erfahrne Personen aus Deutschland hatte kommen lassen, nochmals mit einem größeren und geübteren Heere einen Zug gegen Aßak, und bestürmete die Wälle desselben mit solcher Tapferkeit, daß die Besatzung, von der der russische Säbel nicht mehr als vier hundert Mann übrig gelassen hatte, am achtzehenten des Monats Ssülhidschdsche* die Festung übergab. Dem Beyspiele derselben fol- gete die Besatzung zu Luttich, Aßak gegen über gelegen, und räumete dem Zar ihre Festung unter gewissen Bedingungen ein.
Die Venetia- ner werden ge- nöthiget, die Be- lagerung von Dulcigno aufzu-heben.
25.
Mittlerweile belagerten die Venetianer Dulcigno, einen berühmten Hafen; indem derselbe der Aufenthalt der türkischen Seeräuber ist. Nun trie- ben zwar dieselben den Pascha von Arnawd, Omerbegj, mit vieler Tapferkeit von ihren Linien ab; sie wurden aber dennoch durch den muthigen Widerstand der Besatzung genöthiget, die Belagerung aufzuheben. Ja sie würden, allem Vermuthen nach, noch dazu eine ziemliche Niederlage erlitten haben; weil der Seräskjer mit seiner ganzen Macht gegen sie anrückte: wenn nicht Liberaki, den die Türken zum Fürsten von Mania bestellet hatten, seine Landesleute durch eine besondere List dahin gebracht hätte, daß sie von dem osmanischen Reiche abgefallen wären. Denn weil der Seräskjer merkte, daß durch diesen Streich seine Macht geschwächet, und der Feinde ihre verstärket worden war: so erachtete er es für rathsamer, sich zurück zu ziehen, als die Wohlfahrt des gan- zen Griechenlandes dem ungewissen Ausgange einer Schlacht zu überlassen. Die Venetianer hingegen begnügten sich damit, daß sie ihre vorigen Eroberun- gen beschützten, und nahmen nichts weiteres vor; sondern sorgten nur dafür, daß die Befestigung von Hexamilon ausgebessert wurde, um sich Morea desto besser zu versichern.
Mezzomorto machet eine neue Einrichtung bey der türkischenFlote.
26.
Zur See machte Mezzomorto Kapudan Pascha bey der Flote eine solche Einrichtung, wie es die Regeln der Schiffahrtskunst erforderten, derglei- chen Anstalten bisher bey den Türken ganz unbekannt gewesen waren. Er ge- brauchte die Vorsicht, ein Treffen zu vermeiden, darein seine Vorfahrer sich leicht einzulassen pflegten, ohne auf den Wind oder die Lage des Orts Acht zu haben, und hatte beständig ein wachsames Auge auf die Bewegungen der venetianischen Flote. Die Venetianer thaten desgleichen; und weil sie durch die Aufführung [Spaltenumbruch]
12 Jamadschi Jeng-itscheri*] Diese Benennung wird denjenigen beygeleget, die erst kürzlich unter die Jeng-itscheri sind an- [Spaltenumbruch] geworben worden, um ihre Anzahl voll zu machen; oder auch, die man aus andern Haufen in diese Schar aufgenommen hat:
des
* am sechsten Julius.
* angeflickte Jeng-itscheri.
Osmaniſche Geſchichte
erfahrne Perſonen aus Deutſchland hatte kommen laſſen, nochmals mit einem groͤßeren und geuͤbteren Heere einen Zug gegen Aßak, und beſtuͤrmete die Waͤlle deſſelben mit ſolcher Tapferkeit, daß die Beſatzung, von der der ruſſiſche Saͤbel nicht mehr als vier hundert Mann uͤbrig gelaſſen hatte, am achtzehenten des Monats Sſuͤlhidſchdſche* die Feſtung uͤbergab. Dem Beyſpiele derſelben fol- gete die Beſatzung zu Luttich, Aßak gegen uͤber gelegen, und raͤumete dem Zar ihre Feſtung unter gewiſſen Bedingungen ein.
Die Venetia- ner werden ge- noͤthiget, die Be- lagerung von Dulcigno aufzu-heben.
25.
Mittlerweile belagerten die Venetianer Dulcigno, einen beruͤhmten Hafen; indem derſelbe der Aufenthalt der tuͤrkiſchen Seeraͤuber iſt. Nun trie- ben zwar dieſelben den Paſcha von Arnawd, Omerbegj, mit vieler Tapferkeit von ihren Linien ab; ſie wurden aber dennoch durch den muthigen Widerſtand der Beſatzung genoͤthiget, die Belagerung aufzuheben. Ja ſie wuͤrden, allem Vermuthen nach, noch dazu eine ziemliche Niederlage erlitten haben; weil der Seraͤskjer mit ſeiner ganzen Macht gegen ſie anruͤckte: wenn nicht Liberaki, den die Tuͤrken zum Fuͤrſten von Mania beſtellet hatten, ſeine Landesleute durch eine beſondere Liſt dahin gebracht haͤtte, daß ſie von dem osmaniſchen Reiche abgefallen waͤren. Denn weil der Seraͤskjer merkte, daß durch dieſen Streich ſeine Macht geſchwaͤchet, und der Feinde ihre verſtaͤrket worden war: ſo erachtete er es fuͤr rathſamer, ſich zuruͤck zu ziehen, als die Wohlfahrt des gan- zen Griechenlandes dem ungewiſſen Ausgange einer Schlacht zu uͤberlaſſen. Die Venetianer hingegen begnuͤgten ſich damit, daß ſie ihre vorigen Eroberun- gen beſchuͤtzten, und nahmen nichts weiteres vor; ſondern ſorgten nur dafuͤr, daß die Befeſtigung von Hexamilon ausgebeſſert wurde, um ſich Morea deſto beſſer zu verſichern.
