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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
"Sultan euch höchlich verbinden, und das Andenken eurer geleisteten Dienste
"den Beherrschern des osmanischen Stats auf ewig theuer und werth ma-
"chen werdet."

Die Vermit-
teler des Frie-
dens sprechen et-
was deutlichervon demselben.
78.

Durch diese Kunstgriffe Maurocordatus wurden sowol die Türken
als die Christen verleitet, ein wenig offenbarer von dem Friedensgeschäffte zu
sprechen. Es glaubten auch beyde Theile, dieses ohne die mindeste Benachthei-
ligung der Ehre ihrer Herren thun zu können; weil sie alle beyde von Mauro-
[Spaltenumbruch]

33 Feriole] So lange der Herr von
Chateauneuf Abgesandter von Frankreich zu
Constantinopel war: so folgete dieser Feriole
dem türkischen Lager, um zwischen dem fran-
zösischen Hofe und dem Weßire einen gehei-
men Briefwechsel zu unterhalten. Als aber
Chateauneuf zurück berufen wurde: so wurde
er an dessen Stelle zum Abgesandten ernennet,
weil man von ihm glaubete, er habe durch
lange Erfahrung sich eine vollkommene Er-
kenntniß der Sitten und Gewohnheiten des
osmanischen Hofes zuwege gebracht. Allein,
er führete sich bey diesem Amte ganz anders
auf, als seine Freunde von ihm erwartet hat-
ten: denn entweder sein Hochmuth und na-
türlicher Eigensinn, oder die verrätherischen
Anschläge einiger Personen, die er für seine
Freunde hielte, verleiteten ihn dahin, daß er
nicht allein sich dem osmanischen Hofe in vie-
len Stücken widersetzte; sondern auch verschie-
dene Dinge verlangte, die zuvor keinem Ab-
gesandten iemals zugestanden worden und
den Gebräuchen dieses Hofes entgegen waren.
Gleich bey dem ersten Anfange seiner Gesandt-
schaft, als er, der Gewohnheit nach, sein er-
stes Gehör bey dem Sultane haben sollte, kam
derselbe in das innere Gemach mit dem Degen
an der Seite. Maurocordatus, der als
Oberhofdolmetscher bey dieser Feierlichkeit zu-
gegen war, erinnerte ihn auf freundliche Weise,
den Degen abzulegen; denn es sey ein alter
Gebrauch an dem osmanischen Hofe, daß
[Spaltenumbruch]
man keinem Menschen gestatte, bewaffnet
vor den Sultan zu kommen: bekam aber von
demselben die kühne Antwort; er habe seinen
Degen von seinem Könige bekommen, und
wolle ihn vor keinem Menschen ablegen. Als
der Sultan hievon Nachricht erhält: so
lässet er Feriole den Befehl wissen, seinen De-
gen abzulegen; und im Falle, daß er sich des-
sen weigerte, befahl derselbe, daß man ihn
zur Thüre hinaus werfen sollte. Kapudschi
Baschi vollstrecken auch diesen Befehl, und
stoßen Feriole derb zurücke, als er zu dem
Sultane hinein treten will. Nachdem der
Abgesandte solchergestalt abgetrieben ist: so
lässet er im heftigen Zorne seine Dolmetscher
die Kaftane ausziehen, die sie, der Gewohn-
heit zufolge, in dem äußern Hofe angeleget
hatten, tritt auf denselben mit Füßen herum,
und gehet zu dem Palaste hinaus. Als dem
Sultane dieses hinterbracht wird: so lässet er
alle die Geschenke, die der Abgesandte mitge-
bracht hatte, demselben wieder zustellen (wie
er dann auch dieses ausdrücklich begehrete,
und vorgab, sie wären ihm nicht von dem
Könige, seinem Herrn, zugeschicket worden;
sondern er hätte sie selbst gekaufet), und
wollte ihn hierauf niemals vor sich lassen,
sonderlich, da er sich beständig weigerte, ohne
Degen zu erscheinen. Der Hof nahm diese
Aufführung sehr übel auf; und dennoch war
die Schuld davon nicht sowol Feriole, als
dessen Vorweser, Chateauneuf, beyzumessen.

corda-

Osmaniſche Geſchichte
“Sultan euch hoͤchlich verbinden, und das Andenken eurer geleiſteten Dienſte
“den Beherrſchern des osmaniſchen Stats auf ewig theuer und werth ma-
“chen werdet.„

Die Vermit-
teler des Frie-
dens ſprechen et-
was deutlichervon demſelben.
78.

