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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Sülejman Schah
anderer vorgezogen, und unsere Nachrichten aus solchen Geschichtschreibern zu-
sammen getragen, welche die Türken für die glaubwürdigsten und richtigsten
halten.

Aus diesen lernen wir nun, daß um die Zeit, als der berühmte FürstDie Zeit von
dem Ausbruche
Sülejman
Schahs.

Dschingjiß 3 Chan 4 nicht nur den größten Theil desjenigen Asiens, das unter
der persischen Botmäßigkeit stund, verwüstet, die Stadt Belch, die reichste in
[Spaltenumbruch]

deutet: Osmans Söhne oder Nachkommen.
Es wird nicht allein dem kaiserlichen Hause,
das von Osman herstammet, sondern auch
dem türkischen Volke überhaupt beygeleget.
Daher kommt die Redensart: Täwajifi Oli-
osman; die oliosmanischen Ordi oder Stäm-
me. Die Kaiser aber pfleget man gewöhnli-
cher Weise zu nennen: Oliosman Padischahi;
das ist, Kaiser der Nachkommen Osmans.
Aus dieser Ursache haben wir es für schicklich
angesehen, unserer gegenwärtigen Arbeit den
Namen einer oliosmanischen Geschichte bey-
zulegen.
3 Dschingjiß] Er war, wie die türki-
schen Jahrbücher berichten, Fürst der ogußi-
schen Tatarn, und wir haben seine Thaten
und glücklichen Begebenheiten in der Vorrede
weitläuftig erzählet, dahin wir also den Leser
hiemit verweisen. [Dieser Name wird von
den Persern und Türken so ausgesprochen, als
[Spaltenumbruch]
wenn er auf Englisch Chinghiz, oder auf
Italienisch Cinghiz geschrieben wäre. Die
lateinischen Geschichtschreiber nennen ihn
Cangius. Dschingjiß Chan heißet in der mo-
gulischen Sprache so viel, als König der Kö-
nige.]*
4 Chan] Dieses Wort ist wol aus dem
Persischen in die arabische Sprache gekommen.
Es bedeutet einen großen Herrn oder Fürsten,
und kommt mit dem arabischen Sultan über-
ein, und mit dem türkischen Ulu Begj, das ist,
Großfürst. Obzwar der Titel Chan ehedem
bey den türkischen Kaisern gebräuchlich gewe-
sen ist, als Murad Chan, Selim Chan, u. s. w.:
so ist er doch von dem osmanischen Hofe vor-
nehmlich dem Könige der Krim oder kleinen
Tatarey beygeleget worden. Daher wird
derselbe gewöhnlicher Weise genennet: Kirim
Chani, der Fürst von Krim; oder Chani ali
Schan, der hohe Chan.

der
* Ebulgaßi Bajadur Chan saget in seiner genealogischen Geschichte der Tatarn (194 S. u. f.), Zin heiße
in der mogulischen Sprache groß, und gis mache den übertreffenden Grad (superlatiuum): daß also
Zingis den Allergrößten bedeute. Der französische Uebersetzer thut hinzu: Die Kalmaken pflegen die-
sen Namen dem Meere wegen seiner unermeßlichen Größe zu geben. Wir folgen hier der Rechtschrei-
bung der Türken. Das türkische Dschim, das der Anfangsbuchstabe dieses Wortes ist, lautet im
Deutschen, wie Dsch. Gj stellet den Buchstaben Gjef vor, und das g muß dabey hart ausgesprochen
werden, wie in den Wörtern gerne, gieb: in allen andern Fällen lautet das g weich, wie in Regen,
regieren. Den letzten Buchstaben Sse drücken wir durch unser ß aus, weil er von den Türken wie ein
starkes S ausgesprochen wird. Eben dieses thun wir mit den türkischen Buchstaben Ssal, Ssad und
Ssi: und es ist hiebey zu merken, daß solches ß, gleichwie im Anfange Ss, niemals wie ein zweyfaches
oder in zwo Silben getheiltes ss, sondern bey türkischen Namen allezeit wie ein starkes S vor einem
Lautbuchstaben, müsse ausgesprochen werden.
A 3

Suͤlejman Schah
anderer vorgezogen, und unſere Nachrichten aus ſolchen Geſchichtſchreibern zu-
ſammen getragen, welche die Tuͤrken fuͤr die glaubwuͤrdigſten und richtigſten
halten.

Aus dieſen lernen wir nun, daß um die Zeit, als der beruͤhmte FuͤrſtDie Zeit von
dem Ausbruche
Suͤlejman
Schahs.

