Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.21. Aehmed der II nachdem sie die Städte Gena und Willagoschwar erobert hatten, unter Anfüh-rung de la Croys die Festung Belgrad. Auf diese Zeitung ändert der Weßir sein Vorhaben und seinen Zug; wendet von Distra um, da er bereits mit sei- nem Lager stunde, gegen Tschengje Daglari, und führet sein ganzes Heer mit großer Gefahr und Beschwerlichkeit durch die engen Pässe dieses Gebirges, die kaum so geraum sind, daß ein unbewaffneter Mann hindurch kommen kann. Als der Feldherr der Deutschen durch seine ausgeschickten Parteyen die Nach- richt erhält, daß der Weßir Vorhabens sey, sich von Siebenbürgen Meister zu machen: so besichtiget er den äußern Wall der Stadt, die er schon zwanzig Tage lang, mehr wie ein Reisender umgangen war, als wie ein Soldat belagert hatte; weil er entweder willens gewesen war, sie durch Hunger zu bezwingen, oder sich eingebildet hatte, der Weßir würde durch die engen Pässe verhindert werden, dieselbe bey rechter Zeit zu entsetzen. Da er aber erfähret, daß der Weßir wirklich herbeynahet, und bereits das Gebirge zurück geleget hat: so setzet er die Belagerung mit mehrerm Eifer fort, und reißet innerhalb acht Tage nicht allein den äußern Wall mit seinem Geschütze und Minen darnieder; son- dern beschießet auch den innern mit solcher Heftigkeit, daß es scheinet, er werde die Stadt, ungeachtet sie von sechszehen tausend Osmanen vertheidiget wurde, nun bald erobern. Dieses wäre auch wol geschehen: wenn nicht der Weßir sein Reisezeug und grobes Geschütz zurück gelassen hätte, und am achten Tage darauf zum Entsatze derselben angekommen wäre. 40. Nämlich, weil die Deutschen wohl merkten, daß sie wegen ihrer ge-Der Weßir 41. Allein er getrauete sich nicht dieselben zu verfolgen, noch auch überDie Tatarn er 4 M 2
21. Aehmed der II nachdem ſie die Staͤdte Gena und Willagoſchwar erobert hatten, unter Anfuͤh-rung de la Croys die Feſtung Belgrad. Auf dieſe Zeitung aͤndert der Weßir ſein Vorhaben und ſeinen Zug; wendet von Diſtra um, da er bereits mit ſei- nem Lager ſtunde, gegen Tſchengje Daglari, und fuͤhret ſein ganzes Heer mit großer Gefahr und Beſchwerlichkeit durch die engen Paͤſſe dieſes Gebirges, die kaum ſo geraum ſind, daß ein unbewaffneter Mann hindurch kommen kann. Als der Feldherr der Deutſchen durch ſeine ausgeſchickten Parteyen die Nach- richt erhaͤlt, daß der Weßir Vorhabens ſey, ſich von Siebenbuͤrgen Meiſter zu machen: ſo beſichtiget er den aͤußern Wall der Stadt, die er ſchon zwanzig Tage lang, mehr wie ein Reiſender umgangen war, als wie ein Soldat belagert hatte; weil er entweder willens geweſen war, ſie durch Hunger zu bezwingen, oder ſich eingebildet hatte, der Weßir wuͤrde durch die engen Paͤſſe verhindert werden, dieſelbe bey rechter Zeit zu entſetzen. Da er aber erfaͤhret, daß der Weßir wirklich herbeynahet, und bereits das Gebirge zuruͤck geleget hat: ſo ſetzet er die Belagerung mit mehrerm Eifer fort, und reißet innerhalb acht Tage nicht allein den aͤußern Wall mit ſeinem Geſchuͤtze und Minen darnieder; ſon- dern beſchießet auch den innern mit ſolcher Heftigkeit, daß es ſcheinet, er werde die Stadt, ungeachtet ſie von ſechszehen tauſend Osmanen vertheidiget wurde, nun bald erobern. Dieſes waͤre auch wol geſchehen: wenn nicht der Weßir ſein Reiſezeug und grobes Geſchuͤtz zuruͤck gelaſſen haͤtte, und am achten Tage darauf zum Entſatze derſelben angekommen waͤre. 40. Naͤmlich, weil die Deutſchen wohl merkten, daß ſie wegen ihrer ge-Der Weßir 41. Allein er getrauete ſich nicht dieſelben zu verfolgen, noch auch uͤberDie Tatarn er 4 M 2
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21. Aehmed der II
nachdem ſie die Staͤdte Gena und Willagoſchwar erobert hatten, unter Anfuͤh-
rung de la Croys die Feſtung Belgrad. Auf dieſe Zeitung aͤndert der Weßir
ſein Vorhaben und ſeinen Zug; wendet von Diſtra um, da er bereits mit ſei-
nem Lager ſtunde, gegen Tſchengje Daglari, und fuͤhret ſein ganzes Heer mit
großer Gefahr und Beſchwerlichkeit durch die engen Paͤſſe dieſes Gebirges, die
kaum ſo geraum ſind, daß ein unbewaffneter Mann hindurch kommen kann.
