Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
22. Mustäfa der II
[Spaltenumbruch]
"am schweresten im Gemüthe lieget, ist die-
"ses: daß ich gegen meinen Vorsatz dazu
"geholfen habe, diesen Sturm zu vergrößern.
"Denn als ich von den heldenmüthigen Tha-
"ten unsers gegenwärtigen Weßirs zu einer
"Zeit hörete, da dessen Abwesenheit oder
"geringerer Stand seine Laster nicht bekannt
"werden ließe: so erachtete ich, euer Die-
"ner, niemanden geschickter, ihm die Ver-
"waltung der osmanischen Regierung anzu-
"vertrauen, als denselben. Weil ich nun
"wahrnahme, daß Husejn Paschas Nach-
"lässigkeit und Trunkenheit ihn untüchtig
"machten, dem State vorzustehen: so em-
"pfahl ich euch diesen Mann nachdrücklich,
"und ließ nicht nach, euch seinetwegen de-
"müthig zu bitten, bis ihr ihm die Ehren-
"zeichen des Weßiramtes beylegtet. So
"bald aber, als derselbe zu dieser hohen Stelle
"gelanget war: so ließ er an sich merken,
"wie listig er bis dahin die Bosheit seines
"Herzens unter einer scheinbaren Decke ver-
"borgen hatte, und bezeigte sich als einen
"offenbaren Feind aller derjenigen, von denen
"er glaubte, daß sie seinen unruhigen Unter-
"nehmungen eine Hinderniß in den Weg
"legen würden. Ich könnte ihm leicht ver-
"geben, wenn er sich allein gegen mich ver-
"schworen hätte: ich würde stille schweigen,
"ungeachtet derselbe, allen göttlichen und
"menschlichen Gesetzen zuwider, mich zu er-
"drosseln trachtet; wenn mein Tod aller
"der Noth, darein er das Reich zu stürzen
"bemühet ist, ein Ende machen könnte.
"Allein, ich muß reden, da ich sehe, daß
"dieser undankbare Mensch die Jeng-itscheri
"zur Empörung aufwiegelt, und den Chan
"der Tatarey in eben dieser Absicht in diese
"Stadt rufet; den mit den Feinden ge-
"machten Frieden öffentlich verwirft, und
"die Stifter desselben für Unglaubigen schilt;
"die Verträge, die mit einem Eide bestätiget
"worden, bricht; und gleich bey dem An-
"tritte seiner Ehrenämter, die ihr demselben
[Spaltenumbruch]
"verliehen habt, keinen Stein unbeweget
"lässet, um euch, allergnädigster Kaiser,
"von dem Throne zu stoßen, und alle eure
"Länder mit neuen Unruhen zu erfüllen.
"Wenn ihr diesem bevorstehenden Unglücke
"nicht eiligst entgegen gehet: so befürchte
"ich, ihr werdet hernach eure unzeitige Ge-
"lindigkeit zu spät bereuen."
Ueber der Anhörung dieser Rede des ver-
schmitzten Fäjßüllah Efendis geräth der Sul-
tan in einen heftigen Zorn und große Furcht,
und fraget denselben: auf welche Weise man
diesem Uebel vorbeugen könne? Der Müfti
antwortet: es sey kein anderes Hülfsmittel
dagegen übrig, als diesen Buben, den Urheber
aller Unruhen, aus dem Wege zu räumen,
und einen andern Weßir an seine Stelle ein-
zusetzen, der den Frieden beyzubehalten geneigt
und dem Sultane mit mehrerer Treue und
Unterthänigkeit zugethan sey; denn wann
das Haupt abgehauen worden: so würden
die übrigen Glieder sich bald zur Ruhe beque-
men, wenn sie sich auch in noch so großer
Bewegung befänden; endlich müsse Rami
Pascha, von dessen Treue und Klugheit er
bereits genugsame Proben habe, in die Raths-
versammlung gezogen werden. Der Sultan
lässet sich die Vorschläge seines ehemaligen
Lehrmeisters gar gerne gefallen, und übergiebt
demselben die ganze Sache zu seiner Ausfüh-
rung. So bald der Müfti nach Hause kommt:
so lässet er noch in derselben Nacht Rami
Pascha sagen; er möchte seine Kleider ver-
wechseln und zu ihm kommen, um sich mit
einander zu bereden, wie sie Daltaban ums
Leben bringen könnten. Nach einigen Be-
rathschlagungen werden sie schlüssig, densel-
ben auf folgende Weise zu überraschen.
