normalen Schwangerschaft noch bestimmter ergeben wird, in beginnender Schwangerschaft, also bey der stärksten geschlecht- lichen Erregung des weiblichen Organismus, die Ovarien in einem Zustande, welcher dem der Entzündung in vieler Hin- sicht verglichen werden kann, und es ist also leicht begreiflich, wie umgekehrt der entzündliche pathologische Zustand der Genitalien, die äußerste Steigerung der Geschlechtsbegierde (gleichsam den Trieb den im Normalzustande dieser erhöhten Gefäßthätigkeit verbundenen Zustand angehender Schwanger- schaft herbeyzuführen) zur Folge haben könne und müsse.
§. 280.
Sollte man vielleicht dieser Ansicht entgegenstellen, daß es mit ihr unvereinbar sey, daß, wie die Erfahrung zeigt, Schwangerschaft gerade bey dieser Krankheit doch so selten eintrete, so kann erwiedert werden, daß dieses vielmehr zur Bestätigung diene, indem wir ähnliche Erscheinungen auch in den Entzündungen anderer Organe nur allzuhäufig finden. So wird z. B. bekanntlich die Magen- und Darmentzündung vom heftigsten Durste begleitet, und demohnerachtet gewöhn- lich alles Getränk ausgebrochen und nicht assimilirt, und eben so finden wir sehr einleuchtend, daß die Ovarien, wenn sie in einem wahren krankhaften Entzündungsprocesse begrif- fen sind, der normalen Erregung, welche zur Conception nöthig ist, unfähig werden. -- Was die Sektionen betrifft, so hat man sie überhaupt selten angestellt, auch die Ovarien dabey weniger beachtet; jedoch werden wir bey den später zu beschreibenden Krankheiten der Eyerstöcke finden, in wie naher Verbindung heftiger, zu Ausschweifungen führender Geschlechtstrieb und abnormer Zustand der Genitalien zu ste- hen pflegen; auch sah ich in zwey Fällen die Ovarien von Personen, welche einer ausschweifenden Lebensweise beschuldigt wurden, etwas vergrößert, geröthet und mit kleinen Pusteln, fast wie mit einem chronischen Hautausschlage, bedeckt.
§. 281.
Ueber die entfernten Ursachen ist zu bemerken, daß sowohl die disponirenden als die Gelegenheitsursachen
normalen Schwangerſchaft noch beſtimmter ergeben wird, in beginnender Schwangerſchaft, alſo bey der ſtaͤrkſten geſchlecht- lichen Erregung des weiblichen Organismus, die Ovarien in einem Zuſtande, welcher dem der Entzuͤndung in vieler Hin- ſicht verglichen werden kann, und es iſt alſo leicht begreiflich, wie umgekehrt der entzuͤndliche pathologiſche Zuſtand der Genitalien, die aͤußerſte Steigerung der Geſchlechtsbegierde (gleichſam den Trieb den im Normalzuſtande dieſer erhoͤhten Gefaͤßthaͤtigkeit verbundenen Zuſtand angehender Schwanger- ſchaft herbeyzufuͤhren) zur Folge haben koͤnne und muͤſſe.
§. 280.
