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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Osmanische Geschichte
gen Landschaften unter die Sipahi, auf die Art von Timar 51, auszutheilen,
und das ganze Kriegesheer in die Städte und Länder von Ungarn, nachdem sie
die alten Besitzer daraus vertrieben oder zu Slawen würden gemacht haben,
als neue Eingepflanzten einzusetzen. Für sich selbst aber behielte er sich vor,
ganz Deutschland bis an die äußersten Grenzen von Frankreich, Siebenbürgen
und Polen, das er entschlossen war, im folgenden Jahre entweder zu erobern,
oder sich tributbar zu machen.

Der Kaiser von
Deutschland er-
suchet die Polen
um ihren Bey-stand.
65.

Doch, wir wollen den Weßir, mit diesen Einfällen und Anschlägen
eingenommen, in dem Lager vor Wien lassen, und sehen, was für Anstalten
die Christen vorgekehret haben, den Feind zurück zu treiben. Mittlerweile,
als der Graf Caprara zu Constantinopel auf die Bestätigung des Friedens ver-
gebens wartete, hatte der Abgesandte des deutschen Kaisers in Polen bessern
Fortgang bey seinen Unterhandlungen. Die Stände dieses Königreiches wa-
ren entweder durch die gemeinschaftliche Gefahr, oder durch die Ermahnungen
und Versprechungen des Pabstes, aufgebracht worden, und vereinigten sich so
fest unter einander, daß sie alle ihre innerlichen Uneinigkeiten beyseite setzten oder
beylegten, und den einmüthigen Schluß fasseten, ein Kriegesheer aufzurichten
und sich damit dem Feinde des christlichen Namens zu widersetzen, ehe derselbe
vermögend wäre, Deutschland und Polen vollends zum Untergange zu bringen.
Es wurde daher ohne Schwierigkeit ein Bündniß zwischen Leopold und Johann
Sobjeski errichtet, darinnen die vornehmste Bedingung war: wenn die Haupt-
stadt eines von beyden Völkern von dem Feinde belagert werden sollte; daß
alsdann beyde Fürsten in eigener Person mit ihrem gesammten Kriegsheere zu
Felde gehen sollten, dieselbe zu entsetzen.

[Spaltenumbruch]
ßer wegen wirklicher oder vorgegebener Hint-
ansetzung der dem Kaiser schuldigen Treue
oder Gehorsams. Ein Chättischerif von die-
ser Art bekam auch der Fürst von der Wala-
chey, Constantin Brankowan, gottseliger Ge-
dächtniß. Denn, nachdem derselbe durch
die Kunstgriffe der Kantakuzener zu diesem
Fürstenthume gelanget war: so schwächte er
nicht allein dieser ihre Macht; sondern erhielte
auch durch eine große Summe Geldes und
andere Künste dergleichen Brief von dem Sul-
tan Aehmed. Wie wenig ihm aber solches
[Spaltenumbruch]
geholfen: das zeigte sich an dem zur Genüge,
was zu meinen Zeiten zu Constantinopel ge-
schahe. Nämlich, er wurde nicht allein sei-
nes Fürstenthums beraubet; sondern auch
auf öffentlichem Marktplatze, nebst seinen
vier Söhnen, erdrosselt: und dieses aus kei-
ner andern Ursache, als weil er die Würde
eines Fürsten des Reichs von dem Kaiser in
Deutschland, und den St. Andreasorden von
dem Zar in Rußland angenommen, und
einen Briefwechsel von Statssachen mit ihnen
unterhalten hatte. Denn, daß die Neigung
66. Als

Osmaniſche Geſchichte
gen Landſchaften unter die Sipahi, auf die Art von Timar 51, auszutheilen,
und das ganze Kriegesheer in die Staͤdte und Laͤnder von Ungarn, nachdem ſie
die alten Beſitzer daraus vertrieben oder zu Slawen wuͤrden gemacht haben,
als neue Eingepflanzten einzuſetzen. Fuͤr ſich ſelbſt aber behielte er ſich vor,
ganz Deutſchland bis an die aͤußerſten Grenzen von Frankreich, Siebenbuͤrgen
und Polen, das er entſchloſſen war, im folgenden Jahre entweder zu erobern,
oder ſich tributbar zu machen.

Der Kaiſer von
Deutſchland er-
ſuchet die Polen
um ihren Bey-ſtand.
65.

Doch, wir wollen den Weßir, mit dieſen Einfaͤllen und Anſchlaͤgen
eingenommen, in dem Lager vor Wien laſſen, und ſehen, was fuͤr Anſtalten
die Chriſten vorgekehret haben, den Feind zuruͤck zu treiben. Mittlerweile,
als der Graf Caprara zu Conſtantinopel auf die Beſtaͤtigung des Friedens ver-
gebens wartete, hatte der Abgeſandte des deutſchen Kaiſers in Polen beſſern
Fortgang bey ſeinen Unterhandlungen. Die Staͤnde dieſes Koͤnigreiches wa-
ren entweder durch die gemeinſchaftliche Gefahr, oder durch die Ermahnungen
und Verſprechungen des Pabſtes, aufgebracht worden, und vereinigten ſich ſo
feſt unter einander, daß ſie alle ihre innerlichen Uneinigkeiten beyſeite ſetzten oder
beylegten, und den einmuͤthigen Schluß faſſeten, ein Kriegesheer aufzurichten
und ſich damit dem Feinde des chriſtlichen Namens zu widerſetzen, ehe derſelbe
vermoͤgend waͤre, Deutſchland und Polen vollends zum Untergange zu bringen.
Es wurde daher ohne Schwierigkeit ein Buͤndniß zwiſchen Leopold und Johann
Sobjeſki errichtet, darinnen die vornehmſte Bedingung war: wenn die Haupt-
ſtadt eines von beyden Voͤlkern von dem Feinde belagert werden ſollte; daß
alsdann beyde Fuͤrſten in eigener Perſon mit ihrem geſammten Kriegsheere zu
Felde gehen ſollten, dieſelbe zu entſetzen.

