geschlagen waren: so belagern die Kaiserlichen Waizen, und setzen der Stadt mit allerhand Kriegszeuge und beständigem Stürmen zu. Budan Pascha eilet zwar zur Rettung der Belagerten herbey, und greifet nach erhaltener Verstär- kung das kaiserliche Lager zweymal an; wird aber beyde male zurückgeschlagen, und kehret nach gehabtem Verluste von funfzehen tausend Mann wieder dahin zurück, da er hergekommen war. Weil der Kriegsbefehlhaber von Waizen siehet, daß diejenigen, von denen er Hülfe erwartet hatte, geschlagen sind: so übergiebet er die Stadt unter eben denen Bedingungen, als Wizegrad waren zugestanden worden.
Die Kaiserli- chen nehmen Peschtum ein, und belagern Ofen; wiewol ohne den gehoff-ten Fortgang.
103.
Nachdem diese nebst den benachbarten Städten bezwungen waren: so zog der Herzog von Lothringen mit seinem Heere nach Ofen, und schlug am ersten des Monats Schäban sein Lager unter den Wällen der Stadt auf. Der erste Angriff geschahe auf Peschtum, eine Stadt Ofen gegen über, an der an- dern Seite der Donau gelegen; und weil diese in wenigen Stunden eingenom- men war: so wurde hierauf die Hauptstadt von Ungarn selbst belagert. Mittler- weile, da die Deutschen mit der Belagerung beschäfftiget sind: kommt der Se- räskjer Schejtan Ibrahim Pascha mit dem ganzen osmanischen Heere heran- gezogen, und bemühet sich, durch die Linien zu brechen, mit denen die Kaiserli- chen ihr Lager befestiget hatten; giebt auch zu gleicher Zeit einem Trupp Jeng- itscheri und Sipahi Befehl, die Feinde noch an einem andern Orte anzugreifen, und zu versuchen, ob sie nicht durch das Lager derselben dringen und Hülfsvöl- ker in die Stadt werfen könnten. Weil aber derselbe so oft, als er den Angriff waget, zurückgeschlagen wird: so lässet er endlich ab, und lagert sich dem Feinde gegen über; da er seinen Leuten befiehlet, denselben mit beständigen Scharmützeln und Anfällen zu ermüden, und sonderlich dahin zu trachten, daß sie der Stadt alle mögliche Hülfe zubringen möchten. Allein, alle diese Bemühungen würden die Stadt nicht gerettet haben (weil die Deutschen dieselbe mit großer Tapfer- keit bestürmeten, und den Feind bey seinen Anfällen niemals ohne Verlust zurück kehren ließen): wenn nicht die Besatzung (ob dieses zufälliger Weise, oder durch Verrath geschehen, ist unbekannt) die Minen, dadurch ein großer Theil des Wal- les sollte über einen Haufen geworfen werden, entdecket und das Pulver heraus- [Spaltenumbruch]
67 Babadagi] ist der Sitz des Paschas von Silistria, dem anbefohlen ist, die nördli- chen Landschaften des Reichs zu beschützen, und dessen Botmäßigkeit alle die Länder zwi- schen dem Berge Hömus, dem schwarzen [Spaltenumbruch] Meere, der Donau und dem Dnjester, unter- worfen sind. Babadagi heißet, seinem Ur- sprunge nach, der Vater der Berge; weil gegen der Stadt über ein Berg lieget, der höher ist, als die übrigen. In der Nachbar-
genom-
Osmaniſche Geſchichte
geſchlagen waren: ſo belagern die Kaiſerlichen Waizen, und ſetzen der Stadt mit allerhand Kriegszeuge und beſtaͤndigem Stuͤrmen zu. Budan Paſcha eilet zwar zur Rettung der Belagerten herbey, und greifet nach erhaltener Verſtaͤr- kung das kaiſerliche Lager zweymal an; wird aber beyde male zuruͤckgeſchlagen, und kehret nach gehabtem Verluſte von funfzehen tauſend Mann wieder dahin zuruͤck, da er hergekommen war. Weil der Kriegsbefehlhaber von Waizen ſiehet, daß diejenigen, von denen er Huͤlfe erwartet hatte, geſchlagen ſind: ſo uͤbergiebet er die Stadt unter eben denen Bedingungen, als Wizegrad waren zugeſtanden worden.
Die Kaiſerli- chen nehmen Peſchtum ein, und belagern Ofen; wiewol ohne den gehoff-ten Fortgang.
103.