Durch dieſe Kunſtgriffe Maurocordatus wurden ſowol die Tuͤrken
als die Chriſten verleitet, ein wenig offenbarer von dem Friedensgeſchaͤffte zu
ſprechen. Es glaubten auch beyde Theile, dieſes ohne die mindeſte Benachthei-
ligung der Ehre ihrer Herren thun zu koͤnnen; weil ſie alle beyde von Mauro-
[Spaltenumbruch]

33 Feriole] So lange der Herr von
Chateauneuf Abgeſandter von Frankreich zu
Conſtantinopel war: ſo folgete dieſer Feriole
dem tuͤrkiſchen Lager, um zwiſchen dem fran-
zoͤſiſchen Hofe und dem Weßire einen gehei-
men Briefwechſel zu unterhalten. Als aber
Chateauneuf zuruͤck berufen wurde: ſo wurde
er an deſſen Stelle zum Abgeſandten ernennet,
weil man von ihm glaubete, er habe durch
lange Erfahrung ſich eine vollkommene Er-
kenntniß der Sitten und Gewohnheiten des
osmaniſchen Hofes zuwege gebracht. Allein,
er fuͤhrete ſich bey dieſem Amte ganz anders
auf, als ſeine Freunde von ihm erwartet hat-
ten: denn entweder ſein Hochmuth und na-
tuͤrlicher Eigenſinn, oder die verraͤtheriſchen
Anſchlaͤge einiger Perſonen, die er fuͤr ſeine
Freunde hielte, verleiteten ihn dahin, daß er
nicht allein ſich dem osmaniſchen Hofe in vie-
len Stuͤcken widerſetzte; ſondern auch verſchie-
dene Dinge verlangte, die zuvor keinem Ab-
geſandten iemals zugeſtanden worden und
den Gebraͤuchen dieſes Hofes entgegen waren.
Gleich bey dem erſten Anfange ſeiner Geſandt-
ſchaft, als er, der Gewohnheit nach, ſein er-
ſtes Gehoͤr bey dem Sultane haben ſollte, kam
derſelbe in das innere Gemach mit dem Degen
an der Seite. Maurocordatus, der als
Oberhofdolmetſcher bey dieſer Feierlichkeit zu-
gegen war, erinnerte ihn auf freundliche Weiſe,
den Degen abzulegen; denn es ſey ein alter
Gebrauch an dem osmaniſchen Hofe, daß
[Spaltenumbruch]
man keinem Menſchen geſtatte, bewaffnet
vor den Sultan zu kommen: bekam aber von
demſelben die kuͤhne Antwort; er habe ſeinen
Degen von ſeinem Koͤnige bekommen, und
wolle ihn vor keinem Menſchen ablegen. Als
der Sultan hievon Nachricht erhaͤlt: ſo
laͤſſet er Feriole den Befehl wiſſen, ſeinen De-
gen abzulegen; und im Falle, daß er ſich deſ-
ſen weigerte, befahl derſelbe, daß man ihn
zur Thuͤre hinaus werfen ſollte. Kapudſchi
Baſchi vollſtrecken auch dieſen Befehl, und
ſtoßen Feriole derb zuruͤcke, als er zu dem
Sultane hinein treten will. Nachdem der
Abgeſandte ſolchergeſtalt abgetrieben iſt: ſo
laͤſſet er im heftigen Zorne ſeine Dolmetſcher
die Kaftane ausziehen, die ſie, der Gewohn-
heit zufolge, in dem aͤußern Hofe angeleget
hatten, tritt auf denſelben mit Fuͤßen herum,
und gehet zu dem Palaſte hinaus. Als dem
Sultane dieſes hinterbracht wird: ſo laͤſſet er
alle die Geſchenke, die der Abgeſandte mitge-
bracht hatte, demſelben wieder zuſtellen (wie
er dann auch dieſes ausdruͤcklich begehrete,
und vorgab, ſie waͤren ihm nicht von dem
Koͤnige, ſeinem Herrn, zugeſchicket worden;
ſondern er haͤtte ſie ſelbſt gekaufet), und
wollte ihn hierauf niemals vor ſich laſſen,
ſonderlich, da er ſich beſtaͤndig weigerte, ohne
Degen zu erſcheinen. Der Hof nahm dieſe
Auffuͤhrung ſehr uͤbel auf; und dennoch war
die Schuld davon nicht ſowol Feriole, als
deſſen Vorweſer, Chateauneuf, beyzumeſſen.

