Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

zu erlangen versucht; zuweilen kann sie auch wohl bey einem
Sitze solcher Geschwülste an der obern Gegend der Rückseite
des Uterus unmöglich bleiben; auf alle Weise ist jedoch Hrn.
Wenzel*) beyzustimmen, wenn er sagt, daß beym Leben
der Kranken in der Mehrzahl der Fälle das Uebel verkannt
worden sey. -- Die Zustände, mit welchen diese Degeneratio-
nen vorzüglich verwechselt zu werden pflegen, sind aber, theils
bey sehr beträchtlichem Umfange, die Schwangerschaft, wor-
über ein Beyspiel von H. v. Siebold**) angeführt ist,
theils falsche Lagen der Gebärmutter, wie dies in einem Falle
angenommen worden war, wo man früher die Zurückbeugung
des im zweyten oder dritten Monat schwangern Uterus ver-
muthet hatte, bis ich bey meiner Untersuchung es als ein
an der hintern Gebärmutterfläche (ein Ort, wo mir diese
Mißbildungen schon mehrere Male aufgestoßen sind) sitzendes
Steatom erkannte.

§. 411.

In wiefern nun aber diese Geschwülste selten von ent-
zündlichen Zuständen bedingt werden, so geben sie sich auch
namentlich im Beginn durch Störungen im Geschlechtssysteme
fast gar nicht zu erkennen, sondern müssen oft eher durch
Beeinträchtigung in den Verrichtungen benachbarter Organe
wahrgenommen werden; überhaupt aber fallen ihre Kennzei-
chen theils in die Perceptionssphäre der Kranken und spre-
chen sich durch gewisse Krankheitsgefühle aus, theils sind sie
aus der innern und äußern geburtshülflichen Untersuchung zu
entlehnen. Die letztern sind vorzüglich wichtig und eigentlich
allein im Stande, eine genaue Diagnose festzusetzen, indeß
allerdings deutlich nur vorhanden, wenn das Uebel schon ziem-
lich vorgeschritten ist. -- Zu den erstern Zeichen gehören Ge-
fühl von Druck, Vollheit, Schwere im Becken, Schmer-
zen, welche sich auf die untern Extremitäten, Harnwerkzeuge

*) Ueber die Krankheiten des Uterus S. 67.
**) Handb. d. Frauenzimmerkrankh. Bd. 1. S. 535.

zu erlangen verſucht; zuweilen kann ſie auch wohl bey einem
Sitze ſolcher Geſchwuͤlſte an der obern Gegend der Ruͤckſeite
des Uterus unmoͤglich bleiben; auf alle Weiſe iſt jedoch Hrn.
Wenzel*) beyzuſtimmen, wenn er ſagt, daß beym Leben
der Kranken in der Mehrzahl der Faͤlle das Uebel verkannt
worden ſey. — Die Zuſtaͤnde, mit welchen dieſe Degeneratio-
nen vorzuͤglich verwechſelt zu werden pflegen, ſind aber, theils
bey ſehr betraͤchtlichem Umfange, die Schwangerſchaft, wor-
uͤber ein Beyſpiel von H. v. Siebold**) angefuͤhrt iſt,
theils falſche Lagen der Gebaͤrmutter, wie dies in einem Falle
angenommen worden war, wo man fruͤher die Zuruͤckbeugung
des im zweyten oder dritten Monat ſchwangern Uterus ver-
muthet hatte, bis ich bey meiner Unterſuchung es als ein
an der hintern Gebaͤrmutterflaͤche (ein Ort, wo mir dieſe
Mißbildungen ſchon mehrere Male aufgeſtoßen ſind) ſitzendes
Steatom erkannte.

§. 411.