[Spaltenumbruch]
ßer wegen wirklicher oder vorgegebener Hint-
anſetzung der dem Kaiſer ſchuldigen Treue
oder Gehorſams. Ein Chaͤttiſcherif von die-
ſer Art bekam auch der Fuͤrſt von der Wala-
chey, Conſtantin Brankowan, gottſeliger Ge-
daͤchtniß. Denn, nachdem derſelbe durch
die Kunſtgriffe der Kantakuzener zu dieſem
Fuͤrſtenthume gelanget war: ſo ſchwaͤchte er
nicht allein dieſer ihre Macht; ſondern erhielte
auch durch eine große Summe Geldes und
andere Kuͤnſte dergleichen Brief von dem Sul-
tan Aehmed. Wie wenig ihm aber ſolches
[Spaltenumbruch]
geholfen: das zeigte ſich an dem zur Genuͤge,
was zu meinen Zeiten zu Conſtantinopel ge-
ſchahe. Naͤmlich, er wurde nicht allein ſei-
nes Fuͤrſtenthums beraubet; ſondern auch
auf oͤffentlichem Marktplatze, nebſt ſeinen
vier Soͤhnen, erdroſſelt: und dieſes aus kei-
ner andern Urſache, als weil er die Wuͤrde
eines Fuͤrſten des Reichs von dem Kaiſer in
Deutſchland, und den St. Andreasorden von
dem Zar in Rußland angenommen, und
einen Briefwechſel von Statsſachen mit ihnen
unterhalten hatte. Denn, daß die Neigung
66. Als
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[472/0580] Osmaniſche Geſchichte gen Landſchaften unter die Sipahi, auf die Art von Timar ⁵¹ , auszutheilen, und das ganze Kriegesheer in die Staͤdte und Laͤnder von Ungarn, nachdem ſie die alten Beſitzer daraus vertrieben oder zu Slawen wuͤrden gemacht haben, als neue Eingepflanzten einzuſetzen. Fuͤr ſich ſelbſt aber behielte er ſich vor, ganz Deutſchland bis an die aͤußerſten Grenzen von Frankreich, Siebenbuͤrgen und Polen, das er entſchloſſen war, im folgenden Jahre entweder zu erobern, oder ſich tributbar zu machen. 65. Doch, wir wollen den Weßir, mit dieſen Einfaͤllen und Anſchlaͤgen eingenommen, in dem Lager vor Wien laſſen, und ſehen, was fuͤr Anſtalten die Chriſten vorgekehret haben, den Feind zuruͤck zu treiben. Mittlerweile, als der Graf Caprara zu Conſtantinopel auf die Beſtaͤtigung des Friedens ver- gebens wartete, hatte der Abgeſandte des deutſchen Kaiſers in Polen beſſern Fortgang bey ſeinen Unterhandlungen. Die Staͤnde dieſes Koͤnigreiches wa- ren entweder durch die gemeinſchaftliche Gefahr, oder durch die Ermahnungen und Verſprechungen des Pabſtes, aufgebracht worden, und vereinigten ſich ſo feſt unter einander, daß ſie alle ihre innerlichen Uneinigkeiten beyſeite ſetzten oder beylegten, und den einmuͤthigen Schluß faſſeten, ein Kriegesheer aufzurichten und ſich damit dem Feinde des chriſtlichen Namens zu widerſetzen, ehe derſelbe vermoͤgend waͤre, Deutſchland und Polen vollends zum Untergange zu bringen. Es wurde daher ohne Schwierigkeit ein Buͤndniß zwiſchen Leopold und Johann Sobjeſki errichtet, darinnen die vornehmſte Bedingung war: wenn die Haupt- ſtadt eines von beyden Voͤlkern von dem Feinde belagert werden ſollte; daß alsdann beyde Fuͤrſten in eigener Perſon mit ihrem geſammten Kriegsheere zu Felde gehen ſollten, dieſelbe zu entſetzen. 66. Als ßer wegen wirklicher oder vorgegebener Hint- anſetzung der dem Kaiſer ſchuldigen Treue oder Gehorſams. Ein Chaͤttiſcherif von die- ſer Art bekam auch der Fuͤrſt von der Wala- chey, Conſtantin Brankowan, gottſeliger Ge- daͤchtniß. Denn, nachdem derſelbe durch die Kunſtgriffe der Kantakuzener zu dieſem Fuͤrſtenthume gelanget war: ſo ſchwaͤchte er nicht allein dieſer ihre Macht; ſondern erhielte auch durch eine große Summe Geldes und andere Kuͤnſte dergleichen Brief von dem Sul- tan Aehmed. Wie wenig ihm aber ſolches geholfen: das zeigte ſich an dem zur Genuͤge, was zu meinen Zeiten zu Conſtantinopel ge- ſchahe. Naͤmlich, er wurde nicht allein ſei- nes Fuͤrſtenthums beraubet; ſondern auch auf oͤffentlichem Marktplatze, nebſt ſeinen vier Soͤhnen, erdroſſelt: und dieſes aus kei- ner andern Urſache, als weil er die Wuͤrde eines Fuͤrſten des Reichs von dem Kaiſer in Deutſchland, und den St. Andreasorden von dem Zar in Rußland angenommen, und einen Briefwechſel von Statsſachen mit ihnen unterhalten hatte. Denn, daß die Neigung fuͤr

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/580>, abgerufen am 25.11.2024.