Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.Kranken zeigen ein gedunsenes schlaffes Ansehen, ihr Auge §. 242. Nun zu den Abnormitäten in Wahrnehmun- *) So die mit Krämpfen verbundenen Ohnmachten der Prinzessin Lamballe, welche H. Osiauder a. a. O. 1r Thl. S. 190 nach Saifert erzählt. **) Die habituellen Schmerzen, an welchen reitzbare Kranke gewöhnlich
leiden, übergehen wir hier, in wiefern sie gewöhnlich an örtliche Verbildungen, Entzündungen u. s. w. geknüpft sind. Kranken zeigen ein gedunſenes ſchlaffes Anſehen, ihr Auge §. 242. Nun zu den Abnormitaͤten in Wahrnehmun- *) So die mit Kraͤmpfen verbundenen Ohnmachten der Prinzeſſin Lamballe, welche H. Oſiauder a. a. O. 1r Thl. S. 190 nach Saifert erzaͤhlt. **) Die habituellen Schmerzen, an welchen reitzbare Kranke gewoͤhnlich
leiden, uͤbergehen wir hier, in wiefern ſie gewoͤhnlich an oͤrtliche Verbildungen, Entzuͤndungen u. ſ. w. geknuͤpft ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <p><pb facs="#f0203" n="183"/> Kranken zeigen ein gedunſenes ſchlaffes Anſehen, ihr Auge<lb/> ſtarrt geiſtlos gerade aus, ſie ſitzen wohl ſtundenlang, ohne<lb/> eine beſtimmte willkuͤhrlich geregelte Gedankenreihe zu verfol-<lb/> gen, Nichts regt ihre Theilnahme beſonders an, und ſelbſt<lb/> die leiblichen Verrichtungen gehen traͤge und unvollkommen<lb/> von Statten. Der <hi rendition="#g">Bloͤdſinn</hi> ſelbſt iſt der hoͤhere Grad<lb/> dieſer Apathie, und die Erſcheinungen deſſelben beduͤrfen<lb/><hi rendition="#g">hier</hi> keiner naͤhern Beſchreibung. — Dagegen waͤre noch<lb/> von den gewoͤhnlich ſchnell voruͤbergehenden Abſpannungen<lb/> des Selbſtgefuͤhls, welche als leichte oder ſtarke Ohnmacht<lb/> (<hi rendition="#aq">Lipothymia</hi> und <hi rendition="#aq">Syncope</hi>) erſcheinen, zu ſprechen, allein<lb/> dieſe, obwohl ſie in den Entwicklungsjahren haͤufig genug<lb/> vorkommen, ſind ſo gaͤnzlich die aͤußern Symptome koͤrper-<lb/> licher Krankheit, und vorzuͤglich von krankhaften Zuſtaͤnden<lb/> des Gefaͤßſyſtems, daß, wenn ſie auch zuweilen faſt allein<lb/> das Krankſeyn bezeichnen <note place="foot" n="*)">So die mit Kraͤmpfen verbundenen Ohnmachten der Prinzeſſin<lb/><hi rendition="#aq">Lamballe,</hi> welche H. <hi rendition="#g">Oſiauder</hi> a. a. O. 1r Thl. S. 190 nach<lb/><hi rendition="#g">Saifert</hi> erzaͤhlt.</note>, dieſelben doch in wiſſenſchaft-<lb/> licher Hinſicht eine beſondere Betrachtung nicht geſtatten.</p> </div><lb/> <div n="9"> <head>§. 242.</head><lb/> <p>Nun zu den <hi rendition="#g">Abnormitaͤten in Wahrnehmun-<lb/> gen aͤußerer Gegenſtaͤnde</hi>, wohin wir zuvoͤrderſt die<lb/><hi rendition="#g">erhoͤhte Reitzbarkeit</hi> fuͤr gewoͤhnliche Sinneseindruͤcke<lb/> rechnen <note place="foot" n="**)">Die habituellen Schmerzen, an welchen reitzbare Kranke gewoͤhnlich<lb/> leiden, uͤbergehen wir hier, in wiefern ſie gewoͤhnlich an oͤrtliche<lb/> Verbildungen, Entzuͤndungen u. ſ. w. geknuͤpft ſind.