Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

langsam entstehend, entweder habituell und stets andauernd,
oder intermittirend und periodisch, oder auch ohne Ordnung
wiederkehrend. Weiter hat man überhaupt gutartigen und
bösartigen weißen Fluß, venerischen und nicht venerischen,
einfachen und complicirten unterschieden. Was indeß die Gut-
artigkeit oder Bösartigkeit der Krankheit betrifft, so ist dieser
Unterschied nicht im Wesen derselben, sondern in der Con-
stitution der Kranken und den äußern Verhältnissen begrün-
det, und am wenigsten darf man annehmen, daß etwa der
durch Ansteckung entstandene allein bösartig, der von selbst
entstandene gutartig sey, indem oft allerdings gerade das
Umgekehrte Statt findet. Der Unterschied zwischen venerischer
und nicht venerischer Leukorrhöe endlich, wenn er andeuten
soll, daß es wirklich einen wahrhaft syphilitischen weißen
Fluß geben könne, ist unstatthaft, indem diese Schleimflüsse,
obwohl sie contagiös werden können, wie dies auch von an-
dern Schleimflüssen, z. B. dem der Nase (Schnupfen), aner-
kannt werden muß, doch mit der Syphilis an und
für sich gar nichts gemein haben
,*) (obwohl sie aller-
dings mit Syphilis verbunden vorkommen können) wovon sich
demungeachtet manche Aerzte, und gewiß zum Nachtheil ihrer
Kranken, nicht überzeugen können.

§. 379.

Die Entwicklung und die Symptome der
Krankheit
sind verschieden: wo sie ohne Ansteckung all-
mählig entsteht, beginnt sie in der Regel mit einem zur Zeit
der herannahenden und der vorübergegangenen Menstruation
sich zeigenden, nicht allzustarken, milden Schleimabgange aus
den Geburtstheilen; übrigens ist der Körper gesund, und alle
seine Thätigkeiten gehen regelmäßig von Statten. Nach und
nach, vorzüglich wenn schwächende Einflüsse den Körper be-
troffen haben, nach schweren Krankheiten, bey zunehmenden
Jahren u. s. w. nimmt der Abgang zu, es gesellen sich
schwammige Auflockerung der Vaginalportion, wundwerdender

*) s. P. Frank Epit. T. V. P. I. p. 152.

langſam entſtehend, entweder habituell und ſtets andauernd,
oder intermittirend und periodiſch, oder auch ohne Ordnung
wiederkehrend. Weiter hat man uͤberhaupt gutartigen und
boͤsartigen weißen Fluß, veneriſchen und nicht veneriſchen,
einfachen und complicirten unterſchieden. Was indeß die Gut-
artigkeit oder Boͤsartigkeit der Krankheit betrifft, ſo iſt dieſer
Unterſchied nicht im Weſen derſelben, ſondern in der Con-
ſtitution der Kranken und den aͤußern Verhaͤltniſſen begruͤn-
det, und am wenigſten darf man annehmen, daß etwa der
durch Anſteckung entſtandene allein boͤsartig, der von ſelbſt
entſtandene gutartig ſey, indem oft allerdings gerade das
Umgekehrte Statt findet. Der Unterſchied zwiſchen veneriſcher
und nicht veneriſcher Leukorrhoͤe endlich, wenn er andeuten
ſoll, daß es wirklich einen wahrhaft ſyphilitiſchen weißen
Fluß geben koͤnne, iſt unſtatthaft, indem dieſe Schleimfluͤſſe,
obwohl ſie contagioͤs werden koͤnnen, wie dies auch von an-
dern Schleimfluͤſſen, z. B. dem der Naſe (Schnupfen), aner-
kannt werden muß, doch mit der Syphilis an und
fuͤr ſich gar nichts gemein haben
,*) (obwohl ſie aller-
dings mit Syphilis verbunden vorkommen koͤnnen) wovon ſich
demungeachtet manche Aerzte, und gewiß zum Nachtheil ihrer
Kranken, nicht uͤberzeugen koͤnnen.

§. 379.

Die Entwicklung und die Symptome der
Krankheit
ſind verſchieden: wo ſie ohne Anſteckung all-
maͤhlig entſteht, beginnt ſie in der Regel mit einem zur Zeit
der herannahenden und der voruͤbergegangenen Menſtruation
ſich zeigenden, nicht allzuſtarken, milden Schleimabgange aus
den Geburtstheilen; uͤbrigens iſt der Koͤrper geſund, und alle
ſeine Thaͤtigkeiten gehen regelmaͤßig von Statten. Nach und
nach, vorzuͤglich wenn ſchwaͤchende Einfluͤſſe den Koͤrper be-
troffen haben, nach ſchweren Krankheiten, bey zunehmenden
Jahren u. ſ. w. nimmt der Abgang zu, es geſellen ſich
ſchwammige Auflockerung der Vaginalportion, wundwerdender

