noch den Gewohnheiten nach von denen Scythen unterschieden sind, die zwi- schen dem Don und Sarmatien wohnen. 2. Es giebt auch einige (saget Chalkokondylas ferner), die der Meinung sind, daß die Türken von den Par- thern herkommen. Denn nach iedermanns Geständnisse (sagen dieselben zur Bestärkung ihres Satzes) sind die Parther, da sie von den wandernden Scy- then (die man, weil sie ihren Weideplatz verändern, Nomaden nennet) ge- dränget worden, in das niedere Asien gezogen, und leben allda auf eben die Art, wie die übrigen; indem man sie durch ihre Städte zerstreuet siehet: daher es gekommen ist, daß man dieses Geschlecht Menschen Türken genennet hat; welches Wort so viel heißet, als Nomaden. Wie schwach diese Erklärung des Wortes Türk ist: das erhellet, meines Erachtens, aus demjenigen zur Ge- nüge, was ich vorhin von der wahren Herleitung der Benennung Türk erwäh- net habe. 3. Andere bilden sich ein, die Türken kämen von Turka, einer großen und reichen Stadt in Persien, und hätten sich zuletzt des niedern Asiens bemächtiget. 4. Einigen gefällt es auch zu glauben, daß sie aus Cölosyrien und Arabien oder Scythien (vielleicht soll dieses Persien heißen) hergekom- men seyen, und ihren Gesetzgeber Omares (besser Omerus) bey sich gehabt haben; endlich haben dieselben das asiatische Reich erobert, und leben itzo wie die Nomaden.
Nachdem Chalkokondylas solchergestalt die mancherley Meinungen der verschiedenen Schriftsteller vorgetragen hat: so vereiniget er sich zuletzt mit denen, die behaupten, daß die Türken von den Scythen herstammen. Denn, saget derselbe, es ist offenbar, daß diejenigen Scythen, die sich noch heutiges Tages in Europa gegen Osten zu aufhalten, den Türken in ihrem Umgange, ihren Gewohnheiten und ihrer Lebensart aufs genaueste gleichen.
6.
Endlich, wann Chalkokondylas darauf kommt, daß er seine eigene Meinung vorträget: so verwirft er fast alle die trockenen Bäche, und schöpfet die Wahrheit aus der Quelle selbst. "Ich finde" (saget er), "daß das "Geschlecht der Türken, als dasselbe stark angewachsen war, sich in verschie-
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des Verfaſſers
noch den Gewohnheiten nach von denen Scythen unterſchieden ſind, die zwi- ſchen dem Don und Sarmatien wohnen. 2. Es giebt auch einige (ſaget Chalkokondylas ferner), die der Meinung ſind, daß die Tuͤrken von den Par- thern herkommen. Denn nach iedermanns Geſtaͤndniſſe (ſagen dieſelben zur Beſtaͤrkung ihres Satzes) ſind die Parther, da ſie von den wandernden Scy- then (die man, weil ſie ihren Weideplatz veraͤndern, Nomaden nennet) ge- draͤnget worden, in das niedere Aſien gezogen, und leben allda auf eben die Art, wie die uͤbrigen; indem man ſie durch ihre Staͤdte zerſtreuet ſiehet: daher es gekommen iſt, daß man dieſes Geſchlecht Menſchen Tuͤrken genennet hat; welches Wort ſo viel heißet, als Nomaden. Wie ſchwach dieſe Erklaͤrung des Wortes Tuͤrk iſt: das erhellet, meines Erachtens, aus demjenigen zur Ge- nuͤge, was ich vorhin von der wahren Herleitung der Benennung Tuͤrk erwaͤh- net habe. 3. Andere bilden ſich ein, die Tuͤrken kaͤmen von Turka, einer großen und reichen Stadt in Perſien, und haͤtten ſich zuletzt des niedern Aſiens bemaͤchtiget. 4. Einigen gefaͤllt es auch zu glauben, daß ſie aus Coͤloſyrien und Arabien oder Scythien (vielleicht ſoll dieſes Perſien heißen) hergekom- men ſeyen, und ihren Geſetzgeber Omares (beſſer Omerus) bey ſich gehabt haben; endlich haben dieſelben das aſiatiſche Reich erobert, und leben itzo wie die Nomaden.