Mezzomorto machet eine neue Einrichtung bey der tuͤrkiſchenFlote.
26.
Zur See machte Mezzomorto Kapudan Paſcha bey der Flote eine ſolche Einrichtung, wie es die Regeln der Schiffahrtskunſt erforderten, derglei- chen Anſtalten bisher bey den Tuͤrken ganz unbekannt geweſen waren. Er ge- brauchte die Vorſicht, ein Treffen zu vermeiden, darein ſeine Vorfahrer ſich leicht einzulaſſen pflegten, ohne auf den Wind oder die Lage des Orts Acht zu haben, und hatte beſtaͤndig ein wachſames Auge auf die Bewegungen der venetianiſchen Flote. Die Venetianer thaten desgleichen; und weil ſie durch die Auffuͤhrung [Spaltenumbruch]
12 Jamadſchi Jeng-itſcheri*] Dieſe Benennung wird denjenigen beygeleget, die erſt kuͤrzlich unter die Jeng-itſcheri ſind an- [Spaltenumbruch] geworben worden, um ihre Anzahl voll zu machen; oder auch, die man aus andern Haufen in dieſe Schar aufgenommen hat:
des
* am ſechsten Julius.
* angeflickte Jeng-itſcheri.
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Osmaniſche Geſchichte
erfahrne Perſonen aus Deutſchland hatte kommen laſſen, nochmals mit einem
groͤßeren und geuͤbteren Heere einen Zug gegen Aßak, und beſtuͤrmete die Waͤlle
deſſelben mit ſolcher Tapferkeit, daß die Beſatzung, von der der ruſſiſche Saͤbel
nicht mehr als vier hundert Mann uͤbrig gelaſſen hatte, am achtzehenten des
Monats Sſuͤlhidſchdſche * die Feſtung uͤbergab. Dem Beyſpiele derſelben fol-
gete die Beſatzung zu Luttich, Aßak gegen uͤber gelegen, und raͤumete dem Zar
ihre Feſtung unter gewiſſen Bedingungen ein.
25. Mittlerweile belagerten die Venetianer Dulcigno, einen beruͤhmten
Hafen; indem derſelbe der Aufenthalt der tuͤrkiſchen Seeraͤuber iſt. Nun trie-
ben zwar dieſelben den Paſcha von Arnawd, Omerbegj, mit vieler Tapferkeit
von ihren Linien ab; ſie wurden aber dennoch durch den muthigen Widerſtand
der Beſatzung genoͤthiget, die Belagerung aufzuheben. Ja ſie wuͤrden, allem
Vermuthen nach, noch dazu eine ziemliche Niederlage erlitten haben; weil
der Seraͤskjer mit ſeiner ganzen Macht gegen ſie anruͤckte: wenn nicht Liberaki,
den die Tuͤrken zum Fuͤrſten von Mania beſtellet hatten, ſeine Landesleute
durch eine beſondere Liſt dahin gebracht haͤtte, daß ſie von dem osmaniſchen
Reiche abgefallen waͤren. Denn weil der Seraͤskjer merkte, daß durch dieſen
Streich ſeine Macht geſchwaͤchet, und der Feinde ihre verſtaͤrket worden war:
ſo erachtete er es fuͤr rathſamer, ſich zuruͤck zu ziehen, als die Wohlfahrt des gan-
zen Griechenlandes dem ungewiſſen Ausgange einer Schlacht zu uͤberlaſſen.
Die Venetianer hingegen begnuͤgten ſich damit, daß ſie ihre vorigen Eroberun-
gen beſchuͤtzten, und nahmen nichts weiteres vor; ſondern ſorgten nur dafuͤr,
daß die Befeſtigung von Hexamilon ausgebeſſert wurde, um ſich Morea deſto
beſſer zu verſichern.
26. Zur See machte Mezzomorto Kapudan Paſcha bey der Flote eine
ſolche Einrichtung, wie es die Regeln der Schiffahrtskunſt erforderten, derglei-
chen Anſtalten bisher bey den Tuͤrken ganz unbekannt geweſen waren. Er ge-
brauchte die Vorſicht, ein Treffen zu vermeiden, darein ſeine Vorfahrer ſich leicht
einzulaſſen pflegten, ohne auf den Wind oder die Lage des Orts Acht zu haben,
und hatte beſtaͤndig ein wachſames Auge auf die Bewegungen der venetianiſchen
Flote. Die Venetianer thaten desgleichen; und weil ſie durch die Auffuͤhrung
des
¹² Jamadſchi Jeng-itſcheri *] Dieſe
Benennung wird denjenigen beygeleget, die
erſt kuͤrzlich unter die Jeng-itſcheri ſind an-
geworben worden, um ihre Anzahl voll zu
machen; oder auch, die man aus andern
Haufen in dieſe Schar aufgenommen hat:
wel-
* am ſechsten Julius.
* angeflickte Jeng-itſcheri.
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/782>, abgerufen am 22.11.2024.
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