Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Vorrede Sirmalütschukur 18 genennet. Als hier Dümdar in wenigen Tagen verstarb:so rückte Erdogrul weiter gegen Kleinasien zu, brachte verschiedene asiatischen Landschaften unter seine Gewalt, und bekam davon, daß er die Ueberwundenen zwang, entweder Tribut zu bezahlen oder seine Religion anzunehmen, den Bey- namen Sseletis 19; ein Name, der in dasigen Gegenden sehr bekannt ist. Erdogrul setzte seinem günstigen Glücke sehr gemäßigte Grenzen, damit es nicht scheinen möchte, als wenn er wie ein Tirann nach anderer Eigenthume strebte; und sendete daher auf demüthige Weise seinen ältesten Sohn Sarujat (der nachgehends unter dem Beynamen Sawudschibegj berühmt wurde) an Aeladdin, den Sultan von Ikonien; mit Bitte, ihm und seinen Anhängern in dessen Reiche irgendwo einen Wohnplatz einzuräumen. Aeladdin lässet sich willig finden, ihm sein Gesuch zu gestatten; weil er es nach seiner Klugheit für rathsamer hielte, diesen mächtigen, obgleich neuen Nachbar, sich zum Freunde, als zum Feinde, zu machen. Er lässet daher Sarujat mit vielen Ehrenbezeigungen von sich, und sendet mit demselben seine Abgesandten an Erdogrul, mit dem Erbieten: wenn er durch seine Tapferkeit die übergeblie- benen dschingjißischen Tatarn aus seinem Gebiete vertreiben würde; ihn nicht allein an das Haupt seiner Kriegesheere zu setzen, sondern ihn auch zum Mit- herrscher in seinem Reiche anzunehmen. Denn diesem bejahrten Fürsten mangelte es nicht sowol an Soldaten, Muth, Reichthum und Macht, als viel- mehr an guten Feldherren gegen solche überlästige Feinde. 14. Aeladdin wurde auch in seiner von Erdogrul gefaßten Hoffnung 18 das ist, die Goldgrube. Nach dieser [Spaltenumbruch]
Aussprache muß dieses Wort unten auf der vierzehenten Seite verbessert werden. 19 Dieses Wort kommt ohne Zweifel von dem griechischen Zelotes, ein Eiferer, her. von
Vorrede Sirmaluͤtſchukur 18 genennet. Als hier Duͤmdar in wenigen Tagen verſtarb:ſo ruͤckte Erdogrul weiter gegen Kleinaſien zu, brachte verſchiedene aſiatiſchen Landſchaften unter ſeine Gewalt, und bekam davon, daß er die Ueberwundenen zwang, entweder Tribut zu bezahlen oder ſeine Religion anzunehmen, den Bey- namen Sſeletis 19; ein Name, der in daſigen Gegenden ſehr bekannt iſt. Erdogrul ſetzte ſeinem guͤnſtigen Gluͤcke ſehr gemaͤßigte Grenzen, damit es nicht ſcheinen moͤchte, als wenn er wie ein Tirann nach anderer Eigenthume ſtrebte; und ſendete daher auf demuͤthige Weiſe ſeinen aͤlteſten Sohn Sarujat (der nachgehends unter dem Beynamen Sawudſchibegj beruͤhmt wurde) an Aeladdin, den Sultan von Ikonien; mit Bitte, ihm und ſeinen Anhaͤngern in deſſen Reiche irgendwo einen Wohnplatz einzuraͤumen. Aeladdin laͤſſet ſich willig finden, ihm ſein Geſuch zu geſtatten; weil er es nach ſeiner Klugheit fuͤr rathſamer hielte, dieſen maͤchtigen, obgleich neuen Nachbar, ſich zum Freunde, als zum Feinde, zu machen. Er laͤſſet daher Sarujat mit vielen Ehrenbezeigungen von ſich, und ſendet mit demſelben ſeine Abgeſandten an Erdogrul, mit dem Erbieten: wenn er durch ſeine Tapferkeit die uͤbergeblie- benen dſchingjißiſchen Tatarn aus ſeinem Gebiete vertreiben wuͤrde; ihn nicht allein an das Haupt ſeiner Kriegesheere zu ſetzen, ſondern ihn auch zum Mit- herrſcher in ſeinem Reiche anzunehmen. Denn dieſem bejahrten Fuͤrſten mangelte es nicht ſowol an Soldaten, Muth, Reichthum und Macht, als viel- mehr an guten Feldherren gegen ſolche uͤberlaͤſtige Feinde. 