Pauken das Zeichen zum Aufbruche geben, und die Jeng-itscheri sammt den übrigen Truppen eben denselben Weg, den die Deutschen gekommen waren, gegen die Theiße zu nehmen. Noch an diesem ersten Tage schlug derselbe, nach einem Zuge von neun Stunden Weges, sein Lager an einem See auf, da die Deutschen gleichfalls ihr Lager gehabt hatten; denjenigen Truppen aber, die Lust hatten, ihren Weg weiter fortzusetzen, ließ er die Freyheit, dieses zu thun. Am andern Tage zog er, nachdem er Kjutschükj Dschäfer 20 Pascha mit fünf hundert auserlesenen Reitern zur Bewahrung der Brücke über den See zurück gelassen hatte, noch vor Tages weiter fort nach Senta, einem Schlosse an der Theiße, das vorher wenig bekannt war, und dieses mit solcher Behendigkeit, daß es mehr einer Flucht, als einem Zuge, ähnlich sahe.
Prinz Eugen folget den Tür- ken mit beherz-tem Muthe nach.
45.
Als Prinz Eugen, der Feldherr der Deutschen, die Tabilchane hörete: so glaubte er, es wäre das Zeichen, daß das türkische Heer sich in Schlachtordnung stellen sollte. Er hatte daher mittlerweile seine Völker gleich- falls in Schlachtordnung treten lassen, und wartete auf den Feind ohne einige Bewegung bis um Mittage. Da er aber durch ausgeschickte ungarische Par- teyen Nachricht erhielte, daß die Türken aus ihrem Lager aufgebrochen seyen und gegen Senta ziehen: so nahm er dieses für eine Flucht auf, ließ die unga- rische Reiterey voraus gehen, den schwerern und schwächern Theil seines Hee- res zurück bleiben, und folgte den Ungarn nur mit sechszehen tausend Mann nach; welches Unternehmen mehr Muth, als Klugheit, anzeigte.
Dschäfer Pascha wird von den un- garischen leicht- gerüsteten Völ-kern aufgehoben.
46.
Die Ungarn stoßen in derselben Nacht erstlich auf Kjutschükj Dschä- fer, der zur Bewahrung der Brücke über den See zurückgelassen worden war, und treffen die Türken schlafend an, als die sich nichts weniger dann des Fein- des versahen. Sie umringen also dieselben, und hauen sie allesammt darnieder; so daß von dem ganzen Haufen sonst kein einziger, als des Paschas Kämmerling, durch Hülfe der Dunkelheit, entranne. Dieser laufet ungesäumt in das türkische Lager, das bereits zu Senta eingetroffen war, und bringet dem Weßire die Nach- richt, daß das deutsche Heer ganz nahe sey, und seinen Herrn, samt aller der ihm untergebenen Mannschaft, zu Grunde gerichtet habe.
[Spaltenumbruch]
zum Treffen geben, zum Abzuge blasen, und dergleichen. Sie sind aber in diesen Sachen nicht um die Hälfte so geschickt, als die ordent- lichen Adjutanten.
20 Kjutschükj Dschäfer] Dieser ist [Spaltenumbruch] von dem vorher gedachten Kodscha Dschäfer Pascha, der nachher in der Schlacht bey Senta ums Leben kam, unterschieden. Als er von den Deutschen gefangen wurde: so gab er ih- nen eine aufrichtige Nachricht von dem Zu- stande des ganzen osmanischen Heeres, und
47. Um
Osmaniſche Geſchichte
Pauken das Zeichen zum Aufbruche geben, und die Jeng-itſcheri ſammt den uͤbrigen Truppen eben denſelben Weg, den die Deutſchen gekommen waren, gegen die Theiße zu nehmen. Noch an dieſem erſten Tage ſchlug derſelbe, nach einem Zuge von neun Stunden Weges, ſein Lager an einem See auf, da die Deutſchen gleichfalls ihr Lager gehabt hatten; denjenigen Truppen aber, die Luſt hatten, ihren Weg weiter fortzuſetzen, ließ er die Freyheit, dieſes zu thun. Am andern Tage zog er, nachdem er Kjutſchuͤkj Dſchaͤfer 20 Paſcha mit fuͤnf hundert auserleſenen Reitern zur Bewahrung der Bruͤcke uͤber den See zuruͤck gelaſſen hatte, noch vor Tages weiter fort nach Senta, einem Schloſſe an der Theiße, das vorher wenig bekannt war, und dieſes mit ſolcher Behendigkeit, daß es mehr einer Flucht, als einem Zuge, aͤhnlich ſahe.
Prinz Eugen folget den Tuͤr- ken mit beherz-tem Muthe nach.
45.
Als Prinz Eugen, der Feldherr der Deutſchen, die Tabilchane hoͤrete: ſo glaubte er, es waͤre das Zeichen, daß das tuͤrkiſche Heer ſich in Schlachtordnung ſtellen ſollte. Er hatte daher mittlerweile ſeine Voͤlker gleich- falls in Schlachtordnung treten laſſen, und wartete auf den Feind ohne einige Bewegung bis um Mittage. Da er aber durch ausgeſchickte ungariſche Par- teyen Nachricht erhielte, daß die Tuͤrken aus ihrem Lager aufgebrochen ſeyen und gegen Senta ziehen: ſo nahm er dieſes fuͤr eine Flucht auf, ließ die unga- riſche Reiterey voraus gehen, den ſchwerern und ſchwaͤchern Theil ſeines Hee- res zuruͤck bleiben, und folgte den Ungarn nur mit ſechszehen tauſend Mann nach; welches Unternehmen mehr Muth, als Klugheit, anzeigte.
