nicht, um gegen die Polen zu fechten; sondern, durch ihre Fahnen, in denen Kreuze und andere Zeichen des Christenthums eingesticket waren, zu zeigen, daß sie Brüder, und keine Feinde wären. Als die Polen sehen, daß die Mol- dauer in einer friedfertigen Stellung da stehen, ohne sich zur Wehre zu schicken: so fallen sie, mit Verachtung der an sie geschehenen Ermahnungen, auf sie hin- ein, als wenn es Türken oder Erbfeinde wären.
werden aber von den Türken mit Schimpfegeschlagen.
125.
Da der Fürst den Verrath der Polen merket: so lässet er alle seine Völker in die Waffen treten, und befiehlet ihnen, Gewalt mit Gewalt zu ver- treiben; ungeachtet ihnen dieselbe von Christen geboten werde. Die Moldauer kommen auch ohne Verzug in die Waffen, und setzen sich nicht allein den Vor- truppen der Polen, die aus sechs tausend Mann bestunden, beherzt entgegen; sondern sie greifen auch die Feinde, die sich nach Verrauchung ihrer ersten Hitze zurückziehen, mit solcher Tapferkeit an, daß sie dieselben zuletzt in die Flucht treiben. Das Geräusche der Waffen und Musketen bringet die Türken gar bald in Bewegung; und als diese sehen, daß die Moldauer mit den Feinden im Gefechte begriffen sind: so schicken sie ihnen einige Regimenter zu Hülfe. Der übrige Theil ihres Heeres greifet die Polen unversehens im Rücken mit sol- cher Hitze an, daß in Zeit von einer Stunde sechs tausend Polen auf dem Platze liegen, und fünf tausend Kosaken eingeschlossen und gezwungen sind, sich als Ge- fangenen zu ergeben. Als die übrigen polnischen Truppen sehen, daß der Sieg sich auf die feindliche Seite neiget: so bemühen sie sich, ihr Lager zu erreichen, und hinter ihren Verschanzungen Sicherheit zu suchen. Ehe sie aber ihr Vor- haben ins Werk richten können: so schneiden ihnen die Tatarn den Rückweg ab; darauf dieselben die Flucht nehmen, und ihr Lager und Reisezeug, nebst allem ihrem Kriegsvorrathe, den Ueberwindern zur Beute überlassen.
Die Venetia- ner erobern Co-ron in Morea.
126.
Dieses war der einzige glückliche Erfolg, den das osmanische Reich diesen ganzen Sommer über erlebete; von allen andern Gegenden, da nur Krieg geführet wurde, liefen keine andere als traurige Zeitungen ein, von Nie- derlagen der türkischen Truppen und dem Verluste von Städten und ganzen Ländern. Seromero, das im verwichenen Jahre sich den Venetianern unter- worfen hatte, wurde bald im Frühjahre von den Türken angegriffen; so bald [Spaltenumbruch]
71 Majnotten] Es sind die Nachkom- men der alten Lacedämonier, die bis auf den heutigen Tag das tapferste Volk von allen Griechen sind. Ungeachtet man ihre Mann- [Spaltenumbruch] schaft nicht höher, als auf zwölf tausend Sol- daten, rechnet: so haben sie doch niemals bezwungen, noch von den Türken tributbar gemacht werden können. Ihr heutiger Na-
diese
Osmaniſche Geſchichte
nicht, um gegen die Polen zu fechten; ſondern, durch ihre Fahnen, in denen Kreuze und andere Zeichen des Chriſtenthums eingeſticket waren, zu zeigen, daß ſie Bruͤder, und keine Feinde waͤren. Als die Polen ſehen, daß die Mol- dauer in einer friedfertigen Stellung da ſtehen, ohne ſich zur Wehre zu ſchicken: ſo fallen ſie, mit Verachtung der an ſie geſchehenen Ermahnungen, auf ſie hin- ein, als wenn es Tuͤrken oder Erbfeinde waͤren.
werden aber von den Tuͤrken mit Schimpfegeſchlagen.
125.
Da der Fuͤrſt den Verrath der Polen merket: ſo laͤſſet er alle ſeine Voͤlker in die Waffen treten, und befiehlet ihnen, Gewalt mit Gewalt zu ver- treiben; ungeachtet ihnen dieſelbe von Chriſten geboten werde. Die Moldauer kommen auch ohne Verzug in die Waffen, und ſetzen ſich nicht allein den Vor- truppen der Polen, die aus ſechs tauſend Mann beſtunden, beherzt entgegen; ſondern ſie greifen auch die Feinde, die ſich nach Verrauchung ihrer erſten Hitze zuruͤckziehen, mit ſolcher Tapferkeit an, daß ſie dieſelben zuletzt in die Flucht treiben. Das Geraͤuſche der Waffen und Musketen bringet die Tuͤrken gar bald in Bewegung; und als dieſe ſehen, daß die Moldauer mit den Feinden im Gefechte begriffen ſind: ſo ſchicken ſie ihnen einige Regimenter zu Huͤlfe. Der uͤbrige Theil ihres Heeres greifet die Polen unverſehens im Ruͤcken mit ſol- cher Hitze an, daß in Zeit von einer Stunde ſechs tauſend Polen auf dem Platze liegen, und fuͤnf tauſend Koſaken eingeſchloſſen und gezwungen ſind, ſich als Ge- fangenen zu ergeben. Als die uͤbrigen polniſchen Truppen ſehen, daß der Sieg ſich auf die feindliche Seite neiget: ſo bemuͤhen ſie ſich, ihr Lager zu erreichen, und hinter ihren Verſchanzungen Sicherheit zu ſuchen. Ehe ſie aber ihr Vor- haben ins Werk richten koͤnnen: ſo ſchneiden ihnen die Tatarn den Ruͤckweg ab; darauf dieſelben die Flucht nehmen, und ihr Lager und Reiſezeug, nebſt allem ihrem Kriegsvorrathe, den Ueberwindern zur Beute uͤberlaſſen.
