Außerdem können diese von örtlich gesteigerter Erregung bedingten Blutflüsse mitunter durch äußere Reize unterhalten werden, z. B. durch Pessarien, welche sofort zu entfernen, und, wenn sie nicht ganz entbehrt werden können, mit einem in Infus. serpylli, mit etwas Wein vermischt, getauchten Schwamme zu vertauschen sind. Ferner ist Vermeidung alles Geschlechtsreizes, so lange noch die geringste Neigung zur wiederkehrenden Blutung vorhanden ist, zur strengsten Pflicht zu machen. Auch chronische Eutzündungen, Geschwüre, schar- fer weißer Fluß, Syphilis, Auswüchse der Mutterscheide u. s. w. können Veranlassung zur Entstehung oder Unterhaltung dieses Blutflusses seyn, und müssen dann nach den ihrer Na- tur angemessenen Regeln behandelt werden. -- Daß endlich, wo dieser Blutfluß etwa an andere Krankheiten als eine kri- tische Ausleerung sich schließt, zu seiner Unterdrückung gar nichts geschehen dürfe, sondern bloß zweckmäßige Behandlung der zum Grunde liegenden Krankheit angezeigt sey, liegt am Tage.
§. 366.
Wir kommen nun zur Behandlung passiver Metrorrha- gien. Auch hier ist außer den allgemeinen, §. 358. ange- gebenen Regeln zunächst das allgemeine Befinden ins Auge zu fassen und danach das Heilverfahren einzuleiten. Colli- quative Blutungen, als Folge typhöser Zustände oder skor- butischer Auflösung der Blutmasse, erfordern daher den Ap- parat der analeptischen, Contraktion und Lebensthätigkeit über- haupt fördernden Mittel; oft jedoch müssen auch die Mittel, welche zur schnellen Stillung lebensgefährlicher Blutungen überhaupt empfohlen werden können und von welchen unten die Rede seyn wird, angewendet werden. Ist hingegen Ere- thismus des Adersystems vorhanden, welcher bey gesunkener Vitalität der Uteringefäße hier durch Blutergießung sich aus- spricht, so muß dann zunächst wieder ein ähnliches allgemei- nes Verfahren, als oben bey den aktiven Blutungen em- pfohlen worden ist, auch hier Anwendung finden, besonders
§. 365.
Außerdem koͤnnen dieſe von oͤrtlich geſteigerter Erregung bedingten Blutfluͤſſe mitunter durch aͤußere Reize unterhalten werden, z. B. durch Peſſarien, welche ſofort zu entfernen, und, wenn ſie nicht ganz entbehrt werden koͤnnen, mit einem in Infus. serpylli, mit etwas Wein vermiſcht, getauchten Schwamme zu vertauſchen ſind. Ferner iſt Vermeidung alles Geſchlechtsreizes, ſo lange noch die geringſte Neigung zur wiederkehrenden Blutung vorhanden iſt, zur ſtrengſten Pflicht zu machen. Auch chroniſche Eutzuͤndungen, Geſchwuͤre, ſchar- fer weißer Fluß, Syphilis, Auswuͤchſe der Mutterſcheide u. ſ. w. koͤnnen Veranlaſſung zur Entſtehung oder Unterhaltung dieſes Blutfluſſes ſeyn, und muͤſſen dann nach den ihrer Na- tur angemeſſenen Regeln behandelt werden. — Daß endlich, wo dieſer Blutfluß etwa an andere Krankheiten als eine kri- tiſche Ausleerung ſich ſchließt, zu ſeiner Unterdruͤckung gar nichts geſchehen duͤrfe, ſondern bloß zweckmaͤßige Behandlung der zum Grunde liegenden Krankheit angezeigt ſey, liegt am Tage.
§. 366.
Wir kommen nun zur Behandlung paſſiver Metrorrha- gien. Auch hier iſt außer den allgemeinen, §. 358. ange- gebenen Regeln zunaͤchſt das allgemeine Befinden ins Auge zu faſſen und danach das Heilverfahren einzuleiten. Colli- quative Blutungen, als Folge typhoͤſer Zuſtaͤnde oder ſkor- butiſcher Aufloͤſung der Blutmaſſe, erfordern daher den Ap- parat der analeptiſchen, Contraktion und Lebensthaͤtigkeit uͤber- haupt foͤrdernden Mittel; oft jedoch muͤſſen auch die Mittel, welche zur ſchnellen Stillung lebensgefaͤhrlicher Blutungen uͤberhaupt empfohlen werden koͤnnen und von welchen unten die Rede ſeyn wird, angewendet werden. Iſt hingegen Ere- thismus des Aderſyſtems vorhanden, welcher bey geſunkener Vitalitaͤt der Uteringefaͤße hier durch Blutergießung ſich aus- ſpricht, ſo muß dann zunaͤchſt wieder ein aͤhnliches allgemei- nes Verfahren, als oben bey den aktiven Blutungen em- pfohlen worden iſt, auch hier Anwendung finden, beſonders
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><pbfacs="#f0304"n="284"/><divn="10"><head>§. 365.</head><lb/><p>Außerdem koͤnnen dieſe von oͤrtlich geſteigerter Erregung<lb/>
bedingten Blutfluͤſſe mitunter durch aͤußere Reize unterhalten<lb/>
werden, z. B. durch Peſſarien, welche ſofort zu entfernen,<lb/>