Dſchaͤfer Paſcha wird von den un- gariſchen leicht- geruͤſteten Voͤl-kern aufgehoben.
46.
Die Ungarn ſtoßen in derſelben Nacht erſtlich auf Kjutſchuͤkj Dſchaͤ- fer, der zur Bewahrung der Bruͤcke uͤber den See zuruͤckgelaſſen worden war, und treffen die Tuͤrken ſchlafend an, als die ſich nichts weniger dann des Fein- des verſahen. Sie umringen alſo dieſelben, und hauen ſie alleſammt darnieder; ſo daß von dem ganzen Haufen ſonſt kein einziger, als des Paſchas Kaͤmmerling, durch Huͤlfe der Dunkelheit, entranne. Dieſer laufet ungeſaͤumt in das tuͤrkiſche Lager, das bereits zu Senta eingetroffen war, und bringet dem Weßire die Nach- richt, daß das deutſche Heer ganz nahe ſey, und ſeinen Herrn, ſamt aller der ihm untergebenen Mannſchaft, zu Grunde gerichtet habe.
[Spaltenumbruch]
zum Treffen geben, zum Abzuge blaſen, und dergleichen. Sie ſind aber in dieſen Sachen nicht um die Haͤlfte ſo geſchickt, als die ordent- lichen Adjutanten.
20 Kjutſchuͤkj Dſchaͤfer] Dieſer iſt [Spaltenumbruch] von dem vorher gedachten Kodſcha Dſchaͤfer Paſcha, der nachher in der Schlacht bey Senta ums Leben kam, unterſchieden. Als er von den Deutſchen gefangen wurde: ſo gab er ih- nen eine aufrichtige Nachricht von dem Zu- ſtande des ganzen osmaniſchen Heeres, und
47. Um
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Osmaniſche Geſchichte
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uͤbrigen Truppen eben denſelben Weg, den die Deutſchen gekommen waren,
gegen die Theiße zu nehmen. Noch an dieſem erſten Tage ſchlug derſelbe, nach
einem Zuge von neun Stunden Weges, ſein Lager an einem See auf, da die
Deutſchen gleichfalls ihr Lager gehabt hatten; denjenigen Truppen aber, die Luſt
hatten, ihren Weg weiter fortzuſetzen, ließ er die Freyheit, dieſes zu thun. Am
andern Tage zog er, nachdem er Kjutſchuͤkj Dſchaͤfer
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Paſcha mit fuͤnf hundert
auserleſenen Reitern zur Bewahrung der Bruͤcke uͤber den See zuruͤck gelaſſen
hatte, noch vor Tages weiter fort nach Senta, einem Schloſſe an der Theiße,
das vorher wenig bekannt war, und dieſes mit ſolcher Behendigkeit, daß es
mehr einer Flucht, als einem Zuge, aͤhnlich ſahe.
45. Als Prinz Eugen, der Feldherr der Deutſchen, die Tabilchane
hoͤrete: ſo glaubte er, es waͤre das Zeichen, daß das tuͤrkiſche Heer ſich in
Schlachtordnung ſtellen ſollte. Er hatte daher mittlerweile ſeine Voͤlker gleich-
falls in Schlachtordnung treten laſſen, und wartete auf den Feind ohne einige
Bewegung bis um Mittage. Da er aber durch ausgeſchickte ungariſche Par-
teyen Nachricht erhielte, daß die Tuͤrken aus ihrem Lager aufgebrochen ſeyen
und gegen Senta ziehen: ſo nahm er dieſes fuͤr eine Flucht auf, ließ die unga-
riſche Reiterey voraus gehen, den ſchwerern und ſchwaͤchern Theil ſeines Hee-
res zuruͤck bleiben, und folgte den Ungarn nur mit ſechszehen tauſend Mann
nach; welches Unternehmen mehr Muth, als Klugheit, anzeigte.
46. Die Ungarn ſtoßen in derſelben Nacht erſtlich auf Kjutſchuͤkj Dſchaͤ-
fer, der zur Bewahrung der Bruͤcke uͤber den See zuruͤckgelaſſen worden war,
und treffen die Tuͤrken ſchlafend an, als die ſich nichts weniger dann des Fein-
des verſahen. Sie umringen alſo dieſelben, und hauen ſie alleſammt darnieder;
ſo daß von dem ganzen Haufen ſonſt kein einziger, als des Paſchas Kaͤmmerling,
durch Huͤlfe der Dunkelheit, entranne. Dieſer laufet ungeſaͤumt in das tuͤrkiſche
Lager, das bereits zu Senta eingetroffen war, und bringet dem Weßire die Nach-
richt, daß das deutſche Heer ganz nahe ſey, und ſeinen Herrn, ſamt aller der
ihm untergebenen Mannſchaft, zu Grunde gerichtet habe.
47. Um
zum Treffen geben, zum Abzuge blaſen, und
dergleichen. Sie ſind aber in dieſen Sachen
nicht um die Haͤlfte ſo geſchickt, als die ordent-
lichen Adjutanten.
²⁰ Kjutſchuͤkj Dſchaͤfer] Dieſer iſt
von dem vorher gedachten Kodſcha Dſchaͤfer
Paſcha, der nachher in der Schlacht bey Senta
ums Leben kam, unterſchieden. Als er von
den Deutſchen gefangen wurde: ſo gab er ih-
nen eine aufrichtige Nachricht von dem Zu-
ſtande des ganzen osmaniſchen Heeres, und
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/794>, abgerufen am 25.11.2024.
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