Die Venetia- ner erobern Co-ron in Morea.
126.
Dieſes war der einzige gluͤckliche Erfolg, den das osmaniſche Reich dieſen ganzen Sommer uͤber erlebete; von allen andern Gegenden, da nur Krieg gefuͤhret wurde, liefen keine andere als traurige Zeitungen ein, von Nie- derlagen der tuͤrkiſchen Truppen und dem Verluſte von Staͤdten und ganzen Laͤndern. Seromero, das im verwichenen Jahre ſich den Venetianern unter- worfen hatte, wurde bald im Fruͤhjahre von den Tuͤrken angegriffen; ſo bald [Spaltenumbruch]
71 Majnotten] Es ſind die Nachkom- men der alten Lacedaͤmonier, die bis auf den heutigen Tag das tapferſte Volk von allen Griechen ſind. Ungeachtet man ihre Mann- [Spaltenumbruch] ſchaft nicht hoͤher, als auf zwoͤlf tauſend Sol- daten, rechnet: ſo haben ſie doch niemals bezwungen, noch von den Tuͤrken tributbar gemacht werden koͤnnen. Ihr heutiger Na-
dieſe
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[512/0620]
Osmaniſche Geſchichte
nicht, um gegen die Polen zu fechten; ſondern, durch ihre Fahnen, in denen
Kreuze und andere Zeichen des Chriſtenthums eingeſticket waren, zu zeigen,
daß ſie Bruͤder, und keine Feinde waͤren. Als die Polen ſehen, daß die Mol-
dauer in einer friedfertigen Stellung da ſtehen, ohne ſich zur Wehre zu ſchicken:
ſo fallen ſie, mit Verachtung der an ſie geſchehenen Ermahnungen, auf ſie hin-
ein, als wenn es Tuͤrken oder Erbfeinde waͤren.
125. Da der Fuͤrſt den Verrath der Polen merket: ſo laͤſſet er alle ſeine
Voͤlker in die Waffen treten, und befiehlet ihnen, Gewalt mit Gewalt zu ver-
treiben; ungeachtet ihnen dieſelbe von Chriſten geboten werde. Die Moldauer
kommen auch ohne Verzug in die Waffen, und ſetzen ſich nicht allein den Vor-
truppen der Polen, die aus ſechs tauſend Mann beſtunden, beherzt entgegen;
ſondern ſie greifen auch die Feinde, die ſich nach Verrauchung ihrer erſten Hitze
zuruͤckziehen, mit ſolcher Tapferkeit an, daß ſie dieſelben zuletzt in die Flucht
treiben. Das Geraͤuſche der Waffen und Musketen bringet die Tuͤrken gar
bald in Bewegung; und als dieſe ſehen, daß die Moldauer mit den Feinden
im Gefechte begriffen ſind: ſo ſchicken ſie ihnen einige Regimenter zu Huͤlfe.
Der uͤbrige Theil ihres Heeres greifet die Polen unverſehens im Ruͤcken mit ſol-
cher Hitze an, daß in Zeit von einer Stunde ſechs tauſend Polen auf dem Platze
liegen, und fuͤnf tauſend Koſaken eingeſchloſſen und gezwungen ſind, ſich als Ge-
fangenen zu ergeben. Als die uͤbrigen polniſchen Truppen ſehen, daß der Sieg
ſich auf die feindliche Seite neiget: ſo bemuͤhen ſie ſich, ihr Lager zu erreichen,
und hinter ihren Verſchanzungen Sicherheit zu ſuchen. Ehe ſie aber ihr Vor-
haben ins Werk richten koͤnnen: ſo ſchneiden ihnen die Tatarn den Ruͤckweg
ab; darauf dieſelben die Flucht nehmen, und ihr Lager und Reiſezeug, nebſt
allem ihrem Kriegsvorrathe, den Ueberwindern zur Beute uͤberlaſſen.
126. Dieſes war der einzige gluͤckliche Erfolg, den das osmaniſche Reich
dieſen ganzen Sommer uͤber erlebete; von allen andern Gegenden, da nur
Krieg gefuͤhret wurde, liefen keine andere als traurige Zeitungen ein, von Nie-
derlagen der tuͤrkiſchen Truppen und dem Verluſte von Staͤdten und ganzen
Laͤndern. Seromero, das im verwichenen Jahre ſich den Venetianern unter-
worfen hatte, wurde bald im Fruͤhjahre von den Tuͤrken angegriffen; ſo bald
dieſe
⁷¹ Majnotten] Es ſind die Nachkom-
men der alten Lacedaͤmonier, die bis auf den
heutigen Tag das tapferſte Volk von allen
Griechen ſind. Ungeachtet man ihre Mann-
ſchaft nicht hoͤher, als auf zwoͤlf tauſend Sol-
daten, rechnet: ſo haben ſie doch niemals
bezwungen, noch von den Tuͤrken tributbar
gemacht werden koͤnnen. Ihr heutiger Na-
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/620>, abgerufen am 25.11.2024.
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