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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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21. Aehmed der II
sein Geschütz und Lager im Stiche, und folget ihnen mit äußerster Eilfertigkeit
nach. Die Deutschen, die das Lager derselben zur Beute bekamen, suchten
weiter nichts; sondern ließen ihren Truppen einige Tage Ruhe, sich zu erholen.
In dieser Schlacht blieben von den Türken acht und zwanzig tausend Mann;
von den Deutschen aber (ohne die vorhin gedachten fünf Regimenter, die von den
Türken umringet und abgeschnitten wurden) nicht über drey tausend.

20.

Indessen soll doch Leopold auf erhaltene Nachricht von diesem SiegeRede des Kai-
ser Leopolds
davon.

gesagt haben. Er wünsche sich nicht oft dergleichen Siege um solchen Preis:
denn er könne den Verlust von acht Regimentern Deutschen kaum in dreyen
Jahren wieder ersetzen; da hingegen die Türken wol einen Verlust von achtzig
tausend Mann in achtzig Tagen ergänzen könnten.

21.

Nach diesem Siege eroberte der Markgraf von Baden Lippa wieder,Der Markgraf
von Baden ero-
bert Lippa, und
belagert Wara-
din.

das die Türken im verwichenen Jahre eingenommen hatten, und belagerte
Waradin. Auf der andern Seite versammelte sich das türkische Heer nach
seiner Flucht bey Belgrad wieder, und machte Hali* Pascha zu seinem
Seräskjer.

22.

Während daß dieses an der Save vorging, setzten die Polen im letz-Die Polen ge-
denken zwar ei-
nen Zug nach
Bascharabien zu
thun; es wird
aber nichts dar-
aus.

ten Monate des Jahres über den Dnjester, und gedachten einen Zug nach Bascha-
rabien vorzunehmen. Allein, der Mangel an Lebensmitteln drückte dieselben,
so daß sie auf das Gerücht von der Annäherung des Seräskjers Bijiklü Mu-
stäfa Paschas sich zurück zogen, und, ohne das mindeste Merkwürdige ausge-
richtet zu haben, wieder nach Hause kehreten.

23.

Zwischen den Venetianern und Türken wurde der Krieg mehrEin spanischer
Kriegsbefehlha-
ber verräth Gar-
busa den Türken.

mit List, als mit den Waffen, geführet. Die letztern wurden Meister von
[Spaltenumbruch]

stantinopel gesehen, dem sein Bund, der mit
damascenischer Seide rings herum gefaltet
war, auf der Flucht vom Kopfe fiele, und
von einem deutschen Soldaten gefunden wurde.
Als jener sich bemühete, ihn wieder zu bekom-
men: so gab der Deutsche ihm denselben
freywillig, und sagte auf türkische Sprache
zu ihm; "Mein Herz! hier habt ihr euren
[Spaltenumbruch]
"Bund: ihr seyd ein Soldat, und ich bin
"auch einer; und also sind wir Brüder."
Dem Jeng-itscheri gefiel des Deutschen Höf-
lichkeit so wohl, daß er nach Empfang seines
Bundes demselben seine Muskete verehrete;
und dazu sagte: "zwischen Brüdern habe
"man dergleichen nicht mehr nöthig."

Gar-
* der Ungeduldige.
4 K 3

21. Aehmed der II
ſein Geſchuͤtz und Lager im Stiche, und folget ihnen mit aͤußerſter Eilfertigkeit
nach. Die Deutſchen, die das Lager derſelben zur Beute bekamen, ſuchten
weiter nichts; ſondern ließen ihren Truppen einige Tage Ruhe, ſich zu erholen.
In dieſer Schlacht blieben von den Tuͤrken acht und zwanzig tauſend Mann;
von den Deutſchen aber (ohne die vorhin gedachten fuͤnf Regimenter, die von den
Tuͤrken umringet und abgeſchnitten wurden) nicht uͤber drey tauſend.

20.

Indeſſen ſoll doch Leopold auf erhaltene Nachricht von dieſem SiegeRede des Kai-
ſer Leopolds
davon.

geſagt haben. Er wuͤnſche ſich nicht oft dergleichen Siege um ſolchen Preis:
denn er koͤnne den Verluſt von acht Regimentern Deutſchen kaum in dreyen
Jahren wieder erſetzen; da hingegen die Tuͤrken wol einen Verluſt von achtzig
tauſend Mann in achtzig Tagen ergaͤnzen koͤnnten.

21.

Nach dieſem Siege eroberte der Markgraf von Baden Lippa wieder,Der Markgraf
von Baden ero-
bert Lippa, und
belagert Wara-
din.

das die Tuͤrken im verwichenen Jahre eingenommen hatten, und belagerte
Waradin. Auf der andern Seite verſammelte ſich das tuͤrkiſche Heer nach
ſeiner Flucht bey Belgrad wieder, und machte Hali* Paſcha zu ſeinem
Seraͤskjer.

22.

Waͤhrend daß dieſes an der Save vorging, ſetzten die Polen im letz-Die Polen ge-
denken zwar ei-
nen Zug nach
Baſcharabien zu
thun; es wird
aber nichts dar-
aus.

ten Monate des Jahres uͤber den Dnjeſter, und gedachten einen Zug nach Baſcha-
rabien vorzunehmen. Allein, der Mangel an Lebensmitteln druͤckte dieſelben,
ſo daß ſie auf das Geruͤcht von der Annaͤherung des Seraͤskjers Bijikluͤ Mu-
ſtaͤfa Paſchas ſich zuruͤck zogen, und, ohne das mindeſte Merkwuͤrdige ausge-
richtet zu haben, wieder nach Hauſe kehreten.