Nachdem dieſe nebſt den benachbarten Staͤdten bezwungen waren: ſo zog der Herzog von Lothringen mit ſeinem Heere nach Ofen, und ſchlug am erſten des Monats Schaͤban ſein Lager unter den Waͤllen der Stadt auf. Der erſte Angriff geſchahe auf Peſchtum, eine Stadt Ofen gegen uͤber, an der an- dern Seite der Donau gelegen; und weil dieſe in wenigen Stunden eingenom- men war: ſo wurde hierauf die Hauptſtadt von Ungarn ſelbſt belagert. Mittler- weile, da die Deutſchen mit der Belagerung beſchaͤfftiget ſind: kommt der Se- raͤskjer Schejtan Ibrahim Paſcha mit dem ganzen osmaniſchen Heere heran- gezogen, und bemuͤhet ſich, durch die Linien zu brechen, mit denen die Kaiſerli- chen ihr Lager befeſtiget hatten; giebt auch zu gleicher Zeit einem Trupp Jeng- itſcheri und Sipahi Befehl, die Feinde noch an einem andern Orte anzugreifen, und zu verſuchen, ob ſie nicht durch das Lager derſelben dringen und Huͤlfsvoͤl- ker in die Stadt werfen koͤnnten. Weil aber derſelbe ſo oft, als er den Angriff waget, zuruͤckgeſchlagen wird: ſo laͤſſet er endlich ab, und lagert ſich dem Feinde gegen uͤber; da er ſeinen Leuten befiehlet, denſelben mit beſtaͤndigen Scharmuͤtzeln und Anfaͤllen zu ermuͤden, und ſonderlich dahin zu trachten, daß ſie der Stadt alle moͤgliche Huͤlfe zubringen moͤchten. Allein, alle dieſe Bemuͤhungen wuͤrden die Stadt nicht gerettet haben (weil die Deutſchen dieſelbe mit großer Tapfer- keit beſtuͤrmeten, und den Feind bey ſeinen Anfaͤllen niemals ohne Verluſt zuruͤck kehren ließen): wenn nicht die Beſatzung (ob dieſes zufaͤlliger Weiſe, oder durch Verrath geſchehen, iſt unbekannt) die Minen, dadurch ein großer Theil des Wal- les ſollte uͤber einen Haufen geworfen werden, entdecket und das Pulver heraus- [Spaltenumbruch]
67 Babadagi] iſt der Sitz des Paſchas von Siliſtria, dem anbefohlen iſt, die noͤrdli- chen Landſchaften des Reichs zu beſchuͤtzen, und deſſen Botmaͤßigkeit alle die Laͤnder zwi- ſchen dem Berge Hoͤmus, dem ſchwarzen [Spaltenumbruch] Meere, der Donau und dem Dnjeſter, unter- worfen ſind. Babadagi heißet, ſeinem Ur- ſprunge nach, der Vater der Berge; weil gegen der Stadt uͤber ein Berg lieget, der hoͤher iſt, als die uͤbrigen. In der Nachbar-
genom-
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Osmaniſche Geſchichte
geſchlagen waren: ſo belagern die Kaiſerlichen Waizen, und ſetzen der Stadt
mit allerhand Kriegszeuge und beſtaͤndigem Stuͤrmen zu. Budan Paſcha eilet
zwar zur Rettung der Belagerten herbey, und greifet nach erhaltener Verſtaͤr-
kung das kaiſerliche Lager zweymal an; wird aber beyde male zuruͤckgeſchlagen,
und kehret nach gehabtem Verluſte von funfzehen tauſend Mann wieder dahin
zuruͤck, da er hergekommen war. Weil der Kriegsbefehlhaber von Waizen
ſiehet, daß diejenigen, von denen er Huͤlfe erwartet hatte, geſchlagen ſind: ſo
uͤbergiebet er die Stadt unter eben denen Bedingungen, als Wizegrad waren
zugeſtanden worden.
103. Nachdem dieſe nebſt den benachbarten Staͤdten bezwungen waren:
ſo zog der Herzog von Lothringen mit ſeinem Heere nach Ofen, und ſchlug am
erſten des Monats Schaͤban ſein Lager unter den Waͤllen der Stadt auf.
Der erſte Angriff geſchahe auf Peſchtum, eine Stadt Ofen gegen uͤber, an der an-
dern Seite der Donau gelegen; und weil dieſe in wenigen Stunden eingenom-
men war: ſo wurde hierauf die Hauptſtadt von Ungarn ſelbſt belagert. Mittler-
weile, da die Deutſchen mit der Belagerung beſchaͤfftiget ſind: kommt der Se-
raͤskjer Schejtan Ibrahim Paſcha mit dem ganzen osmaniſchen Heere heran-
gezogen, und bemuͤhet ſich, durch die Linien zu brechen, mit denen die Kaiſerli-
chen ihr Lager befeſtiget hatten; giebt auch zu gleicher Zeit einem Trupp Jeng-
itſcheri und Sipahi Befehl, die Feinde noch an einem andern Orte anzugreifen,
und zu verſuchen, ob ſie nicht durch das Lager derſelben dringen und Huͤlfsvoͤl-
ker in die Stadt werfen koͤnnten. Weil aber derſelbe ſo oft, als er den Angriff
waget, zuruͤckgeſchlagen wird: ſo laͤſſet er endlich ab, und lagert ſich dem Feinde
gegen uͤber; da er ſeinen Leuten befiehlet, denſelben mit beſtaͤndigen Scharmuͤtzeln
und Anfaͤllen zu ermuͤden, und ſonderlich dahin zu trachten, daß ſie der Stadt
alle moͤgliche Huͤlfe zubringen moͤchten. Allein, alle dieſe Bemuͤhungen wuͤrden
die Stadt nicht gerettet haben (weil die Deutſchen dieſelbe mit großer Tapfer-
keit beſtuͤrmeten, und den Feind bey ſeinen Anfaͤllen niemals ohne Verluſt zuruͤck
kehren ließen): wenn nicht die Beſatzung (ob dieſes zufaͤlliger Weiſe, oder durch
Verrath geſchehen, iſt unbekannt) die Minen, dadurch ein großer Theil des Wal-
les ſollte uͤber einen Haufen geworfen werden, entdecket und das Pulver heraus-
genom-
⁶⁷ Babadagi] iſt der Sitz des Paſchas
von Siliſtria, dem anbefohlen iſt, die noͤrdli-
chen Landſchaften des Reichs zu beſchuͤtzen,
und deſſen Botmaͤßigkeit alle die Laͤnder zwi-
ſchen dem Berge Hoͤmus, dem ſchwarzen
Meere, der Donau und dem Dnjeſter, unter-
worfen ſind. Babadagi heißet, ſeinem Ur-
ſprunge nach, der Vater der Berge; weil
gegen der Stadt uͤber ein Berg lieget, der
hoͤher iſt, als die uͤbrigen. In der Nachbar-
ſchaft
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/606>, abgerufen am 22.11.2024.
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