Nämlich, sie wollten Daltaban zureden, daß
er Rami Pascha zum Seräskjer von Baba-
dagi machte; und der Müfti sollte dem Sul-
tane an die Hand geben, daß er unter das
Telchis, das der Weßir ihm zu dem Ende
zuschicken
22. Muſtaͤfa der II
[Spaltenumbruch]
“am ſchwereſten im Gemuͤthe lieget, iſt die-
“ſes: daß ich gegen meinen Vorſatz dazu
“geholfen habe, dieſen Sturm zu vergroͤßern.
“Denn als ich von den heldenmuͤthigen Tha-
“ten unſers gegenwaͤrtigen Weßirs zu einer
“Zeit hoͤrete, da deſſen Abweſenheit oder
“geringerer Stand ſeine Laſter nicht bekannt
“werden ließe: ſo erachtete ich, euer Die-
“ner, niemanden geſchickter, ihm die Ver-
“waltung der osmaniſchen Regierung anzu-
“vertrauen, als denſelben. Weil ich nun
“wahrnahme, daß Huſejn Paſchas Nach-
“laͤſſigkeit und Trunkenheit ihn untuͤchtig
“machten, dem State vorzuſtehen: ſo em-
“pfahl ich euch dieſen Mann nachdruͤcklich,
“und ließ nicht nach, euch ſeinetwegen de-
“muͤthig zu bitten, bis ihr ihm die Ehren-
“zeichen des Weßiramtes beylegtet. So
“bald aber, als derſelbe zu dieſer hohen Stelle
“gelanget war: ſo ließ er an ſich merken,
“wie liſtig er bis dahin die Bosheit ſeines
“Herzens unter einer ſcheinbaren Decke ver-
“borgen hatte, und bezeigte ſich als einen
“offenbaren Feind aller derjenigen, von denen
“er glaubte, daß ſie ſeinen unruhigen Unter-
“nehmungen eine Hinderniß in den Weg
“legen wuͤrden. Ich koͤnnte ihm leicht ver-
“geben, wenn er ſich allein gegen mich ver-
“ſchworen haͤtte: ich wuͤrde ſtille ſchweigen,
“ungeachtet derſelbe, allen goͤttlichen und
“menſchlichen Geſetzen zuwider, mich zu er-
“droſſeln trachtet; wenn mein Tod aller
“der Noth, darein er das Reich zu ſtuͤrzen
“bemuͤhet iſt, ein Ende machen koͤnnte.
“Allein, ich muß reden, da ich ſehe, daß
“dieſer undankbare Menſch die Jeng-itſcheri
“zur Empoͤrung aufwiegelt, und den Chan
“der Tatarey in eben dieſer Abſicht in dieſe
“Stadt rufet; den mit den Feinden ge-
“machten Frieden oͤffentlich verwirft, und
“die Stifter deſſelben fuͤr Unglaubigen ſchilt;
“die Vertraͤge, die mit einem Eide beſtaͤtiget
“worden, bricht; und gleich bey dem An-
“tritte ſeiner Ehrenaͤmter, die ihr demſelben
[Spaltenumbruch]
“verliehen habt, keinen Stein unbeweget
“laͤſſet, um euch, allergnaͤdigſter Kaiſer,
“von dem Throne zu ſtoßen, und alle eure
“Laͤnder mit neuen Unruhen zu erfuͤllen.