Sollte man vielleicht dieſer Anſicht entgegenſtellen, daß es mit ihr unvereinbar ſey, daß, wie die Erfahrung zeigt, Schwangerſchaft gerade bey dieſer Krankheit doch ſo ſelten eintrete, ſo kann erwiedert werden, daß dieſes vielmehr zur Beſtaͤtigung diene, indem wir aͤhnliche Erſcheinungen auch in den Entzuͤndungen anderer Organe nur allzuhaͤufig finden. So wird z. B. bekanntlich die Magen- und Darmentzuͤndung vom heftigſten Durſte begleitet, und demohnerachtet gewoͤhn- lich alles Getraͤnk ausgebrochen und nicht aſſimilirt, und eben ſo finden wir ſehr einleuchtend, daß die Ovarien, wenn ſie in einem wahren krankhaften Entzuͤndungsproceſſe begrif- fen ſind, der normalen Erregung, welche zur Conception noͤthig iſt, unfaͤhig werden. — Was die Sektionen betrifft, ſo hat man ſie uͤberhaupt ſelten angeſtellt, auch die Ovarien dabey weniger beachtet; jedoch werden wir bey den ſpaͤter zu beſchreibenden Krankheiten der Eyerſtoͤcke finden, in wie naher Verbindung heftiger, zu Ausſchweifungen fuͤhrender Geſchlechtstrieb und abnormer Zuſtand der Genitalien zu ſte- hen pflegen; auch ſah ich in zwey Faͤllen die Ovarien von Perſonen, welche einer ausſchweifenden Lebensweiſe beſchuldigt wurden, etwas vergroͤßert, geroͤthet und mit kleinen Puſteln, faſt wie mit einem chroniſchen Hautausſchlage, bedeckt.
§. 281.
Ueber die entfernten Urſachen iſt zu bemerken, daß ſowohl die disponirenden als die Gelegenheitsurſachen
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normalen Schwangerſchaft noch beſtimmter ergeben wird, in
beginnender Schwangerſchaft, alſo bey der ſtaͤrkſten geſchlecht-
lichen Erregung des weiblichen Organismus, die Ovarien in
einem Zuſtande, welcher dem der Entzuͤndung in vieler Hin-
ſicht verglichen werden kann, und es iſt alſo leicht begreiflich,
wie umgekehrt der entzuͤndliche pathologiſche Zuſtand der
Genitalien, die aͤußerſte Steigerung der Geſchlechtsbegierde
(gleichſam den Trieb den im Normalzuſtande dieſer erhoͤhten
Gefaͤßthaͤtigkeit verbundenen Zuſtand angehender Schwanger-
ſchaft herbeyzufuͤhren) zur Folge haben koͤnne und muͤſſe.
§. 280.
Sollte man vielleicht dieſer Anſicht entgegenſtellen, daß
es mit ihr unvereinbar ſey, daß, wie die Erfahrung zeigt,
Schwangerſchaft gerade bey dieſer Krankheit doch ſo ſelten
eintrete, ſo kann erwiedert werden, daß dieſes vielmehr zur
Beſtaͤtigung diene, indem wir aͤhnliche Erſcheinungen auch in
den Entzuͤndungen anderer Organe nur allzuhaͤufig finden.
So wird z. B. bekanntlich die Magen- und Darmentzuͤndung
vom heftigſten Durſte begleitet, und demohnerachtet gewoͤhn-
lich alles Getraͤnk ausgebrochen und nicht aſſimilirt, und
eben ſo finden wir ſehr einleuchtend, daß die Ovarien, wenn
ſie in einem wahren krankhaften Entzuͤndungsproceſſe begrif-
fen ſind, der normalen Erregung, welche zur Conception
noͤthig iſt, unfaͤhig werden. — Was die Sektionen betrifft,
ſo hat man ſie uͤberhaupt ſelten angeſtellt, auch die Ovarien
dabey weniger beachtet; jedoch werden wir bey den ſpaͤter
zu beſchreibenden Krankheiten der Eyerſtoͤcke finden, in wie
naher Verbindung heftiger, zu Ausſchweifungen fuͤhrender
Geſchlechtstrieb und abnormer Zuſtand der Genitalien zu ſte-
hen pflegen; auch ſah ich in zwey Faͤllen die Ovarien von
Perſonen, welche einer ausſchweifenden Lebensweiſe beſchuldigt
wurden, etwas vergroͤßert, geroͤthet und mit kleinen Puſteln,
faſt wie mit einem chroniſchen Hautausſchlage, bedeckt.
§. 281.
Ueber die entfernten Urſachen iſt zu bemerken,
daß ſowohl die disponirenden als die Gelegenheitsurſachen
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/239>, abgerufen am 21.11.2024.
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