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[710/0824] Osmaniſche Geſchichte “Sultan euch hoͤchlich verbinden, und das Andenken eurer geleiſteten Dienſte “den Beherrſchern des osmaniſchen Stats auf ewig theuer und werth ma- “chen werdet.„ 78. Durch dieſe Kunſtgriffe Maurocordatus wurden ſowol die Tuͤrken als die Chriſten verleitet, ein wenig offenbarer von dem Friedensgeſchaͤffte zu ſprechen. Es glaubten auch beyde Theile, dieſes ohne die mindeſte Benachthei- ligung der Ehre ihrer Herren thun zu koͤnnen; weil ſie alle beyde von Mauro- corda- ³³ Feriole] So lange der Herr von Chateauneuf Abgeſandter von Frankreich zu Conſtantinopel war: ſo folgete dieſer Feriole dem tuͤrkiſchen Lager, um zwiſchen dem fran- zoͤſiſchen Hofe und dem Weßire einen gehei- men Briefwechſel zu unterhalten. Als aber Chateauneuf zuruͤck berufen wurde: ſo wurde er an deſſen Stelle zum Abgeſandten ernennet, weil man von ihm glaubete, er habe durch lange Erfahrung ſich eine vollkommene Er- kenntniß der Sitten und Gewohnheiten des osmaniſchen Hofes zuwege gebracht. Allein, er fuͤhrete ſich bey dieſem Amte ganz anders auf, als ſeine Freunde von ihm erwartet hat- ten: denn entweder ſein Hochmuth und na- tuͤrlicher Eigenſinn, oder die verraͤtheriſchen Anſchlaͤge einiger Perſonen, die er fuͤr ſeine Freunde hielte, verleiteten ihn dahin, daß er nicht allein ſich dem osmaniſchen Hofe in vie- len Stuͤcken widerſetzte; ſondern auch verſchie- dene Dinge verlangte, die zuvor keinem Ab- geſandten iemals zugeſtanden worden und den Gebraͤuchen dieſes Hofes entgegen waren. Gleich bey dem erſten Anfange ſeiner Geſandt- ſchaft, als er, der Gewohnheit nach, ſein er- ſtes Gehoͤr bey dem Sultane haben ſollte, kam derſelbe in das innere Gemach mit dem Degen an der Seite. Maurocordatus, der als Oberhofdolmetſcher bey dieſer Feierlichkeit zu- gegen war, erinnerte ihn auf freundliche Weiſe, den Degen abzulegen; denn es ſey ein alter Gebrauch an dem osmaniſchen Hofe, daß man keinem Menſchen geſtatte, bewaffnet vor den Sultan zu kommen: bekam aber von demſelben die kuͤhne Antwort; er habe ſeinen Degen von ſeinem Koͤnige bekommen, und wolle ihn vor keinem Menſchen ablegen. Als der Sultan hievon Nachricht erhaͤlt: ſo laͤſſet er Feriole den Befehl wiſſen, ſeinen De- gen abzulegen; und im Falle, daß er ſich deſ- ſen weigerte, befahl derſelbe, daß man ihn zur Thuͤre hinaus werfen ſollte. Kapudſchi Baſchi vollſtrecken auch dieſen Befehl, und ſtoßen Feriole derb zuruͤcke, als er zu dem Sultane hinein treten will. Nachdem der Abgeſandte ſolchergeſtalt abgetrieben iſt: ſo laͤſſet er im heftigen Zorne ſeine Dolmetſcher die Kaftane ausziehen, die ſie, der Gewohn- heit zufolge, in dem aͤußern Hofe angeleget hatten, tritt auf denſelben mit Fuͤßen herum, und gehet zu dem Palaſte hinaus. Als dem Sultane dieſes hinterbracht wird: ſo laͤſſet er alle die Geſchenke, die der Abgeſandte mitge- bracht hatte, demſelben wieder zuſtellen (wie er dann auch dieſes ausdruͤcklich begehrete, und vorgab, ſie waͤren ihm nicht von dem Koͤnige, ſeinem Herrn, zugeſchicket worden; ſondern er haͤtte ſie ſelbſt gekaufet), und wollte ihn hierauf niemals vor ſich laſſen, ſonderlich, da er ſich beſtaͤndig weigerte, ohne Degen zu erſcheinen. Der Hof nahm dieſe Auffuͤhrung ſehr uͤbel auf; und dennoch war die Schuld davon nicht ſowol Feriole, als deſſen Vorweſer, Chateauneuf, beyzumeſſen. Die-

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/824>, abgerufen am 22.11.2024.