14. Aeladdin wurde auch in ſeiner von Erdogrul gefaßten Hoffnung 18 das iſt, die Goldgrube. Nach dieſer [Spaltenumbruch]
Ausſprache muß dieſes Wort unten auf der vierzehenten Seite verbeſſert werden. 19 Dieſes Wort kommt ohne Zweifel von dem griechiſchen Zelotes, ein Eiferer, her. von
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Vorrede
Sirmaluͤtſchukur
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genennet. Als hier Duͤmdar in wenigen Tagen verſtarb:
ſo ruͤckte Erdogrul weiter gegen Kleinaſien zu, brachte verſchiedene aſiatiſchen
Landſchaften unter ſeine Gewalt, und bekam davon, daß er die Ueberwundenen
zwang, entweder Tribut zu bezahlen oder ſeine Religion anzunehmen, den Bey-
namen Sſeletis
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; ein Name, der in daſigen Gegenden ſehr bekannt iſt.
Erdogrul ſetzte ſeinem guͤnſtigen Gluͤcke ſehr gemaͤßigte Grenzen, damit es
nicht ſcheinen moͤchte, als wenn er wie ein Tirann nach anderer Eigenthume
ſtrebte; und ſendete daher auf demuͤthige Weiſe ſeinen aͤlteſten Sohn Sarujat
(der nachgehends unter dem Beynamen Sawudſchibegj beruͤhmt wurde) an
Aeladdin, den Sultan von Ikonien; mit Bitte, ihm und ſeinen Anhaͤngern
in deſſen Reiche irgendwo einen Wohnplatz einzuraͤumen. Aeladdin laͤſſet ſich
willig finden, ihm ſein Geſuch zu geſtatten; weil er es nach ſeiner Klugheit
fuͤr rathſamer hielte, dieſen maͤchtigen, obgleich neuen Nachbar, ſich zum
Freunde, als zum Feinde, zu machen. Er laͤſſet daher Sarujat mit vielen
Ehrenbezeigungen von ſich, und ſendet mit demſelben ſeine Abgeſandten an
Erdogrul, mit dem Erbieten: wenn er durch ſeine Tapferkeit die uͤbergeblie-
benen dſchingjißiſchen Tatarn aus ſeinem Gebiete vertreiben wuͤrde; ihn nicht
allein an das Haupt ſeiner Kriegesheere zu ſetzen, ſondern ihn auch zum Mit-
herrſcher in ſeinem Reiche anzunehmen. Denn dieſem bejahrten Fuͤrſten
mangelte es nicht ſowol an Soldaten, Muth, Reichthum und Macht, als viel-
mehr an guten Feldherren gegen ſolche uͤberlaͤſtige Feinde.
14. Aeladdin wurde auch in ſeiner von Erdogrul gefaßten Hoffnung
nicht betrogen. Denn nachdem er demſelben Karadſchedagi zum Wohnplatze
eingegeben, und, ſeinem Verſprechen gemaͤß, ihm einen Theil ſeiner Truppen
anvertrauet hatte: ſo uͤberwand Erdogrul durch ſeine gute Anfuͤhrung und
Klugheit die Tatarn gar bald, und befreyete nicht allein ſein bedraͤngtes Reich
von
¹⁸ das iſt, die Goldgrube. Nach dieſer
Ausſprache muß dieſes Wort unten auf der
vierzehenten Seite verbeſſert werden.
¹⁹ Dieſes Wort kommt ohne Zweifel von
dem griechiſchen Zelotes, ein Eiferer, her.
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