Dſchingjiß 3 Chan 4 nicht nur den groͤßten Theil desjenigen Aſiens, das unter
der perſiſchen Botmaͤßigkeit ſtund, verwuͤſtet, die Stadt Belch, die reichſte in
[Spaltenumbruch]

deutet: Osmans Soͤhne oder Nachkommen.
Es wird nicht allein dem kaiſerlichen Hauſe,
das von Osman herſtammet, ſondern auch
dem tuͤrkiſchen Volke uͤberhaupt beygeleget.
Daher kommt die Redensart: Taͤwajifi Oli-
osman; die oliosmaniſchen Ordi oder Staͤm-
me. Die Kaiſer aber pfleget man gewoͤhnli-
cher Weiſe zu nennen: Oliosman Padiſchahi;
das iſt, Kaiſer der Nachkommen Osmans.
Aus dieſer Urſache haben wir es fuͤr ſchicklich
angeſehen, unſerer gegenwaͤrtigen Arbeit den
Namen einer oliosmaniſchen Geſchichte bey-
zulegen.
3 Dſchingjiß] Er war, wie die tuͤrki-
ſchen Jahrbuͤcher berichten, Fuͤrſt der ogußi-
ſchen Tatarn, und wir haben ſeine Thaten
und gluͤcklichen Begebenheiten in der Vorrede
weitlaͤuftig erzaͤhlet, dahin wir alſo den Leſer
hiemit verweiſen. [Dieſer Name wird von
den Perſern und Tuͤrken ſo ausgeſprochen, als
[Spaltenumbruch]
wenn er auf Engliſch Chinghiz‚ oder auf
Italieniſch Cinghiz geſchrieben waͤre. Die
lateiniſchen Geſchichtſchreiber nennen ihn
Cangius. Dſchingjiß Chan heißet in der mo-
guliſchen Sprache ſo viel, als Koͤnig der Koͤ-
nige.]*
4 Chan] Dieſes Wort iſt wol aus dem
Perſiſchen in die arabiſche Sprache gekommen.
Es bedeutet einen großen Herrn oder Fuͤrſten,
und kommt mit dem arabiſchen Sultan uͤber-
ein, und mit dem tuͤrkiſchen Ulu Begj, das iſt,
Großfuͤrſt. Obzwar der Titel Chan ehedem
bey den tuͤrkiſchen Kaiſern gebraͤuchlich gewe-
ſen iſt, als Murad Chan, Selim Chan, u. ſ. w.:
ſo iſt er doch von dem osmaniſchen Hofe vor-
nehmlich dem Koͤnige der Krim oder kleinen
Tatarey beygeleget worden. Daher wird
derſelbe gewoͤhnlicher Weiſe genennet: Kirim
Chani, der Fuͤrſt von Krim; oder Chani ali
Schan, der hohe Chan.