*) ſ. P. Frank Epit. T. V. P. I. p. 152.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <p><pb facs="#f0315" n="295"/>
lang&#x017F;am ent&#x017F;tehend, entweder habituell und &#x017F;tets andauernd,<lb/>
oder intermittirend und periodi&#x017F;ch, oder auch ohne Ordnung<lb/>
wiederkehrend. Weiter hat man u&#x0364;berhaupt gutartigen und<lb/>
bo&#x0364;sartigen weißen Fluß, veneri&#x017F;chen und nicht veneri&#x017F;chen,<lb/>
einfachen und complicirten unter&#x017F;chieden. Was indeß die Gut-<lb/>
artigkeit oder Bo&#x0364;sartigkeit der Krankheit betrifft, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er<lb/>
Unter&#x017F;chied nicht im We&#x017F;en der&#x017F;elben, &#x017F;ondern in der Con-<lb/>
&#x017F;titution der Kranken und den a&#x0364;ußern Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en begru&#x0364;n-<lb/>
det, und am wenig&#x017F;ten darf man annehmen, daß etwa der<lb/>
durch An&#x017F;teckung ent&#x017F;tandene allein bo&#x0364;sartig, der von &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ent&#x017F;tandene gutartig &#x017F;ey, indem oft allerdings gerade das<lb/>
Umgekehrte Statt findet. Der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen veneri&#x017F;cher<lb/>
und nicht veneri&#x017F;cher Leukorrho&#x0364;e endlich, wenn er andeuten<lb/>
&#x017F;oll, daß es wirklich einen wahrhaft &#x017F;yphiliti&#x017F;chen weißen<lb/>
Fluß geben ko&#x0364;nne, i&#x017F;t un&#x017F;tatthaft, indem die&#x017F;e Schleimflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
obwohl &#x017F;ie contagio&#x0364;s werden ko&#x0364;nnen, wie dies auch von an-<lb/>
dern Schleimflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, z. B. dem der Na&#x017F;e (Schnupfen), aner-<lb/>
kannt werden muß, <hi rendition="#g">doch mit der Syphilis an und<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich gar nichts gemein haben</hi>,<note place="foot" n="*)">&#x017F;. <hi rendition="#aq">P. <hi rendition="#g">Frank</hi> Epit. T. V. P. I. p.</hi> 152.</note> (obwohl &#x017F;ie aller-<lb/>
dings mit Syphilis verbunden vorkommen ko&#x0364;nnen) wovon &#x017F;ich<lb/>
demungeachtet manche Aerzte, und gewiß zum Nachtheil ihrer<lb/>
Kranken, nicht u&#x0364;berzeugen ko&#x0364;nnen.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 379.</head><lb/>
                          <p><hi rendition="#g">Die Entwicklung und die Symptome der<lb/>
Krankheit</hi> &#x017F;ind ver&#x017F;chieden: wo &#x017F;ie ohne An&#x017F;teckung all-<lb/>
ma&#x0364;hlig ent&#x017F;teht, beginnt &#x017F;ie in der Regel mit einem zur Zeit<lb/>
der herannahenden und der voru&#x0364;bergegangenen Men&#x017F;truation<lb/>
&#x017F;ich zeigenden, nicht allzu&#x017F;tarken, milden Schleimabgange aus<lb/>
den Geburtstheilen; u&#x0364;brigens i&#x017F;t der Ko&#x0364;rper ge&#x017F;und, und alle<lb/>
&#x017F;eine Tha&#x0364;tigkeiten gehen regelma&#x0364;ßig von Statten. Nach und<lb/>
nach, vorzu&#x0364;glich wenn &#x017F;chwa&#x0364;chende Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e den Ko&#x0364;rper be-<lb/>
troffen haben, nach &#x017F;chweren Krankheiten, bey zunehmenden<lb/>
Jahren u. &#x017F;. w. nimmt der Abgang zu, es ge&#x017F;ellen &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chwammige Auflockerung der Vaginalportion, wundwerdender<lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0315] langſam entſtehend, entweder habituell und ſtets andauernd, oder intermittirend und periodiſch, oder auch ohne Ordnung wiederkehrend. Weiter hat man uͤberhaupt gutartigen und boͤsartigen weißen Fluß, veneriſchen und nicht veneriſchen, einfachen und complicirten unterſchieden. Was indeß die Gut- artigkeit oder Boͤsartigkeit der Krankheit betrifft, ſo iſt dieſer Unterſchied nicht im Weſen derſelben, ſondern in der Con- ſtitution der Kranken und den aͤußern Verhaͤltniſſen begruͤn- det, und am wenigſten darf man annehmen, daß etwa der durch Anſteckung entſtandene allein boͤsartig, der von ſelbſt entſtandene gutartig ſey, indem oft allerdings gerade das Umgekehrte Statt findet. Der Unterſchied zwiſchen veneriſcher und nicht veneriſcher Leukorrhoͤe endlich, wenn er andeuten ſoll, daß es wirklich einen wahrhaft ſyphilitiſchen weißen Fluß geben koͤnne, iſt unſtatthaft, indem dieſe Schleimfluͤſſe, obwohl ſie contagioͤs werden koͤnnen, wie dies auch von an- dern Schleimfluͤſſen, z. B. dem der Naſe (Schnupfen), aner- kannt werden muß, doch mit der Syphilis an und fuͤr ſich gar nichts gemein haben, *) (obwohl ſie aller- dings mit Syphilis verbunden vorkommen koͤnnen) wovon ſich demungeachtet manche Aerzte, und gewiß zum Nachtheil ihrer Kranken, nicht uͤberzeugen koͤnnen. §. 379. Die Entwicklung und die Symptome der Krankheit ſind verſchieden: wo ſie ohne Anſteckung all- maͤhlig entſteht, beginnt ſie in der Regel mit einem zur Zeit der herannahenden und der voruͤbergegangenen Menſtruation ſich zeigenden, nicht allzuſtarken, milden Schleimabgange aus den Geburtstheilen; uͤbrigens iſt der Koͤrper geſund, und alle ſeine Thaͤtigkeiten gehen regelmaͤßig von Statten. Nach und nach, vorzuͤglich wenn ſchwaͤchende Einfluͤſſe den Koͤrper be- troffen haben, nach ſchweren Krankheiten, bey zunehmenden Jahren u. ſ. w. nimmt der Abgang zu, es geſellen ſich ſchwammige Auflockerung der Vaginalportion, wundwerdender *) ſ. P. Frank Epit. T. V. P. I. p. 152.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/315
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/315>, abgerufen am 22.12.2024.