“Wenn ihr dieſem bevorſtehenden Ungluͤcke
“nicht eiligſt entgegen gehet: ſo befuͤrchte
“ich, ihr werdet hernach eure unzeitige Ge-
“lindigkeit zu ſpaͤt bereuen.„
Ueber der Anhoͤrung dieſer Rede des ver-
ſchmitzten Faͤjßuͤllah Efendis geraͤth der Sul-
tan in einen heftigen Zorn und große Furcht,
und fraget denſelben: auf welche Weiſe man
dieſem Uebel vorbeugen koͤnne? Der Muͤfti
antwortet: es ſey kein anderes Huͤlfsmittel
dagegen uͤbrig, als dieſen Buben, den Urheber
aller Unruhen, aus dem Wege zu raͤumen,
und einen andern Weßir an ſeine Stelle ein-
zuſetzen, der den Frieden beyzubehalten geneigt
und dem Sultane mit mehrerer Treue und
Unterthaͤnigkeit zugethan ſey; denn wann
das Haupt abgehauen worden: ſo wuͤrden
die uͤbrigen Glieder ſich bald zur Ruhe beque-
men, wenn ſie ſich auch in noch ſo großer
Bewegung befaͤnden; endlich muͤſſe Rami
Paſcha, von deſſen Treue und Klugheit er
bereits genugſame Proben habe, in die Raths-
verſammlung gezogen werden. Der Sultan
laͤſſet ſich die Vorſchlaͤge ſeines ehemaligen
Lehrmeiſters gar gerne gefallen, und uͤbergiebt
demſelben die ganze Sache zu ſeiner Ausfuͤh-
rung. So bald der Muͤfti nach Hauſe kommt:
ſo laͤſſet er noch in derſelben Nacht Rami
Paſcha ſagen; er moͤchte ſeine Kleider ver-
wechſeln und zu ihm kommen, um ſich mit
einander zu bereden, wie ſie Daltaban ums
Leben bringen koͤnnten. Nach einigen Be-
rathſchlagungen werden ſie ſchluͤſſig, denſel-
ben auf folgende Weiſe zu uͤberraſchen.
Naͤmlich, ſie wollten Daltaban zureden, daß
er Rami Paſcha zum Seraͤskjer von Baba-
dagi machte; und der Muͤfti ſollte dem Sul-
tane an die Hand geben, daß er unter das
Telchis, das der Weßir ihm zu dem Ende
zuſchicken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0817" n="703"/>
            <fw place="top" type="header">22. Mu&#x017F;ta&#x0364;fa der <hi rendition="#aq">II</hi></fw><lb/>
            <cb n="1"/><lb/>
            <note xml:id="K817" prev="#K816" place="end" next="#K818">&#x201C;am &#x017F;chwere&#x017F;ten im Gemu&#x0364;the lieget, i&#x017F;t die-<lb/>
&#x201C;&#x017F;es: daß ich gegen meinen Vor&#x017F;atz dazu<lb/>
&#x201C;geholfen habe, die&#x017F;en Sturm zu vergro&#x0364;ßern.<lb/>
&#x201C;Denn als ich von den heldenmu&#x0364;thigen Tha-<lb/>
&#x201C;ten un&#x017F;ers gegenwa&#x0364;rtigen Weßirs zu einer<lb/>
&#x201C;Zeit ho&#x0364;rete, da de&#x017F;&#x017F;en Abwe&#x017F;enheit oder<lb/>
&#x201C;geringerer Stand &#x017F;eine La&#x017F;ter nicht bekannt<lb/>
&#x201C;werden ließe: &#x017F;o erachtete ich, euer Die-<lb/>
&#x201C;ner, niemanden ge&#x017F;chickter, ihm die Ver-<lb/>
&#x201C;waltung der osmani&#x017F;chen Regierung anzu-<lb/>
&#x201C;vertrauen, als den&#x017F;elben. Weil ich nun<lb/>
&#x201C;wahrnahme, daß Hu&#x017F;ejn Pa&#x017F;chas Nach-<lb/>
&#x201C;la&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit und Trunkenheit ihn untu&#x0364;chtig<lb/>
&#x201C;machten, dem State vorzu&#x017F;tehen: &#x017F;o em-<lb/>
&#x201C;pfahl ich euch die&#x017F;en Mann nachdru&#x0364;cklich,<lb/>
