nicht mehr als dreyßig Stücke hatten, und wegen Mangels der Lebens- mittel, und sonderlich des Futters, in äußerster Noth waren, treiben die Jeng-itscheri tapfer zurück, und nöthigen dieselben, sich nach großem Ver- luste in ihre Linien zurück zu ziehen.
44.
Nachdem man solchergestalt drey Tage lang mit zweifelhaftemEs zeiget sich große Hoffnung zum Frieden. Erfolge gefochten hatte: so schimmerte endlich am vierten Tage, gegen alles Verhoffen und Erwarten, mitten unter den stürmenden Waffen plötzlich der Friede hervor. Dieser wurde von den Türken desto williger ange- nommen, weil ihr Lager mit den Klagen der Soldaten angefüllet war, und die Jeng-itscheri, die entronnen waren, sich weigerten, noch einmal einen Angriff zu thun, darinnen sie so großen Verlust erlitten und sich in der augenscheinlichsten Gefahr befunden hatten.
45.
Diesen friedfertigen Rathschlägen setzte sich zwar der König vonDer König von Schweden be- mühet sich ver- gebens, densel- ben zu stören. Schweden entgegen, der Tages zuvor von Bender in dem türkischen Lager angekommen war, und seine äußersten Bemühungen anwendete, den Frieden zu hintertreiben. Er wurde aber von dem Weßire abgewiesen, als der mehr auf das Beste der Osmanen sahe, als auf des Königes seines.
46.
Als man wegen der Friedensbedingungen überein gekommen war:Es werden Ab- gesandten abge- schicket, die Friedensbedin- gungen bestäti- gen zu lassen. so schickte der Zar den Baron Peter von Schafirow, Vicekanzler des russischen Reichs, und Michael Borisowitsch Scheremetew, Hauptmann von der Leib- wache, als außerordentliche Abgesandten nach Constantinopel, den Frieden bestätigen zu lassen.
47.
Nachdem diese in das türkische Lager gesendet worden waren: soDer Zar kehret mit seinem Hee- re zurück. brach der Zar am folgenden Tage mit seinem Heere nach Mohilow auf, ging daselbst über den Dnjester, und kehrete durch Polen in seine Hauptstadt Pe- tersburg zurück.
48.
Zum Beschlusse dieser Erzählung wird es nicht undienlich seyn,Heldenmäßige Rede Peters des Großen. die heldenmäßige Rede Peters des Großen, Kaisers von Rußland, hier beyzufügen, die werth ist, daß sie von allen christlichen Fürsten nachgeah- met werde. Nämlich, als Gesandten abgeschicket wurden, mit den Türken einen Frieden zu schließen: so war die erste Forderung des Weßirs, daß Kantemir, der aufrührische Fürst von Moldau, ihm ausgeliefert werden sollte. Nachdem die Abgesandten ihm dieses Begehren hinterbrachten,
und
5 E
23. Aehmed der III
nicht mehr als dreyßig Stuͤcke hatten, und wegen Mangels der Lebens- mittel, und ſonderlich des Futters, in aͤußerſter Noth waren, treiben die Jeng-itſcheri tapfer zuruͤck, und noͤthigen dieſelben, ſich nach großem Ver- luſte in ihre Linien zuruͤck zu ziehen.
44.
Nachdem man ſolchergeſtalt drey Tage lang mit zweifelhaftemEs zeiget ſich große Hoffnung zum Frieden. Erfolge gefochten hatte: ſo ſchimmerte endlich am vierten Tage, gegen alles Verhoffen und Erwarten, mitten unter den ſtuͤrmenden Waffen ploͤtzlich der Friede hervor. Dieſer wurde von den Tuͤrken deſto williger ange- nommen, weil ihr Lager mit den Klagen der Soldaten angefuͤllet war, und die Jeng-itſcheri, die entronnen waren, ſich weigerten, noch einmal einen Angriff zu thun, darinnen ſie ſo großen Verluſt erlitten und ſich in der augenſcheinlichſten Gefahr befunden hatten.
45.
Dieſen friedfertigen Rathſchlaͤgen ſetzte ſich zwar der Koͤnig vonDer Koͤnig von Schweden be- muͤhet ſich ver- gebens, denſel- ben zu ſtoͤren. Schweden entgegen, der Tages zuvor von Bender in dem tuͤrkiſchen Lager angekommen war, und ſeine aͤußerſten Bemuͤhungen anwendete, den Frieden zu hintertreiben. Er wurde aber von dem Weßire abgewieſen, als der mehr auf das Beſte der Osmanen ſahe, als auf des Koͤniges ſeines.
46.
Als man wegen der Friedensbedingungen uͤberein gekommen war:Es werden Ab- geſandten abge- ſchicket, die Friedensbedin- gungen beſtaͤti- gen zu laſſen. ſo ſchickte der Zar den Baron Peter von Schafirow, Vicekanzler des ruſſiſchen Reichs, und Michael Boriſowitſch Scheremetew, Hauptmann von der Leib- wache, als außerordentliche Abgeſandten nach Conſtantinopel, den Frieden beſtaͤtigen zu laſſen.
