurden, ſo ergriff der Hr. Hofr. O. geſchwind eine Blaſenſteinzange, faßte den Uterus am Orificio damit und ſchnitt den Cervix ab. Das Krebshafte und Skirrhoͤſe braucht nur bis auf das Geſunde ausgeſchnitten zu werden. Das Geſunde unterſcheidet man nach dem Gefuͤhl durch die glattere Oberflaͤche und elaſtiſche Feſtigkeit von den rauhen und holzartigen Skirrhoſitaͤten. Das gebogene Biſtouri muß ſchmal und ſtark, ſcharfſchneidend, vorn abgerundet ſeyn, dicht auf den Cervix und ſo hoch wie moͤglich gefuͤhrt werden, waͤhrend ein Ge- huͤlfe die Lefzen ber Geſchlechtstheile von einander haͤlt. — Der Schnitt wird im Bogen gefuͤhrt: erſt kraͤftig, dann langſam, um die Vagina nicht zu verletzen.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/378>, abgerufen am 24.11.2024.