&#x201C;und ließ nicht nach, euch &#x017F;einetwegen de-<lb/>
&#x201C;mu&#x0364;thig zu bitten, bis ihr ihm die Ehren-<lb/>
&#x201C;zeichen des Weßiramtes beylegtet. So<lb/>
&#x201C;bald aber, als der&#x017F;elbe zu die&#x017F;er hohen Stelle<lb/>
&#x201C;gelanget war: &#x017F;o ließ er an &#x017F;ich merken,<lb/>
&#x201C;wie li&#x017F;tig er bis dahin die Bosheit &#x017F;eines<lb/>
&#x201C;Herzens unter einer &#x017F;cheinbaren Decke ver-<lb/>
&#x201C;borgen hatte, und bezeigte &#x017F;ich als einen<lb/>
&#x201C;offenbaren Feind aller derjenigen, von denen<lb/>
&#x201C;er glaubte, daß &#x017F;ie &#x017F;einen unruhigen Unter-<lb/>
&#x201C;nehmungen eine Hinderniß in den Weg<lb/>
&#x201C;legen wu&#x0364;rden. Ich ko&#x0364;nnte ihm leicht ver-<lb/>
&#x201C;geben, wenn er &#x017F;ich allein gegen mich ver-<lb/>
&#x201C;&#x017F;chworen ha&#x0364;tte: ich wu&#x0364;rde &#x017F;tille &#x017F;chweigen,<lb/>
&#x201C;ungeachtet der&#x017F;elbe, allen go&#x0364;ttlichen und<lb/>
&#x201C;men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;etzen zuwider, mich zu er-<lb/>
&#x201C;dro&#x017F;&#x017F;eln trachtet; wenn mein Tod aller<lb/>
&#x201C;der Noth, darein er das Reich zu &#x017F;tu&#x0364;rzen<lb/>
&#x201C;bemu&#x0364;het i&#x017F;t, ein Ende machen ko&#x0364;nnte.<lb/>
&#x201C;Allein, ich muß reden, da ich &#x017F;ehe, daß<lb/>
&#x201C;die&#x017F;er undankbare Men&#x017F;ch die Jeng-it&#x017F;cheri<lb/>
&#x201C;zur Empo&#x0364;rung aufwiegelt, und den Chan<lb/>
&#x201C;der Tatarey in eben die&#x017F;er Ab&#x017F;icht in die&#x017F;e<lb/>
&#x201C;Stadt rufet; den mit den Feinden ge-<lb/>
&#x201C;machten Frieden o&#x0364;ffentlich verwirft, und<lb/>
&#x201C;die Stifter de&#x017F;&#x017F;elben fu&#x0364;r Unglaubigen &#x017F;chilt;<lb/>
&#x201C;die Vertra&#x0364;ge, die mit einem Eide be&#x017F;ta&#x0364;tiget<lb/>
&#x201C;worden, bricht; und gleich bey dem An-<lb/>
&#x201C;tritte &#x017F;einer Ehrena&#x0364;mter, die ihr dem&#x017F;elben<lb/><cb n="2"/><lb/>
&#x201C;verliehen habt, keinen Stein unbeweget<lb/>
&#x201C;la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, um euch, allergna&#x0364;dig&#x017F;ter Kai&#x017F;er,<lb/>
&#x201C;von dem Throne zu &#x017F;toßen, und alle eure<lb/>
&#x201C;La&#x0364;nder mit neuen Unruhen zu erfu&#x0364;llen.<lb/>
&#x201C;Wenn ihr die&#x017F;em bevor&#x017F;tehenden Unglu&#x0364;cke<lb/>
&#x201C;nicht eilig&#x017F;t entgegen gehet: &#x017F;o befu&#x0364;rchte<lb/>
&#x201C;ich, ihr werdet hernach eure unzeitige Ge-<lb/>
&#x201C;lindigkeit zu &#x017F;pa&#x0364;t bereuen.&#x201E;<lb/>
Ueber der Anho&#x0364;rung die&#x017F;er Rede des ver-<lb/>
&#x017F;chmitzten Fa&#x0364;jßu&#x0364;llah Efendis gera&#x0364;th der Sul-<lb/>
tan in einen heftigen Zorn und große Furcht,<lb/>
und fraget den&#x017F;elben: auf welche Wei&#x017F;e man<lb/>
die&#x017F;em Uebel vorbeugen ko&#x0364;nne? Der Mu&#x0364;fti<lb/>
antwortet: es &#x017F;ey kein anderes Hu&#x0364;lfsmittel<lb/>