und, wenn ſie nicht ganz entbehrt werden koͤnnen, mit einem<lb/>
in <hirendition="#aq">Infus. serpylli,</hi> mit etwas Wein vermiſcht, getauchten<lb/>
Schwamme zu vertauſchen ſind. Ferner iſt Vermeidung alles<lb/>
Geſchlechtsreizes, ſo lange noch die geringſte Neigung zur<lb/>
wiederkehrenden Blutung vorhanden iſt, zur ſtrengſten Pflicht<lb/>
zu machen. Auch chroniſche Eutzuͤndungen, Geſchwuͤre, ſchar-<lb/>
fer weißer Fluß, Syphilis, Auswuͤchſe der Mutterſcheide u.<lb/>ſ. w. koͤnnen Veranlaſſung zur Entſtehung oder Unterhaltung<lb/>
dieſes Blutfluſſes ſeyn, und muͤſſen dann nach den ihrer Na-<lb/>
tur angemeſſenen Regeln behandelt werden. — Daß endlich,<lb/>
wo dieſer Blutfluß etwa an andere Krankheiten als eine kri-<lb/>
tiſche Ausleerung ſich ſchließt, zu ſeiner Unterdruͤckung gar<lb/>
nichts geſchehen duͤrfe, ſondern bloß zweckmaͤßige Behandlung<lb/>
der zum Grunde liegenden Krankheit angezeigt ſey, liegt am<lb/>
Tage.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 366.</head><lb/><p>Wir kommen nun zur Behandlung paſſiver Metrorrha-<lb/>
gien. Auch hier iſt außer den allgemeinen, §. 358. ange-<lb/>
gebenen Regeln zunaͤchſt das allgemeine Befinden ins Auge<lb/>
zu faſſen und danach das Heilverfahren einzuleiten. Colli-<lb/>
quative Blutungen, als Folge typhoͤſer Zuſtaͤnde oder ſkor-<lb/>
butiſcher Aufloͤſung der Blutmaſſe, erfordern daher den Ap-<lb/>
parat der analeptiſchen, Contraktion und Lebensthaͤtigkeit uͤber-<lb/>
haupt foͤrdernden Mittel; oft jedoch muͤſſen auch die Mittel,<lb/>
welche zur ſchnellen Stillung lebensgefaͤhrlicher Blutungen<lb/>
uͤberhaupt empfohlen werden koͤnnen und von welchen unten<lb/>
die Rede ſeyn wird, angewendet werden. Iſt hingegen Ere-<lb/>
thismus des Aderſyſtems vorhanden, welcher bey geſunkener<lb/>
Vitalitaͤt der Uteringefaͤße hier durch Blutergießung ſich aus-<lb/>ſpricht, ſo muß dann zunaͤchſt wieder ein aͤhnliches allgemei-<lb/>
nes Verfahren, als oben bey den aktiven Blutungen em-<lb/>
pfohlen worden iſt, auch hier Anwendung finden, beſonders<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[284/0304]
§. 365.
Außerdem koͤnnen dieſe von oͤrtlich geſteigerter Erregung
bedingten Blutfluͤſſe mitunter durch aͤußere Reize unterhalten
werden, z. B. durch Peſſarien, welche ſofort zu entfernen,
und, wenn ſie nicht ganz entbehrt werden koͤnnen, mit einem
in Infus. serpylli, mit etwas Wein vermiſcht, getauchten
Schwamme zu vertauſchen ſind. Ferner iſt Vermeidung alles
Geſchlechtsreizes, ſo lange noch die geringſte Neigung zur
wiederkehrenden Blutung vorhanden iſt, zur ſtrengſten Pflicht
zu machen. Auch chroniſche Eutzuͤndungen, Geſchwuͤre, ſchar-
fer weißer Fluß, Syphilis, Auswuͤchſe der Mutterſcheide u.
ſ. w. koͤnnen Veranlaſſung zur Entſtehung oder Unterhaltung
dieſes Blutfluſſes ſeyn, und muͤſſen dann nach den ihrer Na-
tur angemeſſenen Regeln behandelt werden. — Daß endlich,
wo dieſer Blutfluß etwa an andere Krankheiten als eine kri-
tiſche Ausleerung ſich ſchließt, zu ſeiner Unterdruͤckung gar
nichts geſchehen duͤrfe, ſondern bloß zweckmaͤßige Behandlung
der zum Grunde liegenden Krankheit angezeigt ſey, liegt am
Tage.
§. 366.
Wir kommen nun zur Behandlung paſſiver Metrorrha-
gien. Auch hier iſt außer den allgemeinen, §. 358. ange-
gebenen Regeln zunaͤchſt das allgemeine Befinden ins Auge
zu faſſen und danach das Heilverfahren einzuleiten. Colli-
quative Blutungen, als Folge typhoͤſer Zuſtaͤnde oder ſkor-
butiſcher Aufloͤſung der Blutmaſſe, erfordern daher den Ap-
parat der analeptiſchen, Contraktion und Lebensthaͤtigkeit uͤber-
haupt foͤrdernden Mittel; oft jedoch muͤſſen auch die Mittel,
welche zur ſchnellen Stillung lebensgefaͤhrlicher Blutungen
uͤberhaupt empfohlen werden koͤnnen und von welchen unten
die Rede ſeyn wird, angewendet werden. Iſt hingegen Ere-
thismus des Aderſyſtems vorhanden, welcher bey geſunkener
Vitalitaͤt der Uteringefaͤße hier durch Blutergießung ſich aus-
ſpricht, ſo muß dann zunaͤchſt wieder ein aͤhnliches allgemei-
nes Verfahren, als oben bey den aktiven Blutungen em-
pfohlen worden iſt, auch hier Anwendung finden, beſonders
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/304>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.