Als der Feldherr der Deutſchen durch ſeine ausgeſchickten Parteyen die Nach-
richt erhaͤlt, daß der Weßir Vorhabens ſey, ſich von Siebenbuͤrgen Meiſter
zu machen: ſo beſichtiget er den aͤußern Wall der Stadt, die er ſchon zwanzig
Tage lang, mehr wie ein Reiſender umgangen war, als wie ein Soldat belagert
hatte; weil er entweder willens geweſen war, ſie durch Hunger zu bezwingen,
oder ſich eingebildet hatte, der Weßir wuͤrde durch die engen Paͤſſe verhindert
werden, dieſelbe bey rechter Zeit zu entſetzen. Da er aber erfaͤhret, daß der
Weßir wirklich herbeynahet, und bereits das Gebirge zuruͤck geleget hat: ſo
ſetzet er die Belagerung mit mehrerm Eifer fort, und reißet innerhalb acht Tage
nicht allein den aͤußern Wall mit ſeinem Geſchuͤtze und Minen darnieder; ſon-
dern beſchießet auch den innern mit ſolcher Heftigkeit, daß es ſcheinet, er werde
die Stadt, ungeachtet ſie von ſechszehen tauſend Osmanen vertheidiget wurde,
nun bald erobern. Dieſes waͤre auch wol geſchehen: wenn nicht der Weßir
ſein Reiſezeug und grobes Geſchuͤtz zuruͤck gelaſſen haͤtte, und am achten Tage
darauf zum Entſatze derſelben angekommen waͤre.
40. Naͤmlich, weil die Deutſchen wohl merkten, daß ſie wegen ihrer ge-
ringen Anzahl nicht im Stande ſeyn wuͤrden, die Belagerung fortzuſetzen, und
zu gleicher Zeit dem Weßire, der im Begriffe war ihr Lager anzugreifen, Wi-
derſtand zu thun: ſo hoben dieſelben, damit ſie nicht an ſtatt des Sieges eine
Niederlage empfangen moͤchten, die Belagerung auf, und gingen mit ihrem
ganzen Heere uͤber die Save. Ungeachtet nun der Weßir ihnen bey ihrem
Abzuge kein groͤßeres Leid zufuͤgte, als daß er ihnen etliche Waͤgen und vier
kleine Stuͤcke abnahme: ſo berichtete er doch dem Sultane (weil er ihr Zuruͤck-
ziehen fuͤr eine Flucht hielte), er haͤtte einen Sieg uͤber die Feinde erhalten.
Der Weßir
macht, daß die
Belagerung von
Belgrad aufge-
hoben wird.
41. Allein er getrauete ſich nicht dieſelben zu verfolgen, noch auch uͤber
die Save zu gehen und ſie in ihrem Lager anzugreifen; daher ſchickte er den Chan
der Tatarn, Selim Gjiraj, mit ſeinen Voͤlkern nach Ungarn, mit Befehle, die
benachbarten Laͤnder zu verheren und den Deutſchen alle Gelegenheit abzuſchnei-
den, Lebensmittel zu erlangen. Indem aber der Chan unvorſichtiger Weiſe
in dem Lande herumſtreifet: ſo wird derſelbe bey Chonad von den Kaiſerlichen,
die zur Beſchuͤtzung dieſer Gegend daſelbſt lagen, und den von Hofkirchen zu ih-
rem Anfuͤhrer hatten, umringet und in einem ſo engen Raume eingeſperret, daß
er
Die Tatarn
wollen Ungarn
verwuͤſten; wer-
den aber von den
Deutſchen um-
ringet und ge-
ſchlagen.
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