In wiefern nun aber dieſe Geſchwuͤlſte ſelten von ent-
zuͤndlichen Zuſtaͤnden bedingt werden, ſo geben ſie ſich auch
namentlich im Beginn durch Stoͤrungen im Geſchlechtsſyſteme
faſt gar nicht zu erkennen, ſondern muͤſſen oft eher durch
Beeintraͤchtigung in den Verrichtungen benachbarter Organe
wahrgenommen werden; uͤberhaupt aber fallen ihre Kennzei-
chen theils in die Perceptionsſphaͤre der Kranken und ſpre-
chen ſich durch gewiſſe Krankheitsgefuͤhle aus, theils ſind ſie
aus der innern und aͤußern geburtshuͤlflichen Unterſuchung zu
entlehnen. Die letztern ſind vorzuͤglich wichtig und eigentlich
allein im Stande, eine genaue Diagnoſe feſtzuſetzen, indeß
allerdings deutlich nur vorhanden, wenn das Uebel ſchon ziem-
lich vorgeſchritten iſt. — Zu den erſtern Zeichen gehoͤren Ge-
fuͤhl von Druck, Vollheit, Schwere im Becken, Schmer-
zen, welche ſich auf die untern Extremitaͤten, Harnwerkzeuge

*) Ueber die Krankheiten des Uterus S. 67.
**) Handb. d. Frauenzimmerkrankh. Bd. 1. S. 535.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0338" n="318"/>
zu erlangen ver&#x017F;ucht; zuweilen kann &#x017F;ie auch wohl bey einem<lb/>
Sitze &#x017F;olcher Ge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te an der obern Gegend der Ru&#x0364;ck&#x017F;eite<lb/>
des Uterus unmo&#x0364;glich bleiben; auf alle Wei&#x017F;e i&#x017F;t jedoch Hrn.<lb/><hi rendition="#g">Wenzel</hi><note place="foot" n="*)">Ueber die Krankheiten des Uterus S. 67.</note> beyzu&#x017F;timmen, wenn er &#x017F;agt, daß beym Leben<lb/>
der Kranken in der Mehrzahl der Fa&#x0364;lle das Uebel verkannt<lb/>
worden &#x017F;ey. &#x2014; Die Zu&#x017F;ta&#x0364;nde, mit welchen die&#x017F;e Degeneratio-<lb/>
nen vorzu&#x0364;glich verwech&#x017F;elt zu werden pflegen, &#x017F;ind aber, theils<lb/>
bey &#x017F;ehr betra&#x0364;chtlichem Umfange, die Schwanger&#x017F;chaft, wor-<lb/>
u&#x0364;ber ein Bey&#x017F;piel von H. v. <hi rendition="#g">Siebold</hi><note place="foot" n="**)">Handb. d. Frauenzimmerkrankh. Bd. 1. S. 535.</note> angefu&#x0364;hrt i&#x017F;t,<lb/>
theils fal&#x017F;che Lagen der Geba&#x0364;rmutter, wie dies in einem Falle<lb/>
angenommen worden war, wo man fru&#x0364;her die Zuru&#x0364;ckbeugung<lb/>
des im zweyten oder dritten Monat &#x017F;chwangern Uterus ver-<lb/>
muthet hatte, bis ich bey meiner Unter&#x017F;uchung es als ein<lb/>
an der hintern Geba&#x0364;rmutterfla&#x0364;che (ein Ort, wo mir die&#x017F;e<lb/>
Mißbildungen &#x017F;chon mehrere Male aufge&#x017F;toßen &#x017F;ind) &#x017F;itzendes<lb/>
Steatom erkannte.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 411.</head><lb/>
                          <p>In wiefern nun aber die&#x017F;e Ge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te &#x017F;elten von ent-<lb/>
zu&#x0364;ndlichen Zu&#x017F;ta&#x0364;nden bedingt werden, &#x017F;o geben &#x017F;ie &#x017F;ich auch<lb/>
namentlich im Beginn durch Sto&#x0364;rungen im Ge&#x017F;chlechts&#x017F;y&#x017F;teme<lb/>
fa&#x017F;t gar nicht zu erkennen, &#x017F;ondern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en oft eher durch<lb/>
