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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
gemeinsamer Einstimmung ein Aerßuhal an den Weßir sendeten und das Bäch-
schischi Dschülus forderten, das ihnen gebührete. Weil aber der Weßir die
Unmöglichkeit vorschützte, und zur Antwort gab; die Zahlung müßte noch eine
Zeitlang Anstand haben: so erpresseten sie dasjenige, was man ihnen schuldig
war, von den Unterthanen in Rumilien; und unter diesem Vorwande plünder-
ten sie ganz Bulgarien bis nach Sophia. In Asien brachte Gjedükj Pascha
seinen Truppen aufrührische Gedanken bey; und nachdem viele tausend Frey-
beuter sich zu ihm geschlagen hatten: so drohete er, Constantinopel selbst anzu-
greifen. Er war damit noch nicht zufrieden, sondern nachdem er alle die Län-
der der anadolischen Begjlerbegjschaft ausgeplündert und unter den Fuß gebracht
hatte: so zog er mit seinem Heere nach Ißnikjmid Gjetschid 10, und machte Zu-
schickungen zur Belagerung von Chrysopel, das er sich um so viel leichter zu er-
obern getrauete; weil die Jeng-itscheri sich mehr um ihre einheimischen, als
auswärtigen Feinde, und diejenigen zu bekümmern schienen, die mit ihnen einer-
ley Verbrechens schuldig waren.

Die Jeng-i-
tscheri legen ihre
aufrührischen
Absichten beysei-
te und schlagen
den AufrührerGjedükj.
11.

Allein, die Jeng-itscheri legten ihre Wut beyseite, gingen die Nacht
zuvor, ehe Chrysopel angegriffen wurde, über die See, und zogen eine Linie
um die Stadt herum: darauf Gjedükj Pascha sich mit seiner Partey zurück zog,
und kurz hernach durch die Tapferkeit des osmanischen Heeres geschlagen wurde.

Egjre und noch
andere Städte
in Ungarn erge-
ben sich an dieKaiserlichen.
12.

Während der Zeit, da das oliosmanische Reich solchergestalt durch
innerliche Unruhen zerrüttet wurde, brachte das kaiserliche Kriegesheer die fürch-
terlichsten Vormauern von Ungarn unter seine Gewalt. Egjre*, die stärkste
Festung in Oberungarn, wurde nach einer Belagerung von vier Monaten
durch Hunger gezwungen, sich den Kaiserlichen, am zwanzigsten des Monats
H. 1099.



J. C. 1688.Muhärrem im Jahre 1099, zu ergeben. Eben dieses Schicksal hatte Mongatsch,
ein fast unüberwindliches Schloß in Oberungarn, das einige Jahre zuvor von
Teökeöli nicht nur mit einer starken Besatzung und neuen Werken befestiget, son-
dern auch zu einem Verwahrungsplatze für seine Gemalinn, Schatz und Kanz-
ley, gemacht worden war. Nachdem man sich nun, wie vorhin erzählet wor-
den, seiner Person bemächtiget hatte, und Kaschow verloren gegangen war: so
[Spaltenumbruch]
man ausgesöhnet; und nachdem er von dem-
selben Vergebung erlanget hatte: so brachte
er über tausend Freybeuter gegen die Deut-
schen mit sich herüber. Dessen ungeachtet
[Spaltenumbruch]
wurde er, so bald er nach Constantinopel kam,
ums Leben gebracht.
10 Ißnikjmid Gjetschid] Also wird

hatte
* Erla.

Osmaniſche Geſchichte
gemeinſamer Einſtimmung ein Aerßuhal an den Weßir ſendeten und das Baͤch-
ſchiſchi Dſchuͤlus forderten, das ihnen gebuͤhrete. Weil aber der Weßir die
Unmoͤglichkeit vorſchuͤtzte, und zur Antwort gab; die Zahlung muͤßte noch eine
Zeitlang Anſtand haben: ſo erpreſſeten ſie dasjenige, was man ihnen ſchuldig
war, von den Unterthanen in Rumilien; und unter dieſem Vorwande pluͤnder-
ten ſie ganz Bulgarien bis nach Sophia. In Aſien brachte Gjeduͤkj Paſcha
ſeinen Truppen aufruͤhriſche Gedanken bey; und nachdem viele tauſend Frey-
beuter ſich zu ihm geſchlagen hatten: ſo drohete er, Conſtantinopel ſelbſt anzu-
greifen. Er war damit noch nicht zufrieden, ſondern nachdem er alle die Laͤn-
der der anadoliſchen Begjlerbegjſchaft ausgepluͤndert und unter den Fuß gebracht
hatte: ſo zog er mit ſeinem Heere nach Ißnikjmid Gjetſchid 10, und machte Zu-
ſchickungen zur Belagerung von Chryſopel, das er ſich um ſo viel leichter zu er-
obern getrauete; weil die Jeng-itſcheri ſich mehr um ihre einheimiſchen, als
auswaͤrtigen Feinde, und diejenigen zu bekuͤmmern ſchienen, die mit ihnen einer-
ley Verbrechens ſchuldig waren.

Die Jeng-i-
tſcheri legen ihre
aufruͤhriſchen
Abſichten beyſei-
te und ſchlagen
den AufruͤhrerGjeduͤkj.
11.

Allein, die Jeng-itſcheri legten ihre Wut beyſeite, gingen die Nacht
zuvor, ehe Chryſopel angegriffen wurde, uͤber die See, und zogen eine Linie
um die Stadt herum: darauf Gjeduͤkj Paſcha ſich mit ſeiner Partey zuruͤck zog,
und kurz hernach durch die Tapferkeit des osmaniſchen Heeres geſchlagen wurde.

