eben so nachtheilig werde, als eine zu lang verschobene oder widernatürlich gänzlich verschmähte oder versagte.
§. 131.
Viel endlich liegt für die Gesundheit der Frau in der Wahl des Gatten selbst. Die Natur fordert eine gewisse Gleichartigkeit (d. i. eine gleiche Entwicklung der Geschlechts- individualität) unter zwei sich verbindenden Gatten, und be- deutende Ungleichheit unter beyden kann selbst durch Miß- verhältniß der geschlechtlichen Organisation den Zweck der Verbindung ganz unerreicht lassen *), weßhalb denn auch eine Berathung ärztlicher Personen bey Schließung ehelicher Verbindung wenigstens als wünschenswerth anempfohlen wer- den muß. -- In dieser Vereinigung selbst wird früher erhal- tene Sittenreinheit am sichersten die Mysterien des Geschlechts gegen Entweihung schützen; denn obschon der häufigere Ge- schlechtsgenuß dem weiblichen Körper im Allgemeinen wohl minder als dem männlichen nachtheilig ist, so entwürdigt er doch im Uebermaaß den Zweck der Verbindung eben so sehr, als er physisch selbst dem Vermögen zu empfangen nachthei- lig und der Entstehung organischer Krankheiten der Geburts- theile günstig ist. -- Zur Zeit der Menstruation **) sowohl als in der Zeit des Wochenbettes ist der Geschlechtsgenuß widernatürlich und folglich schädlich, zur Zeit der Schwan- gerschaft und Stillung wenigstens nicht naturgemäß.
§. 132.
Was die Zeit des aufhörenden Monathsflußes, die so- genannten klimakterischen Jahre betrifft, so müssen hier ähn- liche Vorsichtsmaaßregeln als bey der Evolution der Men- struation (§. 130.) beobachtet, heftig reitzende Speisen und Getränke vermieden, namentlich aber häufige Aufregungen der Nerven der Geschlechtsorgane verhütet werden, damit
*) S. einige Beyspi[e]le dieser Art in Stark's neuem Archiv für Ge- burtshülfe. Bd. I. S. 376 u. 387.
**) Bekannt ist, daß man in den Ausschweifungen zwischen Europäern und Indianerinnen zur Zeit der Menstruation selbst die Quelle der Syphilis finden wollte.
eben ſo nachtheilig werde, als eine zu lang verſchobene oder widernatuͤrlich gaͤnzlich verſchmaͤhte oder verſagte.
§. 131.
Viel endlich liegt fuͤr die Geſundheit der Frau in der Wahl des Gatten ſelbſt. Die Natur fordert eine gewiſſe Gleichartigkeit (d. i. eine gleiche Entwicklung der Geſchlechts- individualitaͤt) unter zwei ſich verbindenden Gatten, und be- deutende Ungleichheit unter beyden kann ſelbſt durch Miß- verhaͤltniß der geſchlechtlichen Organiſation den Zweck der Verbindung ganz unerreicht laſſen *), weßhalb denn auch eine Berathung aͤrztlicher Perſonen bey Schließung ehelicher Verbindung wenigſtens als wuͤnſchenswerth anempfohlen wer- den muß. — In dieſer Vereinigung ſelbſt wird fruͤher erhal- tene Sittenreinheit am ſicherſten die Myſterien des Geſchlechts gegen Entweihung ſchuͤtzen; denn obſchon der haͤufigere Ge- ſchlechtsgenuß dem weiblichen Koͤrper im Allgemeinen wohl minder als dem maͤnnlichen nachtheilig iſt, ſo entwuͤrdigt er doch im Uebermaaß den Zweck der Verbindung eben ſo ſehr, als er phyſiſch ſelbſt dem Vermoͤgen zu empfangen nachthei- lig und der Entſtehung organiſcher Krankheiten der Geburts- theile guͤnſtig iſt. — Zur Zeit der Menſtruation **) ſowohl als in der Zeit des Wochenbettes iſt der Geſchlechtsgenuß widernatuͤrlich und folglich ſchaͤdlich, zur Zeit der Schwan- gerſchaft und Stillung wenigſtens nicht naturgemaͤß.