Nachdem Chalkokondylas ſolchergeſtalt die mancherley Meinungen der verſchiedenen Schriftſteller vorgetragen hat: ſo vereiniget er ſich zuletzt mit denen, die behaupten, daß die Tuͤrken von den Scythen herſtammen. Denn, ſaget derſelbe, es iſt offenbar, daß diejenigen Scythen, die ſich noch heutiges Tages in Europa gegen Oſten zu aufhalten, den Tuͤrken in ihrem Umgange, ihren Gewohnheiten und ihrer Lebensart aufs genaueſte gleichen.
6.
Endlich, wann Chalkokondylas darauf kommt, daß er ſeine eigene Meinung vortraͤget: ſo verwirft er faſt alle die trockenen Baͤche, und ſchoͤpfet die Wahrheit aus der Quelle ſelbſt. “Ich finde„ (ſaget er), “daß das “Geſchlecht der Tuͤrken, als daſſelbe ſtark angewachſen war, ſich in verſchie-
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des Verfaſſers
noch den Gewohnheiten nach von denen Scythen unterſchieden ſind, die zwi-
ſchen dem Don und Sarmatien wohnen. 2. Es giebt auch einige (ſaget
Chalkokondylas ferner), die der Meinung ſind, daß die Tuͤrken von den Par-
thern herkommen. Denn nach iedermanns Geſtaͤndniſſe (ſagen dieſelben zur
Beſtaͤrkung ihres Satzes) ſind die Parther, da ſie von den wandernden Scy-
then (die man, weil ſie ihren Weideplatz veraͤndern, Nomaden nennet) ge-
draͤnget worden, in das niedere Aſien gezogen, und leben allda auf eben die Art,
wie die uͤbrigen; indem man ſie durch ihre Staͤdte zerſtreuet ſiehet: daher es
gekommen iſt, daß man dieſes Geſchlecht Menſchen Tuͤrken genennet hat;
welches Wort ſo viel heißet, als Nomaden. Wie ſchwach dieſe Erklaͤrung
des Wortes Tuͤrk iſt: das erhellet, meines Erachtens, aus demjenigen zur Ge-
nuͤge, was ich vorhin von der wahren Herleitung der Benennung Tuͤrk erwaͤh-
net habe. 3. Andere bilden ſich ein, die Tuͤrken kaͤmen von Turka, einer
großen und reichen Stadt in Perſien, und haͤtten ſich zuletzt des niedern Aſiens
bemaͤchtiget. 4. Einigen gefaͤllt es auch zu glauben, daß ſie aus Coͤloſyrien
und Arabien oder Scythien (vielleicht ſoll dieſes Perſien heißen) hergekom-
men ſeyen, und ihren Geſetzgeber Omares (beſſer Omerus) bey ſich gehabt
haben; endlich haben dieſelben das aſiatiſche Reich erobert, und leben itzo wie
die Nomaden.
Nachdem Chalkokondylas ſolchergeſtalt die mancherley Meinungen der
verſchiedenen Schriftſteller vorgetragen hat: ſo vereiniget er ſich zuletzt mit
denen, die behaupten, daß die Tuͤrken von den Scythen herſtammen. Denn,
ſaget derſelbe, es iſt offenbar, daß diejenigen Scythen, die ſich noch heutiges
Tages in Europa gegen Oſten zu aufhalten, den Tuͤrken in ihrem Umgange,
ihren Gewohnheiten und ihrer Lebensart aufs genaueſte gleichen.
6. Endlich, wann Chalkokondylas darauf kommt, daß er ſeine eigene
Meinung vortraͤget: ſo verwirft er faſt alle die trockenen Baͤche, und ſchoͤpfet
die Wahrheit aus der Quelle ſelbſt. “Ich finde„ (ſaget er), “daß das
“Geſchlecht der Tuͤrken, als daſſelbe ſtark angewachſen war, ſich in verſchie-
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/55>, abgerufen am 22.11.2024.
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