der
* Ebulgaßi Bajadur Chan ſaget in ſeiner genealogiſchen Geſchichte der Tatarn (194 S. u. f.), Zin heiße
in der moguliſchen Sprache groß, und gis mache den uͤbertreffenden Grad (ſuperlatiuum): daß alſo
Zingis den Allergroͤßten bedeute. Der franzoͤſiſche Ueberſetzer thut hinzu: Die Kalmaken pflegen die-
ſen Namen dem Meere wegen ſeiner unermeßlichen Groͤße zu geben. Wir folgen hier der Rechtſchrei-
bung der Tuͤrken. Das tuͤrkiſche Dſchim, das der Anfangsbuchſtabe dieſes Wortes iſt, lautet im
Deutſchen, wie Dſch. Gj ſtellet den Buchſtaben Gjef vor, und das g muß dabey hart ausgeſprochen
werden, wie in den Woͤrtern gerne, gieb: in allen andern Faͤllen lautet das g weich, wie in Regen,
regieren. Den letzten Buchſtaben Sſe druͤcken wir durch unſer ß aus, weil er von den Tuͤrken wie ein
ſtarkes S ausgeſprochen wird. Eben dieſes thun wir mit den tuͤrkiſchen Buchſtaben Sſal, Sſad und
Sſi: und es iſt hiebey zu merken, daß ſolches ß, gleichwie im Anfange Sſ, niemals wie ein zweyfaches
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[5/0075] Suͤlejman Schah anderer vorgezogen, und unſere Nachrichten aus ſolchen Geſchichtſchreibern zu- ſammen getragen, welche die Tuͤrken fuͤr die glaubwuͤrdigſten und richtigſten halten. Aus dieſen lernen wir nun, daß um die Zeit, als der beruͤhmte Fuͤrſt Dſchingjiß ³ Chan ⁴ nicht nur den groͤßten Theil desjenigen Aſiens, das unter der perſiſchen Botmaͤßigkeit ſtund, verwuͤſtet, die Stadt Belch, die reichſte in der deutet: Osmans Soͤhne oder Nachkommen. Es wird nicht allein dem kaiſerlichen Hauſe, das von Osman herſtammet, ſondern auch dem tuͤrkiſchen Volke uͤberhaupt beygeleget. Daher kommt die Redensart: Taͤwajifi Oli- osman; die oliosmaniſchen Ordi oder Staͤm- me. Die Kaiſer aber pfleget man gewoͤhnli- cher Weiſe zu nennen: Oliosman Padiſchahi; das iſt, Kaiſer der Nachkommen Osmans. Aus dieſer Urſache haben wir es fuͤr ſchicklich angeſehen, unſerer gegenwaͤrtigen Arbeit den Namen einer oliosmaniſchen Geſchichte bey- zulegen. ³ Dſchingjiß] Er war, wie die tuͤrki- ſchen Jahrbuͤcher berichten, Fuͤrſt der ogußi- ſchen Tatarn, und wir haben ſeine Thaten und gluͤcklichen Begebenheiten in der Vorrede weitlaͤuftig erzaͤhlet, dahin wir alſo den Leſer hiemit verweiſen. [Dieſer Name wird von den Perſern und Tuͤrken ſo ausgeſprochen, als wenn er auf Engliſch Chinghiz‚ oder auf Italieniſch Cinghiz geſchrieben waͤre. Die lateiniſchen Geſchichtſchreiber nennen ihn Cangius. Dſchingjiß Chan heißet in der mo- guliſchen Sprache ſo viel, als Koͤnig der Koͤ- nige.] * ⁴ Chan] Dieſes Wort iſt wol aus dem Perſiſchen in die arabiſche Sprache gekommen. Es bedeutet einen großen Herrn oder Fuͤrſten, und kommt mit dem arabiſchen Sultan uͤber- ein, und mit dem tuͤrkiſchen Ulu Begj, das iſt, Großfuͤrſt. Obzwar der Titel Chan ehedem bey den tuͤrkiſchen Kaiſern gebraͤuchlich gewe- ſen iſt, als Murad Chan, Selim Chan, u. ſ. w.: ſo iſt er doch von dem osmaniſchen Hofe vor- nehmlich dem Koͤnige der Krim oder kleinen Tatarey beygeleget worden. Daher wird derſelbe gewoͤhnlicher Weiſe genennet: Kirim Chani, der Fuͤrſt von Krim; oder Chani ali Schan, der hohe Chan. Die Zeit von dem Ausbruche Suͤlejman Schahs. * Ebulgaßi Bajadur Chan ſaget in ſeiner genealogiſchen Geſchichte der Tatarn (194 S. u. f.), Zin heiße in der moguliſchen Sprache groß, und gis mache den uͤbertreffenden Grad (ſuperlatiuum): daß alſo Zingis den Allergroͤßten bedeute. Der franzoͤſiſche Ueberſetzer thut hinzu: Die Kalmaken pflegen die- ſen Namen dem Meere wegen ſeiner unermeßlichen Groͤße zu geben. Wir folgen hier der Rechtſchrei- bung der Tuͤrken. Das tuͤrkiſche Dſchim, das der Anfangsbuchſtabe dieſes Wortes iſt, lautet im Deutſchen, wie Dſch. Gj ſtellet den Buchſtaben Gjef vor, und das g muß dabey hart ausgeſprochen werden, wie in den Woͤrtern gerne, gieb: in allen andern Faͤllen lautet das g weich, wie in Regen, regieren. Den letzten Buchſtaben Sſe druͤcken wir durch unſer ß aus, weil er von den Tuͤrken wie ein ſtarkes S ausgeſprochen wird. Eben dieſes thun wir mit den tuͤrkiſchen Buchſtaben Sſal, Sſad und Sſi: und es iſt hiebey zu merken, daß ſolches ß, gleichwie im Anfange Sſ, niemals wie ein zweyfaches oder in zwo Silben getheiltes ſſ, ſondern bey tuͤrkiſchen Namen allezeit wie ein ſtarkes S vor einem Lautbuchſtaben, muͤſſe ausgeſprochen werden. A 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/75>, abgerufen am 23.11.2024.