Egjre und noch
andere Staͤdte
in Ungarn erge-
ben ſich an dieKaiſerlichen.
12.

Waͤhrend der Zeit, da das oliosmaniſche Reich ſolchergeſtalt durch
innerliche Unruhen zerruͤttet wurde, brachte das kaiſerliche Kriegesheer die fuͤrch-
terlichſten Vormauern von Ungarn unter ſeine Gewalt. Egjre*, die ſtaͤrkſte
Feſtung in Oberungarn, wurde nach einer Belagerung von vier Monaten
durch Hunger gezwungen, ſich den Kaiſerlichen, am zwanzigſten des Monats
H. 1099.



J. C. 1688.Muhaͤrrem im Jahre 1099, zu ergeben. Eben dieſes Schickſal hatte Mongatſch,
ein faſt unuͤberwindliches Schloß in Oberungarn, das einige Jahre zuvor von
Teoͤkeoͤli nicht nur mit einer ſtarken Beſatzung und neuen Werken befeſtiget, ſon-
dern auch zu einem Verwahrungsplatze fuͤr ſeine Gemalinn, Schatz und Kanz-
ley, gemacht worden war. Nachdem man ſich nun, wie vorhin erzaͤhlet wor-
den, ſeiner Perſon bemaͤchtiget hatte, und Kaſchow verloren gegangen war: ſo
[Spaltenumbruch]
man ausgeſoͤhnet; und nachdem er von dem-
ſelben Vergebung erlanget hatte: ſo brachte
er uͤber tauſend Freybeuter gegen die Deut-
ſchen mit ſich heruͤber. Deſſen ungeachtet
[Spaltenumbruch]
wurde er, ſo bald er nach Conſtantinopel kam,
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[572/0682] Osmaniſche Geſchichte gemeinſamer Einſtimmung ein Aerßuhal an den Weßir ſendeten und das Baͤch- ſchiſchi Dſchuͤlus forderten, das ihnen gebuͤhrete. Weil aber der Weßir die Unmoͤglichkeit vorſchuͤtzte, und zur Antwort gab; die Zahlung muͤßte noch eine Zeitlang Anſtand haben: ſo erpreſſeten ſie dasjenige, was man ihnen ſchuldig war, von den Unterthanen in Rumilien; und unter dieſem Vorwande pluͤnder- ten ſie ganz Bulgarien bis nach Sophia. In Aſien brachte Gjeduͤkj Paſcha ſeinen Truppen aufruͤhriſche Gedanken bey; und nachdem viele tauſend Frey- beuter ſich zu ihm geſchlagen hatten: ſo drohete er, Conſtantinopel ſelbſt anzu- greifen. Er war damit noch nicht zufrieden, ſondern nachdem er alle die Laͤn- der der anadoliſchen Begjlerbegjſchaft ausgepluͤndert und unter den Fuß gebracht hatte: ſo zog er mit ſeinem Heere nach Ißnikjmid Gjetſchid ¹⁰ , und machte Zu- ſchickungen zur Belagerung von Chryſopel, das er ſich um ſo viel leichter zu er- obern getrauete; weil die Jeng-itſcheri ſich mehr um ihre einheimiſchen, als auswaͤrtigen Feinde, und diejenigen zu bekuͤmmern ſchienen, die mit ihnen einer- ley Verbrechens ſchuldig waren. 11. Allein, die Jeng-itſcheri legten ihre Wut beyſeite, gingen die Nacht zuvor, ehe Chryſopel angegriffen wurde, uͤber die See, und zogen eine Linie um die Stadt herum: darauf Gjeduͤkj Paſcha ſich mit ſeiner Partey zuruͤck zog, und kurz hernach durch die Tapferkeit des osmaniſchen Heeres geſchlagen wurde. 12. Waͤhrend der Zeit, da das oliosmaniſche Reich ſolchergeſtalt durch innerliche Unruhen zerruͤttet wurde, brachte das kaiſerliche Kriegesheer die fuͤrch- terlichſten Vormauern von Ungarn unter ſeine Gewalt. Egjre *, die ſtaͤrkſte Feſtung in Oberungarn, wurde nach einer Belagerung von vier Monaten durch Hunger gezwungen, ſich den Kaiſerlichen, am zwanzigſten des Monats Muhaͤrrem im Jahre 1099, zu ergeben. Eben dieſes Schickſal hatte Mongatſch, ein faſt unuͤberwindliches Schloß in Oberungarn, das einige Jahre zuvor von Teoͤkeoͤli nicht nur mit einer ſtarken Beſatzung und neuen Werken befeſtiget, ſon- dern auch zu einem Verwahrungsplatze fuͤr ſeine Gemalinn, Schatz und Kanz- ley, gemacht worden war. Nachdem man ſich nun, wie vorhin erzaͤhlet wor- den, ſeiner Perſon bemaͤchtiget hatte, und Kaſchow verloren gegangen war: ſo hatte man ausgeſoͤhnet; und nachdem er von dem- ſelben Vergebung erlanget hatte: ſo brachte er uͤber tauſend Freybeuter gegen die Deut- ſchen mit ſich heruͤber. Deſſen ungeachtet wurde er, ſo bald er nach Conſtantinopel kam, ums Leben gebracht. ¹⁰ Ißnikjmid Gjetſchid] Alſo wird der H. 1099. J. C. 1688. * Erla.

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/682>, abgerufen am 22.11.2024.