</note>. — Wenn aber der regelmaͤßige Stand ſinnlicher<lb/> Wahrnehmung abhaͤngt von einer gleichmaͤßigen Durchdrin-<lb/> gung der Außenwelt und der Individualitaͤt, ſo iſt offenbar<lb/> eine zu große Reitzbarkeit der Sinne gewiſſermaſſen anzuſehen<lb/> als ein Verlieren an das Aeußere, womit das ſtufenweiſe<lb/> Abnehmen der Selbſtſtaͤndigkeit und kraͤftigen Gegenwirkung,<lb/> beym Zunehmen der Reitzbarkeit, endlich aber das ſo bedeu-<lb/> tende Erſchlaffen individueller Thaͤtigkeit, daß ſelbſt die Re-<lb/> ceptivitaͤt gelaͤhmt wird, uͤbereinſtimmt. Wir bemerken da-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0203]
Kranken zeigen ein gedunſenes ſchlaffes Anſehen, ihr Auge
ſtarrt geiſtlos gerade aus, ſie ſitzen wohl ſtundenlang, ohne
eine beſtimmte willkuͤhrlich geregelte Gedankenreihe zu verfol-
gen, Nichts regt ihre Theilnahme beſonders an, und ſelbſt
die leiblichen Verrichtungen gehen traͤge und unvollkommen
von Statten. Der Bloͤdſinn ſelbſt iſt der hoͤhere Grad
dieſer Apathie, und die Erſcheinungen deſſelben beduͤrfen
hier keiner naͤhern Beſchreibung. — Dagegen waͤre noch
von den gewoͤhnlich ſchnell voruͤbergehenden Abſpannungen
des Selbſtgefuͤhls, welche als leichte oder ſtarke Ohnmacht
(Lipothymia und Syncope) erſcheinen, zu ſprechen, allein
dieſe, obwohl ſie in den Entwicklungsjahren haͤufig genug
vorkommen, ſind ſo gaͤnzlich die aͤußern Symptome koͤrper-
licher Krankheit, und vorzuͤglich von krankhaften Zuſtaͤnden
des Gefaͤßſyſtems, daß, wenn ſie auch zuweilen faſt allein
das Krankſeyn bezeichnen *), dieſelben doch in wiſſenſchaft-
licher Hinſicht eine beſondere Betrachtung nicht geſtatten.
§. 242.
Nun zu den Abnormitaͤten in Wahrnehmun-
gen aͤußerer Gegenſtaͤnde, wohin wir zuvoͤrderſt die
erhoͤhte Reitzbarkeit fuͤr gewoͤhnliche Sinneseindruͤcke
rechnen **). — Wenn aber der regelmaͤßige Stand ſinnlicher
Wahrnehmung abhaͤngt von einer gleichmaͤßigen Durchdrin-
gung der Außenwelt und der Individualitaͤt, ſo iſt offenbar
eine zu große Reitzbarkeit der Sinne gewiſſermaſſen anzuſehen
als ein Verlieren an das Aeußere, womit das ſtufenweiſe
Abnehmen der Selbſtſtaͤndigkeit und kraͤftigen Gegenwirkung,
beym Zunehmen der Reitzbarkeit, endlich aber das ſo bedeu-
tende Erſchlaffen individueller Thaͤtigkeit, daß ſelbſt die Re-
ceptivitaͤt gelaͤhmt wird, uͤbereinſtimmt. Wir bemerken da-
*) So die mit Kraͤmpfen verbundenen Ohnmachten der Prinzeſſin
Lamballe, welche H. Oſiauder a. a. O. 1r Thl. S. 190 nach
Saifert erzaͤhlt.
**) Die habituellen Schmerzen, an welchen reitzbare Kranke gewoͤhnlich
leiden, uͤbergehen wir hier, in wiefern ſie gewoͤhnlich an oͤrtliche
Verbildungen, Entzuͤndungen u. ſ. w. geknuͤpft ſind.
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