§. 132.
Was die Zeit des aufhoͤrenden Monathsflußes, die ſo- genannten klimakteriſchen Jahre betrifft, ſo muͤſſen hier aͤhn- liche Vorſichtsmaaßregeln als bey der Evolution der Men- ſtruation (§. 130.) beobachtet, heftig reitzende Speiſen und Getraͤnke vermieden, namentlich aber haͤufige Aufregungen der Nerven der Geſchlechtsorgane verhuͤtet werden, damit
*) S. einige Beyſpi[e]le dieſer Art in Stark’s neuem Archiv fuͤr Ge- burtshuͤlfe. Bd. I. S. 376 u. 387.
**) Bekannt iſt, daß man in den Ausſchweifungen zwiſchen Europaͤern und Indianerinnen zur Zeit der Menſtruation ſelbſt die Quelle der Syphilis finden wollte.
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eben ſo nachtheilig werde, als eine zu lang verſchobene oder
widernatuͤrlich gaͤnzlich verſchmaͤhte oder verſagte.
§. 131.
Viel endlich liegt fuͤr die Geſundheit der Frau in der
Wahl des Gatten ſelbſt. Die Natur fordert eine gewiſſe
Gleichartigkeit (d. i. eine gleiche Entwicklung der Geſchlechts-
individualitaͤt) unter zwei ſich verbindenden Gatten, und be-
deutende Ungleichheit unter beyden kann ſelbſt durch Miß-
verhaͤltniß der geſchlechtlichen Organiſation den Zweck der
Verbindung ganz unerreicht laſſen *), weßhalb denn auch
eine Berathung aͤrztlicher Perſonen bey Schließung ehelicher
Verbindung wenigſtens als wuͤnſchenswerth anempfohlen wer-
den muß. — In dieſer Vereinigung ſelbſt wird fruͤher erhal-
tene Sittenreinheit am ſicherſten die Myſterien des Geſchlechts
gegen Entweihung ſchuͤtzen; denn obſchon der haͤufigere Ge-
ſchlechtsgenuß dem weiblichen Koͤrper im Allgemeinen wohl
minder als dem maͤnnlichen nachtheilig iſt, ſo entwuͤrdigt er
doch im Uebermaaß den Zweck der Verbindung eben ſo ſehr,
als er phyſiſch ſelbſt dem Vermoͤgen zu empfangen nachthei-
lig und der Entſtehung organiſcher Krankheiten der Geburts-
theile guͤnſtig iſt. — Zur Zeit der Menſtruation **) ſowohl
als in der Zeit des Wochenbettes iſt der Geſchlechtsgenuß
widernatuͤrlich und folglich ſchaͤdlich, zur Zeit der Schwan-
gerſchaft und Stillung wenigſtens nicht naturgemaͤß.
§. 132.
Was die Zeit des aufhoͤrenden Monathsflußes, die ſo-
genannten klimakteriſchen Jahre betrifft, ſo muͤſſen hier aͤhn-
liche Vorſichtsmaaßregeln als bey der Evolution der Men-
ſtruation (§. 130.) beobachtet, heftig reitzende Speiſen und
Getraͤnke vermieden, namentlich aber haͤufige Aufregungen
der Nerven der Geſchlechtsorgane verhuͤtet werden, damit
*) S. einige Beyſpiele dieſer Art in Stark’s neuem Archiv fuͤr Ge-
burtshuͤlfe. Bd. I. S. 376 u. 387.
**) Bekannt iſt, daß man in den Ausſchweifungen zwiſchen Europaͤern
und Indianerinnen zur Zeit der Menſtruation ſelbſt die Quelle der
Syphilis finden wollte.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/120>, abgerufen am 16.02.2025.
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