23.

Zwiſchen den Venetianern und Tuͤrken wurde der Krieg mehrEin ſpaniſcher
Kriegsbefehlha-
ber verraͤth Gar-
buſa den Tuͤrken.

mit Liſt, als mit den Waffen, gefuͤhret. Die letztern wurden Meiſter von
[Spaltenumbruch]

ſtantinopel geſehen, dem ſein Bund, der mit
damaſceniſcher Seide rings herum gefaltet
war, auf der Flucht vom Kopfe fiele, und
von einem deutſchen Soldaten gefunden wurde.
Als jener ſich bemuͤhete, ihn wieder zu bekom-
men: ſo gab der Deutſche ihm denſelben
freywillig, und ſagte auf tuͤrkiſche Sprache
zu ihm; “Mein Herz! hier habt ihr euren
[Spaltenumbruch]
“Bund: ihr ſeyd ein Soldat, und ich bin
“auch einer; und alſo ſind wir Bruͤder.„
Dem Jeng-itſcheri gefiel des Deutſchen Hoͤf-
lichkeit ſo wohl, daß er nach Empfang ſeines
Bundes demſelben ſeine Muskete verehrete;
und dazu ſagte: “zwiſchen Bruͤdern habe
“man dergleichen nicht mehr noͤthig.„

Gar-
* der Ungeduldige.
4 K 3
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[629/0741] 21. Aehmed der II ſein Geſchuͤtz und Lager im Stiche, und folget ihnen mit aͤußerſter Eilfertigkeit nach. Die Deutſchen, die das Lager derſelben zur Beute bekamen, ſuchten weiter nichts; ſondern ließen ihren Truppen einige Tage Ruhe, ſich zu erholen. In dieſer Schlacht blieben von den Tuͤrken acht und zwanzig tauſend Mann; von den Deutſchen aber (ohne die vorhin gedachten fuͤnf Regimenter, die von den Tuͤrken umringet und abgeſchnitten wurden) nicht uͤber drey tauſend. 20. Indeſſen ſoll doch Leopold auf erhaltene Nachricht von dieſem Siege geſagt haben. Er wuͤnſche ſich nicht oft dergleichen Siege um ſolchen Preis: denn er koͤnne den Verluſt von acht Regimentern Deutſchen kaum in dreyen Jahren wieder erſetzen; da hingegen die Tuͤrken wol einen Verluſt von achtzig tauſend Mann in achtzig Tagen ergaͤnzen koͤnnten. Rede des Kai- ſer Leopolds davon. 21. Nach dieſem Siege eroberte der Markgraf von Baden Lippa wieder, das die Tuͤrken im verwichenen Jahre eingenommen hatten, und belagerte Waradin. Auf der andern Seite verſammelte ſich das tuͤrkiſche Heer nach ſeiner Flucht bey Belgrad wieder, und machte Hali * Paſcha zu ſeinem Seraͤskjer. Der Markgraf von Baden ero- bert Lippa, und belagert Wara- din. 22. Waͤhrend daß dieſes an der Save vorging, ſetzten die Polen im letz- ten Monate des Jahres uͤber den Dnjeſter, und gedachten einen Zug nach Baſcha- rabien vorzunehmen. Allein, der Mangel an Lebensmitteln druͤckte dieſelben, ſo daß ſie auf das Geruͤcht von der Annaͤherung des Seraͤskjers Bijikluͤ Mu- ſtaͤfa Paſchas ſich zuruͤck zogen, und, ohne das mindeſte Merkwuͤrdige ausge- richtet zu haben, wieder nach Hauſe kehreten. Die Polen ge- denken zwar ei- nen Zug nach Baſcharabien zu thun; es wird aber nichts dar- aus. 23. Zwiſchen den Venetianern und Tuͤrken wurde der Krieg mehr mit Liſt, als mit den Waffen, gefuͤhret. Die letztern wurden Meiſter von Gar- ſtantinopel geſehen, dem ſein Bund, der mit damaſceniſcher Seide rings herum gefaltet war, auf der Flucht vom Kopfe fiele, und von einem deutſchen Soldaten gefunden wurde. Als jener ſich bemuͤhete, ihn wieder zu bekom- men: ſo gab der Deutſche ihm denſelben freywillig, und ſagte auf tuͤrkiſche Sprache zu ihm; “Mein Herz! hier habt ihr euren “Bund: ihr ſeyd ein Soldat, und ich bin “auch einer; und alſo ſind wir Bruͤder.„ Dem Jeng-itſcheri gefiel des Deutſchen Hoͤf- lichkeit ſo wohl, daß er nach Empfang ſeines Bundes demſelben ſeine Muskete verehrete; und dazu ſagte: “zwiſchen Bruͤdern habe “man dergleichen nicht mehr noͤthig.„ Ein ſpaniſcher Kriegsbefehlha- ber verraͤth Gar- buſa den Tuͤrken. * der Ungeduldige. 4 K 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/741>, abgerufen am 22.11.2024.