Beeintra&#x0364;chtigung in den Verrichtungen benachbarter Organe<lb/>
wahrgenommen werden; u&#x0364;berhaupt aber fallen ihre Kennzei-<lb/>
chen theils in die Perceptions&#x017F;pha&#x0364;re der Kranken und &#x017F;pre-<lb/>
chen &#x017F;ich durch gewi&#x017F;&#x017F;e Krankheitsgefu&#x0364;hle aus, theils &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
aus der innern und a&#x0364;ußern geburtshu&#x0364;lflichen Unter&#x017F;uchung zu<lb/>
entlehnen. Die letztern &#x017F;ind vorzu&#x0364;glich wichtig und eigentlich<lb/>
allein im Stande, eine genaue Diagno&#x017F;e fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen, indeß<lb/>
allerdings deutlich nur vorhanden, wenn das Uebel &#x017F;chon ziem-<lb/>
lich vorge&#x017F;chritten i&#x017F;t. &#x2014; Zu den er&#x017F;tern Zeichen geho&#x0364;ren Ge-<lb/>
fu&#x0364;hl von Druck, Vollheit, Schwere im Becken, Schmer-<lb/>
zen, welche &#x017F;ich auf die untern Extremita&#x0364;ten, Harnwerkzeuge<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0338] zu erlangen verſucht; zuweilen kann ſie auch wohl bey einem Sitze ſolcher Geſchwuͤlſte an der obern Gegend der Ruͤckſeite des Uterus unmoͤglich bleiben; auf alle Weiſe iſt jedoch Hrn. Wenzel *) beyzuſtimmen, wenn er ſagt, daß beym Leben der Kranken in der Mehrzahl der Faͤlle das Uebel verkannt worden ſey. — Die Zuſtaͤnde, mit welchen dieſe Degeneratio- nen vorzuͤglich verwechſelt zu werden pflegen, ſind aber, theils bey ſehr betraͤchtlichem Umfange, die Schwangerſchaft, wor- uͤber ein Beyſpiel von H. v. Siebold **) angefuͤhrt iſt, theils falſche Lagen der Gebaͤrmutter, wie dies in einem Falle angenommen worden war, wo man fruͤher die Zuruͤckbeugung des im zweyten oder dritten Monat ſchwangern Uterus ver- muthet hatte, bis ich bey meiner Unterſuchung es als ein an der hintern Gebaͤrmutterflaͤche (ein Ort, wo mir dieſe Mißbildungen ſchon mehrere Male aufgeſtoßen ſind) ſitzendes Steatom erkannte. §. 411. In wiefern nun aber dieſe Geſchwuͤlſte ſelten von ent- zuͤndlichen Zuſtaͤnden bedingt werden, ſo geben ſie ſich auch namentlich im Beginn durch Stoͤrungen im Geſchlechtsſyſteme faſt gar nicht zu erkennen, ſondern muͤſſen oft eher durch Beeintraͤchtigung in den Verrichtungen benachbarter Organe wahrgenommen werden; uͤberhaupt aber fallen ihre Kennzei- chen theils in die Perceptionsſphaͤre der Kranken und ſpre- chen ſich durch gewiſſe Krankheitsgefuͤhle aus, theils ſind ſie aus der innern und aͤußern geburtshuͤlflichen Unterſuchung zu entlehnen. Die letztern ſind vorzuͤglich wichtig und eigentlich allein im Stande, eine genaue Diagnoſe feſtzuſetzen, indeß allerdings deutlich nur vorhanden, wenn das Uebel ſchon ziem- lich vorgeſchritten iſt. — Zu den erſtern Zeichen gehoͤren Ge- fuͤhl von Druck, Vollheit, Schwere im Becken, Schmer- zen, welche ſich auf die untern Extremitaͤten, Harnwerkzeuge *) Ueber die Krankheiten des Uterus S. 67. **) Handb. d. Frauenzimmerkrankh. Bd. 1. S. 535.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/338
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/338>, abgerufen am 22.11.2024.