Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be- handlung, nämlich von dem Ausschneiden der Polypen zu sprechen. Früher hat man diese Methode wenig angewendet, und sie auf die Fälle eingeschränkt, *) wo der Polyp einen sehnigten Stiel hat, oder in der Mutterscheide sitzt, oder we- nigstens tief in dieselbe herabgetreten ist, obwohl man auch für diese Fälle vor dem Ausschneiden das Anlegen einer Un- terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus- rottungen durch schneidende Instrumente weit allgemeiner so- wohl empfohlen, als wirklich ausgeführt. H. Osiander namentlich stimmte zunächst für diese Operationsweise, und ihm hat sich auch H. v. Siebold angeschlossen. Man ver- richtet das Ausschneiden aber, wie schon von Richter be- merkt worden ist, am schicklichsten mittelst einer langen, vorn abgerundeten und stumpfen Scheere, mit etwas auf der brei- ten Seite aufwärts gekrümmten Blättern, oder (obwohl we- niger passend, wegen leicht möglicher Verletzung der Geburts- theile) mittelst eines schneidenden Hakens, wie man deren sich früher zur Zerstückung des Kindes bediente; und dafern man wirklich sicher seyn kann, daß solche Afterorganisationen sich nach dem Ausschneiden nicht leicht von neuem wie- dererzeugen, so verdient allerdings diese Methode, ihrer Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzlosigkeit wegen, alle Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfänglich etwas stär- kere Blutung eben nicht sehr zu scheuen seyn würde. -- Die Behandlung auch nach dieser Art der Ausrottung wird übri- gens ziemlich wieder dieselbe seyn können, welche wir em- pfohlen haben für die Ausrottung durch die Anterbindung (die indeß doch für manche Fälle, vorzüglich größerer Poly- pen, oder wo die Diagnose noch nicht ganz fest steht, stets ihre Vorzüge behalten dürfte).
*) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.
§. 438.
Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be- handlung, naͤmlich von dem Ausſchneiden der Polypen zu ſprechen. Fruͤher hat man dieſe Methode wenig angewendet, und ſie auf die Faͤlle eingeſchraͤnkt, *) wo der Polyp einen ſehnigten Stiel hat, oder in der Mutterſcheide ſitzt, oder we- nigſtens tief in dieſelbe herabgetreten iſt, obwohl man auch fuͤr dieſe Faͤlle vor dem Ausſchneiden das Anlegen einer Un- terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus- rottungen durch ſchneidende Inſtrumente weit allgemeiner ſo- wohl empfohlen, als wirklich ausgefuͤhrt. H. Oſiander namentlich ſtimmte zunaͤchſt fuͤr dieſe Operationsweiſe, und ihm hat ſich auch H. v. Siebold angeſchloſſen. Man ver- richtet das Ausſchneiden aber, wie ſchon von Richter be- merkt worden iſt, am ſchicklichſten mittelſt einer langen, vorn abgerundeten und ſtumpfen Scheere, mit etwas auf der brei- ten Seite aufwaͤrts gekruͤmmten Blaͤttern, oder (obwohl we- niger paſſend, wegen leicht moͤglicher Verletzung der Geburts- theile) mittelſt eines ſchneidenden Hakens, wie man deren ſich fruͤher zur Zerſtuͤckung des Kindes bediente; und dafern man wirklich ſicher ſeyn kann, daß ſolche Afterorganiſationen ſich nach dem Ausſchneiden nicht leicht von neuem wie- dererzeugen, ſo verdient allerdings dieſe Methode, ihrer Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzloſigkeit wegen, alle Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfaͤnglich etwas ſtaͤr- kere Blutung eben nicht ſehr zu ſcheuen ſeyn wuͤrde. — Die Behandlung auch nach dieſer Art der Ausrottung wird uͤbri- gens ziemlich wieder dieſelbe ſeyn koͤnnen, welche wir em- pfohlen haben fuͤr die Ausrottung durch die Anterbindung (die indeß doch fuͤr manche Faͤlle, vorzuͤglich groͤßerer Poly- pen, oder wo die Diagnoſe noch nicht ganz feſt ſteht, ſtets ihre Vorzuͤge behalten duͤrfte).
*) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><pbfacs="#f0358"n="338"/><divn="10"><head>§. 438.</head><lb/><p>Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be-<lb/>
handlung, naͤmlich von dem Ausſchneiden der Polypen zu<lb/>ſprechen. Fruͤher hat man dieſe Methode wenig angewendet,<lb/>
und ſie auf die Faͤlle eingeſchraͤnkt, <noteplace="foot"n="*)">S. <hirendition="#g">Richter</hi> Anfangsgr. d. W. Th. <hirendition="#aq">I.</hi> S. 419.</note> wo der Polyp einen<lb/>ſehnigten Stiel hat, oder in der Mutterſcheide ſitzt, oder we-<lb/>
nigſtens tief in dieſelbe herabgetreten iſt, obwohl man auch<lb/>
fuͤr dieſe Faͤlle vor dem Ausſchneiden das Anlegen einer Un-<lb/>
terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus-<lb/>
rottungen durch ſchneidende Inſtrumente weit allgemeiner ſo-<lb/>
wohl empfohlen, als wirklich ausgefuͤhrt. H. <hirendition="#g">Oſiander</hi><lb/>
namentlich ſtimmte zunaͤchſt fuͤr dieſe Operationsweiſe, und<lb/>
ihm hat ſich auch H. v. <hirendition="#g">Siebold</hi> angeſchloſſen. Man ver-<lb/>
richtet das Ausſchneiden aber, wie ſchon von <hirendition="#g">Richter</hi> be-<lb/>
merkt worden iſt, am ſchicklichſten mittelſt einer langen, vorn<lb/>
abgerundeten und ſtumpfen Scheere, mit etwas auf der brei-<lb/>
ten Seite aufwaͤrts gekruͤmmten Blaͤttern, oder (obwohl we-<lb/>
niger paſſend, wegen leicht moͤglicher Verletzung der Geburts-<lb/>
theile) mittelſt eines ſchneidenden Hakens, wie man deren<lb/>ſich fruͤher zur Zerſtuͤckung des Kindes bediente; und dafern<lb/>
man wirklich ſicher ſeyn kann, daß ſolche Afterorganiſationen<lb/>ſich nach dem Ausſchneiden nicht leicht <hirendition="#g">von neuem wie-<lb/>
dererzeugen</hi>, ſo verdient allerdings dieſe Methode, ihrer<lb/>
Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzloſigkeit wegen, alle<lb/>
Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfaͤnglich etwas ſtaͤr-<lb/>
kere Blutung eben nicht ſehr zu ſcheuen ſeyn wuͤrde. — Die<lb/>
Behandlung auch nach <hirendition="#g">dieſer</hi> Art der Ausrottung wird uͤbri-<lb/>
gens ziemlich wieder dieſelbe ſeyn koͤnnen, welche wir em-<lb/>
pfohlen haben fuͤr die Ausrottung durch die Anterbindung<lb/>
(die indeß doch fuͤr manche Faͤlle, vorzuͤglich groͤßerer Poly-<lb/>
pen, oder wo die Diagnoſe noch nicht <hirendition="#g">ganz</hi> feſt ſteht, ſtets<lb/>
ihre Vorzuͤge behalten duͤrfte).</p></div></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[338/0358]
§. 438.
Wir haben nun noch von der zweyten Art der Be-
handlung, naͤmlich von dem Ausſchneiden der Polypen zu
ſprechen. Fruͤher hat man dieſe Methode wenig angewendet,
und ſie auf die Faͤlle eingeſchraͤnkt, *) wo der Polyp einen
ſehnigten Stiel hat, oder in der Mutterſcheide ſitzt, oder we-
nigſtens tief in dieſelbe herabgetreten iſt, obwohl man auch
fuͤr dieſe Faͤlle vor dem Ausſchneiden das Anlegen einer Un-
terbindung empfahl. Neuerlich hat man hingegen die Aus-
rottungen durch ſchneidende Inſtrumente weit allgemeiner ſo-
wohl empfohlen, als wirklich ausgefuͤhrt. H. Oſiander
namentlich ſtimmte zunaͤchſt fuͤr dieſe Operationsweiſe, und
ihm hat ſich auch H. v. Siebold angeſchloſſen. Man ver-
richtet das Ausſchneiden aber, wie ſchon von Richter be-
merkt worden iſt, am ſchicklichſten mittelſt einer langen, vorn
abgerundeten und ſtumpfen Scheere, mit etwas auf der brei-
ten Seite aufwaͤrts gekruͤmmten Blaͤttern, oder (obwohl we-
niger paſſend, wegen leicht moͤglicher Verletzung der Geburts-
theile) mittelſt eines ſchneidenden Hakens, wie man deren
ſich fruͤher zur Zerſtuͤckung des Kindes bediente; und dafern
man wirklich ſicher ſeyn kann, daß ſolche Afterorganiſationen
ſich nach dem Ausſchneiden nicht leicht von neuem wie-
dererzeugen, ſo verdient allerdings dieſe Methode, ihrer
Sicherheit, Schnelligkeit und Schmerzloſigkeit wegen, alle
Empfehlung, wobey auch die vielleicht anfaͤnglich etwas ſtaͤr-
kere Blutung eben nicht ſehr zu ſcheuen ſeyn wuͤrde. — Die
Behandlung auch nach dieſer Art der Ausrottung wird uͤbri-
gens ziemlich wieder dieſelbe ſeyn koͤnnen, welche wir em-
pfohlen haben fuͤr die Ausrottung durch die Anterbindung
(die indeß doch fuͤr manche Faͤlle, vorzuͤglich groͤßerer Poly-
pen, oder wo die Diagnoſe noch nicht ganz feſt ſteht, ſtets
ihre Vorzuͤge behalten duͤrfte).
*) S. Richter Anfangsgr. d. W. Th. I. S. 419.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/358>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.