dagegen u&#x0364;brig, als die&#x017F;en Buben, den Urheber<lb/>
aller Unruhen, aus dem Wege zu ra&#x0364;umen,<lb/>
und einen andern Weßir an &#x017F;eine Stelle ein-<lb/>
zu&#x017F;etzen, der den Frieden beyzubehalten geneigt<lb/>
und dem Sultane mit mehrerer Treue und<lb/>
Untertha&#x0364;nigkeit zugethan &#x017F;ey; denn wann<lb/>
das Haupt abgehauen worden: &#x017F;o wu&#x0364;rden<lb/>
die u&#x0364;brigen Glieder &#x017F;ich bald zur Ruhe beque-<lb/>
men, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich auch in noch &#x017F;o großer<lb/>
Bewegung befa&#x0364;nden; endlich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Rami<lb/>
Pa&#x017F;cha, von de&#x017F;&#x017F;en Treue und Klugheit er<lb/>
bereits genug&#x017F;ame Proben habe, in die Raths-<lb/>
ver&#x017F;ammlung gezogen werden. Der Sultan<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich die Vor&#x017F;chla&#x0364;ge &#x017F;eines ehemaligen<lb/>
Lehrmei&#x017F;ters gar gerne gefallen, und u&#x0364;bergiebt<lb/>
dem&#x017F;elben die ganze Sache zu &#x017F;einer Ausfu&#x0364;h-<lb/>
rung. So bald der Mu&#x0364;fti nach Hau&#x017F;e kommt:<lb/>
&#x017F;o la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er noch in der&#x017F;elben Nacht Rami<lb/>
Pa&#x017F;cha &#x017F;agen; er mo&#x0364;chte &#x017F;eine Kleider ver-<lb/>
wech&#x017F;eln und zu ihm kommen, um &#x017F;ich mit<lb/>
einander zu bereden, wie &#x017F;ie Daltaban ums<lb/>
Leben bringen ko&#x0364;nnten. Nach einigen Be-<lb/>
rath&#x017F;chlagungen werden &#x017F;ie &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig, den&#x017F;el-<lb/>
ben auf folgende Wei&#x017F;e zu u&#x0364;berra&#x017F;chen.<lb/>
Na&#x0364;mlich, &#x017F;ie wollten Daltaban zureden, daß<lb/>
er Rami Pa&#x017F;cha zum Sera&#x0364;skjer von Baba-<lb/>
dagi machte; und der Mu&#x0364;fti &#x017F;ollte dem Sul-<lb/>
tane an die Hand geben, daß er unter das<lb/>
Telchis, das der Weßir ihm zu dem Ende</note><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">zu&#x017F;chicken</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[703/0817] 22. Muſtaͤfa der II “am ſchwereſten im Gemuͤthe lieget, iſt die- “ſes: daß ich gegen meinen Vorſatz dazu “geholfen habe, dieſen Sturm zu vergroͤßern. “Denn als ich von den heldenmuͤthigen Tha- “ten unſers gegenwaͤrtigen Weßirs zu einer “Zeit hoͤrete, da deſſen Abweſenheit oder “geringerer Stand ſeine Laſter nicht bekannt “werden ließe: ſo erachtete ich, euer Die- “ner, niemanden geſchickter, ihm die Ver- “waltung der osmaniſchen Regierung anzu- “vertrauen, als denſelben. Weil ich nun “wahrnahme, daß Huſejn Paſchas Nach- “laͤſſigkeit und Trunkenheit ihn untuͤchtig “machten, dem State vorzuſtehen: ſo em- “pfahl ich euch dieſen Mann nachdruͤcklich, “und ließ nicht nach, euch ſeinetwegen de- “muͤthig zu bitten, bis ihr ihm die Ehren- “zeichen des Weßiramtes beylegtet. So “bald aber, als derſelbe zu dieſer hohen Stelle “gelanget war: ſo ließ er an ſich merken, “wie liſtig er bis dahin die Bosheit