47.
Nachdem dieſe in das tuͤrkiſche Lager geſendet worden waren: ſoDer Zar kehret mit ſeinem Hee- re zuruͤck. brach der Zar am folgenden Tage mit ſeinem Heere nach Mohilow auf, ging daſelbſt uͤber den Dnjeſter, und kehrete durch Polen in ſeine Hauptſtadt Pe- tersburg zuruͤck.
48.
Zum Beſchluſſe dieſer Erzaͤhlung wird es nicht undienlich ſeyn,Heldenmaͤßige Rede Peters des Großen. die heldenmaͤßige Rede Peters des Großen, Kaiſers von Rußland, hier beyzufuͤgen, die werth iſt, daß ſie von allen chriſtlichen Fuͤrſten nachgeah- met werde. Naͤmlich, als Geſandten abgeſchicket wurden, mit den Tuͤrken einen Frieden zu ſchließen: ſo war die erſte Forderung des Weßirs, daß Kantemir, der aufruͤhriſche Fuͤrſt von Moldau, ihm ausgeliefert werden ſollte. Nachdem die Abgeſandten ihm dieſes Begehren hinterbrachten,
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23. Aehmed der III
nicht mehr als dreyßig Stuͤcke hatten, und wegen Mangels der Lebens-
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Jeng-itſcheri tapfer zuruͤck, und noͤthigen dieſelben, ſich nach großem Ver-
luſte in ihre Linien zuruͤck zu ziehen.
44. Nachdem man ſolchergeſtalt drey Tage lang mit zweifelhaftem
Erfolge gefochten hatte: ſo ſchimmerte endlich am vierten Tage, gegen alles
Verhoffen und Erwarten, mitten unter den ſtuͤrmenden Waffen ploͤtzlich
der Friede hervor. Dieſer wurde von den Tuͤrken deſto williger ange-
nommen, weil ihr Lager mit den Klagen der Soldaten angefuͤllet war,
und die Jeng-itſcheri, die entronnen waren, ſich weigerten, noch einmal
einen Angriff zu thun, darinnen ſie ſo großen Verluſt erlitten und ſich in der
augenſcheinlichſten Gefahr befunden hatten.
Es zeiget ſich
große Hoffnung
zum Frieden.
45. Dieſen friedfertigen Rathſchlaͤgen ſetzte ſich zwar der Koͤnig von
Schweden entgegen, der Tages zuvor von Bender in dem tuͤrkiſchen Lager
angekommen war, und ſeine aͤußerſten Bemuͤhungen anwendete, den Frieden
zu hintertreiben. Er wurde aber von dem Weßire abgewieſen, als der mehr
auf das Beſte der Osmanen ſahe, als auf des Koͤniges ſeines.
Der Koͤnig von
Schweden be-
muͤhet ſich ver-
gebens, denſel-
ben zu ſtoͤren.
46. Als man wegen der Friedensbedingungen uͤberein gekommen war:
ſo ſchickte der Zar den Baron Peter von Schafirow, Vicekanzler des ruſſiſchen
Reichs, und Michael Boriſowitſch Scheremetew, Hauptmann von der Leib-
wache, als außerordentliche Abgeſandten nach Conſtantinopel, den Frieden
beſtaͤtigen zu laſſen.
Es werden Ab-
geſandten abge-
ſchicket, die
Friedensbedin-
gungen beſtaͤti-
gen zu laſſen.
47. Nachdem dieſe in das tuͤrkiſche Lager geſendet worden waren: ſo
brach der Zar am folgenden Tage mit ſeinem Heere nach Mohilow auf, ging
daſelbſt uͤber den Dnjeſter, und kehrete durch Polen in ſeine Hauptſtadt Pe-
tersburg zuruͤck.
Der Zar kehret
mit ſeinem Hee-
re zuruͤck.
48. Zum Beſchluſſe dieſer Erzaͤhlung wird es nicht undienlich ſeyn,
die heldenmaͤßige Rede Peters des Großen, Kaiſers von Rußland, hier
beyzufuͤgen, die werth iſt, daß ſie von allen chriſtlichen Fuͤrſten nachgeah-
met werde. Naͤmlich, als Geſandten abgeſchicket wurden, mit den Tuͤrken
einen Frieden zu ſchließen: ſo war die erſte Forderung des Weßirs, daß
Kantemir, der aufruͤhriſche Fuͤrſt von Moldau, ihm ausgeliefert werden
ſollte. Nachdem die Abgeſandten ihm dieſes Begehren hinterbrachten,
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Heldenmaͤßige
Rede Peters des
Großen.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 769. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/883>, abgerufen am 22.11.2024.
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