ſeines “Herzens unter einer ſcheinbaren Decke ver- “borgen hatte, und bezeigte ſich als einen “offenbaren Feind aller derjenigen, von denen “er glaubte, daß ſie ſeinen unruhigen Unter- “nehmungen eine Hinderniß in den Weg “legen wuͤrden. Ich koͤnnte ihm leicht ver- “geben, wenn er ſich allein gegen mich ver- “ſchworen haͤtte: ich wuͤrde ſtille ſchweigen, “ungeachtet derſelbe, allen goͤttlichen und “menſchlichen Geſetzen zuwider, mich zu er- “droſſeln trachtet; wenn mein Tod aller “der Noth, darein er das Reich zu ſtuͤrzen “bemuͤhet iſt, ein Ende machen koͤnnte. “Allein, ich muß reden, da ich ſehe, daß “dieſer undankbare Menſch die Jeng-itſcheri “zur Empoͤrung aufwiegelt, und den Chan “der Tatarey in eben dieſer Abſicht in dieſe “Stadt rufet; den mit den Feinden ge- “machten Frieden oͤffentlich verwirft, und “die Stifter deſſelben fuͤr Unglaubigen ſchilt; “die Vertraͤge, die mit einem Eide beſtaͤtiget “worden, bricht; und gleich bey dem An- “tritte ſeiner Ehrenaͤmter, die ihr demſelben “verliehen habt, keinen Stein unbeweget “laͤſſet, um euch, allergnaͤdigſter Kaiſer, “von dem Throne zu ſtoßen, und alle eure “Laͤnder mit neuen Unruhen zu erfuͤllen. “Wenn ihr dieſem bevorſtehenden Ungluͤcke “nicht eiligſt entgegen gehet: ſo befuͤrchte “ich, ihr werdet hernach eure unzeitige Ge- “lindigkeit zu ſpaͤt bereuen.„ Ueber der Anhoͤrung dieſer Rede des ver- ſchmitzten Faͤjßuͤllah Efendis geraͤth der Sul- tan in einen heftigen Zorn und große Furcht, und fraget denſelben: auf welche Weiſe man dieſem Uebel vorbeugen koͤnne? Der Muͤfti antwortet: es ſey kein anderes Huͤlfsmittel dagegen uͤbrig, als dieſen Buben, den Urheber aller Unruhen, aus dem Wege zu raͤumen, und einen andern Weßir an ſeine Stelle ein- zuſetzen, der den Frieden beyzubehalten geneigt und dem Sultane mit mehrerer Treue und Unterthaͤnigkeit zugethan ſey; denn wann das Haupt abgehauen worden: ſo wuͤrden die uͤbrigen Glieder ſich bald zur Ruhe beque- men, wenn ſie ſich auch in noch ſo großer Bewegung befaͤnden; endlich muͤſſe Rami Paſcha, von deſſen Treue und Klugheit er bereits genugſame Proben habe, in die Raths- verſammlung gezogen werden. Der Sultan laͤſſet ſich die Vorſchlaͤge ſeines ehemaligen Lehrmeiſters gar gerne gefallen, und uͤbergiebt demſelben die ganze Sache zu ſeiner Ausfuͤh- rung. So bald der Muͤfti nach Hauſe kommt: ſo laͤſſet er noch in derſelben Nacht Rami Paſcha ſagen; er moͤchte ſeine Kleider ver- wechſeln und zu ihm kommen, um ſich mit einander zu bereden, wie ſie Daltaban ums Leben bringen koͤnnten. Nach einigen Be- rathſchlagungen werden ſie ſchluͤſſig, denſel- ben auf folgende Weiſe zu uͤberraſchen. Naͤmlich, ſie wollten Daltaban zureden, daß er Rami Paſcha zum Seraͤskjer von Baba- dagi machte; und der Muͤfti ſollte dem Sul- tane an die Hand geben, daß er unter das Telchis, das der Weßir ihm zu dem Ende zuſchicken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/817
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/817>, abgerufen am 22.11.2024.